Protocol of the Session on June 12, 2019

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie müssen nicht schimpfen und mitmachen!)

Solche Forderungen sind plakativ und gehen leicht von der Zunge. Sie lassen aber erkennen, dass sich ihre Urheber zu wenig Gedanken über mögliche Folgen und Konsequenzen gemacht haben; denn ein sofortiger Kohleausstieg ist nicht nur ökonomisch betrachtet absoluter Wahnsinn, sondern er würde zum sofortigen Zusammenbruch unserer Energieversorgung führen.

Am 7. Juni war in der WELT folgerichtig zu lesen: „Forderungen der Klimajugend sind selbst Umweltverbänden zu radikal“. Doch genau diese Radikalität ist der Markenkern, ja gewissermaßen das Erfolgsrezept. Es geht hier nicht um Machbarkeit, sondern um Maximalforderungen und

fundamentale Positionen. Das gelingt am ehesten in einer aufgeheizten Atmosphäre. Wenn Greta Thunberg in die Kamera ruft „Ich will, dass ihr in Panik verfallt!“, schürt sie gezielt Ängste und verbreitet eine geradezu hysterische Weltuntergangsstimmung. Vor allem die Grünen goutieren das und greifen diese Angstmacherei auf. Sie tun damit genau das, was sie anderen immer zu Unrecht vorwerfen.

Da stellt sich die Frage, ob Sie eine Politik der Ängste befürworten oder ablehnen oder ob Sie das einfach nur selektiv vom Thema abhängig machen. In jedem Fall müssen wir Sorge dafür tragen, dass junge Menschen nicht auf Ihre Mogelpackungen hereinfallen.

Um die Welt zu verbessern, setzen Sie von den Grünen auf Batterien, die aus Kobalt und Lithium bestehen. Wenn wir uns die Gebiete anschauen, in denen Kobalt und Lithium abgebaut werden, sehen wir, was da passiert. Das Wasser wird kontaminiert. Beim Kobaltabbau gibt es ganz schlechte Bedingungen. Das ist überwiegend Kinderarbeit.

(Abg. Marco Weber, FDP: Thema, Thema!)

Diese Sachen erzählen Sie den Kindern nicht. Die Schattenseite lassen Sie komplett weg. Wir werden dafür Sorge tragen, dass diese Mogelpackungen aufliegen.

(Beifall der AfD)

Aber es ist wieder einmal bezeichnend für Ihre Partei: Wasser predigen und Wein trinken. Sie erzählen vom Fahrradfahren und fliegen mit dem Flugzeug.

Fest steht, einfache Antworten auf komplexe Fragen werden die Herausforderungen der Zukunft nicht bewältigen können.

(Abg. Martin Haller, SPD: Sie sind doch ein Meister der einfachen Worte!)

Als Politik haben wir die Aufgabe, junge Menschen mit ihren Belangen ernst zu nehmen. Wir haben aber genauso die Pflicht, ihnen zu widersprechen, wenn es die Vernunft gebietet. Das gilt auch für Schuleschwänzen.

(Abg. Martin Haller, SPD: Ja, ganz genau, so ein Blödsinn!)

Zum Schluss meiner Rede möchte ich noch einmal ganz deutlich sagen, dass unsere Gesellschaft junges Engagement dringend braucht, auch jenseits der Politik.

(Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Als AfD unterstützen wir deshalb ausdrücklich den ehrenamtlichen Einsatz junger Menschen in Vereinen, Feuerwehren, im Kulturbetrieb oder auch bei den grenzüberschreitenden Regionen, den Partnerregionen.

(Zurufe der Abg. Alexander Schweitzer und Martin Haller, SPD)

Wir begrüßen soziale und ökologische Aktivitäten, die ein Gefühl von Verantwortung für die Gesellschaft fördern.

Mehr in der zweiten Runde.

(Beifall der AfD – Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abgeordnete Schellhammer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die jungen Menschen in unserem Land sind politischer denn je. Selbstverständlich kann man nicht pauschal von d e r Jugend sprechen, genauso wenig wie es d i e Erwachsenen gibt. Aber wir stellen fest, dass seit Jahren das gesellschaftliche Interesse junger Menschen steigt. Sie engagieren sich zunehmend. Sie gehen auf die Straße und an die Wahlurnen, sofern sie schon wählen dürfen. Das ist eine Chance für unsere Demokratie. Wir sollten nicht länger über die Politikverdrossenheit Jugendlicher jammern, sondern sie vielmehr ernst nehmen.

Vielmehr gilt es, bei ihnen anzuerkennen, dass sie eine andere Form von Verdrossenheit haben, eine Verdrossenheit gegenüber ausgetretenen Pfaden. Sie informieren sich auf anderen Wegen. Sie engagieren sich politisch auf anderen Wegen. Dafür sollten wir ihnen Verständnis und Respekt entgegenbringen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Stattdessen reagieren viele Ältere mit absolutem Unvermögen auf das Engagement junger Menschen. Vornehmlich die CDU – ich sage das an dieser Stelle wirklich mit großem Bedauern – hat mit ihrem Umgang mit dem Video des YouTubers Rezo und mit dem Umgang mit den Ergebnissen der letzten Europa- und Kommunalwahl gezeigt, wie weit weg sie von der Lebensrealität junger Menschen ist.

