Protocol of the Session on June 22, 2017

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist richtig und wichtig, dass wir in Rheinland-Pfalz Untersuchungen anstellen, um bei dem Thema der multiresistenten Keime weiterzukommen. Meine Vorredner haben dazu schon ein paar Hinweise gegeben.

Ich möchte, weil die Landwirtschaft einer der großen Diskussionspunkte in der Berichterstattung über Niedersachsen, aber auch in der heutigen Debatte ist, noch einmal ein paar Hinweise geben. Zum einen haben wir in RheinlandPfalz eine ganz andere landwirtschaftliche Struktur als in Niedersachsen, was die Tierzahl bzw. was die Haltungsformen anbelangt.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Zum anderen ist eben schon eine Zahl zur Menge des Antibiotikaeinsatzes in der Landwirtschaft genannt worden, aber gefehlt hat bei dieser Zahl, dass in den vergangenen drei Jahren diese Zahl um über 50 %, nämlich von 1.700 Tonnen kommend jetzt auf 750 Tonnen, im landwirtschaftlichen Bereich heruntergegangen ist. Wenn wir diese Diskussion führen, muss man wirklich auch fragen, was man in der Tierhaltung will. Will man eine Tierwohldebatte haben, dass es den Tieren besser geht, indem zum einen die Bundesregierung, aber zum anderen gerade auch die Landesregierung erhöhte Fördermittel für ein besseres Tierwohl den Landwirten zur Verfügung stellt, und will man den Landwirten auch dafür Mittel zur Verfügung stellen, dass dann, wenn Tiere erkrankt sind, mit Antibiotika dem erkrankten Tier weitergeholfen werden kann? Trotz der Herleitung aus Niedersachsen, dass gerade im Bereich der intensiven Landwirtschaft erhöhte Werte von multiresistenten Keimen gefunden worden sein sollen, glaube ich, werden wir in Rheinland-Pfalz andere Ergebnisse bekommen.

Wenn wir darüber diskutieren, wo Antibiotika eingesetzt werden, haben meine Vorredner richtig erkannt, dass in der Humanmedizin in den Krankenhäusern bei den Patienten Antibiotika eingesetzt werden. Da muss in der heutigen Diskussion eine Sensibilisierung erfolgen. Die Zahl ist genannt worden, 40 Millionen Präparate sind 2014 verabreicht worden. Es muss noch einmal die Ärzteschaft, aber es müssen auch die Patienten sensibilisiert werden, dass viele Antibiotikaeinsätze bzw. -einnahmen nicht immer notwendig sind, es viele unnütze Anwendungen gibt und es viele Alternativen gibt, um den Einsatz von Antibiotika zu vermeiden.

Wir müssen schlussendlich dann, wenn die Ergebnisse vorliegen, auch darüber diskutieren, wo die Einträge stattfinden. Es ist erkannt worden, dass sie zum einen über die Abwässer wegen der fehlenden vierten oder fünften Reinigungsstufe – das waren die Ergebnisse aus Niedersach

sen – in öffentliche Gewässer eingeleitet werden. Wenn die Ergebnisse in Rheinland-Pfalz vorliegen, müssen Diskussionen geführt werden, wie wir diesen Ergebnissen im Nachgang gerecht werden. Ich glaube, dann werden wir uns dem Thema stellen müssen, wie wir damit umgehen und einen Eintrag von multiresistenten Keimen ins Wasser und in öffentliche Gewässer verhindern wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie gesagt, ich bin mir sicher, dass wir zu diesem Punkt noch einmal in die Diskussion eintreten werden, sobald die Ergebnisse für Rheinland-Pfalz vorliegen.

Abschließend möchte ich Ihnen sagen: Die Landwirtschaft tut alles dafür, um gesunde Nahrungsmittel zu erzeugen, aber auch um Umweltschutz zu betreiben und so wenig Antibiotika wie möglich einzusetzen.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Höfken.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kollegen und Kolleginnen! Lieber Andreas Rahm, tatsächlich ist bei Gewässern Ertrinken die größere Gefahr. Schwimmen lernen hilft auf jeden Fall. Schwimmen sollten alle unsere Kinder lernen.

(Vereinzelt Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Es ist aber sehr gut, dass die Fraktionen das Thema aufgreifen. Die Meldungen aus Niedersachsen weisen natürlich auf ein Problem hin, das uns, wie Frau Schneider sagt, alle angeht. Das ist richtig so. Darum sollten wir uns damit beschäftigen, was wir auch tun. Natürlich ist es besonders besorgniserregend, wenn der Fund von Keimen gerade die sogenannten Reserveantibiotika betrifft.

