Protocol of the Session on June 22, 2017

Für die AfD-Fraktion spricht der Fraktionsvorsitzende Junge.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir erst im Dezember über dieses wichtige Thema debattiert haben, folgt nun ein Antrag der CDU-Fraktion, der durchaus berechtigt wäre, wenn er denn auch in realistische und landesspezifische Lösungs- und Handlungsoptionen

münden würde. Das tut er im Konkreten leider nur im zweiten Anstrich, wo Sie die Ausschöpfung der Möglichkeiten einfordern, die § 54 Aufenthaltsgesetz bietet.

(Vizepräsident Hans-Josef Bracht übernimmt den Vorsitz)

Aber, Frau Klöckner, ja, ich stimme Ihnen in allem, was Sie gesagt haben und genau so, wie Sie es gesagt haben, zu – natürlich mit Ausnahme der Verbindungen zur AfD, das möchte ich noch einmal ganz deutlich sagen.

Wir waren uns im Dezember hier im Plenum alle einig, dass wir sowohl den rechten wie auch den linken und den islamistischen Antisemitismus strikt ablehnen.

(Beifall der AfD)

Ich möchte an dieser Stelle, bevor ich auf das Thema – was mir am Herzen liegt – eingehe, noch einmal ganz deutlich sagen, das Existenzrecht Israels ist bei aller Kritik, die durchaus auch berechtigt sein muss – zum Beispiel an der Siedlungspolitik – unantastbar, auch und insbesondere für uns Deutsche.

(Beifall der AfD)

Und noch ein ganz klares Wort, weil Sie mich immer mit haftbar machen für Dinge, die irgendwo gesagt werden, und die ich absolut nicht mittrage. An diesem Punkt sage ich ganz klar, das Mahnmal in Berlin hat seine absolute Berechtigung, und daran ist nichts zu rütteln.

(Beifall der AfD)

Meine Damen und Herren, was wir an den regierenden Parteien aber vermissen, ist erstens ein ungeschönter und auch kontrollierender Blick auf den Antisemitismus in den einschlägigen Zuwanderermilieus. Zweitens vermissen wir die konkreten Maßnahmen in der Bekämpfung des Antisemitismus und den Willen, dem Import von selbsterklärten Antisemiten durch unkontrollierte Immigration endlich ein Ende zu setzen.

(Beifall der AfD)

Ein realistisches Bild des in Deutschland und Europa neuen Antisemitismus entwarf bei einer Veranstaltung der AfD-Bundestagsfraktion kürzlich Dr. Chaim Rozwaski, der von 1998 bis 2008 als Rabbiner in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin wirkte. Er berichtete, dass er nach langen Jahren in den USA ausgerechnet in Berlin, das sich doch so gerne als bunt und weltoffen versteht, erstmalig wieder mit Antisemitismus im Alltag konfrontiert wurde.

Nicht weniger bedenklich sind seine Erfahrungen mit dem interreligiösen Dialog, für den er zwar bei unseren Kirchen, aber praktisch nicht unter den Muslimen mit Migrationshintergrund interessierte Ansprechpartner fand, auch nicht unter den hier geborenen. Das sagt etwas über den Erfolg der bisherigen Integrationspolitik aus. Ich empfehle dringend, sich diesen Vortrag einmal anzuhören. Der Mann war bei der AfD-Bundestagsfraktion.

Deutlicher als zuletzt in der Aktuellen Debatte erkennt die CDU in dem vorliegenden Antrag auch die Kausalität

zwischen muslimischer Masseneinwanderung und dem ansteigenden, für uns ja nicht neuen, aber immer stärker werdenden Antisemitismus. Trotzdem greift der Antrag insgesamt nicht weit genug. Am Ende werden hier nur Symptome aufgegriffen und die Gefahren nicht von ihren Ursachen her bewertet. Die Ursachen werden wir nur durch eine wirklich schonungslose und ideologiefreie Lagebeurteilung erkennen können. Aber dafür braucht man belastbare Informationen, und daran, glaube ich, mangelt es auch hier in Rheinland-Pfalz.

