Protocol of the Session on October 24, 2018

Welche Probleme wollen Sie damit überhaupt lösen? Was soll uns eine Statistik sagen, in der ein afghanischer Geflüchteter genauso pauschal abgebildet wird wie die Kinder eines deutsch-dänischen Ehepaars?

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das ist doch gar nicht so! Der Hintergrund soll doch differenziert erfasst werden!)

Was soll uns das in einer Bildungsstatistik helfen, bestimmte Probleme zu lösen? Das haben Sie in Ihrer Rede nicht erklärt. Aus diesen Gründen werden wir diesen Antrag sicherlich ablehnen.

Sie haben auch wieder vergessen – wir haben bereits in der vorletzten Sitzung aufgrund Ihrer Großen Anfrage sehr intensiv darüber diskutiert –, welche Statistiken vorliegen,

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Die reichen nicht!)

welche Statistiken auch vom Ministerium zum Arbeiten herangezogen werden. Diese Diskussion ist anscheinend spurlos an Ihnen vorbeigegangen, denn Sie haben sich in Ihrer Argumentation kein Stück weiterentwickelt. Aus diesem Grund lehnen wir diesen Antrag ab.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Wir haben es differenziert dargelegt!)

Zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Joa das Wort.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Verehrter Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Binz, ich weiß gar nicht, was Sie überhaupt wollen. Wir erleben hier immer dasselbe Spiel. Wir stellen einen sachlichen Antrag. Wir sprechen von 1,4 Milliarden Euro Invest. Das müssen die Steuerzahler bezahlen. Was wir wollen, ist, dass wir eine vernünftige Datenbasis bekommen.

Sie sind auf dem Migrationshintergrund herumgeritten. Darauf möchte ich Ihnen gerne antworten. Es stimmt natürlich, einen Migrationshintergrund haben auch Italiener, Spanier, polnische Familien. Richtig! Diese werden in einen Topf mit Asylzuwanderung geworfen.

Jetzt muss sich doch eine Kita-Erzieherin oder eine Lehrerin zum Beispiel auf ihre Klasse entsprechend einstellen können. Sie müssen doch vorher wissen, welche Klientel in die Klasse kommt und woher die Menschen kommen. Sie brauchen diese Daten, um ihrer Arbeit vernünftig auszuführen.

Alles, was wir sagen, ist doch Folgendes: Wenn wir als Staat 1,4 Milliarden Euro allein in Rheinland-Pfalz ausgeben, dann brauchen wir auch Angaben, was bei jedem anderen Projekt genauso ist, das Sie auflegen, in das man Geld investiert, man braucht ein Reporting. Man muss schauen, was gut läuft, was schlecht läuft, und wo es Verbesserungspotenzial gibt. Darauf zielt unser Antrag.

Wir haben konkrete Vorgaben gemacht und konkrete Beispiele genannt. Das, was Sie hier tun, ist, Sie stellen sich hierhin, verdammen alles in Bausch und Bogen, nur um sich mit den inhaltlichen Themen nicht auseinandersetzen zu müssen. Das erleben wir hier immer wieder. Ich bin nicht überrascht, aber erneut enttäuscht.

(Beifall der AfD)

Zur Beantwortung erteile ich der Abgeordneten Binz Wort.

Sehr geehrter Herr Kollege Joa, wir setzen uns jeden einzelnen Tag mit den Herausforderungen von Migration und

Integration auseinander, und wir gehen die Probleme sehr differenziert an.

(Abg. Matthias Joa, AfD: Schauen Sie sich einmal die Große Anfrage an, wie differenziert Sie das angehen!)

Das, was Sie hier vorschlagen, ist genau das Gegenteil von Differenzierung. Es ist genau das Gegenteil von Differenzierung! Laut Ihrem Antrag soll in allen amtlichen Statistiken jeder Mensch in diesem Land, der eine Migrationsgeschichte hat, aufgrund seiner Migrationsgeschichte gespeichert und aufgenommen werden. Das löst kein einziges Problem.

(Abg. Matthias Joa, AfD: Das sind doch keine persönlichen Daten!)

Das löst kein einziges Integrationsproblem. Es pauschaliert und steckt diese Leute alle in eine Schublade. Sie tun so, als würden alle diese Leute irgendwelche Probleme auslösen, und es löst kein einziges Problem.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Es gibt doch bevölkerungsspezifische Herausforderungen!)

