Protocol of the Session on March 28, 2019

Vielen Dank, Herr Justizminister Mertin! Das waren interessante Ausführungen, denen ich auch zustimmen kann, übrigens auch Frau Schellhammer.

Ich möchte noch einmal eine Sache klarmachen. Ja, es ist richtig, US-Plattformen machen die geistige Arbeit anderer zu Geld, auch deutscher Verlage. Das stimmt. Sie müssten viel mehr an die Urheber bezahlen und auch ordentlich versteuern. Das ist alles richtig.

Aber nun gilt, es wird nicht besser vergütet, sondern erst einmal gelöscht, und wir haben damit einen Irrweg eingeschlagen. Europäische Alternativen zu US-Plattformen wären wünschenswert. Sie werden aber nur dann wirtschaftlich erfolgreich sein, wenn sie mindestens auch genauso frei und kreativ sind. Es geht um Innovation, und da reicht es nicht, mit Dollarzeichen in den Augen auf Facebook zu schauen und zu sagen: Ich möchte etwas von dem Kuchen abhaben. – Man muss eben innovativer sein.

Übrigens in diesem Zusammenhang noch der Hinweis: Die angeblich zwischen Verlegern und Öffentlich-Rechtlichen abgemachte Mega-Mediathek wird US-Plattformen wahrscheinlich nicht herausfordern, wenn sich hier nur die geistige Trägheit der oberen Etage des Staatsfunks mit dem wirtschaftlichen Weitblick kriselnder deutscher Großverlage verbindet, sondern nur, wenn sie innovativer ist als Facebook, als WhatsApp und andere Anbieter.

Es sollte uns wirklich Sorgen machen, wenn insbesondere der Schweizer Messenger-Dienst Wire sich diesem Protest angeschlossen hat, der doch gerade sozusagen in Konkurrenz mit Facebook und dem Facebook-Messenger WhatsApp tritt, die wirklich mit den Daten sehr fragwürdig umgehen.

Ich möchte zum Schluss noch auf zwei Dinge hinweisen. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) hat die Tatsache, dass das Internet ein rechtsfreier Raum ist, nicht beendet. Es hat sich gezeigt, dass das NetzDG diesen Zustand gerade nicht behoben hat. Schon damals konnten Tatbestände wie unwahre Tatsachenbehauptungen – Herr Haller, Sie wissen, wovon ich rede –

(Glocke der Präsidentin – Abg. Martin Haller, SPD: Das wollen wir ja noch einmal sehen! Das werden wir noch sehen!)

und Beleidigung angegriffen werden. Das NetzDG hat eben hier keinen rechtsfreien Raum beendet.

(Glocke der Präsidentin)

Bei den großen Plattformen müssen wir auch die UploaderVerantwortung wieder in den Blick nehmen. Hier bestehen Urheberrechtsverletzungen, die immer schon verfolgt worden sind.

(Beifall der AfD – Abg. Martin Haller, SPD: Na, wo ist denn Herr Lohr? Sind wir wieder auf rechten Demos beschäftigt? – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Wo ist denn Herr Lohr? – Zurufe der Abg. Dr. Jan Bollinger und Michael Frisch, AfD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dötsch gemeldet.

(Unruhe im Hause)

Herr Dötsch, beginnen Sie bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke dem Minister für seinen Beitrag, der sicherlich zur Versachlichung der Diskussion beiträgt,

(Beifall der CDU und bei der AfD)

so wie ich das in meinem ersten Redebeitrag gewünscht

und selbst versucht habe.

Meine Damen und Herren, wir haben zwei Jahre Zeit, die neue Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. In diesen zwei Jahren können verschiedene Varianten diskutiert und beschlossen werden. Es besteht zum einen durchaus die Option, dass Plattformen Lizenzvereinbarungen und Nutzeruploads mit den entsprechenden Vertretungen schließen und sich insofern automatische Filter an der Stelle erübrigen. Das ist das Ziel der Bundesregierung und auch der CDU; denn damit sind dann grundsätzlich die Handlungen aller Plattformnutzer rechtssicher.

Zum Zweiten möchte ich darauf hinweisen, dass gerade kleine Plattformen von dieser Regelung ausgeschlossen sind. Insofern ergibt sich auch da eine Relativierung des Gesamten.

Ein Drittes möchte ich in die Überlegungen einbeziehen: Es ist das Geschäftsmodell der großen Plattformen, dass sich möglichst viele Nutzer im Internet beteiligen, weil darüber die Werbeeinnahmen fließen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine am Markt befindliche Plattform ganz bewusst hingeht, die Nutzerzahlen und Uploads willkürlich zu reduzieren. Ich glaube, dass sie das durchaus ausgewogen machen und auch machen müssen, wie wir eben zu Recht vom Justizminister gehört haben.

(Glocke der Präsidentin)

Ich denke, insofern haben wir allen Grund, in aller Sachlichkeit über die Dinge zu sprechen. Wir sollten konstruktiv und positiv auf die weitere Diskussion eingehen, damit wir die notwendigen Freiheiten im Netz in Deutschland und damit in ganz Europa weiterhin gewährleisten können,

(Glocke der Präsidentin)

weil wir nur dadurch Macht gegenüber den amerikanischen Unternehmen haben.

