Protocol of the Session on October 26, 2017

Da sich mit der Einführung der E-Akte auch der gewohnte Arbeitsablauf verändern wird, wurde beschlossen, mit der technisch risikoärmsten, weil bereits erfolgreich erprobt, Variante zu pilotieren. Ferner ist beim Landgericht wegen des Anwaltszwangs eine deutlich höhere elektronische Eingangsquote zu erwarten, was einen wesentlich geringeren Digitalisierungsaufwand zur Folge hat.

Im Einvernehmen mit den beiden Oberlandesgerichten ist deshalb Anfang des Jahres beschlossen worden, die EAkte ab dem 1. Juni 2018 beim Landgericht Kaiserslautern zu pilotieren. Gemeinsam mit den beiden Oberlandesgerichten ist die Wahl auf Kaiserslautern insbesondere wegen der guten Erreichbarkeit, der schnellen Umsetzbarkeit von baulichen Veränderungen in den Sitzungssälen und der guten Anbindung an das RLP-Netz gefallen.

Im Rahmen des gemeinsamen eJustice-Programms der rheinland-pfälzischen Justiz wird die Pilotierung in enger Abstimmung mit dem Präsidenten des Landgerichts Kaiserslautern sowie unter Einbindung der dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in insgesamt neun Projekten, die alle Aspekte des digitalen Arbeitens in der Justiz beleuchten, vorbereitet. Voraussichtlich im vierten Quartal 2018 wird eine zweite Pilotierung beim Landgericht im Bezirk des OLG Koblenz folgen. Dies ist allerdings noch nicht festgelegt.

Zu Frage 2: Es ist nicht beabsichtigt, die bereits vorhandenen Akten nachträglich zu digitalisieren. Die Pilotprojekte in Bayern und Baden-Württemberg haben gezeigt, dass der personelle und organisatorische Aufwand für eine rechtskonforme Digitalisierung sämtlicher Bestandsverfahren in keinem Verhältnis zum Nutzen steht. Auch die Leitungskapazitäten würden bei einer systematischen Bestandsdigitalisierung enorm belastet werden.

Gemeinsam mit den Geschäftsbereichen hat man sich dennoch darauf verständigt, kein personalintensives Bestandsscannen durchzuführen. Angestrebt ist stattdessen eine Stichtagslösung, nach der in Kaiserslautern alle ab dem 1. Juni 2018 eingehenden neuen erstinstanzlichen Zivilverfahren mit der elektronischen Akte bearbeitet werden. Dies bietet den betroffenen Dienststellen und insbesondere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit,

sich sukzessive mit der neuen Art der Akten- und Verhandlungsführung vertraut zu machen, und versetzt zudem die einzurichtende Scanstelle künftig in die Lage, mit einem geringen, aber kontinuierlichen Aufwuchs der Fallzahlen zu arbeiten.

Zu Frage 3: Rheinland-Pfalz blickt auf eine langjährige Tradition im elektronischen Rechtsverkehr zurück. Es war im Jahre 2004 eines der ersten Länder, die den elektronischen Rechtsverkehr damals beim Oberverwaltungsgericht eröffnet haben. Ab dem 2. November 2017 werden nunmehr alle Gerichte in Rheinland-Pfalz über den elektronischen Rechtsverkehr in allen Verfahrensarten, die dies bisher erlauben, erreichbar sein.

Stand heute sind in Rheinland-Pfalz noch verschiedene elektronische Kommunikationswege wie etwa die E-Mail oder Web-Upload vorgesehen. Zum Jahreswechsel 2018 werden die elektronischen Übermittlungswege zur Vereinheitlichung bundesweit konsolidiert, um damit mehr Rechtssicherheit zu schaffen.

Ziel des elektronischen Rechtsverkehrs ist es, eine sichere Übertragung von sensiblen Verfahrensdaten und eine sichere Identifikation der Kommunikationspartner zu ermöglichen. Daher hat der Bundesgesetzgeber sichere Übermittlungswege definiert, mit denen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte und sonstige Verfahrensbeteiligte ab dem Jahr 2018 bidirektional, also gegenseitig, mit den Gerichten rechtssicher elektronisch kommunizieren können.

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind durch das besondere elektronische Anwaltspostfach, das jeder Rechtsanwältin und jedem Rechtsanwalt durch die Rechtsanwaltskammer zum Zeitpunkt seiner Zulassung eröffnet wird, quasi automatisch zur Kommunikation mit den Gerichten in der Lage. Sie können das besondere Anwaltspostfach entweder über eine Weboberfläche oder direkt aus ihrer Kanzleisoftware heraus nutzen.

