Mit Blick auf die Redezeit muss ich mich beschränken. Ich darf Ihnen aber versichern, dass wir uns auch in Zukunft weiter mit Freude für dieses Recht einsetzen werden.
Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass Rheinland-Pfalz bei der Inklusion auf einem sehr guten Weg ist.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Behindertenpolitik in Rheinland-Pfalz hat einen hohen Anspruch. Der Inklusionsbericht formuliert diesen Anspruch gleich im ersten Satz: „Die Politik von und für Menschen mit Behinderungen in Rheinland-Pfalz orientiert sich an dem Leitsatz ‚Leben wie alle – mittendrin von Anfang an‘“. Wie gesagt, ein hoher Anspruch. Die Frage, die ich mir als Erstes gestellt habe, als ich diesen Bericht auf dem Schreibtisch hatte, war, wird die Landesregierung diesem Anspruch gerecht. Da bleiben Zweifel.
Nicht ohne Grund machen wir am 1. Februar eine Anhörung zum Prüfrecht gegenüber den Werkstätten. Das ist eine direkte Folge davon, dass es die Landesregierung seit Mitte der 90er-Jahre versäumt hat, die Werkstätten für Behinderte und deren Finanzierung auf eine ausreichende Rechtsgrundlage zu stellen.
Wenn ich in die Zeitung von dieser Woche schaue, dann lese ich in der RHEINPFALZ Überschriften wie „Förderung auf Talfahrt“, Lehrerverband Bildung und Erziehung warnt vor Scheitern der Inklusion, die Förderung sei auf Talfahrt in vielen Schulen, vor allem im Norden des Landes herr
Ich erinnere noch einmal an diesen hohen Anspruch, den der Bericht formuliert. Ich habe mir gedacht, okay, wenn das augenscheinlich Schlaglichter der Realität sind, was steht denn dazu im Bericht. Prominent, ganz am Anfang auf Seite 9, findet sich die Überschrift „Inklusion in der Schule“. Da heißt es dann: „Das Landeskonzept für Inklusion im schulischen Bereich hat wichtige Weichen zu einem inklusiven Schulsystem in Rheinland-Pfalz gestellt.“ Dann kommen Zahlen, Zahlen, Zahlen.
Der Kollege von der SPD hat das eben auch so getan. Es folgen in dem Bericht Zahlen, Zahlen, Zahlen ohne jede Einordnung. Diese notwendige Einordnung der Zahlen findet sich ganz versteckt am Ende des Berichts, und zwar nicht in dem Teil, den die Landesregierung beigetragen hat, sondern in der Stellungnahme des Landesbeirates zur Teilhabe behinderter Menschen. Dort heißt es zum Allgemeinen zunächst einmal auf Seite 79 – mein Eindruck wird bestätigt –: „Die vorhandenen Daten und Einzelbeispiele reichen nicht aus, um ein repräsentatives Bild über die Lage der Menschen mit Behinderungenen und der Entwicklung in den vergangenen Jahren zu gewinnen.“ Richtig. So weit zum Allgemeinen. Dann wird es ganz konkret.
Dann habe ich zum Stichwort inklusive Bildung geschaut, was der Landesteilhabebeirat dazu sagt – Seite 81, wörtliche Zitate –: „In den vergangenen Jahren ist nach einem Bericht der Friedrich-Ebert-Stiftung“ – augenscheinlich auch für die SPD eine valide Quelle – „der Anteil von Schülerinnen und Schülern in Förderschule im Verhältnis zur Gesamtzahl von Schülerinnen und Schülern in Rheinland-Pfalz gestiegen.“ Das ist dann keine Inklusion, das ist dann Exklusion. „In dem Bericht fehlen“ – ich zitiere weiter – „Aussagen zum aktuellen Umsetzungsstand der im Landesaktionsplan 2015 genannten Verordnung zum inklusiven Unterricht und zur sonderpädagogischen Förderung, (...)“. Ja, wofür macht man denn den Bericht, wenn dann solche Aussagen fehlen?
Ich zitiere weiter: „Ebenso geht es aus dem vorliegenden Bericht nicht deutlich hervor, wie der Übergang von der Schule in den Beruf systematisch und strukturell verankert zu einem flächendeckenden inklusiven Angebot entwickelt wird.“
Ich habe jetzt nur ein Schlaglicht herausgegriffen, nur den Bereich inklusive Schulbildung, weil aktuell diese Woche in der Zeitung steht, dass da etwas im Argen liegt. Ich schaue in den Bericht. Der Teil, den die Landesregierung geschrieben hat, enthält keine Aussage, und ganz hinten versteckt im Anhang schreibt der Landesteilhabebeirat seine Einordnung und sieht die Dinge in einem anderen Licht.
Für mich bleibt deshalb hängen, dass dieser Bericht, so wie wir ihn vorliegen haben, in all seiner Ausführlichkeit und Zahlenverliebtheit eine bloße Pflichtübung der Landesregierung und absolut unambitioniert ist. Ich gehe noch einen Schritt weiter, er ist nicht nur unambitioniert, sondern ohne die Korrekturen aus der Stellungnahme des Landesteilhabebeirates wäre es sogar bewusst irreführend.