Statt Kritik – das ist ganz wichtig – unabhängig vom Alter des Gegenübers ernst zu nehmen, reagieren Sie mit Ablehnung oder auch Beschimpfungen. Ich will einmal exemplarisch die Signale erwähnen, die Sie seit Beginn des Jahres an junge Menschen gesendet haben. Ihre Partei hat junge Menschen bei der EU-Urheberrechtsreformdebatte und den Protesten gegen Artikel 13 und gegen Uploadfilter als Bots und gekaufte Demonstrierende beleidigt. Sie haben die Fridays for Future-Aktivisten und -Aktivistinnen, die sich lautstark für mehr Klimaschutz engagieren, als Schuleschwänzer diffamiert, und es war die CDULandtagsfraktion, die hier das Wahlalter mit 16 abgelehnt und in der Debatte ganz klar gesagt hat, Minderjährige seien leichter beeinflussbar, und sie könnten die Folgen ihres Handelns nicht überblicken. – Das ist Altersdiskriminierung und nichts anderes an dieser Stelle.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Die Reaktion Ihrer Parteivorsitzenden Kramp-Karrenbauer auf das Video von 70 YouTubern ist auch völlig daneben.

Sie hat nicht nur den YouTubern Manipulation unterstellt, sondern wollte dann auch gleich die Meinungsmacher regulieren und hat damit am Grundgesetz gekratzt. Vielleicht sollte Frau Kramp-Karrenbauer sich viel eher mit NestléVideos ihrer Bundeslandwirtschaftsministerin befassen, als tatsächlich diesen wichtigen Diskurs von YouTubern zu regulieren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Und was mussten wir nach Ihrem bescheidenen Wahlergebnis auch wahrnehmen? – Ihr Kollege Thomas Bareiß hat über Twitter Erstwähler beschimpft, aber auch Frau Kollegin Wieland hat sich mit ihrem Tweet zum Stromverbrauch des Rezo-Videos nicht mit Ruhm bekleckert. Ganz großes Kino, wie Sie sich da verhalten haben!

(Abg. Martin Haller, SPD: Peinlich, peinlich! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ja, der war gut!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, die Wahlentscheidung von Erstwählerinnen und Erstwählern zu kritisieren, ist unserer Demokratie nicht würdig. Mit Beschimpfungen gewinnen Sie bei den jungen Menschen keinen Blumentopf.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Ich will noch eine Sache nennen und einfach einmal in Relation setzen. Die größte Pegida-Demonstration, die in Deutschland stattgefunden hat, hatte 25.000 Teilnehmende. Bei der größten Fridays for Future-Demonstration waren es 300.000 Teilnehmer. Was haben Pegida und diese ganze Demonstration bei der CDU ausgelöst? Einen Marschschritt nach rechts, wir sollen die Sorgen der besorgten Bürger ernst nehmen, und jetzt haben wir ganz viele besorgte junge Menschen.

Sie wollen sich für Klimaschutz, für etwas Positives engagieren. 300.000 Menschen gehen auf die Straße, und völlig fehlgeleitet haben Sie sich herablassend über diese jungen Menschen geäußert und sie als Schuleschwänzer beschimpft. Das ist einfach fehl am Platz. So gewinnt man junge Menschen nicht wieder zurück.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Und wenn sie mit der Meinungsfreiheit im Internet nicht mehr weiterweiß, dann handelt die CDU nach dem Motto „Wir fordern einmal wieder die Klarnamenpflicht“. Es wird wieder aus der Mottenschublade herausgezogen, und zu Recht reagieren junge Menschen auf die Forderung nach der Klarnamenpflicht mit Unverständnis. Wir haben kein Anonymitätsproblem im Netz, sondern wir haben ein Problem mit Hass im Netz, und das haben Sie immer noch nicht erkannt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insgesamt sind die Signale, die Sie gesendet haben, pure Altersdiskriminierung. Die Meinung von Älteren ist Ihnen wichtiger als die Meinung der unter 30-Jährigen. Das sind die Signale, die Sie dieses Jahr gesendet haben.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Wer redet von alten weißen Männern?)

Dann ist es doch völlig nachvollziehbar, dass nur 30 % der unter 30-Jährigen bei der Europawahl die CDU gewählt haben. Das wundert mich nicht, und die Generation Greta war bei dieser Wahl noch nicht einmal wahlberechtigt.

Das ist eine Quittung dafür, dass Sie junge Menschen mit Ahnungslosigkeit und Naivität beschimpfen und nicht handeln. Das ist ganz wichtig. Es sind nur Worthülsen, die wir heute gehört haben. Sie müssen aber liefern. Beim Klimaschutz: Vertagt. Umweltschutz: Vertagt. Digitalisierung: Vertagt. Solange Sie auf Bundesebene weiter so handeln, wird sich nichts bewegen.

Die Botschaft der jungen Menschen ist ganz klar: Entweder die CO2-Emissionen sinken dramatisch bis zum Jahr 2030, oder die Welt wird nicht mehr zu retten sein.

(Glocke des Präsidenten)

Nehmen wir die Botschaft der jungen Menschen ernst. Die CDU kann ja beweisen, ob sie sie ernst nimmt. Nehmen Sie diese Forderung auf, handeln Sie beim Klimaschutz, und handeln Sie auch beim Wahlalter mit 16. Das wäre ein wichtiges Signal an dieser Stelle.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Für die Landesregierung spricht Staatsministerin Spiegel.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Jugendministerin verstehe ich mich als Sprachrohr und sehe es auch als meine Verantwortung an, die Anliegen der jungen Generation aufzunehmen und einzubringen. Ganz nebenbei steht vor Ihnen – zumindest nach meinen Recherchen – die nach wie vor jüngste Frau Deutschlands in einem Ministeramt, und damit – um nicht falsch verstanden zu werden – möchte ich nicht sagen, dass ich jung bin, aber es soll vor allen Dingen auch einmal etwas sagen über die Alterszusammensetzung von politischen Entscheidungsträgerinnen und politischen Entscheidungsträgern in unserer Republik.