Für Notare ist mit dem besonderen elektronischen Notarpostfach eine vergleichbare Situation vorhanden.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts haben die Möglichkeit, über das besondere elektronische Behördenpostfach am elektronischen Rechtsverkehr teilzunehmen und auf diese Weise sicher und einfach mit den Gerichten wie mit den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten oder Notarinnen und Notaren elektronisch zu kommunizieren.

Auch für die sonstigen Beteiligten und Bürgerinnen und Bürgern stehen geeignete Kommunikationsmöglichkeiten zur Verfügung. Diese Gruppe der nicht professionellen Einreicher kann insbesondere über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach mit den Gerichten rechtssicher kommunizieren. Die Nutzung kann dabei entweder über eine entsprechende Zugangssoftware erfolgen, die teilweise sogar kostenfrei angeboten wird, oder ab dem Jahr 2018 ohne Registrierung und Softwaredownloads über ein von der Zentrale im Justizportal des Bundes und der Länder zur Verfügung gestelltes Onlineformular, das sogenannte Web-EGVP.

Es wird also ohne besondere technische Voraussetzungen

beim Einsatz zur Verfügung stehen, da sichere Kommunikationswege ermöglichen, am elektronischen Rechtsverkehr teilzunehmen.

So weit die Antwort der Landesregierung.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Baldauf.

Vielen Dank, Herr Minister. Ich finde, dass man sich nicht zu sehr loben sollte, weil wir zeitlich ganz weit im Verzug sind.

Ich würde gern von Ihnen wissen, wenn Sie die Stichtagsfrage stellen, die durchaus sinnvoll sein kann, und natürlich nicht von jetzt auf gleich plötzlich alle Akten digital geführt werden, sondern normalerweise auch noch in Papierform vorhanden sein werden, wie hoch Sie die zusätzlichen Kosten schätzen, die durch die Umstellung entstehen.

Wie viele Stellen wollen Sie zusätzlich beantragen, dass die Scanvorgänge, die ganze Umwandlung dann auch funktionieren?

Wir haben bereits entsprechende Vorkehrungen im Haushalt getroffen. Es ist schwer abzuschätzen, wie hoch der Aufwand tatsächlich sein wird. Wir minimieren deshalb schon den Aufwand, weil wir den Bestand bis zu diesem Stichtag nicht mehr einscannen werden, sondern diese Akte, soweit sie noch nicht zu Ende bearbeitet worden ist, wird dann auf Papier zu Ende bearbeitet und nicht insgesamt digitalisiert. Das senkt den Aufwand beträchtlich.

Inwieweit dann Einscankosten und Ähnliches anfallen, ist schwer zu beurteilen. Das hängt davon ab, in welchem Umfang insbesondere unser Berufsstand dann elektronisch einreicht oder nicht, da er zu diesem Zeitpunkt noch nicht verpflichtet ist, elektronisch einzureichen, sondern er kann weiterhin in Papierform einreichen. Das würde dann dazu führen, dass die Gerichte das einscannen müssten.

Insofern ist das kostenmäßig schwer abzuschätzen. Das muss abgewartet werden, weswegen es die Pilotierung gibt, um erste Erfahrungen zu gewinnen und näher einschätzen zu können, inwieweit der Aufwand durch andere Maßnahmen reduziert werden kann.

Ich gehe davon aus – wir beide haben den gleichen Beruf; wir sind diejenigen, die das meiste an Schriftverkehr mit den Gerichten auslösen –, dass irgendwann die Rechtsanwälte schon erkennen werden, dass es für sie auch kostengünstiger ist, elektronisch einzureichen. Sie wissen, dass eine bisherige Klageschrift immer mit einer Menge von Anlagen verbunden war, bei der die Anwälte das Papier bezahlten. Wenn sie das elektronisch einreichen, werden diese Kosten natürlich auch gespart werden.

Wie sich das im Einzelfall auswirken wird, lässt sich beim besten Willen derzeit nicht vorhersagen.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Kollegen Baldauf.

Nur als Anmerkung: Sie sparen aber zunächst einmal nichts; denn wenn Sie es elektronisch haben, müssen Sie dem Mandanten im Zweifel die dicke Strafakte auch zeigen. Dann bräuchten Sie zwei Bildschirme und müssten einen zweiten Bildschirm kaufen.

Deshalb meine Frage: Gibt es von Ihrer Seite Erfahrungswerte aus anderen Bundesländern, die auch Pilotierungen und Ähnliches durchführen? Wenn ich es richtig im Kopf habe, ist Bayern hier wesentlich weiter. Ich kann mich täuschen.

