Protocol of the Session on June 22, 2017

(Beifall der CDU)

Sprechen wir von antibiotikaresistenten Keimen, so meinen wir MRSA. Wir sprechen von einem Bakterium, das gegen eine Vielzahl handelsüblicher Antibiotika Resistenzen entwickelt hat. Das ist zunächst einmal nichts Besonderes, da sich Bakterien unter bestimmten Bedingungen immer wieder verändern.

Warum sprechen wir von Krankenhauskeimen? Die MRSA treten oft in Bereichen auf, die mit Bakterienkeimen und Antibiotika zu tun haben, wie Krankenhäuser und Altenpflegeeinrichtungen, weshalb sie zur MRSA-Risikogruppe gehören. Dazu gehören vor allem aber auch Angestellte in Pflegeberufen, Ärzte oder Krankenhausmitarbeiter sowie Menschen, die im Hautkontakt mit Tieren stehen, oder Reisende in Entwicklungsländer.

Genau in dem Kontext wird aber ganz oft versucht, die Landwirtschaft an den Pranger zu stellen und die Massentierhaltung dafür verantwortlich zu machen. Ich glaube, es gibt keine einfachen Erklärungen. MRSA betrifft nicht nur Ärzte und Pfleger, nicht nur Reisende und Landwirte, sondern MRSA betrifft uns alle.

(Beifall der CDU)

Richtig ist, dass in der Tierhaltung Antibiotika eingesetzt werden. Doch manche tun so, als würde dieser Einsatz in der Landwirtschaft prophylaktisch erfolgen. Nur am Rande: Es gibt EU-Gesetze, dass ein Antibiotikum von einem Veterinärmediziner verordnet werden muss. Das heißt, nur kranke Tiere bekommen ein Antibiotikum. Der Verzicht auf Antibiotika in der Landwirtschaft ist schon allein aus Aspekten des Tierwohls und der medizinischen Behandlungsbedürftigkeit gar keine Option.

Jeder Landwirt und jeder Tierarzt ist verpflichtet, ein Stallbuch zu führen und genau zu dokumentieren, wann, wo und wie ein Antibiotikum eingesetzt wird.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, beim Vorbereiten auf diese Aktuelle Debatte und beim Lesen mancher Arti

kel und Presseerklärungen hat man schon den Eindruck gewinnen können, dass ein Antibiotikum quasi als Futterergänzungsmittel in der Landwirtschaft genutzt wird. Dies ist nicht der Fall. Es gibt eine klare Vorgabe, wann und wie ein Antibiotikum eingesetzt werden kann. Ich möchte auch auf die Bemühungen der Landwirtschaft in den letzten Jahren verweisen.

Es gibt ein Qualitätsmanagement (QM), die Qualitätssicherung (QS) und ein Antibiotika-Monitoring. Es wird auch entsprechend von den Behörden im Land Rheinland-Pfalz überwacht. Tatsache ist – das möchte ich festhalten –, dass sich unsere Landwirtinnen und Landwirte ihrer Verantwortung bewusst sind. Sie gehen auch verantwortungsvoll mit dem Einsatz von Antibiotika um.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Anzahl der gehaltenen Tiere sagt per se nichts über den Einsatz von Antibiotika und auch nichts über die Therapiehäufigkeit aus. Wenn wir uns heute ein Stück weit ehrlich machen, müssen wir auch sagen, dass im Bereich der Humanmedizin Antibiotika in den letzten Jahren inflationär benutzt wurden.

Auch in der Fachwelt ist man sich sicher, dass Antibiotika definitiv zu häufig verschrieben werden. 40 Millionen mal wurden Antibiotika bei Kassenpatienten im Jahr 2014 verschrieben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch da müssen wir genau hinschauen. Auch da gibt es einen entsprechenden Handlungsbedarf.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde es noch kurz ansprechen und gerne in der zweiten Runde darauf eingehen. Es geht um das Thema Gewässerbelastung. Uns allen ist daran gelegen, dass unser Trinkwasser sauber, gesund und untersucht ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen uns auch darüber unterhalten, wie wir zum Beispiel mit den Abwässern aus Krankenhäusern in Rheinland-Pfalz umgehen. Wir müssen uns darüber unterhalten, wie die Erforschungen bei der vierten Klärstufe sind.

(Glocke der Präsidentin)

Wir müssen uns darüber unterhalten, ob das Land Rheinland-Pfalz bereit ist, entsprechend die Gelder in dem Bereich auch zur Verfügung zu stellen.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Sehr gut!)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Rahm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Seit gut zehn Jahren beobachten Ärzte weltweit eine

rasante Zunahme resistenter Keime in Krankenhäusern und Kliniken. Meine Vorrednerin hat es schon erwähnt. Die sogenannten multiresistenten Bakterien, kurz MRSA, kommen dort vor, wo häufig Antibiotika eingesetzt werden.