Ich sage einmal, Sie können es besser. Sie können es wirklich besser. Sie können es in anderen Häusern besser, beispielsweise der Kinder- und Jugendbericht. Darauf will ich jetzt nicht eingehen. Ich gehe jetzt einmal auf den Armutsbericht ein, den Sie auch verantworten, Frau Ministerin. Da können Sie es besser. Da gibt es einen ersten Teil. Den schreibt nicht die Landesregierung. Der erste Teil des Armutsberichts, Entwicklung von Armut und Reichtum in Rheinland-Pfalz, ist von Wissenschaftlern verfasst: Neue Frankfurter Sozialforschung, verschiedene Institute, Schuldnerfachberatung usw. Der erste Teil wird von Wissenschaftlern geschrieben.
Beim zweiten Teil des Armutsberichts, bei dem es um die Betroffenen geht, kommen die LIGA, die LAK, der DGB zu Wort. Es ist spannend, was die zu den Aussagen der Wissenschaftler zu sagen haben. Ganz zum Schluss, im dritten Teil, geht es um politische Schwerpunkte und wesentliche Maßnahmen der Landesregierung. Dann nimmt die Landesregierung zu dem, was ihr die Wissenschaft und die Betroffenen ins Stammbuch geschrieben haben, Stellung, und das zeichnet dann aus meiner Sicht ein viel besseres Bild über die Frage Armut und Reichtum in Rheinland-Pfalz, als hätte man nur die Stellungnahme der Landesregierung in den Bericht geschrieben, so wie es spiegelbildlich beim Teilhabe- und Inklusionsbericht der Fall ist.
Liebe Frau Ministerin, Sie können es besser. Dieser Bericht ist wichtig. Wir brauchen solche Daten. Wir brauchen die Gelegenheit, auch anhand eines solchen Berichts heute hier im Plenum über diese Fragen reden zu können. Nehmen Sie sich mehr Zeit für den Bericht, binden Sie externen Sachverstand ein, binden Sie über den Landesteilhabebeirat hinaus Betroffene stärker ein, und dann haben wir als Parlament, als Abgeordnete, die sich zwar vielleicht in Fachausschüssen intensiv, aber in der Gesamtheit des Plenums heute damit beschäftigen sollen, einen besseren Überblick und können in der Zukunft mehr Rückschlüsse für die Arbeit daraus ziehen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete und Regierungsmitglieder! Nach dem Landesgesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen – § 13 Berichtspflicht – berichtet die Landesregierung seit 2004 über die Lage der behinderten Menschen unter besonderer Berücksichtigung der Situation behinderter Frauen und über die Umsetzung des Gesetzes in Rheinland-Pfalz. Teil der Berichterstattung ist auch die Situation am Arbeitsmarkt und eine geschlechtsspezifische und nach Ressortbereichen gegliederte sta
Der Siebte Bericht wurde am 21. Dezember 2017 vorgelegt und damit der gesetzliche Auftrag formal erfüllt. Was den Informationsgehalt des Berichtes anbelangt, so kommentiert der Landesteilhabebeirat wie folgt – wir haben es schon gehört –: Er stellt fest, dass der Bericht zu zahlreichen Handlungsfeldern zwar Beispiele für die Umsetzung des Aktionsplans Rheinland-Pfalz darstellt, belastbare Daten zur Lage der Menschen mit Behinderungen und den Handlungsfeldern aber weitgehend fehlen. Die vorhandenen Daten und Einzelbeispiele reichen nicht aus, um ein repräsentatives Bild zu gewinnen. Damit ist eigentlich schon vieles gesagt. Der Bericht könnte und müsste besser und aussagefähiger sein. Zumindest ist er aber von 46 Seiten im Jahr 2015 auf 78 Seiten im Jahr 2017 angewachsen, und er hat jetzt sogar wieder ein Inhaltsverzeichnis, immerhin schon einmal etwas.
Die AfD-Fraktion unterstützt im Übrigen die Forderung des Landesteilhabebeirates, dass das Land Rheinland-Pfalz am Teilhabesurvey des Bundes teilnimmt. Wir halten das für eine Selbstverständlichkeit und erinnern die Landesregierung an ihre Versäumnisse beim Kennzahlenbericht der BAGüS, der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, zu den Behindertenwerkstätten. In diesem Fall hat Rheinland-Pfalz erst ab 2012 Daten geliefert, obwohl die anderen Bundesländer bereits seit 2006 berichteten. So etwas sollte sich beim Bundessurvey nicht wiederholen.
Ich werde nicht alle Aspekte des Berichts ansprechen. Dazu fehlt schlicht die Zeit. Wichtig ist uns als als AfDFraktion der Punkt Bildung und Erziehung. Hier haben wir uns mit unserem Antrag vom 21. August 2017 unter dem Titel Inklusion mit Augenmaß klar gegen eine ideologisch motivierte Inklusion um jeden Preis und für den Erhalt der Förder- und Sonderschulen positioniert.
