Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ziemlich baff, überrascht und enttäuscht, Frau Wieland; denn offensichtlich hat sich in der CDU-Fraktion innerhalb von ein paar Monaten eine 180-Grad-Wendung vollzogen. Das finde ich wirklich sehr schade.
Als Wolfgang Reichel noch in Ihrer Fraktion war – das ist gerade einmal eineinhalb Jahre her –, hatte man den Eindruck, dass die CDU-Fraktion in Gänze auf der Seite der Fluglärmgegner in Rheinhessen war. Das scheint offensichtlich nicht mehr der Fall zu sein.
Ich weiß es noch ganz genau. Wolfgang Reichel kann man wirklich nachsagen, dass er sich immer in puncto Fluglärm engagiert hat. Das war schon in seiner Zeit als Umweltdezernent so. Wenn Wolfgang Reichel hier gestanden und die Problematik für Rheinhessen artikuliert hat, dann war in der ersten Reihe immer ein braver Applaus. Jetzt stellt sich Frau Wieland hin und sagt genau das Gegenteil. Das ist eine 180-Grad-Wendung. Was ist jetzt? – Natürlich applaudieren Sie auch wieder brav.
(Abg. Julia Klöckner, CDU: Das stimmt doch gar nicht! Die Unterstellung ist unverschämt! – Weitere Zurufe von der CDU)
Ich muss ehrlich sagen, ich habe immer noch ein bisschen Hoffnung. Ich fand es in der letzten Wahlperiode gut, dass wir uns bei diesem Thema einig waren. Ich hatte damals mit Herrn Wolfgang Reichel ausgemacht, dass wir in der kommenden Wahlperiode gemeinsam Anträge zu dem Thema machen; denn er hat gefragt, warum wir das als Rot-Grün immer alleine machen und nicht gemeinsam. Ich habe gesagt, das können wir machen. Es hat sich bei ihm nicht so ergeben, dass er dem neuen Parlament angehört. Aber ich hätte nie gedacht, dass das durch Ihren Wortbeitrag, Frau Wieland, in eine ganz andere Richtung geht.
(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Hedi Thelen und Martin Brandl, CDU)
Ich habe die Hoffnung, dass der neue Kollege Barth ein Stück weit in eine andere Richtung denkt. Vielleicht gehen wir einmal zusammen einen Kaffee trinken. Ich finde es absurd: Frau Schäfer, die neue Landrätin im Kreis MainzBingen, ist mit dem Vorsatz angetreten, sich stark zu machen und Anwältin der Bürgerinnen und Bürger gegen Fluglärm zu sein. Jetzt kommt so etwas aus Ihren Reihen. Das finde ich absurd. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.
Frau Präsidentin! Lieber Herr Klomann, in der Politik soll es die Fähigkeit geben, zwei Dinge zusammenzubringen.
Genauso wie wir gegen den Bahnlärm im Mittelrheintal kämpfen und trotzdem nicht gegen die Bahn sind, genauso kämpfen wir gegen den Fluglärm und sind nicht gegen den Flughafen.
Der Flughafen – das haben wir gehört, Herr Wink hat es eindrücklich dargestellt – ist ein extrem wichtiger Arbeitgeber. Diese Arbeitsplätze wollen Sie sicherlich auch erhalten.
(Beifall bei der CDU – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So schön, dass wir Sie zur Erkenntnis gebracht haben!)
Wir müssen zur Kenntnis nehmen, wie hart der Konkurrenzkampf ist. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich der Flughafen Istanbul vor Frankfurt und sich der Flughafen München beim Passagieraufkommen vor Frankfurt geschoben hat. Das alles sind Anzeichen, dass offensichtlich ein Strategiewechsel nötig war. Das haben wir hier nicht zu beurteilen. Aber wir können nicht den Frankfurtern verbieten, einen Billigflieger anzunehmen oder zu akzeptieren, aber am Hahn sind sie die Schutzengel für uns.