In Deutschland sind derzeit ungefähr 20 % dieser in Krankenhäusern untersuchten Bakterien gegen die meisten Antibiotika multiresistent. Von den MRSA-Bakterien werden die meisten Menschen nicht krank. Erst wenn diese Bakterien über Wunden oder durch Schleimhäute in den Körper gelangen, kann eine Infektion ausbrechen.

Für Krankenhäuser und Kliniken wurden inzwischen Maßnahmen entwickelt, um zumindest die Zunahme zu verringern und so weit wie möglich zu eliminieren. Ein Vorfall in Frankfurt am Main zeigt jedoch, dass MRSA-Bakterien wohl nicht auf Krankenhäuser und Kliniken begrenzt sind. Ein Mann fiel dort in einen Bach, ertrinkt fast, und in seiner Lunge finden die Ärzte multiresistente Erreger. Kurz darauf verstirbt der Mann. Nach dem Todesfall untersucht das Gesundheitsamt das Bachwasser und entdeckt tatsächlich gefährliche resistente Keime.

Die daraus resultierende und wichtige Frage lautet: Sind auch in Gewässern solche Keime zu finden? – Eine alarmierende Antwort aus Niedersachsen ist, dass die Bakterien dort von Wissenschaftlern in Gewässern nachgewiesen wurden.

Meine Damen und Herren, die Antibiotikaexperten des Robert Koch-Instituts sprechen von alarmierenden Ergebnissen. Die zuständigen niedersächsischen Ministerien für Gesundheit und Umwelt sehen jedoch zurzeit keinen besonderen Handlungsbedarf. Doch britische Forscher haben bereits vor Jahren gewarnt, dass es ausreichende Hinweise dafür gebe, dass die großflächige Ausbreitung von mulitresistenten Erregern im Krankenhausumfeld, in der Gesellschaft und der Umwelt zu einer der schwerwiegendsten Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit werden könne und sich zu einer der größten Todesursachen in den kommenden Jahrzehnten entwickeln könnte.

Das Problem der Erreger ist, dass die Erreger aus der Umwelt zu Menschen über gedüngtes Getreide, Fische, Vögel, Ratten und auch Haustiere zurückkommen, die die Keime weitertragen, oder auch beim Schwimmen im Badesee. Ungeübte Schwimmer wie ich nehmen immer einmal einen kräftigen Schluck Seewasser. Einem gesunden Menschen kann dieser versehentliche Schluck Badewasser in der Regel nichts anhaben. Aber Personen mit einer Abwehrschwäche müssen schon sehr vorsichtig sein.

In Deutschland gibt es bislang insgesamt leider nur wenige Studien zu diesem Thema. Keine Behörde kontrolliert bisher Gewässer systematisch auf das Vorkommen antibiotikaresistenter Erreger. Derzeit forschen Wissenschaftler verschiedener Universitäten in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierten Projekt, ob sich antibiotikaresistente Bakterien durch das Abwasser verbreiten. Es gilt herauszufinden, wie welche resistenten Keime und Antibiotika in die Umwelt gelangen und wie hoch das Risiko ist, dass die Bakterien von dort wieder zu uns gelangen. Getestet werden zudem neue technische Verfahren zur Aufbereitung von Abwasser.

Die Wissenschaftler halten es für sehr wahrscheinlich, dass in Niedersachsen resistente Erreger aus Ställen mit intensiver Tierhaltung, beispielsweise über Mist oder Gülle, auf Felder in die Umwelt gelangen. Für Rheinland-Pfalz könnte sich hier positiv erweisen, dass wir im Gegensatz zu Niedersachsen praktisch keine intensive Tierhaltung haben. Wir können etwas erleichtert sein, dass seinerzeit beim Tierschutz die Antibiotikadokumentationspflicht nach langen Diskussionen im Plenum eingeführt wurde. Die Auswirkungen sind als positiv zu bewerten.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Eine weitere Eintragsquelle sind ganz klar Kliniken, Krankenhäuser, aber natürlich auch private Haushalte. Kläranlagen können die Erreger nicht gänzlich herausfiltern.

Von meinem Wahlkreis her bin ich erleichtert, dass beim Neubau des US-Hospitals bei Kaiserslautern entschieden wurde, dass es eine eigene Kläranlage bekommt, bevor das Abwasser in die Zentralkläranlage Kaiserslautern abgeführt wird.

Meine Damen und Herren, es ist unabdingbar, dass der Antibiotikaeinsatz in allen Bereichen heruntergefahren wird.