Der Hass gegen Juden und Israel wird – das ist in Ludwigshafen nicht wesentlich anders, als ich es in Kabul oder Kundus erlebt habe – beim Freitagsgebet in den Moscheen gepredigt. Hier braucht man die Möglichkeit, zuhören zu können und Entwicklungen vorauszusehen. Wir müssen endlich zur Kenntnis nehmen, dass gegenwärtig der Islamismus der Hauptträger des Antisemitismus in Deutschland und Europa ist.

(Beifall der AfD)

Die aktuellen Vorgänge rund um die Abu Bakr-Moschee in Koblenz zeigen, dass der radikale Islam meist im Verborgenen gepredigt wird und damit das Anwachsen des Antisemitismus schleichend zunimmt. Die Präsenz antisemitischer Hetze in den Moscheegemeinden gerade hier im Rhein-Main-Gebiet ist doch seit Langem bekannt, zum Beispiel aus den Forschungen von Frau Professor Schröter vom Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam, die hier in den Integrationsausschuss eingeladen war.

Extremistische Einstellungen generell und speziell Antisemitismus sind, gerade unter jungen Muslimen – auch in der dritten und vierten Generation – keine Seltenheit und werden durch den brutalen Einfluss der Radikalen auch bei den vermeintlich Integrierten aus Angst um sich selbst und ihre Familie zumindest Unterstützung erfahren. Die soziokulturellen Mechanismen sind völlig andere als in unserer Gesellschaft. Der Imam hat die gleiche Autorität, wie sie vor Jahrhunderten noch die Geistlichen in unseren Dorfgemeinschaften hatten.

Eine Schülerumfrage unter Muslimen in Niedersachsen, durchgeführt vom dortigen Kriminologischen Forschungsinstitut, ist aufschlussreich. Fast jeder fünfte befragte Muslim bejaht, dass es die Pflicht eines jeden Muslims sei, Ungläubige zu bekämpfen, den Islam auf der ganzen Welt zu verbreiten und dass gegen die Feinde des Islams mit aller Härte vorgegangen werden müsse.

Meine Damen und Herren, ich habe gesehen, wie so etwas aussieht. Das wollen Sie nicht wirklich hier sehen. Diese Aussagen schließen Antisemitismus, aber auch Christenhass ausdrücklich mit ein. Sie sind eine Kampfansage an unsere freie Gesellschaft, der wir aktuell nichts entgegenzusetzen haben. Wir haben im Bildungsausschuss die Frage gestellt, ob die Landesregierung weiterhin der Meinung sei,

(Glocke des Präsidenten)

eine Studie zu islamistischen Einstellungen an rheinlandpfälzischen Schulen sei nicht nötig. Bildungsministerin Hubig lehnte diese Studie weiter ab.

Meine Damen und Herren, unabhängig von der fehlenden Stringenz und dem mangelnden Lösungsansatz ist die Absicht gut und richtig. Deshalb stimmen wir dem Antrag der CDU-Fraktion zu.

Danke schön.

(Beifall der AfD)

Zu einer Kurzintervention auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Junge erteile ich das Wort der Frau Abgeordneten Klöckner.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Junge, ich möchte auf das eingehen, was Sie vorhin als Vorwurf formuliert haben, nämlich dass in diesem Antrag, den wir vorgelegt haben, nichts Konkretes enthalten sei bis auf einen Punkt, der sich auf Rheinland-Pfalz beziehe. Ich würde Ihnen gerne behilflich sein, damit Sie nachvollziehen können, was man aus unserer Sicht tun kann.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Danke!)

In Punkt 4 sprechen wir die Boykottkampagne an, die auch in Rheinland-Pfalz lief: „Kauft nicht bei Israelis“, „Kauft keine israelischen Waren“. Das sprechen wir in Punkt 4 ganz klar an und wollen überprüfen lassen, ob es sich hier um einen Fall von Volksverhetzung handelt.

