Protocol of the Session on May 24, 2018

Wir sollen direkt auf den Redner antworten.

Ja, das ist vollkommen korrekt.

Ich weiß gar nicht, wer zuständig ist, ob das Gesundheit macht oder Wissenschaft. Ich bin einmal gespannt, wer von der Landesregierung gleich dazu spricht.

Herr Kollege, Sie müssen die Anträge einmal lesen.

Der Antrag, der demnächst zur Anhörung ansteht, heißt „Mehr Studienplätze für Humanmedizin in Rheinland-Pfalz schaffen“. Das ist etwas völlig anderes. Heute geht es um die Landarztquote. Das kann man zwar kombinieren, aber beide Dinge sind unabhängig voneinander zu sehen.

Unsere Forderung war 10 % mehr. Das würde deutschlandweit 1.000 mehr bedeuten. Der Deutsche Ärztetag hat sogar 6.000 gefordert. Sie sehen, wir sind mit unseren Forderungen sehr moderat. Ob man das jetzt mit einer Landarztquote kombiniert, ist eine völlig andere Sache. Die beiden Dinge sind unabhängig voneinander zu bewerten und zu entscheiden. Wenn man sie beide positiv entschieden hat, kann man sie auch kombinieren. Aber sie gehen auch für sich alleine. Vielleicht können wir das in der Ausschussberatung noch ein bisschen vertiefen; dort stehen wir weniger unter Zeitdruck als hier.

(Beifall der CDU)

Für die AfD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Dr. Groß das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung gerade im ländlichen Raum war bereits mehrfach Gegenstand der Plenarsitzungen dieser Legislaturperiode.

Wir alle sind uns der Herausforderungen und der Problematiken in diesem Bereich bewusst. Bereits in der 21. Plenarsitzung im Januar 2017 wurde über einen Entschließungsantrag der CDU-Fraktion beraten, der unter anderem Stipendienprogramme für Medizinstudenten beinhaltete. Das hatten wir damals auch begrüßt. Dazu später mehr.

Ebenfalls damals hatte Herr Kollege Enders auch schon eine Landarztquote ins Gespräch gebracht. Der Entschließungsantrag jedenfalls wurde mit den Stimmen der regierungstragenden Fraktionen abgelehnt.

Neu sind die vorliegenden Überlegungen zu einem Stipendienprogramm und einer Landarztquote also grundsätzlich nicht, und gerade vor diesem Hintergrund sind wir allerdings überrascht, wie wenig konkret die Vorstellungen zu

Ihrem Stipendienquotenmodell gefasst sind; denn das ist der Terminus. Um das geht es, weder um das Stipendium noch um Landarzt, sondern um die Kombi.

Wie lange etwa soll die Verpflichtung zur Ausübung einer hausärztlichen Tätigkeit im ländlichen Raum bestehen? Auf welche Art und Weise soll sie qualitativ, quantitativ ausgestaltet sein?

(Zurufe von der CDU)

Wie soll eine Rückzahlung der Förderbeträge ausgestaltet sein, falls der Verpflichtung zur Ausübung dieser Tätigkeit nicht oder nicht vollumfänglich nachgekommen wird?

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Wir haben kein Förderprogramm geschrieben!)

Nein, Ihre Ausführungen sind sehr allgemein gehalten.

Hier scheinen die Überlegungen in den vergangenen rund anderthalb Jahren nicht sonderlich weit vorangeschritten zu sein. Ganz im Gegenteil. Im Sinne einer zielführenden Debatte ist das bedauerlich, weil solche Fragen bezüglich konkreter Ausgestaltung gerade aus rechtlicher Sicht von entscheidender Bedeutung sind. Der Teufel steckt, wie wir alle wissen, im Detail.

Ebenso bedauerlich ist es, dass ein Stipendienprogramm nunmehr mit der Landarztquote kombiniert werden soll, weil wir das Stipendienprogramm und die Landarztquote im Hinblick auf Zielsetzung, Wirksamkeit und Umsetzung sehr unterschiedlich bewerten.

