Protocol of the Session on June 20, 2018

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Bernhard Braun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann direkt dort anknüpfen, wo mein Vorredner aufgehört hat. Natürlich müssen wir den Menschen helfen, die individuell betroffen sind. Es sind die Maßnahmen, die wir in der Landesregierung und als Abgeordnete diskutieren.

Sie haben es alle gesehen, und Sie haben alle darüber gesprochen. Wenn Sie diese Bilder sehen, wenn ein Haus fast weggeschwemmt worden ist, die Menschen, die darin wohnen, nicht mehr darin wohnen können – ich glaube, Frau Ministerpräsidentin hat es gesagt –, die Fotos von den Kindern und den Eltern weggeschwemmt worden sind, wenn alles, was mit Erinnerung behaftet ist, nicht mehr da ist, dann hat man einen sehr großen materiellen Schaden. Man hat aber auch einen Schaden, weil man viel an Erinnerung und Geschichte verliert. Umso wichtiger ist es, dass wir Vorsorge treffen.

Aber zunächst einmal müssen wir den Menschen helfen, die betroffen sind, und das, meine Damen und Herren – da bin ich sehr froh –, hat in Rheinland-Pfalz sehr gut geklappt.

Das hat in Rheinland-Pfalz sehr gut geklappt, weil die Menschen vor Ort solidarisch sind, weil sie sich nicht auseinandertreiben lassen, sondern weil sie sich gegenseitig helfen. Natürlich sind die Feuerwehr, das Technische Hilfswerk und andere ohnehin immer vorne mit dabei. Aber die Nachbarschaftshilfe ist auch sehr wichtig.

Ich möchte allen danken, die geholfen haben, und ich möchte meinen Respekt denen zollen, die helfen und nicht auf sich schauen, sondern auf die Nachbarn schauen und sagen, jetzt ist wichtiger, den Nachbarn zu helfen, als eigene Projekte zu verfolgen. Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und des Abg. Alexander Licht, CDU)

Es sind eben private Ereignisse, die einem selbst nachgehen, so, als ich im Radio das Interview mit einem Betroffenen gehört habe, der nicht zum ersten Mal, sondern zum dritten Mal an diesem Tag morgens aufgestanden ist und seine Räumlichkeiten wieder vom Wasser befreien musste, weil der Starkregen in Fischbach nicht nur einmal da war, sondern am nächsten Tag schon wieder, vielleicht nicht ganz so schlimm wie am ersten Tag. Man verliert dann auch die Hoffnung, dass es besser werden könnte. Man verzweifelt an der Situation. Genau diesen Menschen muss geholfen und schnell geholfen werden.

Es ist kein normaler Vorgang, dass die Landesregierung sagt, wir unterstützen Menschen privat mit Geld. Deswegen ist es wichtig, dass man Direkthilfen auszahlt, man Menschen, die nicht in ihrer Unterkunft, in ihrer Wohnung, in ihrem Haus, was sie bisher hatten, schlafen können, so weit finanziert, dass sie ein Hotel nehmen, sich ausruhen

und mit frischem Mut an den Wiederaufbau gehen können.

Auch wenn es nicht viele in Rheinland-Pfalz betroffen hat, aber jeder Einzelne ist einer zu viel und eine zu viel, die betroffen sind. Deswegen ist die Hilfe der Landesregierung so wichtig. Deswegen ist die Hilfe so schnell erfolgt. Deswegen ist es wichtig, dass die Leute darauf vertrauen können, dass sie geholfen bekommen. Ich glaube, das haben wir heute deutlich gemacht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und FDP)

Wichtig ist, dass allen Menschen bewusst wird, dass sie nicht an sicheren Orten wohnen, eigentlich kein Ort mehr sicher ist vor solch einem Ereignis und jeder und jede betroffen sein kann. Die Kampagne, die bisher im Umweltministerium und in der Landesregierung gelaufen ist, ist sehr erfolgreich gewesen. Das muss man einmal sagen. In Rheinland-Pfalz von 19 % auf 33 % bei der Elementarschadensversicherung in sechs Jahren zu kommen, ist nicht nichts, sondern eine gute Bewegung, und die wollen wir verstärken, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und FDP)

Durch diese Debatte, die wir heute führen, soll den Menschen bewusst gemacht werden – deswegen führen wir die Debatte –, sie sind alle gefährdet. Die Versicherung selbst hilft nun nicht dagegen, dass die Fotos weggeschwemmt werden und die Erinnerung eventuell beeinträchtigt wird. Aber sie hilft hinterher, damit man das wieder aufbauen kann, was man vorher gehabt hat, und dass man eine Perspektive hat.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir alle sollten im jeweiligen Wahlkreis dafür werben. Hoffentlich werden sich mehr Menschen versichern, und wir sollten in dem Gespräch mit den Menschen sagen, ja, versichert Euch, das ist richtig.