Welche Eintragswege gibt es, was die Gewässer angeht? Zunächst einmal ist zu betonen, dass gesunden Menschen solche Keime nicht unbedingt schaden. Kranke sollten auch nicht unbedingt in die Badegewässer gehen. Natürlich haben wir hier aber viele Verbreitungswege, die auch mit den Gewässern verbunden sind, denen wir uns widmen wollen.

Wir müssen uns auch fragen, wie die einerseits in die Gewässer gelangen können, aber andererseits bedarf es auch weiterer Forschungen zum einen zu den Pfaden und zum anderen zur Bewertung solcher Einträge. Das muss natürlich bundes- und europaweit passieren; denn all unsere Untersuchungsmethoden und Vorgehensweisen beruhen auf bundes- und EU-politischen Vorgaben.

Es ist schon erwähnt worden, die Humanmedizin, die Kran

kenhäuser, aber natürlich auch Menschen, die ihre Antibiotika nicht verschreibungsgemäß nehmen, sind ein Eintragungspfad. Dies gilt übrigens auch für Privatpatienten. Die Tierhaltung ist genauso betroffen. Auch in Tieren können sich resistente Keime entwickeln. Das ist bereits angeführt worden.

Ich will noch auf einen Punkt hinweisen, der beispielsweise vor dem Hintergrund der neuen Düngeverordnung auch eine Rolle spielt. Wenn es in Niedersachsen ein Problem gibt, wird das mit der entsprechenden Wirtschaftsdüngerfracht in Zukunft verstärkt auch nach Rheinland-Pfalz gebracht. Also müssen wir uns dem widmen. Wir müssen auch schauen, was mit den Klärschlämmen möglicherweise an Eintragswegen verbunden ist. Wir haben hier also noch einigen Forschungsbedarf.

Ich möchte noch einmal auf die vierte Reinigungsstufe zu sprechen kommen, die das Umweltbundesamt immer ins Gespräch bringt. Frau Schneider, es ist nicht das Land, das dann Gelder in die Hand nehmen muss, sondern das sind vor allem die Gebührenzahler und -zahlerinnen. Das hat enorme Auswirkungen – – –

(Zuruf der Abg. Christine Schneider, CDU)

Nein, es sind letztendlich die Bürger und Bürgerinnen, auf deren Schultern diese Zahlungen oder Verpflichtungen ruhen. Da müssen wir uns sehr gut überlegen, was wir tun;

(Abg. Christine Schneider, CDU: Ja!)

denn das erfordert deutschlandweit Millionen und Milliarden an Investitionen. Es ist auch so, dass eine vierte Reinigungsstufe überhaupt nicht reicht, um solche Keime herauszufiltern. Also ist es doch viel sinnvoller, bei den Eintragswegen anzufangen, also bei der Verursachung und nicht beim „end of the pipe“, als hinterher alle Bürger zu belasten.

(Vereinzelt Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Richtig!)

Im Zuständigkeitsbereich, für den ich seit Jahren verantwortlich bin, geht es natürlich einerseits – – –

(Zuruf der Abg. Christine Schneider, CDU)

Frau Schneider, es ist leider so, dass das über die Gebühren wieder hereingeholt werden muss.

Wir haben im Deutschen Bundestag, dem ich auch angehört habe, viele Diskussionen über die Frage der Änderung des Arzneimittelrechts geführt. Die Kollegen haben vollkommen recht, es ist dann endlich im Jahr 2014 gelungen, das Arzneimittelrecht gerade auch im Bereich der Tierhaltung zu ändern. Das war nicht gerade eine einfache Diskussion, in der die CDU und auch Frau Klöckner nicht so ganz hilfreich gewesen sind.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Was?)

Irgendwann haben wir das aber dann noch geschafft. Es gab unheimliche Widerstände. Ich weiß nicht, wie viele Jahre diese Diskussion angedauert hat.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich begrüße aber auch die Bemühungen der Bundesregierung seit 2015, mithilfe der deutschen Antibiotikaresistenzstrategie Daten aus dem humanmedizinischen Bereich mit dem Veterinärbereich zielführend zusammenzuführen, um Resistenzen effizient bekämpfen zu können. Das ist die sogenannte One-Health-Strategie. Die Humanmedizin steht natürlich auch hier in der Pflicht. Das ist nicht mein Ressort, aber es ist dazu schon einiges gesagt worden. Auch im Land gibt es übergreifende Ansätze. Die Landesverordnung über die Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen betont die Bedeutung einer solchen regionalen Netzwerkarbeit und sieht die Verpflichtung zur Zusammenarbeit in regionalen Netzwerken vor.