(Beifall der CDU)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht noch einmal Pia Schellhammer.

Wir haben heute erlebt, dass von der AfD versucht wurde, die berechtigte Kritik an der EU-Urheberrechtsreform zu instrumentalisieren, aber das macht mich nicht kirre; denn ich weiß, dass viele Menschen, die gegen diese Reform auf die Straße gegangen sind, genauso auf Demonstrationen gegen rechts zu finden sind. Deswegen wird es nicht aufgehen, dass Sie diesen Protest hier instrumentalisieren.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Pfeifen im Wald! – Abg. Matthias Joa, AfD: Ein politisches Talent!)

Deswegen werde ich mich auch ganz eindeutig gegen die

se Art von Upload-Filtern positionieren, weil ich glaube, etwas wird in der ganzen Diskussion nicht klar, nämlich zur Lebensrealität von vielen jungen Menschen gehört es, dass das Netz ein Raum der Kultur ist, in dem eine Art Remixkultur – man nimmt etwas und schafft etwas Neues – entsteht. Das Stichwort „Memes“ ist in der Diskussion sehr oft gefallen. Das ist die Lebensrealität von jungen netzaffinen Menschen, die bedroht ist.

Eben hat auch Justizminister Mertin gezeigt, dass das keine Altersfrage ist, indem er geschildert hat, was es bedeutet, im Netz Dinge hochzuladen und wie schwierig es beispielsweise bei einem Demonstrationsvideo ist, zwischen Urheberrechtsverletzungen zu unterscheiden.

Ich will aber noch einen Punkt – deshalb habe ich mich noch einmal gemeldet – in die Debatte einbringen: Wir haben noch eine letzte Hoffnung; denn in der nächsten Woche wird der Ministerrat über die EU-Urheberrechtsreform entscheiden. Dann – das ist mein Appell an die Große Koalition – besteht die allerletzte Chance, auf den ResetButton zu drücken und eine umfassende Reform, die europaweit gleich angewendet wird, zu schaffen. Das ist die Entscheidung, die in der nächsten Woche im Sinne eines freien Netzes und einer europäischen Idee getroffen wird.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann haben wir auch den dritten Teil der Aktuellen Debatte beendet. Wir gehen in die Mittagspause und treffen uns hier um 14:00 Uhr zur Regierungserklärung wieder.

U n t e r b r e c h u n g d e r S i t z u n g : 1 2 : 5 0 U h r

W i e d e r b e g i n n d e r S i t z u n g : 1 4 : 0 3 U h r

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie zur Fortsetzung der Sitzung begrüßen.

Ich begrüße zunächst Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Umschulungsmaßnahme des CJD Berufsförderungswerks Koblenz. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Zudem dürfen wir Schülerinnen und Schüler der Oberstufe der Alfred-Delp-Schule Hargesheim begrüßen. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im Hause)

Es freut uns, Auszubildende zum Beruf der Rechtsanwaltsbzw. Verwaltungsfachangestellten im 2. Lehrjahr der Berufsbildenden Schule Landau zu begrüßen. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Wir kommen damit zu Punkt 12 der Tagesordnung:

Damit Neues groß werden kann. Wohlstand sichern, Chancen schaffen. Gesellschaft stärken: Eine innovative Verkehrs- und Wirtschaftspolitik für Rheinland-Pfalz Regierungserklärung von Staatsminister Dr. Volker Wissing

Staatsminister Dr. Wissing hat das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Friedrich Engelhorn, gelernter Goldschmied, gründete 1848 eine Kommanditgesellschaft zur industriellen Herstellung und zum Vertrieb von portativem Gas. Damit legte er vor 170 Jahren den Grundstein für den heutigen Weltkonzern BASF. Das war der Beginn einer einmaligen Erfolgsstory, die den Vergleich mit den amerikanischen Digitalkonzernen nicht zu scheuen braucht. Heute ist Ludwigshafen das Silicon Valley der Chemie.

Der Gründer der BASF hatte eine Idee, und er hat dafür einen Markt gesehen. Ob damals irgendjemand geahnt hat, dass aus der Idee, Farbstoffe günstig zu synthetisieren, einmal ein Weltkonzern entstehen wird? Wahrscheinlich nicht. So wenig, wie die Menschen früher in die Zukunft schauen konnten, so wenig können wir es heute. Welches Produkt wird in Zukunft erfolgreich sein? Welches Unternehmen wird sich behaupten? Welche Idee setzt sich durch? Niemand weiß es genau.

Auf eine zunehmend dynamischere Welt und Wirtschaft darf die Politik daher nicht mit statischen Vorgaben reagieren. Die Politik muss genauso dynamisch sein wie die Prozesse, die unsere Wirtschaft, aber auch unsere Gesellschaft in zunehmendem Maße steuern. Gerade im Hinblick auf die Dynamik dieser Veränderungen reicht es für den Gesetzgeber nicht mehr, nur zuzuschauen oder zu reagieren, er muss auch agieren.

Das tun wir, indem wir uns darauf konzentrieren, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass wir die Chancen neuer Entwicklungen nutzen können und gleichzeitig unsere Gesellschaft vor den Risiken und den Problemen neuer Entwicklungen schützen.