Meine Damen und Herren, diese Landesregierung – da hat Herr Baldauf, glaube ich, nicht ganz aufgepasst –, die Vorgänger der Landesregierung haben sich immer für Elementarschadenversicherungen ausgesprochen. Nur auf Bundesebene waren Länder der CDU der Meinung, eine Pflichtversicherung ist nicht möglich. Deswegen haben wir das nicht umsetzen können. Aber wir haben es immer wieder versucht, und es ist im Moment genau der gleiche Fall. Wir werden weitere Vorstöße machen. Nur wir wissen nicht, ob wir uns auf der Bundesebene damit durchsetzen können.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Ihr seid Euch auf Landesebene nicht einmal einig!)

Richtig wäre es, dass man eine Versicherung auf dem Level abschließen kann, den man auch bezahlen kann. Wir hatten früher immer das Problem, natürlich kann man versichern, aber es sind solche Unsummen von Versicherungsbeiträgen, dass sie am Schluss abschreckend sind. Das darf uns nicht passieren.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie alle, machen Sie Werbung für die Versicherungen, natürlich nicht für die

einzelne Versicherung, sondern für die Elementarschadenversicherung, damit Menschen vor solchen Schäden geschützt sind.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und FDP)

Wir müssen uns aber auch klarmachen, dass sich die Situation verändert. Als wir vor 20 Jahren über Hochwasser diskutiert haben, war das ein anderes Hochwasser. Das ist schon angesprochen worden. Beispielsweise an der Mosel war man in irgendeiner Art und Weise meistens darauf vorbereitet, und an der Mosel wie am Rhein weiß man, es kann einmal kommen. Es ist gut, wenn es nicht so oft kommt. Wir haben viel Geld dafür ausgegeben, um Maßnahmen zu beschleunigen und zu errichten, die vor solchen Hochwassern schützen.

Meine Damen und Herren, wir sind da, übrigens ganz anders als Baden-Württemberg früher unter der CDURegierung und ganz anders als Hessen, weil Hessen hat sich von solchen Maßnahmen freigekauft, unterwegs, und Baden-Württemberg hat die Maßnahmen noch nicht umgesetzt. Aber Rheinland-Pfalz hat fast alle Maßnahmen im Bereich des Hochwasserschutzes am Rhein und viele Maßnahmen an der Mosel und an den kleineren Nebenflüssen, Nahe, Ahr, etc., umgesetzt.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Eigenlob!)

Also haben wir in Rheinland-Pfalz besser als alle anderen Länder reagiert. Ich glaube, das muss erwähnt werden, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD FDP)

Wir haben dazu die Frage, was wir gegen diese neuen Ereignisse machen. Als Grüner, der seit über 30 Jahren über Klimaschutz spricht, bin ich heute sehr dankbar, zum Teil sehr überrascht, dass das Thema Klimaschutz ernst genommen wird und es im Landtag in Rheinland-Pfalz einen solchen Platz erhält.

Meine Damen und Herren aber der Klimaschutz allein wird natürlich nicht nächstes Jahr oder übernächstes Jahr helfen, weil – die Ministerpräsidentin hat es gesagt – in Rheinland-Pfalz die Durchschnittstemperatur in den letzten 25 Jahren um 1,5 Grad Celsius gestiegen ist. Auch das ist überall nachzulesen. Das haben wir oft vorgetragen. Das hat keiner ernst genommen, oder jeder hat gesagt, schön, können wir schöne warme Tage haben. Nein, meine Damen und Herren, Rheinland-Pfalz ist besonders betroffen. Die Temperatur steigt hier mehr als in anderen Bundesländern, und zwar deswegen, weil wir nahe am Atlantik liegen. Weil wir die Rheinebene haben, haben wir ganz andere Regensituationen. Das ist in Mecklenburg-Vorpommern anders als in der Rheinebene.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Vulkanismus in Rheinland-Pfalz!)

Das muss man wissen und sich darauf einstellen, meine Damen und Herren.