In Punkt 6 fordern wir aufgrund des neuen Antisemitismus, den wir wahrnehmen, die Antisemitismusprävention und die Durchführung von Präventionsprogrammen als stetige Aufgaben in die politische Bildungsarbeit aufzunehmen.

In Punkt 7 fordern wir, dass wir uns auch am Runden Tisch Islam in Rheinland-Pfalz mit den neuen Erscheinungsformen des Antisemitismus beschäftigen. In Punkt 8 geht es um die Moscheegemeinden. In Punkt 9 fordern wir, die Curricula in Integrationskursen zu überarbeiten. In Punkt 10 fordern wir, die Erfassung der antisemitischen Straftaten zu verbessern.

Ich könnte so weitermachen. Deshalb sage ich, wenn wir hier wirklich auf Fakten basierend argumentieren, dann sollten wir die 13 Punkte, die wir aufgeführt haben, wirklich ernst nehmen; denn sie alle haben etwas mit RheinlandPfalz und uns allen hier zu tun.

Ein Letztes möchte ich sagen. Sie sagen, Sie stimmen uns zu, nur an einem Punkt nicht, und zwar, wenn ich feststelle, dass auch die AfD ein Problem mit dem Antisemitismus hat. Ich bleibe dabei. Nur einmal ganz konkret: In Ihrer Partei gibt es einen Herrn Gedeon. Ihn kann man jetzt zu Recht als Holocaustleugner bezeichnen. Wie hat Herr Meuthen darauf reagiert, der ja kein Unbekannter in Ihrer Partei ist? Herr Meuthen ist auch kein Ortsvorsitzender, sodass sich sagen lasse, man könne nichts für die Äußerungen eines jeden Ortsvorsitzenden. Nein, Herr Meuthen ist bei Ihnen ziemlich weit oben an der Spitze, und er sagt, er sieht Herrn Gedeon und dessen Äußerungen betreffend

überhaupt keinen Handlungsbedarf. Wenn das so von einer Spitzenperson in Ihrer Partei gesagt wird, dann haben Sie ein Antisemitismusproblem.

(Beifall der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ergänzend noch ein zweiter Punkt. Auch Herr Höcke ist niemand, der bei Ihnen irgendwelche Positionen innehat. Ich finde dieses Muster immer interessant. Sie testen doch immer mit gewissen Personen aus, wie weit Sie gehen können,

(Abg. Michael Frisch, AfD: Sie unterstellen uns, wir wären auch dieser Meinung!)

und wenn Sie merken, dass es bei Ihrer bürgerlichen Gefolgschaft irgendwie doch unangenehm aufstoßen kann, dann kommt Herr Junge und sagt, so haben wir es ja nicht gemeint, und wenn doch, sind es Einzelfälle.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Was unterstellen Sie uns denn, Frau Klöckner?)

Einen Einzelfall kann ich Ihnen noch nennen, und den haben Sie gestern verteidigt: Herrn Poggenburg.

(Glocke des Präsidenten)

Sein Reden über die „Kameltreiber“ kann man auch auf Juden übertragen, wie das damals in den 30er-Jahren passiert ist. Damals hat man vom Finanzkapital der Juden gesprochen.

(Abg. Michael Frisch, AfD: An den Haaren herbeigezogen! – Zuruf des Abg. Dr. Timo Böhme, AfD)

Deshalb: Es geht nicht um die Gruppe, die diskriminiert wird. Es geht um das Denken, das zur Diskriminierung einer jeden Gruppe führen kann. Das ist der Punkt!

(Anhaltend Beifall der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Erwiderung hat Herr Abgeordneter Junge das Wort.

Der Reihenfolge nach. Die 13 Punkte, die Sie in Ihrer Erklärung nennen, sind alle ehrenwert, keine Frage. Sie sind für uns aber eher Absichtserklärungen. Es muss jetzt eine Ausführung hinzukommen. Wir haben eine Lagebeurteilung, und wir haben eine Bewertung, aber es fehlt am Entschluss. Was machen wir konkret?

(Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was machen Sie denn konkret?)