Protocol of the Session on June 19, 2018

Wir alle empfinden es so – ich hoffe, wir alle empfinden es so –, dass dies denen, die damals Verantwortung hatten, wunderbar gelungen ist und wir stolz sein können auf diese deutsch-französische Freundschaft, die auch einer der wichtigsten Pfeiler der europäischen Zusammenarbeit war.

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)

Schon damals war den beiden Staatsmännern Adenauer und Charles de Gaulle klar, dass es darum geht, sich in seiner Rolle in Europa wiederzufinden, auch ein ganzes Stück Lokomotive für die Zusammenarbeit in Europa darzustellen, übrigens auch eine Sicherheitspartnerschaft zu gründen, die ein ganzes Stück auch – zumindest war das die französische Sicht – eine Position jenseits der nordamerikanischen Position war. Das war nicht so ganz klar die Position Deutschlands, die sehr stark an der Westbindung orientiert war. Gemeinsam war man aber orientiert im westlichen Verteidigungsbündnis.

Was in diesen Tagen mit Blick auf den Aachener Vertrag manchmal übersehen wird, auch heute vielleicht nicht die Hauptrolle spielt, ist, dass die Frage der Sicherheitspartnerschaft in diesem Aachener Vertrag eine große Rolle spielt, bis hin zum gegenseitigen Beistand.

Wir haben aber in diesem Aachener Vertrag, der, so habe

ich es zumindest gelesen, als Sammlung von Absichtserklärungen deklariert wurde – was ich nicht für korrekt halte –, eine neue Vertiefung der deutsch-französischen Zusammenarbeit. Wir wissen in Rheinland-Pfalz, wie sehr wir daran interessiert sein müssen, dass es immer wieder neue Impulse für diese deutsch-französische Zusammenarbeit gibt.

Wir haben schon oft darüber geredet, dass wir als ehemaliges Grenzland heute entlang dieser Grenzen in guter Zusammenarbeit, guter Nachbarschaft mit unseren Nachbarn leben. Ich nenne natürlich die Großregion, ich nenne natürlich die Bourgogne, und ich nenne die Region entlang des Oberrheins.

Dieser Aachener Vertrag gibt genau dafür auch Impulse. Er formuliert das Ziel, Integration der Gesellschaften, der Institutionen, im Bildungswesen – dazu zählt auch die Sprache –, im Bereich der Forschung und der Medien.

Ein besonderes Augenmerk möchte ich auf etwas legen, das nicht zu sehr im Vordergrund war, aber für uns tatsächlich noch jahrelang bestimmend sein kann: Es wird etwas eingeführt, was wir in Deutschland das Subsidiaritätsprinzip nennen. Man kann fast davon sprechen, dass man zwischen Deutschland und Frankreich in der engen Zusammenarbeit eher so etwas wie föderale Strukturen einbaut, man tatsächlich nicht mehr alles nur über die nationalstaatlichen Ebenen organisiert und nur von Entscheidungen auf nationalstaatlicher Ebene abhängig machen möchte, sondern dass man auch Entscheidungsbefugnisse in die Region gibt.

Wir wissen in der Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn, dass das gerade jetzt in einer Zeit des Umbruchs stattfindet. Ich kann das als Südpfälzer sagen, natürlich haben wir uns umzustellen, nachdem es auf der französischen Seite die Fusion von Elsass, Champagne-Ardenne und Lothringen zur Région Grand Est gab. Es sind neue Gesprächspartner da, und wir müssen die Zusammenarbeit wieder neu finden.

Wenn ich jetzt in diesen Tagen lese, dass man sich auch in der Großregion getroffen hat und dort sagt, es braucht eine neue, vielleicht auch institutionalisierte Form der Zusammenarbeit in der Großregion, dann passt das ins Bild.

Die Sprache des Nachbarn ist ein Thema, das mich sehr stark beschäftigt, und ich glaube, auch zu ihm gehen Impulse von diesem Aachener Vertrag aus.

