Protocol of the Session on June 21, 2018

(Zuruf von der SPD: Heidi!)

Also wenn ich den Begriff „Heimatfernsehen“ jetzt einmal so ernst nehme, wie er offensichtlich gemeint ist, findet Heimat nach der Auffassung der AfD im Radio und im Netz überhaupt nicht statt. Schlankes Heimatfernsehen. Aber lassen wir das einmal dahingestellt sein.

(Zuruf des Abg. Dr. Timo Böhme, AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer diese Forderung nach Einführung eines Heimatfernsehens ernst nimmt, der müsste sich einmal damit beschäftigen, wie Fernsehen in unserer Heimat in Rheinland-Pfalz strukturiert ist. Dazu findet sich in Ihrem Antrag nicht ein einziges Wort. Sie beschäftigen sich mit der Situation in unserer Heimat Rheinland-Pfalz überhaupt nicht, sonst hätten Sie nämlich festgestellt, dass struktureller Ausdruck des Heimatbegriffs die Existenz von fünf Regionalstudios des SWR in Trier, Koblenz, Mainz, Kaiserslautern und Ludwigshafen ist, dass Ausdruck des Heimatbegriffs im SWR in SWR4 die jeweils von 12:00 bis 13:00 Uhr ausgestrahlte tägliche Mittagsstunde ist. „SWR Aktuell Rheinland-Pfalz“, Landesnachrichten für Rheinland-Pfalz, alles Heimat. „Landesschau Rheinland-Pfalz“, Nachrichten aus der Heimat, „Mensch Leute“, natürlich „made in Südwest“, „Fahr mal hin“, „Landesart“, „Bekannt im Land“, „Expedition in die Heimat“, alles Heimat im SWR, den Sie abschaffen wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD: Die AfD hat keine Heimat!)

Damit müsste man sich, wenn man die eigene Forderung ernst meint, zumindest einmal auseinandergesetzt haben. Das ist aber zu arbeitsintensiv. Das ist auch zu unbequem,

(Zuruf von der AfD: Das ist billig!)

weil die eigene Welt und die eigene Vorstellung dadurch möglicherweise hinterfragt oder zumindest korrigiert werden müssten. Stattdessen breiten Sie auf sechs Seiten Ihres Antrages Verleumdungen, Unterstellungen, Diskreditierungen und Schmähungen des öffentlichen Rundfunks aus, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU, der SPD, der FDP des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Paul behauptet, die Flaschen sammelnden Rentnerinnen und Rentner müssten in Deutschland Rundfunkbeitrag zahlen. Das ist schlicht die Unwahrheit. 3 Millionen Deutsche, denen es sozial schlecht geht, zahlen gar keinen Beitrag.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Die wollen Sie aber vom Empfang des Fernsehens mit der Formulierung ausschließen, deshalb sollte das persönliche Medienbudget einer freien Verfügbarkeit unterliegen. Das bedeutet Pay-TV, und das bedeutet zum Beispiel, dass Sie 3 Millionen Menschen in Deutschland, die keinen Rundfunkbeitrag zahlen müssen, von der Bundesliga ausschließen wollen.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Es muss einmal deutlich gesagt werden, was Sie mit Ihrem Heimatfernsehen und mit Ihren Vorstellungen wollen.

(Beifall der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Sie sprechen in Ihrem Antrag von der hohen Zahl der Mahnverfahren, von zahlreichen Klagen gegen den Rundfunkbeitrag. Jetzt liegen uns im Medienausschuss, allen medienpolitischen Sprechern zugänglich gemacht, die Zahlen vor.

Vielleicht hatten Sie wegen der enormen Arbeit, die Sie mit der Leitung des von Ihnen eben diskreditierten Medienausschusses als Vorsitzender haben, noch keine Zeit, sich mit diesen Zahlen zu beschäftigen.

(Heiterkeit bei der SPD)

2016 lagen im Gebührenbereich Rheinland-Pfalz bzw. des Südwestrundfunks 102 Klagen vor und 2017 172 Klagen. Das sind 0,008 % bzw. 0,005 %, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das wird aufgebauscht, als würde es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk infrage stellen.

(Beifall der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da wird von verschleierter Staatsnähe gesprochen.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Das ist so!)