Im Hinblick auf die Integration behinderter Menschen in den ersten Arbeitsmarkt ist festzustellen, dass trotz guter Wirtschaftslage die Anzahl der auf Pflichtarbeitsplätzen beschäftigten behinderten Menschen von 2013 bis 2016 gesunken ist. Dies geht vor allem auf die sinkende Zahl behinderter Beschäftigter in der Privatwirtschaft zurück, hier – laut Bericht – ca. 2.000 weniger als 2013.
An dieser Stelle können wir die Landesregierung nur auffordern, sich bundespolitisch einzubringen. Der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen schützt zwar die Beschäftigten, ist aber auch ein enormer Hinderungsgrund zur Integration in den ersten Arbeitsmarkt, welcher immer mehr Flexibilität verlangt. Diese Regelungen müssen überarbeitet und praxisrelevanter gestaltet werden. Nur dann kann auch das Programm „Budget für Arbeit“ richtig wirken.
Der Anstieg der Beschäftigungsquote in der Privatwirtschaft von 0,3 % seit dem Zeitpunkt der flächendeckenden
Einführung des Programms in 2007 ist unbefriedigend. Hier können wir die Euphorie der Landesregierung nicht nachvollziehen.
Die öffentlichen Arbeitgeber hingegen konnten die Beschäftigungsrate insgesamt erhöhen und für ca. 1.200 behinderte Menschen Arbeit schaffen. Die Landesregierung selbst ist hier jedoch offensichtlich mit einem Zielkonflikt konfrontiert. Mit der Streichung von Planstellen in der Landesverwaltung – nicht wenige davon sind schon längerfristig nicht besetzt – kommt es zu einer weiteren Arbeitsverdichtung.
Das ist keine gute Voraussetzung für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen. Die Beschäftigungsquote sinkt seit 2012. Offensichtlich kann hier auch das Budget für Arbeit nichts ausrichten, zudem die Frage zu stellen ist, ob sich die Landesregierung hier nicht selbst finanziert, indem sie Gelder aus dem Sozialbudget in die Personalfinanzierung, also von der linken in die rechte Tasche umschaufelt.
Mir fehlt im vorliegenden Bericht die Zahl, wie viel Planstellen durch das Budget für Arbeit in der Landesverwaltung zusätzlich geschaffen wurden. Vielleicht will die Ministerin heute darüber berichten.
Beim Thema Wohnen ist die AfD-Fraktion wieder an der Seite des Landesteilhabebeirates und seiner Kritik. Es ist nicht nützlich, vonseiten der Landesregierung immer nur Leuchtturmprojekte zu propagieren. Wir wollen von Ihnen genaue Zahlen über das Angebot der Behindertenwohnungen und dezentralisierten Wohneinrichtungen landesweit haben.
Im Hinblick auf die zukünftige Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes ist uns die Entscheidung zur Trägerschaft der Eingliederungshilfe sehr wichtig. Wir favorisieren hier eine Zusammenarbeit von Land und Kommunen, wobei das Land als Träger der Eingliederungshilfe fungieren sollte und die Kommunen mit der Durchführung betraut werden, da dort die Strukturen und die Expertise vor Ort zuhause sind. Nur so können aus unserer Sicht dann auch die behinderten Menschen in den ländlichen und strukturschwachen Räumen in den vollen Genuss gleichwertiger Lebensbedingungen gelangen.
Des Weiteren darf aus unserer Sicht die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes nicht zu einer weiteren Bürokratisierung führen.
Verehrte Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Manchen Leuten ist der Vorfall vielleicht noch präsent. Im Februar des letzten Jahres wurde ein Fall aus Hamburg publik, der die Diskriminierung von behinderten Menschen auf die Spitze trieb. Der 26-jährige Michel Arens wurde aus zwei Bussen der Hamburger Hochbahn verwiesen, da er laut den Busfahrern eine Gefahr für die Menschen darstelle. Der Grund dieser Gefahr sei seine fahrbare Gehhilfe, auf die er seit 20 Jahren angewiesen ist und mit der er auch regelmäßig Bus fährt. Arens führt in einem Bericht an, dass es bisher nie Probleme gegeben hätte. Dies ist nur ein Beispiel für die Probleme, mit denen behinderte Menschen jeden Tag und im Alltag zu kämpfen haben. Es verdeutlicht, wie wichtig es ist, über diese Thematik hier zu diskutieren.
Es erschüttert mich auch, dass im Jahr 2018 oder 2017 immer noch Diskriminierung herrscht, wenn es um Menschen mit Behinderungen geht. Das zeigt, dass jede Handlung, jede Maßnahme und jede allzu kleine Tat wichtig ist. Wir werden weiter mit offenen Augen und mit vollem Einsatz die Belange und die Interessen der Menschen mit Behinderungen in Rheinland-Pfalz vertreten.
Der vorliegende Bericht zur Lage der Menschen mit Behinderungen in Rheinland-Pfalz erlaubt uns einen umfassenden Einblick über die aktuelle Situation. Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Wo ist vielleicht noch Luft nach oben? Wo können wir noch etwas tun?