Protocol of the Session on April 26, 2018

Man sieht es an der Stadt Mainz, in der wir hier sind: 11 Millionen Euro Plus im letzten Jahr. Wer hätte denn vor drei, vier Jahren gedacht, dass die Stadt Mainz im Plus landen kann und im Plus landen wird?

Meine Damen und Herren, man muss es richtig steuern. Selbst finanzschwache Städte haben es geschafft, ins Plus zu kommen. Wenn sie sich dann noch die Haushalte der Landkreise anschauen, dann sieht es für die Landkreise noch viel besser aus. Wir haben manchmal die eine oder andere Schwierigkeit in einer kreisangehörigen Stadt, aber es liegt an der Einwohnerzahl, dass da pro Einwohner noch eine höhere Verschuldung in einem Jahr passieren kann.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, insgesamt hätten Sie von der Opposition uns gern gelobt, aber Sie dürfen ja nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Damit sind wir am Ende der Beratung dieses Tagesordnungspunktes. Das war die erste

Beratung zum Landesgesetz zur Änderung des Landesfinanzausgleichsgesetzes. Ich schlage Ihnen vor, dass wir den Gesetzentwurf zur vertieften Erörterung an den Innenausschuss – federführend – und mitberatend an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Rechtsausschuss überweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe keinen Widerspruch. Damit ist es so geschehen.

Wir kommen zu Punkt 18 der Tagesordnung unserer heutigen Sitzung:

Landesgesetz zur öffentlichen Information und Aufklärung über die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit ungeborener Kinder (Lebensschutzinformationsgesetz) Gesetzentwurf der Fraktion der AfD – Drucksache 17/6029 – Erste Beratung

Der Ältestenrat hat eine Grundredezeit von fünf Minuten festgelegt. Zur Begründung erteile ich das Wort einem Vertreter der antragstellenden Fraktion. Herr Abgeordneter Frisch, bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder hat das Recht auf Leben – so heißt es knapp, aber unmissverständlich in Artikel 2 unseres Grundgesetzes. Das Recht auf Leben, das jedem Menschen allein deshalb zukommt, weil er ein Mensch ist, gehört zu den unveräußerlichen Grundrechten. Ja, es ist gewissermaßen das Grundlegendste aller Rechte, weil eine Missachtung dieses Rechts die Inanspruchnahme anderer Rechte geradezu ausschließen würde.

Dass es trotz dieser klaren verfassungsrechtlichen Regelungen mehr als 100.000 Abtreibungen pro Jahr in Deutschland gibt, ist ein bedrückender Zustand. Auch in Rheinland-Pfalz stagniert die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche seit Langem auf hohem Niveau: 2015 waren es 4.000, 2016 und im vergangenen Jahr etwa 3.800. Wir haben uns an diese Zahlen gewöhnt. Der Presse sind sie allenfalls noch eine Randnotiz wert.

Dennoch bedeuten sie unendlich viel mehr: fast 4.000 tote Kinder, die nicht zur Welt kommen durften, Namen, die nie gerufen wurden, Kinderbetten, die leer blieben, fast 4.000 Frauen, die nicht Mutter werden konnten und die vielleicht ein Leben lang darunter leiden, fast 4.000 Väter, die ihr Kind nie kennengelernt haben, Geschwister, die nie mit diesen Kindern spielen konnten, Großeltern, die sich nicht an ihnen erfreuen durften, ein großer Verlust an Menschlichkeit, der uns alle betrifft und durch den unsere Gesellschaft ärmer und kälter wird.

Meine Damen und Herren, als das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1993 das bis heute gültige Beratungsschutzkonzept als eine Möglichkeit einer verfassungskonformen Regelung von Schwangerschaftskonflikten vorgezeichnet hat, hat es dafür eindeutige Bedingungen benannt. Der Staat, so die Richter, könne dann und nur dann auf den Einsatz des Strafrechts zum verfassungsrechtlich gebotenen Schutz vorgeburtlicher Menschen verzichten, wenn er

gleichzeitig diesen Schutz auf andere Weise wirksam sicherstelle durch eine umfassende Beratung von Frauen im Schwangerschaftskonflikt, durch das Angebot von Hilfen für eine Fortführung der Schwangerschaft und nicht zuletzt durch geeignete Maßnahmen des Staats, um die Schutzbedürftigkeit und das Lebensrecht ungeborener Kinder im allgemeinen Bewusstsein zu erhalten.

Beratung, Hilfe und Bewusstseinsbildung, auf diesen drei Säulen ruht das ganze Konzept. Jede dieser Säulen ist unverzichtbar, damit es seine Wirksamkeit entfalten kann. Genau deshalb legen wir heute diesen Gesetzentwurf vor; denn während wir ein flächendeckendes Netz an Beratungsstellen haben und vielfältige Hilfsangebote für schwangere Frauen zur Verfügung stehen, ist es um das Bewusstsein weitaus weniger gut bestellt.