Wie sieht es mit den Badegewässern aus? Wie gesagt, das Ganze erfolgt auf nationalen und EU-rechtlichen Vorgaben. Die Gesundheitsämter in Rheinland-Pfalz untersuchen in Zusammenarbeit mit dem Landesuntersuchungsamt die Wasserqualität. Zusätzlich untersucht das Landesamt für Umwelt auch die Badegewässer auf die Massenentwicklung von Cyanobakterien. Das sind die Blaualgen, die zum Beispiel Hautreizungen oder Durchfall auslösen können.

Wasserproben aus Trinkwasser, Badewasser und Badegewässern werden von den Kreisverwaltungen auf Escherichia coli und Enterokokken entsprechend den Vorgaben der EU-Badegewässer- und -trinkwasserüberwachung untersucht. Diese Keime gelten als Indikatorkeime, die fäkale Verunreinigungen identifizieren. Das ist natürlich auch wichtig, weil das Ganze unter Sparsamkeitsgebot ausgeführt werden muss.

Wir prüfen derzeit, wie entsprechende Untersuchungen auch auf multiresistente Keime der Badegewässer oder auch möglicher Quellen durchgeführt werden können. Das muss natürlich im Diskussionszusammenhang mit anderen Bundesländern und auch der Bundesregierung passieren.

In Einzelfällen – auch das haben wir in Rheinland-Pfalz – kann eine Keimzahlreduzierung zum Schutz empfindlicher Gebiete sinnvoll sein. Das ist bei einer Kläranlage bei uns der Fall, Kläranlage Ludwigswinkel. Da ist die Anlage dann zusätzlich mit einer UV-Anlage im Teilstrom ausgerichtet.

Derzeit laufen auch Forschungsprojekte, die sich bereits dem Thema widmen. Der Forschungsverbund HyReKA der Universitäten Bonn, Karlsruhe und Aachen – gefördert vom Bundesministerium für Forschung – untersucht, welche zusätzlichen Verfahren zur Elimination von unerwünschten Bakterien und Antibiotikaresistenzen geeignet sind. Diese Ergebnisse müssen natürlich einbezogen werden.

Was wir als Umweltministerium neben den angekündigten Untersuchungen jetzt machen, ist, dass wir einen Informationsflyer vorbereitet haben; denn ein Eintrag ist leider Gottes immer noch, dass viele Medikamente in den Toiletten hinuntergespült werden, und das sind insbesondere auch Antibiotika.

(Abg. Martin Haller, SPD: Ja, das stimmt!)

Auch hier müssen wir mit entsprechenden Informationen darauf hinweisen, dass das eine sehr schädliche Maßnahme ist, die uns alle schädigt. Wir brauchen also ein ganzes Bündel von Maßnahmen bestehend aus Forschung und Bewertung, Untersuchung, aber dann eben auch Identifikation von Maßnahmen, die im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger sind.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und FDP)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Rahm. Sie haben durch die verlängerte Redezeit der Landesregierung drei Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ganz kurz noch einmal zu dem Thema und auch zu meinen Vorrednern. Wir dürfen hier das Pferd nicht von hinten aufzäumen. Wir brauchen erst verlässliche Daten. Deswegen ist das ganze Vorgehen jetzt gut, dass wir einmal unsere Gewässer testen, damit wir wissen, um was es geht, welche Maßnahmen überhaupt ergriffen werden sollen.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Genau!)

Wenn ich hier höre, man hat schon Firmen ausgesucht, die das Ganze übernehmen, die die Gewässer reinigen sollen, glaube ich, sind wir hier doch einen ganzen Schritt zu weit gegangen.

Herr Kollege Weber hat es auch gesagt, wir haben ja ganz andere Verhältnisse in Rheinland-Pfalz als in Niedersachsen, und das zum Glück. Wir haben nicht die Massentierhaltung. Wir haben andere Verhältnisse, und wir müssen feststellen, wie es aussieht. Wir müssen insbesondere feststellen: Sind auch Keime, die Reserveantibiotika betreffen, im Gewässer? – Genau um das geht es hier.

(Vizepräsident Bracht übernimmt den Vorsitz)

Frau Schneider, deswegen habe ich mich auch noch einmal gemeldet. Sie sagen, es geht um Panikpolitik. Nein, von Panikpolitik ist hier überhaupt keine Rede. Wir wollen einfach den Sachstand wissen. Deswegen ist dieser Antrag der Grünen sehr gut. Wir wollen Politik machen für die Menschen vor Ort, dass es den Menschen, unseren Bürgerinnen und Bürgern gut geht. Dafür sind wir da. Das hat hier nichts mit Panik zu tun.