Die Frage, was wir im Klimaschutz tun können, ist eine

wichtige Frage. Ich will aber zunächst noch einmal sagen, die Unterscheidung zwischen den jetzigen Ereignissen und den früheren – dies wurde schon angesprochen –, liegt darin, dass wir höhere Temperaturen haben, auch schon früh im Jahr, wenn die Feuchtigkeit im Land noch sehr stark ist. Dann kann die Luft viel mehr Wassermassen aufnehmen und regnet diese Wassermassen auch ab.

Natürlich hatten wir früher auch Gewitter. Aber die Gewitter sind weitergezogen. Jetzt haben wir Gewitter, die sich über einem Ort ausregnen. Dadurch kommen die 150 l Wasser zustande.

Letztes Jahr in Houston bei dem Hurrikan waren es 1.300 l pro Quadratmeter, genau das Zehnfache von dem, was es in Rheinland-Pfalz in den letzten Tagen abgeregnet hat. Also es gibt noch ganz andere Situationen. Nur weltweit ist die Situation gleich. Je heißer die Luft ist, desto mehr Wasser ist in der Luft und desto weniger und geringer ist die Geschwindigkeit der Gewitter, das heißt, auf einem Fleck wird mehr Regen erwartet werden können.

Dann entstehen diese katastrophalen Situationen, die wirklich katastrophal sind. Ich glaube, das kann jeder bestätigen.

Wir wollen in Rheinland-Pfalz deswegen für den Klimaschutz noch mehr tun. Wir müssen für den Klimaschutz mehr tun. Wir brauchen aber auch die Vorsorge an den Bächen und Flüssen. Meine Damen und Herren, auch wenn Sie früher einmal die „Aktion Blau“ belächelt haben, wir renaturieren einen Bach, der verrohrt wurde, wir machen ein besseres Rückhaltesystem als bisher, wir lassen den Bächen mehr Raum. Ich weiß, wir haben das hier schon oft diskutiert. Ich habe gesagt, mehr Platz für die Flüsse.

Dann kam immer die Diskussion, wir brauchen aber doch die Bauplätze, wir brauchen neue Gewerbeflächen usw. Wir können doch nicht diesen grünen Träumen hinterherlaufen. Meine Damen und Herren, es ist wichtig, dass wir den Bächen und Flüssen mehr Platz lassen und Planungen machen – das bieten das Umweltministerium und die Umweltministerin schon die ganze Zeit an –, dass dann, wenn es zur Katastrophe kommt, das Trafohäuschen eben nicht unter dem Wasserspiegel, sondern darüber liegt, dass man plant, man Vorsorge trifft, dass man weiß, es kann eine Katastrophe kommen, für die wir vorsorgen müssen. Das unterstützen wir finanziell von der Planung und zum Teil auch von den Maßnahmen her, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Wir haben – ich glaube, es ist wichtig, dass wir das hier diskutieren – die größten Schäden – ich versuche, es einmal von der Seite her zu beleuchten – in der Landwirtschaft in der Maismonokultur. Das liegt nicht daran, dass die nicht widerstandsfähig wäre, sondern das liegt einfach am Ablaufverhalten des Wassers in den Maismonokulturen. Das führt dazu, dass einerseits die Äcker dort die größten Schäden haben und andererseits dort, wo solche Äcker oberhalb der Bebauung liegen, Schlammlawinen durch die Dörfer und Häuser gehen.

Meine Damen und Herren, es ist bekannt, eine ökologische Anbauweise führt dazu, dass Regen auf einem Quadratmeter Ackerfläche mindestens doppelt so stark, doppelt so gut und doppelt so viel versickern kann, als wenn man eine andere Anbauweise hat. Wir müssen auch aufpassen, dass wir die Böden nicht zu stark verdichten.

(Zuruf des Abg. Michael Billen, CDU)

All das muss im Fokus stehen. All das muss Planung und Vorplanung gegen Katastrophen sein, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Zum Schluss komme ich zu dem, was mich heute am meisten beeindruckt hat. Ich habe nachgeschaut, man nennt das Damaskuserlebnis. Ein Saulus wurde zum Paulus. Herr Baldauf, ich bin sehr froh, dass Sie, statt wie bisher gegen erneuerbare Energien hier am Pult zu stehen, – – –

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Gegen Windkraft! Das ist etwas anderes!)

Ach, Windkraft ist etwas anderes als erneuerbare Energien?

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

Dann war es doch kein Damaskuserlebnis. Dann war das die Vortäuschung falscher Tatsachen, Herr Baldauf. Schauen wir aber einmal in die Zukunft.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Wenn Sie das mit dem System der erneuerbaren Energien verstehen, dann können wir weiter darüber reden.