Ich will Ihnen aber in der Öffentlichkeit einmal sagen – Sie wissen es ja, Sie sagen es hier nur wider besseres Wissen –, wer in diesen Gremien außer vier Mitgliedern des Landtags und einem Mitglied der Landesregierung aus Rheinland-Pfalz sitzt.

(Zu des Abg. Michael Frisch, AfD)

Vertreten sind dort die katholische Kirche und die evangelische Kirche. Alles verschleierte Staatsnähe, meine sehr geehrten Damen und Herren. Der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Angestelltengewerkschaft, die Landesvereinigung der Unternehmerverbände, die Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern, der Industrie- und Handelskammern, alles verschleierte Staatsnähe, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sie müssen sich überlegen, was Sie hier sagen.

(Beifall der CDU, der SPD, der FDP des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie müssen sich einmal überlegen, was das doch für eine Beziehung zur Wirklichkeit hat.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Das sagen doch auch Medienwissenschaftler!)

Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ja, wir müssen über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland nachdenken und, wo nötig, auch streiten. Wir müssen uns darüber streiten, wie sich der öffentlichrechtliche Rundfunk im digitalen Zeitalter weiterentwickelt und welche Funktion er in unserer offenen demokratischen Gesellschaft hat. Wir müssen uns darüber streiten mit den Zeitungsverlegern, mit den privaten Anbietern, mit vielen gesellschaftlichen Gruppen.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Steuerzahler!)

Mit diesem Antrag, den Sie vorgelegt haben, haben Sie sich aus der ernsthaften Debatte verabschiedet.

(Beifall der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention hat Herr Abgeordneter Paul das Wort.

Sehr verehrte Kollegen, liebes Präsidium! Es kann doch nicht sein, dass die Senderstruktur samt Senderanzahl, samt Betitelung der Sender sakrosankt ist. Es kann doch ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk entstehen oder sozusagen als Heimatfunk verbleiben, der nicht in diesen Sendeanstalten organisiert ist, der nicht von ARD und ZDF usw. – – – Das ist doch theoretisch denkbar. Ich habe doch gerade gesagt, dass die Regionalstudios nicht ge

schlossen werden müssen, dass ein regional basierter Heimatfunk existieren kann.

Sie tun so, als gäbe es keine andere denkbare Möglichkeit jenseits von ARD und ZDF und SWR. Das ist doch unlauter. Sie glauben doch nicht, dass ich 9 Milliarden Euro brauche oder Hunderte Millionen, die aus Rheinland-Pfalz abfließen, um fünf oder sechs Regionalstudios zu haben. Ich könnte zehn und 20 haben. Das ist doch die Wahrheit.

Sie verweigern sich einer Strukturreform, weil Sie aus politisch nachvollziehbaren Gründen die letzte große Bühne brauchen, und das muss man auch einmal sagen.

Ich möchte gar nicht auf die Rundfunkräte eingehen. Lesen Sie den Artikel von Jochen Zimmermann, Ökonom aus Bremen, der gesagt hat, dass die Idee des Binnenpluralismus, dass viele Meinungen zur Geltung kommen, in dem öffentlich-rechtlichen System gescheitert ist. – Das ist doch kein Mann, der der AfD nahesteht. Damit müssen wir uns doch auseinandersetzen. Ich brauche gar nicht weiter den Fall Eumann zitieren oder nachzuerzählen. Da haben wir doch eine greifbare Beeinflussung der Altparteienpolitik in diesem System.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was hat das mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu tun?)

Darüber muss geredet werden.

(Beifall der AfD)

Zur Beantwortung hat Herr Dr. Weiland das Wort.

Herr Paul, was Sie jetzt gesagt haben, ist doch nur der hilflose Versuch, sich aus einer Situation zu retten, in die Sie sich mit diesem Antrag selbst begeben haben.

(Beifall der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wollen mit der Zerschlagung, mit der restlosen Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland ein Vakuum schaffen, von dem Sie – – –

(Abg. Uwe Junge, AfD: Er hat doch gerade das Gegenteil gesagt!)

Nein, Sie müssen nicht hören, was er gesagt hat. Sie müssen Ihren Antrag lesen.

(Beifall der CDU, der SPD, der FDP des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Vielleicht reicht das Lesen nicht. Sie müssen ihn auch noch verstehen. Sie äußern sich sonst zu medienpolitischen Fragen auch nicht. Vielleicht ist das ein bisschen zu komplex für Sie.

Sie wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zerschla