Während das Stipendienprogramm finanzielle Anreize setzt, zielt die Landarztquote auf Vorteile beim Zugang zum Medizinstudium ab. Das birgt – das ist doch so – aus unserer Sicht bei einer Kombination der beiden das Risiko, dass Studienplatzbewerber, die beispielsweise aufgrund des familiären Umfelds wirtschaftlich völlig unabhängig sind und denen es hauptsächlich auf einen privilegierten Zugang zum Medizinstudium ankommt, sich nach dem Studium durch Rückzahlung der Förderbeträge von der zu Beginn des Studiums eingegangenen Verpflichtung quasi freikaufen können.

Bei einem von der Landarztquote aber losgelösten Stipendienprogramm würde sich das Risiko in Grenzen halten, weil solche Studienplatzbewerber keine privilegierte Zugangsberechtigung zum Medizinstudium hätten. Durch die Kombination wäre es zudem erforderlich, bereits zu Beginn des Studiums eine Entscheidung hinsichtlich einer künftigen hausärztlichen Tätigkeit zu treffen, zu der sich manche Studenten noch nicht gleich am Anfang festlegen könnten.

Bei einem von der Landarztquote losgelösten Stipendienprogramm wäre nämlich eine solche Entscheidung – das ist der himmelweite Unterschied – noch zu einem späteren Zeitpunkt im Studium möglich. Da ist viel mehr Flexibilität drin. Schließlich wird durch die Kombination beider Modelle der Kreis derjenigen, die in den Genuss einer finanziellen Förderung kommen könnten, auf in Rheinland-Pfalz Studierende begrenzt. Eine solche Einschränkung wäre aus Sicht meiner Fraktion klar von Nachteil.

Summa summarum würde ein für sich genommen sinnvolles Stipendienprogramm durch Kombination mit einer Landarztquote abgewertet. Eine Kombination von Stipendienprogramm und Landarztquote, wie hier von Ihnen vorgesehen, lehnen wir daher ausdrücklich ab, zumal bei der Ausgestaltung einer Landarztquote zahlreiche Fragen ungeklärt sind, eben auch etwa im Hinblick auf verfassungsrechtliche Bedenken. Schlussendlich – wir haben es, ich will es überspitzt sagen, schon tausend Mal formuliert – muss uns allen bewusst sein, dass sämtliche unmittelbaren Maßnahmen zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung erfolglos bleiben müssen, wenn es nicht gelingt, den ländlichen Raum wieder lebenswert für junge Menschen und damit auch für junge Ärzte und ihre jungen Familien zu gestalten.

Wenn ein angehender Mediziner in der Rhein-Zeitung vom 15. Mai 2018 lesen muss, Landräte toben, Land spart die Kreise kaputt, Land enthält den Landkreisen 70 Millionen Euro vor im Landesfinanzausgleichsgesetz; wenn der junge Mediziner auf Seite 2 der Rhein-Zeitung liest, dass wir uns im Plenum beinahe jedes Mal darüber streiten, welche Fördermaßnahmen, die monetär unterlegt sind, wir einbringen könnten, die lukrativ sind, um die Ärzte auf das Land zu locken, dann kann dieser junge Mediziner, der das in der Zeitung liest, nur noch mit dem Kopf schütteln.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Wink das Wort.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute sprechen wir über die Quote. Grundsätzlich stellt sich für uns Freie Demokraten allerdings die Frage, was eine solche Quote bringen kann. Zudem benötigt man auch eine Lösung dafür, dass die Förderung nicht ins Leere läuft; denn bei einer Regelstudienzeit von zwölf Semestern würde sich die Förderung auf 36.000 Euro belaufen. Für die meisten Absolventen wäre die Rückzahlung bei Nichteinhaltung mittelfristig kein Problem.

Zum Beispiel in NRW oder auch in anderen Ländern zeigte man sich kompromissbereit für solche Verhandlungen über ein solches Modell. Einfach eine „Eins-zu-EinsÜberstülpung“, wenn ich es so nennen darf, auf RheinlandPfalz sehen wir momentan als nicht zielführend. Ein Erfolgsmodell ohne Gegenwind ist es in NRW auch noch nicht. Neben den noch ungeklärten verfassungsrechtlichen Gründen sprechen auch Expertenmeinungen gegen eine solche Quote.

Der Deutsche Ärztetag hat sich bereits mit breiter Mehrheit gegen dieses Instrument ausgesprochen. Es wird befürchtet, dass es hierdurch zu einer Stigmatisierung der Hausund Landärzte kommt.

