Protocol of the Session on February 21, 2019

Das Zitat mit der Schule in Mainz vorhin war ein Zitat aus der Allgemeinen Zeitung. Ich glaube, hier liegt unser Problem, indem wir sämtliche reell und real vorhandenen Probleme ableugnen und sagen, das ist überhaupt kein Problem, wir brauchen nur mehr Förderung, mehr Lehrer und Sozialarbeiter. Damit verleugnen wir die reale Lage.

Sie können sich das nicht schönreden. Ich war in Germersheim selbst auf der Schule. Ich kenne das. Da sind wir mittlerweile so weit, dass sich Eltern überlegen, aus der Stadt wegzuziehen, weil sie für ihre Kinder dort keine vernünftige Zukunft und keine vernünftige Bildung sehen.

Erklären Sie mir doch, wie es bei einem Migrationshintergrund von 80 bis 90 %, bei dem die Hälfte der Kinder überhaupt nicht richtig Deutsch kann, um eine reelle Wissensvermittlung geht. Auf diese Antwort wäre ich sehr gespannt.

Statt immer nur auf die anderen einzuschlagen und alles positiv darzustellen, sollten Sie sich inhaltlich damit auseinandersetzen. Gehen Sie einmal in Germersheim in eine Kita oder in eine Schule. Sprechen Sie einmal mit Erziehern. Wenn Sie eine ehrliche Antwort bekommen, sollten Sie so ehrlich sein und bestimmte Defizite und Probleme hier an dieser Stelle einräumen, anstatt immer nur alles wegzudrücken.

(Beifall der AfD)

Zur Erwiderung hat Herr Köbler das Wort.

Meine Damen und Herren! Es ist behauptet worden, ich kenne die Realität an den Grundschulen nicht. Ich komme noch einmal zur Grundschule Mainz-Weisenau. Die nehmen an dem schönen Projekt Lese-Oma/Lese-Opa teil. Es ist gut, es ist so offen, das kann man auch als Papa machen. Ich habe das ein paar Mal mit den Erstklässlerinnen und Erstklässlern gemacht.

(Abg. Dr. Timo Böhme, AfD: Es geht um die Politik in diesem Land!)

Es geht ums Lesenlernen. Da kommen vor allem diejenigen, die noch mehr Probleme haben. Natürlich gibt es Kinder, die mehr Probleme haben. Ich sage Ihnen etwas: Das sind nicht nur Kinder, in deren Elternhaus kein Deutsch gesprochen wird.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Es sind leider auch Kinder dabei, in deren Elternhaus entsprechend Deutsch gesprochen wird. Es wird wahnsinnig viel dafür getan.

Sich pauschal hinzustellen und zu sagen, nur weil an der Schule der Migrationsanteil größer ist, haben die Kinder weniger Chancen, hat mit der Realität der Schulen und der Kinder überhaupt nichts zu tun, sondern nur mit Ihren Ausländer-Vorurteilen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das war die Allgemeine Zeitung! – Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Wissen Sie, die Kinder in der Schule haben keine Angst davor, dass ihre Mitschüler Ghazal, Vladimir oder Abdul heißen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Die Allgemeine Zeitung, halte ich fest!)

Die haben Angst davor, dass Ideologien wie Ihre gesellschaftlich mehrheitsfähig werden und das gute Miteinander, das die Kinder in der Schule haben, dadurch zerstört wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Allgemeine Zeitung! – Weitere Zurufe von der AfD)

Für die Landesregierung spricht Staatsministerin Dr. Hubig

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich mache vielleicht noch eine Bemerkung vorab. Auch in Germersheim wird hervorragende Arbeit geleistet.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Wenn Sie uns pauschal vorwerfen, wir würden alles nur positiv und die Dinge nicht sehen, kann ich nur sagen, das, was Sie machen, ist genau das Gegenteil. Sie sehen alles negativ. Sie differenzieren nicht. Sie behaupten einfach.

Wenn das Gegenbeispiel Weisenau kommt, dann heißt es, jetzt rede ich gerade über Germersheim, und in Germersheim ist alles schlecht. –

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Es wurde die Allgemeine Zeitung zitiert! Germersheim ist kein Argument!)

Wir alle, die wir hier sind, sind unterwegs. Es ist also kein Zeitungswissen. Wir sind alle in Kitas und Schulen unterwegs. Wir sprechen mit den Menschen.

Ich bin in den Schulen und spreche mit Hauptpersonalräten. Ich bin in Kitas. Ich spreche mit Eltern und Lehrerinnen und Lehrern sowie Verbänden. Da höre ich sehr viel. Da reden wir sehr viel und sprechen miteinander. Wir bekommen ein sehr differenziertes Bild.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Natürlich!)

Das ist nicht nur gut, sondern es gibt Dinge, die verändert werden müssen. Natürlich sind wir immer daran, Dinge zu verändern und zu verbessern. Aber sich hier hinzustellen und pauschal alles schlechtzumachen und es dann noch

auf bestimmte Menschen zu schieben, finde ich, ehrlich gesagt, bemerkenswert.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir reden über Sprachförderung für Kinder. Das ist unser Begriff von Kindern, die deutsch sind, von Kindern, die nicht deutsch sind, von Kindern, die einen Migrationshintergrund haben, und von Kindern, die keinen Migrationshintergrund haben. Es geht darum zu erkennen, was sie für Bedarfe haben, um dann die passenden Maßnahmen zu initiieren. Genau das machen wir.