Daran führt kein Weg vorbei. Auch eine Sensibilisierung der Bevölkerung ist meines Erachtens dringend notwendig. Deshalb unterstützt die SPD-Fraktion den Antrag der Grünen zur Untersuchung von Gewässern auf resistente Keime. Das ist wichtig. Unsere Gewässer müssen getestet werden. Durch einen Zufall wie in Frankfurt dürfen wir eine mögliche Belastung nicht erfahren. Wir müssen wissen, wie es um unsere Gewässer steht. Meine Damen und Herren, nur dann können wir auch entsprechende Maßnahmen in die Wege leiten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Für die AfD-Fraktion spricht Herr Kollege Klein.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, geehrte Kolleginnen und Kollegen! Multiresistente Krankheitserreger sind ein seit langer Zeit bekanntes Problem im Gesundheitswesen und auch im weiteren Bereich der Umwelthygiene. Darüber sollte man nicht vergessen, dass auch die einfache Antibiotikaresistenz von Krankheitserregern ein Problem für die Medizin ist. Es gibt viele wissenschaftliche Untersuchungen zu dieser Problematik. Auch auf der Abwasserseite wird geforscht, zum Beispiel durch das FiW an der RWTH in Aachen.

Der Kampf gegen die Entstehung und Ausbreitung von multiresistenten Keimen hat sehr viele Aufgabenfelder. Zur Entstehung gibt es sehr viele Forschungsarbeiten, die der Laie gar nicht überblicken kann. Bei der Ausbreitung ste

hen durch die jüngsten Meldungen die Gewässer im Vordergrund. Auch für das Land Rheinland-Pfalz ist eine Beteiligung an der Entwicklung von Gegenmaßnahmen sinnvoll.

Im Hinblick auf die Ausbreitung ist der Wasserpfad von großer Bedeutung. Allerdings ist nur eine Untersuchung der Gewässer allein nicht zielführend. Die AfD-Fraktion empfiehlt vielmehr eine Bestandsaufnahme der Belastung der Abwässer mit solchen Keimen aus den bekannten Herkunftsbereichen, insbesondere von Krankenhäusern, Altenheimen, sonstigen medizinischen Einrichtungen und Arztpraxen sowie von großen Tierhaltungen, der Kläranlagenabläufe, die ohnehin schon einer regelmäßigen sorgfältigen Überwachung unterliegen, und der Gewässer, die der Trinkwassergewinnung dienen oder zum Baden benutzt werden.

Bei der Untersuchung von Gewässern auf diese speziellen Belastungen sollten schon die möglichen Gegenmaßnahmen ins Auge gefasst werden. Diese sind die gesonderte Erfassung und Behandlung von Abwässern an der Quelle, die erfahrungsgemäß mit multiresistenten Keimen belastet sind, die Eliminierung der resistenten Keime im Kläranlagenablauf als Teil der Bemühungen um die Einführung einer vierten Reinigungsstufe und die Untersuchung der Badegewässer mit gegebenenfalls Warnungen vor ihrer Nutzung. Diese Untersuchungen sollten mit dem Rat und unter Beteiligung von einschlägigen Forschungseinrichtungen vorgenommen werden. Dafür bietet sich das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung an.

Für die Eliminierung dieser Keime kommen verschiedene Verfahren infrage. Es sind dies die Ozonierung von Abwässern und die Verbrennung von konzentrierten Abwässern aus medizinischen Einrichtungen oder anderen Quellen. Die Landesregierung sollte an die Entwicklung einer vierten Reinigungsstufe denken, die auch auf die resistenten Keime abzielt. Als Partner für die Entwicklung solcher Anlagen kommen in unserem Land die Firmen Boehringer in Ingelheim und BASF in Ludwigshafen infrage. Beide Firmen verfügen über die nötigen Kenntnisse zur Mikrobiologie und zur Kläranlagentechnik. Darüber hinaus haben sie den technischen Unterbau für die Ausstattung und den Betrieb von anspruchsvollen Wasserreinigungsanlagen.

Neben der Problematik der Eliminierung dieser Keime im Abwasser sollte man das bekannte Spektrum der Ursachen und Gegenmaßnahmen nicht vergessen. Hier will ich nur einige Stichworte nennen: übermäßiger und oft unnötiger Einsatz von Antibiotika, übergeordneter Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung und der Lebensmittelindustrie und unsachgemäße Einnahme und Absetzung von Antibiotika durch Patienten.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Weber.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass wir heute in der Aktuellen Debatte über die Untersuchungen, die in Niedersachsen stattgefunden haben, und über die Berichterstattung, die danach im öffentlichen Rundfunk bzw. Fernsehen stattgefunden hat, im Landtag diskutieren können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist richtig und wichtig, dass wir in Rheinland-Pfalz Untersuchungen anstellen, um bei dem Thema der multiresistenten Keime weiterzukommen. Meine Vorredner haben dazu schon ein paar Hinweise gegeben.