Protocol of the Session on January 25, 2018

aber die erste Republik nach französischem Vorbild gab es damals in der Südpfalz, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Christine Schneider, CDU)

Meine Damen und Herren, wir müssen feststellen, dass die deutsch-französische Geschichte danach einigermaßen wechselhaft war: 1870, der Erste und der Zweite Weltkrieg. Dass die jungen Menschen beiderseits der Grenze in den Schulen und in den Kadettenanstalten beigebracht bekommen haben, dass da drüben jeweils der Erbfeind lebt und man ihm nur feindlich begegnen kann, war tief in der DNA beider Völker verwurzelt.

Das hat natürlich auch dazu beigetragen, dass diese kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa stattfinden konnten. Letztendlich waren die Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und Frankreich immer Auseinandersetzungen um die tatsächliche politische Hegemonie in Europa.

Wenn man sich vor Augen führt, was das damals für eine revolutionäre Tat gewesen sein muss, dass sich de Gaulle und Adenauer und diejenigen, auf deren Schultern sie damals im übertragenen Sinne standen, 18 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges in einer Erklärung als Vorschalterklärung zum Élysée-Vertrag zu einer Freundschaft bekannt haben, das ist etwas, glaube ich, was man unterstreichen muss, meine Damen und Herren.

Diese Freundschaft ist die lebendigste Freundschaft zwischen zwei Nationen auf der ganzen Welt. Sie ist intensiv zusammengeführt worden über die vielen Begegnungen, über das enorm erfolgreiche Deutsch-Französische Jugendwerk, über die Konsultationen und Begegnungen zwischen den Regionen, über den wirtschaftlichen Austausch.

Meine Damen und Herren, ja, das ist alles richtig.Trotzdem aber muss man sagen, man hat in den letzten Jahren den Eindruck gewinnen können, dass der eine oder andere Ermüdungsbruch, wenn er nicht schon eingetreten ist, dann doch zumindest bevorsteht. Darum bin ich so froh, dass Macron am 24. September des vergangenen Jahres gesagt hat, wir brauchen eine neue Initiative und einen neuen Geist der Freundschaft.

Ich bin auch froh, dass wir nun den Eindruck bekommen können, dass sich eine Bundesregierung womöglich – Sie verstehen die Einschränkung in diesen Tagen – auf den Weg macht, eine erste Antwort auf das zu geben, was Macron vorgeschlagen hat.

Meine Damen und Herren, wir in Rheinland-Pfalz sind das europäischste Bundesland in Deutschland. Wir würden von all den Initiativen – und käme nur ein Bruchteil dessen, was Macron vorgeschlagen hat –, was die gemeinsamen Städtepartnerschaften, die gemeinsamen Regionen, die Verkehrsräume, den intensiven wirtschaftlichen Austausch, ein gemeinsames Unternehmen sowie ein gemeinsames Insolvenzrecht angeht, am ehesten betroffen sein oder – ich will es positiv ausdrücken – wahrscheinlich am ehesten profitieren.

Darum ist es keine Debatte, die wir so wie einen Abklatsch der deutschen Bundestagsdebatte führen, die in diesen Tagen stattfand – übrigens eine beachtliche Debatte –, sondern es ist eine Debatte, die ureigen mit den Interessen des Landes Rheinland-Pfalz zu tun hat. Meine Damen und Herren, ich wünsche mir, dass wir sie auch in Zukunft fortführen und in die Einzelthemen tragen, wie es mit dem gemeinsamen Arbeitsmarkt aussieht, wie die Arbeitsagenturen agieren, in denen es schon deutsch-französische Vermittlungen gibt, wie weit wir sind, was die Unternehmensarbeitsmärkte angeht.

Ich komme aus der Südpfalz, was ich, glaube ich, hinlänglich in diesem Redebeitrag deutlich gemacht habe.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Daimler könnte ohne die französischen Fachkräfte, die tagein, tagaus aus dem Elsass rüberpendeln, auch nicht mehr so erfolgreich sein, wie es ist. Viele andere Beispiele aus ganz Rheinland-Pfalz sind uns dazu bekannt.

Meine Damen und Herren, ich will es am Ende aber nicht auf den technokratischen Kern bringen, sondern schon sagen, dass diese Debatte im Deutschen Bundestag in allen Facetten mit allen Beiträgen aller Fraktionen – Sie wissen, wen ich jetzt auch meine – deutlich gemacht hat, dass der Nationalismus nichts ist, was man nur noch findet, wenn man in den Geschichtsbüchern oder in alten Zeitungen blättert, sondern der Nationalismus ist für viele heute wieder politisches Programm.

Die, die damals dazu beigetragen haben, dass der Élysée-Vertrag zustande kommen konnte, die zur deutschfranzösischen Partnerschaft beigetragen haben, wussten, dass Nationalismus immer zu Krieg führt. Meine Damen und Herren, deshalb ist Europa nicht nur etwas, was wir in Sonntagsreden feiern, sondern das ist die Zukunft. Wenn es eine gute Zukunft für Deutschland, Frankreich und Rheinland-Pfalz geben soll,

(Glocke des Präsidenten)

dann kann es nur Europa sein.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Seekatz das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Jahrgang 1972 bin ich in die Zeit des Friedens und auch in die Zeit der deutsch-französischen Freundschaft hineingeboren worden. Ich kenne nichts anderes und mag mir die Alternativen auch überhaupt nicht vorstellen.