Als in den Jahren 2015 und 2016 geflüchtete Kinder und Jugendliche in die Schulen kamen, sind die DeutschIntensivkurse eingerichtet worden. Dabei geht es – das ist schon gesagt worden – um das schnelle Erlernen der deutschen Sprache. In diesem Zeitraum haben wir die Zahl der Deutsch-Intensivkurse verdreifacht.

Diese erheblichen Anstrengungen waren notwendig, damit die Kinder eine Grundlage für den Spracherwerb, die Sprachförderung und die Integration bekommen, die sie brauchen. Wir lassen in diesen Anstrengungen nicht nach.

Sprachförderung in Rheinland-Pfalz umfasst weit mehr als diese Deutsch-Intensivkurse. Ein isolierter Blick nur auf die Herbststatistik wird dem Thema nicht gerecht. Sprachförderung ist ein Prozess, und er ist keine Momentaufnahme.

Der Besuch eines Deutsch-Intensivkurses ist für die Kinder der Beginn eines Förderprozesses. Sie lernen dort in beeindruckender Art und Weise die Grundlagen der deutschen Sprache. Wenn sie die Deutsch-Intensivkurse verlassen – am Tag sozusagen, 20 Stunden die Woche –, lernen sie zusammen mit ihren Klassenkameradinnen und -kameraden im Unterricht. Die Sprachförderung hört da nicht auf.

Sie werden dann, wenn sie besser Deutsch können, weiterhin zwei- bis vierstündige Deutschfördermaßnahmen ergänzend zu ihrem Fachunterricht bekommen. Dieser Prozess ist nicht mit den Zahlen der Herbststatistik darstellbar, wie es in der Großen Anfrage suggeriert werden soll.

Es ist auch keine Lösung und kein seriöser Ansatz zu sagen, man teilt die Zahl der Stunden der Sprachförderung durch die Anzahl der Kinder mit Migrationshintergrund. Es geht darum, dass die Kinder bedarfsgerecht Unterricht bekommen. Genau so werden die Stunden zugewiesen. Deshalb bekommt manche Schule mehr Sprachzuweisungen als andere.

Insgesamt aber – das ist mir schon wichtig, darzustellen – haben wir in den letzten Jahren, allein in diesem Schuljahr 601 Lehrerwochenstunden, mehr für die Sprachförderung bereitgestellt als ursprünglich beantragt. Das entspricht 23 Lehrerstellen. Im Schuljahr 2017/2018 haben wir insgesamt nur für Sprachförderung in Rheinland-Pfalz 13.650 Lehrerwochenstunden an den allgemeinbildenden Schulen angesetzt. Das entspricht 525 Lehrerstellen – damit wir wissen, über was wir reden.

Wir lassen unser Handeln nicht auf ein paar Zahlen redu

zieren. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, einige Aspekte des Sprachförderkonzeptes in Rheinland-Pfalz zu benennen, die noch nicht zur Sprache gekommen sind. Die Hausaufgabenhilfe war schon Thema, auch die Feriensprachkurse. Herkunftssprachenunterricht ist wichtig, um die deutsche Sprache zu erlernen; denn wer sich in seiner Muttersprache ausdrücken kann, tut sich auch viel leichter, eine andere Sprache zu erlernen. Dazu gibt es genug Studien.

Wir haben 650 Lehrkräfte seit 2015 im Bereich Deutsch als Zweitsprache weiterqualifiziert. Wir haben ein qualitativ und quantitativ hochwertiges Unterrichtsangebot für Kinder und Jugendliche schon in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Wir haben ein großes Zertifizierungsprogramm mit dem Deutschen Sprachdiplom, damit Kinder ihre Sprachkenntnisse nachweisen können.

Es gibt noch viel mehr, das Projekt „2P plus“ für Kinder mit Migrationshintergrund, für geflüchtete Kinder, bei denen man deren Fähigkeiten und Kenntnisse feststellt.

Leider reicht die Zeit nicht, um noch vieles andere darzustellen, was wir noch im Bereich der Sprachförderung machen. Ich kann Ihnen sagen, wir werden nicht nachlassen, sowohl bei den Kindern, die Migrationshintergrund haben und noch nicht gut Deutsch können, als auch genauso bei den anderen, die gut lesen, schreiben und rechnen lernen sollen in den rheinland-pfälzischen Grundschulen.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Brandl. Sie haben noch 30 Sekunden.

Das reicht, ich habe noch 30 Sekunden.

Frau Ministerin, ich stelle fest, dass keiner meiner Vorwürfe und keine meiner Thesen, die wir heute in den Raum gestellt haben, von Ihnen widerlegt wurden. Es bleibt dabei, es gibt keine Korrelation der Schülerzahl, die Sprachförderung bedarf, und den zugeteilten Lehrerwochenstunden.

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Die fleißigen Pressekollegen haben die Exceltabelle, die können dazu schreiben. Ich freue mich darauf.

Vielen Dank.