Protocol of the Session on October 25, 2017

Dieses Thema wird von mir schon so lange bearbeitet, da haben Sie noch gar nicht daran gedacht, für den Landtag zu kandidieren.

(Beifall der CDU und bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schauen Sie in die Protokolle aus dem Jahr 2005. Der damalige Staatssekretär hieß Karl Peter Bruch. So lange bin ich an diesem Thema bereits dran. Ich weiß, wovon ich rede.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Und Sie haben nichts geändert?)

Es ist eine Frage der Mehrheiten. Wenn Sie es schaffen, die Landesregierung zu bewegen, können wir das gern machen.

Ich will zum Schluss aber noch sagen, worauf es ankommt. Es wird über ein Gesetz gesprochen. In der Tat haben wir zunehmend auch hervorragende Mitarbeiterinnen – der Rettungsdienst ist ein echter Frauenberuf geworden, er ist nicht mehr nur ein Männerberuf –, die hervorragend motiviert sind, klasse Arbeit leisten und auch etwas können.

Nur muss bitte die neue Ausbildung des Notfallsanitäters im Gesetz etabliert werden. Darauf warten wir. Auch da wäre ich froh, wenn wir eine Antwort bekommen, wann wir damit rechnen dürfen. Einen ersten Entwurf habe ich bereits im Frühjahr 2016 gesehen. Dies ist jetzt eineinhalb Jahre her. Das ist eine ernst gemeinte Frage. Auch darüber sollten wir uns dann später zu diesem neuen Gesetz vernünftig auseinandersetzen.

Ich will noch einen letzten Punkt sagen, ohne morgen einem Antrag von uns vorzugreifen. In den skandinavischen Ländern, wenn irgendetwas passiert – plötzlicher Herzstillstand – dann sind 80 % der Betroffenen in der glücklichen Situation, dass irgendjemand, ein Laie, zugreift und hilft, bis der Rettungsdienst dort ist; denn diese 15 Minuten, bis er kommt, sind am wichtigsten. Bei uns sind es nur 30 %, die eine Chance haben, dass ihnen jemand hilft. Das ist eigentlich für uns alle als Gesellschaft ein Zustand

(Zuruf aus dem Hause: Ein Armutszeugnis!)

ein Armutszeugnis, könnte man sagen –, der verbesserungsbedürftig ist.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung spricht Herr Minister Lewentz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sowohl in der letzten Plenarsitzung als auch im Innenausschuss haben wir bereits deutlich gemacht, dass die Sicherstellung einer optimalen und flächendeckenden rettungsdienstlichen und somit notärztlichen Versorgung der Bevölkerung ein Thema ist, das von der Landesregierung als Kernthema mit höchster Priorität behandelt wird.

Ich fasse noch einmal zusammen: Erstens, zurzeit arbeitet die Landesregierung an einer Novellierung des Rettungsdienstgesetzes, die sich mit zahlreichen Aspekten auseinandersetzt.

Herr Dr. Enders, ich strebe an, noch in diesem Jahr die Vorlage in den Ministerrat und dann auch hier in die Diskussion mit dem Landtag zu bringen.

Zweitens, aus unserer Sicht ist es nicht zielführend, sich lediglich mit dem Aspekt der Eintreffzeit von Notärztinnen und Notärzten, losgelöst von allen anderen Faktoren und Kennzahlen, auseinanderzusetzen.

Drittens, wir beleuchten die Struktur der notärztlichen Versorgung regelmäßig mittels fortlaufenden Untersuchungen. Gerade wird eine Wiederholungsbefragung aller Notarztstandorte durchgeführt, in der die notärztliche Versorgung umfassend analysiert wird.

Viertens, unser nicht-ärztliches Rettungsdienstpersonal, also die Rettungsassistentinnen und -assistenten und die neuen Notfallsanitäterinnen und -sanitäter, sind motiviert – ich sage, hochmotiviert – und arbeiten sehr professionell. Diese unterziehen sich wie kein anderes Berufsbild im Gesundheitswesen einer jährlichen Pflichtfortbildung mit Prüfung.

Fünftens, das neue Berufsbild Notfallsanitäter bringt viele Verbesserungen. Diese sind in der Lage, eigenverantwortlich medizinische Maßnahmen der Erstversorgung durchzuführen. Das Notfallsanitätergesetz berechtigt und qualifiziert Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter zur eigenverantwortlichen notfallmedizinischen Heilkunde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die rheinlandpfälzische Landesregierung hält auch weiterhin an dem sehr bewährten Notarztsystem fest.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch kurz auf einige im Plenum und im Innenausschuss aufgeworfene Fragen und Punkte eingehen.