Nach anfänglichen Bemühungen unter der damaligen Familienministerin Süssmuth wurden die Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung für den Lebensschutz immer weiter zurückgefahren. Auch in Rheinland-Pfalz – das haben mehrere Kleine Anfragen meiner Fraktion gezeigt – gibt es in öffentlichen Einrichtungen so gut wie keine und in den Schulen nur wenige Maßnahmen, die unmittelbar diesem Ziel dienen. Einmal ehrlich, wer von Ihnen hätte gewusst, dass bereits nach vier Wochen das Herz eines Kindes im Mutterleib schlägt,

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jeder!)

mit acht Wochen das Gehirn fast vollständig angelegt ist,

(Zuruf von der SPD: Biologiestunde brauchen wir nicht!)

in der zwölften Woche, wenn eine Abtreibung rechtlich noch möglich ist, alle Organe bereits vorhanden sind und das Ungeborene auch äußerlich schon eine unverkennbar menschliche Gestalt hat?

Gerade weil der Gesetzgeber der Frau die Letztentscheidung über das Leben ihres Kindes überlässt, ist es notwendig, diese Entscheidung auf der Basis eines umfassenden Wissens auch um das Lebensrecht und die Schutzwürdigkeit dieses Kinder zu treffen.

Ich werde niemals vergessen, als mir eine Schülerin als Klassenlehrer wenige Monate vor dem Abitur eingestand, ungewollt schwanger zu sein. Sie fügte sofort ungefragt hinzu: Nach all dem, was ich in Ihrem Religionsunterricht dazu gelernt habe, kommt eine Abtreibung für mich auf keinen Fall infrage, auch wenn es jetzt ganz schwer wird. – Am Tag nach der Abiturfeier hat sie ihr Kind zur Welt gebracht und ist heute glückliche Mutter.

Meine Damen und Herren, während man in Berlin darüber diskutiert, ob Werbung für Schwangerschaftsabbrüche erlaubt werden soll, möchten wir ganz bewusst einen anderen Weg gehen. Wir wollen keine Werbung für das Töten, sondern Werbung für das Leben, weil wir nur so den Anspruch unserer Verfassung umsetzen können.

Das kostet uns einen Bruchteil der 1,5 Millionen Euro, die das Land jährlich für Schwangerschaftsabbrüche aufwen

det. Dieses Geld kann über öffentliche Einrichtungen oder für staatliche Kampagnen ausgegeben werden, aber auch subsidiär an zivilgesellschaftliche Gruppen gehen, die im Lebensschutz aktiv sind.

Als Mittel der Information könnten beispielsweise Medien wie das Leporello der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung dienen, das mit schönen Bildern und den dazugehörenden wissenschaftlichen Fakten die vorgeburtliche Entwicklung illustriert. Ähnliches bietet auch die Broschüre „Mensch von Anfang an“, die von der Deutschen Bischofskonferenz herausgegeben wird und das Wunder des Lebens mit eindrucksvollen Fotos aus dem bekannten gleichnamigen schwedischen Buch dokumentiert.

Meine Damen und Herren, es geht bei unserem Gesetzentwurf nicht um eine Veränderung der Rechtslage und schon gar nicht um eine Verschärfung des Strafrechts. Wir wollen lediglich mehr als bisher das Bewusstsein dafür wecken, dass auch ungeborenen Kindern Menschenwürde und Lebensrecht zukommen und es unser aller Aufgabe ist, dies nicht nur zu respektieren, sondern auch aktiv dafür zu werben.

Eine solche Bewusstseinsbildung kann das Leben von Kindern retten und ihren Müttern zu einer lebensbejahenden Entscheidung verhelfen. Ich wüsste nicht, was man vernünftigerweise gegen ein solches Anliegen haben könnte. Deshalb hoffen wir auf eine breite Unterstützung für unseren Entwurf. Setzen Sie mit uns ein Zeichen für das Leben!

(Glocke des Präsidenten)

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Nun erteile ich das Wort Frau Abgeordneter Rauschkolb von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mich erschüttert doch ganz schön, was Sie sagen. In Ihrer Rede werden Mütter als herzlose Wesen dargestellt, die sich über eine Entscheidung überhaupt keine Gedanken machen.

Ich kann von vornherein sagen, das Gesetz unterstützen wir nicht. Nicht deshalb, weil es von Ihnen kommt, sondern weil das längst geregelt ist. In § 1 Schwangerschaftskonfliktgesetz geht es darum, dass der Schutz des Lebens gewährleistet wird und jede Beratung ergebnisoffen ist. Wenn ich den Antrag lese, wird Frauen die Möglichkeit abgesprochen, entscheiden zu können, was sie machen.