Ich wüsste gern von Ihnen, wie dort mit diesem Thema umgegangen wird, weil es zunächst einen Mehraufwand geben wird. Das werden Sie nicht abstreiten können, das tun Sie auch nicht.

Es ist so, dass wir nicht ins kalte Wasser gesprungen, sondern dem Entwicklungsverbund beigetreten sind, in dem Bayern führend ist und dem andere Bundesländer und auch die Republik Österreich angehören. Schon auf diese Art und Weise werden die Kosten minimiert. Es wäre völlig utopisch, wenn das Land Rheinland-Pfalz für sich allein so etwas entwickeln wollte.

Insofern greifen wir selbstverständlich auf die Erfahrungen der Pilotierung in Bayern zurück. Die Entscheidung, in Kaiserslautern mit der Stichtagsregelung nur künftig eingehende neue Verfahren elektronisch zu führen und die bisherigen Bestandsakten in Papierform zu Ende zu bearbeiten, ist zum Beispiel ein Ergebnis der Pilotierung aus Bayern und Baden-Württemberg, die uns beide mitgeteilt haben, dass der Aufwand beträchtlich ist, weil sie nicht einfach nur scannen können, sondern es sehr detaillierte Vorschriften gibt, wie das im Einzelfall zu geschehen hat.

Der Aufwand ist beträchtlich, und der Nutzen steht in keinem Verhältnis dazu. Das war zum Beispiel ein Ergebnis der Bayern und der Baden-Württemberger. Insofern sind wir froh, dass sie an der Stelle etwas weiter waren als wir und wir so von ihren Erfahrungen profitieren und uns entsprechend verhalten können. Deswegen haben wir die Entscheidung schon so getroffen.

Trotzdem lässt es sich letztlich nicht prognostizieren, wann und zu welchem Zeitpunkt. Eines steht fest, der Gesetzgeber hat festgelegt, zum 1. Januar 2026 müssen alle, die professionell mit dem Gericht zusammenarbeiten, elektronisch einreichen, und es muss dann mit allen elektronisch kommuniziert werden. Einzig der normale Bürger, der sich ans Gericht wendet, ist dann noch befreit.

Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor. Damit ist die Anfrage beantwortet. Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Hartenfels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Dramatischer Rückgang von Fluginsekten: Gefahr für das gesamte Ökosystem – Nummer 5 der Drucksache 17/4436 – betreffend, auf.

Bitte, Herr Abgeordneter Hartenfels.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse der Studie hinsichtlich des Insektensterbens in Deutschland und Rheinland-Pfalz?

2. Mit welchen Auswirkungen durch das Insektensterben rechnet die Landesregierung auf Grundlage der Ergebnisse dieser Studie?

3. Mit welchen konkreten Maßnahmen versucht die Landesregierung zur Vielfalt unserer Kulturlandschaft und zur Artenvielfalt beizutragen?

4. Inwieweit sieht die Landesregierung die Fruchtfolge und Diversität im ökologischen Landbau als förderlich für die Lebensraumqualität für Insekten an?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Dr. Griese.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Landesregierung darf ich die Anfrage wie folgt beantworten:

Zu Frage 1: 50 % der rund 72.000 Tier- und Pflanzenarten in Deutschland stehen auf der Roten Liste. Dazu gehören inzwischen auch Insektenarten.

Die Studie, die in der Frage angesprochen ist, beruht auf der Analyse von standardisierten Auswertungen in verschiedenen Naturschutzgebieten. Teilweise wurden die Gebiete über 27 Jahre beprobt, teilweise aber auch nur einmal.

Durch Simulationsmodelle und komplexe Computermodelle wurden die Ergebnisse hochgerechnet. Danach geht die Studie davon aus, dass sich die Masse an fliegenden Insekten um 76 % verringert hat. Das gilt nicht nur für einzelne Gruppen wie Schmetterlinge oder Bienen, sondern alle fliegenden Insekten insgesamt.

Der Rückgang, unterstellt man die Richtigkeit der Ergebnisse dieser Studie, ist drastischer, als vielfach angenommen wurde. Für unser Ökosystem ist das ein alarmierendes Zeichen; denn Insekten sind im Ökosystem deshalb wichtig,

weil sie Nahrungsgrundlage für Vögel und als Bestäuber von Wild- und Nutzpflanzen unverzichtbar sind.

Dazu passt, dass die EU in einer Untersuchung 2013 festgestellt hat, dass die Bestände vieler Schmetterlingsarten seit Jahren zurückgehen. Auch die Rote Liste der Großschmetterlinge in Rheinland-Pfalz zeigt diesen Trend auf.