(Glocke der Präsidentin)

Wir haben das Ziel der Zweisprachigkeit in der Grenzregion definiert, und ich sage, diese Absicht ist eine ehrgeizige Absicht, und sie muss auch in Rheinland-Pfalz mit weiteren Maßnahmen begründet werden, zu denen ich gerne in der zweiten Runde noch etwas sagen möchte.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Seekatz.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die europäische Integration ist ein politisches Erfolgsprojekt, das zu einer nie gekannten Phase des Friedens, der Freiheit, der Sicherheit und des Wohlstands in Europa geführt hat. Die europäische Einigung zu wahren, zu pflegen und auszubauen ist gerade in diesen unruhigen Zeiten sicherlich eine historische Verantwortung, zu der wir uns bekennen.

(Beifall der CDU)

Deshalb ist es umso wichtiger, dass die deutschfranzösische Aktionsgemeinschaft als zentraler Motor der europäischen Integration ihre Kooperation weiter vertieft. Nach dem Élysée-Vertrag von 1963 schafft der vor wenigen Tagen von Merkel und Macron unterzeichnete Aachener Vertrag den Rahmen für eine noch größere Konvergenz beider Länder. Er soll die grenzüberschreitende Zusammenarbeit verbessern und der deutsch-französischen Partnerschaft neue Dynamik verleihen.

Der neue Freundschaftsvertrag ist ein Schub für ein noch stärkeres grenzüberschreitendes Miteinander. Besonders lobenswert ist, dass der Vertrag diesem Aspekt ein eigenes Kapitel widmet und er für die Zusammenarbeit in lokalen und regionalen Fragen ein neues Gremium vorsieht, den Ausschuss für Grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Hier soll die Zusammenarbeit in den Gebietskörperschaften über die Landesgrenzen hinweg erleichtert und bürokratische Hürden abgebaut werden.

Positiv zu bewerten ist, dass sich beide Länder dem Ziel der Zweisprachigkeit verpflichten – ein wichtiger Baustein zur Vertiefung dieser deutsch-französischen Beziehung, dem wir in unserem Antrag „Die Zukunft Europas gestalten – Die Sprache des Nachbarn lernen“ schon im Jahr 2018 Nachdruck verliehen haben.

Wenn Ihnen, sehr geehrter Herr Schweitzer, so viel an dieser deutsch-französischen Freundschaft liegt, mag die Frage gestattet sein, warum Sie nicht seinerzeit unserem Antrag zugestimmt haben.

(Beifall der CDU)

In diesem Antrag, zu dem wir erst kürzlich im Europaausschuss eine Anhörung durchgeführt haben, fordern wir die Landesregierung unter anderem dazu auf, die Sprachvermittlung von Kindergärten über die Grundschulen bis zu weiterführenden Schulen systematisch und durch einen detaillierten Lehrplan strukturiert anzugehen, die bilingualen Bildungslehrgänge Deutsch und Französisch an rheinlandpfälzischen Schulen auszubauen und eine binationale Schule nach dem Vorbild des Schengen-Lyzeums in Perl einzurichten.

Leider wurden unsere zentralen Forderungen bei einem Einigungsversuch mit der SPD aus unserem Antrag herausgestrichen. Deshalb kam es leider auch zu keiner Einigung. In diesem Sinne, Herr Schweitzer, sollten Sie auch schauen – man konnte es jetzt in der RHEINPFALZ lesen –, dass in dem Kindergarten „Waldgeister“ in Pleisweiler in der Südpfalz die Stunden gekürzt wurden. Hier, denke ich, müssen wir gemeinsam darauf achten, dass so

etwas nicht vorkommt.

(Beifall der CDU)

Ebenfalls konnten wir in der WELT lesen, dass Sie fordern, Französisch als erste Fremdsprache zu etablieren. Wir sollten Französisch und Englisch nicht gegeneinander ausspielen. Französisch ist uns wichtig, aber wir sind uns auch darüber im Klaren, dass gerade Englisch im kulturellen und im digitalen Bereich und in der Wissenschaft eine wichtige Rolle spielt.