Was passiert denn? Man hat einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand. Die einen freuen sich, die anderen freuen sich vielleicht nicht. Egal ob Freude oder keine Freude, oft schwingt Angst mit, was passiert, wie es weitergeht, was man machen kann. Bei den einen ist mehr Angst da, bei den anderen weniger. Die einen gehen in die Beratung

und lassen sich beraten.

Der erste Schritt in der Beratung – da sieht man schon, welches Misstrauen diesen Beratungskonzepten entgegengebracht wird – ist doch zu schauen, wie ich unterstützen kann. Wenn es um finanzielle Nöte geht, wenn es um Ängste im Hinblick auf die Karriere geht, ist doch klar, dass man darüber redet. Dafür haben wir ein Konzept. Sie stellen das so dar, als ob man irgendwo hingeht und dann sein Kind los wird. So ist es doch ganz und gar nicht. Man denkt auch darüber nach.

Als Frau merkt man meistens schon bevor man einen Test in der Hand hält – ich weiß, wovon ich rede –, dass man schwanger ist. Es ist überall geregelt, dass der Schutz des Lebens gewährleistet wird. Man macht es sich doch nicht so einfach, zu einer Beratung zu gehen. Das ist eine sehr, sehr schwierige Lebensentscheidung. Es geht nicht darum, die Frauen so darzustellen, wie Sie das getan haben. Mich erschüttert das; denn der erste Gedanke, wenn man so etwas in der Hand hält und feststellt, dass man schwanger ist, ist doch nicht der, sich darüber Gedanken zu machen.

Damals sind Frauen auf die Straße gegangen mit „Mein Bauch gehört mir“ und „Reproduktive Selbstbestimmung“. Ein Kind wächst in einer Frau heran. Es ist doch nicht so, dass man Frauen aus der Entscheidung komplett herauslassen kann, wie es mit ihrem Kind, ihrem Körper und ihrem Leben weitergeht. Daher würde ich sagen, es ist alles geregelt. Wir brauchen kein eigenes Landesgesetz.

Es steht auch darin, Organisationen des Lebensschutzes sollen unterstützt werden. Herr Frisch, vielleicht wollen Sie auch Geld für Ihre Organisation. Wenn ich so lese, was die Organisation so treibt, dann wird mir schlecht. Ich stelle mir vor, dass lebensechte künstliche Embryonen verteilt werden sollen. Was tut man mit Frauen, die eine Fehlgeburt haben? Was tun Sie denn diesen Frauen an? Das ist einfach unmenschlich, wenn Sie vom Schutz des Lebens sprechen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht kennt der eine oder andere das Buch „Der Report der Magd“. Das ist im Moment groß im Fernsehen auf Englisch unter „The Handmaid’s Tale“ zu sehen. Da werden Frauen als Mägde in einer Gesellschaft gebraucht, in der viel Unfruchtbarkeit herrscht und Frauen am Ende wirklich nur auf Reproduktion reduziert werden. Das ist aber nicht unser Thema. Ich nehme den Schutz des Lebens sehr ernst.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Natürlich!)

Natürlich nehme ich das ernst. Ich habe ein Kind. Ich war auch schwanger. Da macht man sich Gedanken, was passieren und was nicht passieren kann. Man muss aber schauen, welches Misstrauen gesät wird.

Das Beratungskonzept ist doch präventiv. Es ist klar, das ist ein sensibles Thema, aber in der Beratung geht es darum, ergebnisoffen zu beraten. Alle Beratungsstellen, die gefördert werden, müssen sich diesem Grundsatz stellen, weil es sonst keine Förderung gibt.

Wenn man schaut – Sie sprachen die Debatte an –, wir haben im Moment eine ganz andere Debatte. Ja, die haben wir und die ist auch wichtig. Das ist die über den § 219 a StGB. 35 Frauenverbände haben gestern gefordert, dass es mehr Informationen für Frauen und Rechtssicherheit für Ärztinnen und Ärzte gibt.

Schauen wir einmal in ein europäisches Nachbarland. In Polen gibt es „Czarny Protest“. Möglicherweise spreche ich das falsch aus. Das weiß ich nicht. Frauen gehen dort für ihre Rechte auf die Straße, weil sie noch weniger Rechte erhalten sollen.

Ich glaube, dass die Diskussion wichtig ist und wir sachliche Informationen für die Frauen brauchen, egal wie sie sich am Ende entscheiden, damit sie am Ende eine wirklich fundierte Entscheidung treffen können. Die Beratung muss ergebnisoffen sein. Deshalb sage ich, wir brauchen kein eigenes Gesetz. Wir haben Möglichkeiten. Die Beratung ist so ergebnisoffen, dass es auch um den Schutz des Lebens geht. Deshalb glaube ich, dass wir weniger polemisch, sondern mehr sachlich damit umgehen sollten. Ich glaube, es ist genug dazu gesagt.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)