In meiner Heimatstadt Westerburg leben und pflegen wir unsere Städtepartnerschaft mit Le Cateau im Norden von

Frankreich seit über 30 Jahren. Durch viele Begegnungen auch außerhalb der offiziellen Termine hatte ich die Möglichkeit, unser Nachbarland und auch die Menschen und deren Mentalität näher kennenzulernen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines können Sie mir glauben, auch wenn uns Westerwäldern öfter einmal nachgesagt wird, dass wir mitunter etwas spröde und hölzern seien – Herr Präsident, das kommt manchmal vor und gilt auch für mich –,

(Abg. Martin Haller, SPD: Das würde ich nie sagen! – Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU)

so sollten Sie uns einmal erleben, wenn wir in Frankreich mit unseren Freunden feiern.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und vereinzelt bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei der deutsch-französischen Partnerschaft geht es jedoch um viel mehr als um die Beziehung zwischen Staaten oder Gemeinden, es geht um die Freundschaft zwischen den Menschen. Die Bürgerinnen und Bürger leben diese Partnerschaft in ihren Gemeinden durch die vielen Partnerschaftsvereine, den Schüleraustausch, regelmäßige Besuche und vieles mehr. Hieraus sind Freundschaften entstanden, die sehr oft auch schon in die nächste Generation mit übertragen werden.

Eines dürfen wir jedoch auf keinen Fall vergessen, wir empfinden diese deutsch-französische Freundschaft heute als eine Selbstverständlichkeit – das ist sie nicht. Sie ist auch nicht vom Himmel gefallen, sie ist vielmehr das Resultat von klugen politischen Entscheidungen, die im Nachkriegsdeutschland beschlossen wurden.

(Beifall der CDU und bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hierzu zählt natürlich der Élysée-Vertrag, der deutschfranzösische Freundschaftsvertrag, der 1963 von Adenauer und de Gaulle unterzeichnet wurde. Herr Kollege Schweitzer, erstmals trafen sich de Gaulle und Adenauer auch in

(Beifall und Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU: In Bad Kreuznach!)

Bad Kreuznach nach dem Krieg. Insofern sind alle Regionen miteinander verwurzelt.

(Abg. Martin Haller, SPD: Ein einsames Klatschen!)

Das war ich ihr schuldig.

(Zuruf von der SPD: Hauptsache es ist angesprochen!)

Genauso ist es.

Alle Regionen haben ihren Beitrag dazu geleistet.

Meine Damen und Herren, der Vertrag legte den Grundstein für die wichtige Zusammenarbeit auf fast allen po

litischen Feldern. Der Deutsche Bundestag und die französische Nationalversammlung haben vor wenigen Tagen ein starkes Bekenntnis zur deutsch-französischen Freundschaft abgegeben. In einem gemeinsamen Antrag der beiden Parlamente wurden die Regierungen aufgefordert, einen erneuerten Élysée-Vertrag zu erarbeiten, der die grenzüberschreitende Zusammenarbeit verbessern und der deutsch-französischen Partnerschaft neue Dynamik verleihen soll.

Warum ist das so wichtig? Die weltpolitische Architektur hat sich maßgeblich verändert. Im Osten Asiens hat sich China binnen weniger Jahre als ein aufstrebender und immer selbstbewusster auftretender Big Player auf die Weltbühne katapultiert, an den Außengrenzen der EU, im Baltikum und in der Ukraine lässt ein leider mit zunehmenden nationalistischen Tendenzen auftretendes Russland seine Muskeln spielen, während sich auf der anderen Seite des Globus Amerika immer stärker in sich selbst zurückzieht und protektionistische Handelspolitik betreibt, wie man es gerade aktuell erlebt.

(Beifall bei der CDU)

Angesichts dessen muss Europa noch enger zusammenrücken. Deutschland und Frankreich mit dem Tandem Merkel und Macron kommt dabei eine wesentliche Rolle zu. Sie sind der Schrittmacher des Integrationsprozesses für ein freies, weltoffenes und demokratisches Europa.

Rheinland-Pfalz profitiert durch seine geografische Lage im Schnittpunkt zahlreicher wichtiger intereuropäischer Transitwege und als Anrainerregion wichtiger europäischer Staaten von der wirtschaftlichen Dynamik und politischen Stabilität innerhalb dieser Staatengemeinschaft.

Damit aus dem routinemäßigen Nebeneinander der Grenzregionen ein noch stärkeres Miteinander wird, muss die Landesregierung die erforderlichen Rahmenbedingungen für eine noch engere grenzüberschreitende Zusammenarbeit schaffen.

Hierzu gehört etwa der Ausbau gemeinsamer Projekte, wie ein grenzüberschreitender Ausbau der Energienetze, oder ein Ausbau der deutsch-französischen Infrastruktur für Elektromobilität. Hierzu gehört auch der Ausbau von Fortbildungsangeboten in Unternehmen oder Volkshochschulen, die Intensivierung von Kooperationsprojekten in der beruflichen Bildung durch den Ausbau der deutschfranzösischen Berufsschulzentren mit einheitlichen Abschlüssen, der weitere Abbau von bürokratischen Hürden, und vor allen Dingen gehört hierzu das Erlernen der Sprache des Nachbarn. Es ist ein wesentlicher Baustein zur Vertiefung der deutsch-französischen Beziehungen. Deshalb ist es wichtig, dass wir Französisch als zweite Fremdsprache erhalten, wie wir es in unserem Antrag am Ende der Tagesordnung gefordert haben.

(Beifall der CDU)

Rheinland-Pfalz und unseren französischen Nachbarregionen kommt auf regionaler Ebene eine tragende Rolle zu. Wir können im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit Impulsgeber der europäischen Einigung sein und einen wichtigen Beitrag im Kleinen zur Verwirklichung eines Eu

ropas der Bürger im Großen leisten.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)