Das passt nicht zusammen, und wir haben den Eindruck, dass Sie wieder auf einen fahrenden Zug aufspringen, da unser Europaantrag nach der Anhörung im Ausschuss für die nächste Plenarsitzung ansteht. Hier läuft es ähnlich wie bei unserer Forderung im Innenbereich zu den BodyCams: erst ablehnen und dann später als eigene Idee verkaufen.

(Beifall bei der CDU)

Sie bezeichnen in der WELT den Aachener Vertrag als teilweise noch sehr vage.

(Zuruf von der AfD: Ja!)

Sie sollten besser Ihre Hausaufgaben hier in RheinlandPfalz machen und erforderliche Rahmenbedingungen schaffen. Beispielsweise gibt es bei uns nach wie vor kein durchgängiges Konzept für den Spracherwerb von der Kita bis zu den weiterführenden Schulen. Bestehende Angebote bauen nicht aufeinander auf, Standards fehlen. Letzteres war ebenso eine Kernforderung in unserem Antrag wie die Errichtung einer grenzüberschreitenden Schule in Rheinland-Pfalz. Bei der Anhörung im Europaausschuss wurden diese Defizite ganz klar von den Fachleuten bestätigt.

Meine Damen und Herren, wer die grenzüberschreitende Zusammenarbeit stärken will, sollte auch die dafür notwendigen Maßnahmen ergreifen.

(Beifall der CDU)

Wenn das das Saarland schon schafft, dann wird es höchste Zeit, dass wir daran gehen.

Absichtserklärungen reichen nicht aus, zumal unser Vorschlag schon sehr lange auf dem Tisch liegt. Mehr dazu in der zweiten Runde.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die AfD-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Lohr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wie wichtig für die Ampelparteien europäische

Themen und die deutsch-französische Freundschaft abseits von irgendwelchen Sonntagsreden wirklich sind, zeigt die Behandlung des CDU-Antrags „Die Zukunft Europas gestalten – Europa im Leben der Menschen erfahrbar machen – Die Sprache des Nachbarn lernen“.

Dieser Antrag wurde am 19. Januar 2018, also vor über einem Jahr, gestellt. Es folgte fünf Monate später eine Anhörung, die Auswertung der Anhörung wird seitdem regelmäßig verschoben und ist bis heute nicht erfolgt. Deutlicher kann man das Desinteresse an Europa und deutschfranzösischer Beziehung kaum zeigen.

(Beifall der AfD)

Uns drängt sich der Verdacht auf, die Auswertung wird bewusst verschoben, um wohlkalkuliert kurz vor der Europawahl einen gemeinsamen Antrag zu präsentieren, in dem dann symbolisch Angst vor Kritikern der Europäischen Union geschürt wird.

Wenn man die deutsch-französische Freundschaft wirklich pflegen will, dann sollte man diejenigen besonders berücksichtigen, die für eine Brückenfunktion geradezu prädestiniert sind: die Elsässer.

Die Sprache der angestammten Bevölkerung im Elsass ist nicht französisch, sondern im Ursprung Deutsch mit seinen rheinfränkischen und alemannischen Dialektformen. Die alltägliche Diskriminierung der Deutschen im Elsass findet auch im CDU-Antrag leider keine Berücksichtigung.

(Zurufe von der CDU: Oh! Oh!)

Deutsch ist dort bis heute keine Amtssprache. Von Minderheitenrechten wie in Deutschland, von denen die Friesen, die Sorben und Dänen profitieren, können die Elsässer nur träumen.

Wir halten es durchaus für vertretbar und sinnvoll, unsere französischen Freunde zu ermuntern, Minderheitensprachen zu schützen und zu fördern.

(Beifall der AfD)