Das Entscheidende ist – das hat der Minister herausgearbeitet –, dass bestimmte Grundsätze gegen den Fluglärm festgeschrieben werden und einzuhalten sind. Das ist zentral die Nachtruhe. Herr Köbler, Sie haben nicht dargestellt, dass es eine Einigung gab. Der Landeplan ist verändert worden. Das wird überprüft werden. Ryanair darf künftig nicht mehr die Nachtruhe überschreiten.
Es gibt viele Fortschritte. Gemeinsam haben wir alle erreicht, dass die Lärmkarten verändert, Rheinland-Pfalz in die Lärmkarte mit aufgenommen worden ist und es Ausgleichszahlungen für aktiven Lärmschutz gibt.
Wir haben es von mehreren anderen gehört, die Lärmobergrenze ist der richtige Ansatz. Wir können heute doch nicht nach Zahl der Flüge den Lärm messen. Der Ansatz muss sein, die Menge des Lärms zu reduzieren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen! Frau Kollegin Wieland, wenn wir über die Arbeitsplätze reden, sollten wir auch über die Arbeitsbedingungen sprechen.
Ryanair hat in diesem Jahr sehr viele Flüge gestrichen, und Ryanair ist nicht der einzige Problemindikator. Die
Arbeitsbedingungen am Frankfurter Flughafen sind teilweise sehr schlecht. Da bringt es nichts, wenn man über 80.000 Arbeitsplätze redet, von denen sehr viele zu sehr schlechten Bedingungen ausgefüllt werden müssen.
Herr Minister Wissing, ich komme nun zu Ihnen. Ich finde, das, was Sie hier betreiben, ist eine reine Laviererei, wenn man sich einmal die andere Rheinseite betrachtet. Ich möchte ein Zitat verlesen aus der Frankfurter Rundschau von Herrn Lenders, einem FDP-Landtagsabgeordneten: „So richtig begeistert zeigt sich nur die FDP. Es kämen nun ‚neue attraktive Angebote vom Flughafen Frankfurt aus, sodass viele Leute, die bisher Provinzflughäfen nutzten, direkt von Frankfurt aus fliegen können‘.“
Dies wurde zu der Thematik geschrieben, als es darum ging, dass Ryanair künftig am Frankfurter Flughafen fliegt, und Herr Minister Wissing stellt sich nun hier hin und kritisiert das. Wenn man sich aber die Debatten auf der anderen Rheinseite im hessischen Landtag anschaut, ist es ganz klar, dass die FDP die treibende Kraft ist, die den grünen Wirtschaftsminister immer voranpeitscht und sagt, wir müssen diesen Flughafen noch größer machen, noch stärker ausbauen usw. Die FDP hat wieder zwei verschiedene Facetten. Im einen Landtag: „Nein, wir sind gegen diese Erhöhungen“, und im hessischen Landtag kann es gar nicht genug sein. Das ist nichts anderes als die große Pinocchio-Nase gegenüber dem Wähler.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Wieland, Sie haben soeben etwas gesagt nach dem Motto, wir könnten gegen die Billigflieger am Frankfurter Flughafen nichts machen. Das ist nicht korrekt.
Es ist gerade schon angesprochen worden. Die Fraport hat eine Baugenehmigung für den Low-Cost-CarrierFlugsteig G beantragt, also den Billigflieger-Flugsteig. Ich sage Ihnen, dass nach meiner Auffassung der Bauantrag dieses Flugsteigs nicht dem Planfeststellungsbeschluss für den Frankfurter Flughafen entspricht.
Lassen Sie uns doch gemeinsam und parteiübergreifend an den Kollegen Feldmann, Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, ebenfalls ein bekennender Fluglärmgegner – die Stadt Frankfurt hat das letzte Wort bei dieser Baugenehmigung –, den Appell richten, dass wir nicht bereit sind, das zu akzeptieren, und der Stadt Frankfurt empfehlen, den Flugsteig G nicht zu genehmigen.