Für die Fraktion der CDU erteile ich Herrn Abgeordneten Herber das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erneut versucht die AfD-Fraktion, mit dem Anschein nach rechtschaffenden Forderungen nach Fakten ihre Polemik salonfähig zu machen. Ihr Antrag steckt voller versteckter Parolen, die ganze religiöse Gruppen diskreditieren und der gesamten Zuwanderung jegliches positive Potenzial absprechen.

(Beifall der CDU und bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit der vereinzelten Nennung von Daten versucht man dann, dem Ganzen noch einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben,

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

was Ihnen, liebe Kollegen der AfD, ohne Nennung von Quellen wie immer nicht im Ansatz gelingt. Aber dass dies mittlerweile Ihr Politikstil ist, muss ich niemandem in diesem Haus mehr erklären.

Die Trennung zwischen Asyl und Migration wird von Ihnen als Feinheit im System abgetan, und es wird dann gerne indirekt von mangelnder Rechtsstaatlichkeit und dem daraus resultierenden verloren gegangenen Vertrauen gesprochen. Mit diesem Stil werden Sie aber keine Probleme lösen, ganz im Gegenteil.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie haben es immer noch nicht verstanden!)

Wenn der AfD also wirklich daran gelegen wäre, die institutionelle Arbeit zu fördern,

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Nur weil Sie es nicht verstanden haben!)

würde sie – statt über das Ziel weit hinausgehende Anträge zu stellen – tatsächliche und realitätsnahe Forderungen stellen, die dann auch einen Mehrgewinn bedeuten.

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch klarstellen, wir in der CDU werden unsere Diskussionen immer auf der Grundlage von vernünftig zusammengetragenen und bewerteten Informationen führen.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Wir akzeptieren weder eine pauschale Diskreditierung noch wollen wir vorhandene Probleme herunterspielen.

(Beifall der CDU)

Was wir wollen, ist eine ehrliche und sachbasierte Debatte; denn nur so können langfristig auch nutzbringende Lösungen entstehen. Wir alle sind uns auch der Probleme und Herausforderungen, die in der Zuwanderung liegen, bewusst. Das sind auch die Schwierigkeiten, die wir aktiv angehen müssen.

Die CDU hat ihre Hausaufgaben gemacht. Unsere Ziele und Ideen sind Ihnen alle durch zahlreiche Debatten bekannt. Es liegt nun aber auch an der Landesregierung, endlich einmal den Mut zu haben und die entsprechenden Schritte zu gehen. Es gilt zum Beispiel immer noch, die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer einzustufen.

(Beifall der CDU)

Wir müssen uns auch über Transitzentren und über Aussteigerprogramme für islamistische Radikalisierung Gedanken machen.

Geltendes Recht muss konsequent Anwendung finden, und das Ministerium darf seine Arbeit nicht auf die Kommunen abwälzen. Das Integrationsministerium muss endlich seine Koordinationsfunktion an- und wahrnehmen. Diese Baustellen sind uns aber allen längst schon aus den vergangenen Debatten bekannt, genau wie die Lösungsvorschläge der CDU, die tatsächlich alle auf öffentlichen und nachweisbaren Fakten beruhen.

(Vizepräsidentin Astrid Schmitt übernimmt den Vorsitz)

Herr Joa, jetzt komme ich zu dem, was Sie in Ihrer Eingangsrede in einem schlanken System gefordert haben. Die Kollegin Binz hat es ja auch schon herausgestellt. Die AfD kann doch nicht ernsthaft selbst und ständig rascheres Vorgehen beim Thema „Asyl, Migration und Integration“ fordern, und im gleichen Atemzug fordern Sie Statistiken differenziert nach was weiß ich wie vielen Kategorien und überfordern damit unsere Behörden und Schulen und treiben unsere Kommunen in den bürokratischen Wahnsinn. Das entbehrt tatsächlich jedem Sinn.

(Beifall der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Michael Frisch, AfD: Ein Merkmal!)

Wenn Ihnen wirklich daran gelegen wäre, die Vernetzung der Institutionen zu verbessern, dann würden Sie von diesen keine Sisyphusarbeit verlangen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Wenn Sie wissen, was das ist!)

Es ist legitim, einer Rechtstaatlichkeit entsprechend konsequentes Durchgreifen zu fordern. Ebenso legitim ist es, wenn man von der Landesregierung und sämtlichen beteiligten Institutionen mehr Transparenz und ein intensiveres Aufarbeiten vorliegender Daten fordert. Es bleibt aber tatsächlich unlauter, Sachverhalte polemisch zu missbrauchen und sich dabei von realitätsnahen Konzepten vollends zu verabschieden.