Theodor Windhorst, Präsident der Ärztekammer Westfalen

Lippe, mahnte zum Beispiel an, dass man stattdessen das Prestige des Allgemeinmediziners bei angehenden Medizinern verbessern sollte. Dass allein eine Landärztequote in dieser Form, wie Sie sie hier fordern, hierbei ein sinnvolles Instrument sein soll, ist für uns aus den genannten Gründen bisher noch nicht vorstellbar, weil wir noch nicht erkennen können, wie allein diese Quote die Herausforderungen stemmen kann.

Ich darf zu Herrn Kollegen Dr. Gensch, weil er eben hereingerufen hat, der handwerkliche Fehler sei die Evaluierung nach zwei Jahren, sagen, natürlich kann man feststellen, wer dieses Angebot angenommen hat. Wer aber davon weggegangen ist, weil er seine Lebensziele verändert hat, das kann ich nach zwei Jahren noch nicht feststellen.

Ich darf nur einmal erwähnen: Die Ampelkoalition hat am 23. November vergangenen Jahres einen umfangreichen Antrag zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung im Land beschlossen. Die darin enthaltenen Maßnahmen ergänzen die laufenden Programme der Landesregierung.

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Uns ist es wichtig, dass eine flächendeckende, vom Wohnort unabhängige Versorgung gewährleistet wird. Das ist völlig klar. Daher sehen wir es auch als unabdingbar an, das Zukunftsprogramm „Gesundheit und Pflege – 2020“ mit einer stärken Zusammenarbeit der Akteure des Gesundheitswesens zu veranlassen. Auch das ist ein Punkt für die Zukunft. Gerade die Verzahnung von Akteuren vor Ort und deren Bedarfsanalyse kann nämlich Synergien und Vorteile erzeugen. Ebenso belegt der Trend zu Gemeinschaftspraxen den Wunsch der Ärzte, sich zu vernetzen. Daher halten wir das beantragte Pilotprojekt eines allgemeinmedizinischen Weiterbildungszentrums für einen wichtigen Schritt.

Neben der Stärkung des ländlichen Raums möchte ich für die Freien Demokraten auch noch einmal die Digitalisierung in der gesundheitlichen Versorgung erwähnen. Gerade im ländlichen Raum ergeben sich daraus neue Möglichkeiten der Kommunikation und entscheidende Vorteile für die Gesundheitsversorgung. Die unmittelbare Patientenversorgung über weite Entfernungen, die bessere Erreichbarkeit ergänzt durch Transportdienste und mobile Praxisteams können ebenso zu einer Flexibilität im Bereich der Telemedizin führen.

Die Herausforderung, eine hochwertige und flächendeckende medizinische Versorgung im ländlichen Raum zu sichern, ist groß, aber ich kann Ihnen versichern, wir suchen stetig nach besten Lösungen und Maßnahmen.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Kollegin Binz.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im „Masterplan Medizinstudium 2020“ haben die Länder und der Bund vereinbart, dass künftig den Ländern die Einführung der sogenannten Landarztquote als Option zur Verfügung steht. Heute liegt uns ein Antrag der CDU vor, diese einzuführen und mit einem Stipendienprogramm zu verbinden.

Für uns Grüne stellen sich beim Instrument der Landarztquote noch sehr viele Fragen. Vieles ist trotz der Absichtserklärung im Masterplan noch ungeklärt. Das sind Fragen der verfassungsfesten Ausgestaltung, Fragen, wie die eingegangene Verpflichtung zur Einhaltung gebracht werden kann und viele weitere Fragen mehr.

Wir stehen mit diesen Fragen und mit unseren Zweifeln an diesem Modell nicht alleine da. Die überwiegende Zahl der Berufsverbände der Mediziner ist insbesondere deshalb skeptisch bis ablehnend. weil junge Menschen im Alter von 19, 20 Jahren in sehr weitreichende Verpflichtungen zu einem Zeitpunkt genommen werden sollen, zu dem ihre Neigungen, ihre besonderen Interessen, aber auch ihre besonderen Talente noch nicht klar sind.

Nur weil eben der Vergleich zum Wahlalter 16 kam: Ich glaube, das ist wirklich nicht miteinander zu vergleichen; denn das Schöne an einer Wahlentscheidung ist, dass man sich von Wahl zu Wahl umentscheiden und gegebenenfalls seine Entscheidung revidieren kann. Das ist natürlich in diesem Fall nicht möglich; denn hier verpflichten sich junge Menschen über zehn Jahre, eine wirklich sehr feste Verpflichtung einzugehen, die auf ihre persönliche Biografie einen sehr, sehr großen Einfluss haben wird. Ich glaube tatsächlich, das ist eine größere Entscheidung als die bei einer Kommunalwahl.

Trotzdem würden auch wir gerne über dieses Thema im Ausschuss sprechen. Auch ich muss aber noch einmal auf die Anhörung hinweisen. Natürlich war es ein anderer Antrag, der Anlass dafür war, diese Anhörung anzusetzen, aber es wäre geradezu absurd, wenn wir in drei Wochen Expertinnen und Experten aus diesem Bereich bei uns im Ausschuss zu Gast haben und die Chance nicht nutzen würden, uns mit denen auch über diesen Antrag auszutauschen, und stattdessen heute schon einen Beschluss fassen würden. Deshalb lassen Sie uns das bitte in der Anhörung zum Thema machen.

Die Zeit drängt auch nicht wirklich; denn es gibt für die Landarztquote noch keine rechtliche Grundlage. Wir wissen alle, dass infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts im Dezember momentan der Staatsvertrag zur Hochschulzulassung Medizin neu gestaltet wird. Dafür hat Karlsruhe den Ländern bis Dezember 2019 Zeit gegeben. So ein Staatsvertragsverfahren ist aufwendig und zeitintensiv. Insofern kann man zwar sagen, andere Länder preschen gerade vor, besonders Bayern und NordrheinWestfalen, aber das zeitliche Ziel, wie es zum Beispiel von NRW ausgegeben wurde, Start zum Wintersemester 2019/2020, klingt zwar sehr vollmundig, ist aber angesichts der Tatsache, dass wir noch keine rechtliche Grundlage haben, vielleicht ein wenig zu vollmundig.

Ganz klar ist auch, es gibt noch kein Bundesland, das ein Konzept veröffentlicht hat. Alle sagen, wir wollen ein Konzept erarbeiten, oder wir erarbeiten gerade ein Konzept. – Auch Bayern arbeitet noch daran. Es gibt noch kein Modell, das der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, an dem man sich orientieren könnte.

Nun noch zu den inhaltlichen Bedenken. Ich habe mir das Rechtsgutachten des Bundesgesundheitsministeriums zur Verfassungsmäßigkeit der Landarztquote genau angeschaut. Das Gutachten kommt zwar zu dem Schluss, das ist verfassungsrechtlich machbar, aber nur in sehr engen Grenzen. Die Eignung muss vorhanden sein, die Chancengleichheit für andere Bewerber, die nicht diese Verpflichtung eingehen wollen, muss auch gewahrt sein, und – ganz wichtig – es muss wirksame Sanktionen zur Einhaltung der Verpflichtung geben. Das Gutachten kommt hier zu dem Schluss, dass diese Sanktionen idealerweise eine Strafzahlung sind. Eine solche Strafzahlung muss sich in ihrer Höhe in einem Korridor einerseits zwischen angemessen und nicht sittenwidrig bewegen, aber andererseits muss sie auch wirksam sein, sodass sie wirklich eine Hürde zum Ausstieg darstellt und keine Mitnahmeeffekte entstehen.

Sie fordern jetzt aber in Ihrem Antrag, dass die Sanktion lediglich die Rückzahlung des Stipendiums ist. Das ist nicht wirklich eine Hürde. Das heißt, ich gebe den Menschen Monat für Monat das Geld, das sie rein theoretisch auf ihr Konto legen können, das sie am Ende dem Land wieder zurückzahlen, wodurch sie sich herausgekauft haben. Das ist für mich keine Sanktion, keine Hürde, um diese Mitnahmeeffekte wirklich zu verhindern. Deshalb halte ich das an Ihrem Modell noch nicht für besonders ausgereift. Daher würde ich an der Stelle gerne weiter diskutieren und überlegen, welche anderen Möglichkeiten es gibt.