In der Begründung zum Entwurf der AfD wird eine Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie

(DGU) zitiert. Mit diesem Zitat soll belegt werden, dass die Mortalität bei Einsätzen mit Notarzt gegenüber Einsätzen ohne Notarzt signifikant besser ausfalle. Die Kollegen der zuständigen Fachabteilung in meinem Hause haben intensiv recherchiert. Die Äußerung stammt aus der Pressemitteilung der DGU vom 19. März 2013 mit dem Titel Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie kritisiert geplantes Notfallsanitätergesetz. Die von der antragstellenden Fraktion zitierten Zahlen zur Mortalität stammen aus einer Studie aus dem Jahr 1987. Ziel dieser US-amerikanischen Studie war es festzustellen, (Zurufe von der SPD: Oh!)

ob sich die Präsenz eines Notarztes auf Rettungshubschraubern positiv auf das Überleben von Patienten auswirkt. Dabei wurden ausschließlich Patienten mit stumpfen Trauma untersucht. Es wurde untersucht, ob eine bessere Therapie von einem Team aus Krankenschwestern und Paramedics – vergleichbar mit unseren Notfallsanitätern – oder von einem Team aus Krankenschwestern und Arzt auf dem Rettungshubschrauber in den Vereinigten Staaten eingeleitet wurde.

Noch einmal, hier ging es also nicht um den Zeitpunkt des Eintreffens eines Notarztes an der Einsatzstelle in Rheinland-Pfalz oder in Deutschland, sondern um die Präsenz des Notarztes in Rettungsdiensten an sich, und da in der Fragestellung den Hubschraubereinsatz betreffend.

Die Anführung dieser Studie, meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere der Mortalitätsraten im vorliegenden Fall, ist für unsere Experten – dem schließe ich mich an – unredlich und schürt unbegründete Ängste.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu dem Punkt der Einsatzmöglichkeit von Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern möchte ich noch darauf hinweisen, dass diese auf Grundlage des § 22 Rettungsdienstgesetz selbstverständlich bereits heute eingesetzt werden können und auch eingesetzt werden.

Die anstehende Novelle wird den Einsatz für bestimmte Einsatzmittel darüber hinaus verpflichtend regeln.

Im Übrigen möchte ich festhalten, dass die mittleren Eintreffzeiten bei den Notfalleinsätzen der Rettungswagen landesweit im Jahr 2016 bei sieben Minuten und 22 Sekunden und die der Notarztfahrzeuge bei acht Minuten und acht Sekunden lagen.

In den Reden im Innenausschuss ging es um die Zeitspanne zwischen Ausrücken und Eintreffen des Einsatzmittels, Frau Dr. Groß. Diese Zeitspanne findet sich im Rettungsdienstgesetz wieder. Die Formulierung lautet, dass im Notfalltransport jeder an einer öffentlichen Straße gelegene Einsatzort in der Regel innerhalb einer Fahrzeit von maximal 15 Minuten erreicht werden muss. Die in der Rede angeführten sieben bis acht Minuten – ich habe sie noch einmal genau wiederholt – entsprechen dieser Fahrzeit.

Selbstverständlich gibt es Unterschiede – darauf sind die Vorredner eingegangen –, wenn man ein ländlich strukturiertes Bundesland ist, zu großstädtischen Situationen in Berlin oder Hamburg.

Abschließend stelle ich fest, dass für die Hilfeleistungsfrist entscheidend ist, wann die professionelle und notfallmedizinische Behandlung beginnt. Diese beginnt – wie dargestellt – bereits mit dem Eintreffen des sehr gut ausgebildeten Rettungsdienstpersonals.

Herr Dr. Enders, was Sie zu der Bezahlung ausgeführt haben, ist in weit überwiegenden Bereichen richtig.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf AfD-Fraktion, Landesgesetz zur Änderung des Rettungsdienstgesetzes – Drucksache 17/4146 –.

Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Gesetzentwurf in der zweiten Beratung mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Eine Schlussabstimmung entfällt.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zur Änderung des Landesgesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und des § 6 b des Bundeskindergeldgesetzes und des Landesgesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 17/4203 – Erste Beratung

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart.

Zunächst erfolgt die Begründung durch ein Mitglied der Landesregierung. Frau Bätzing-Lichtenthäler Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Landesgesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und des § 6 b des Bundeskindergeldgesetzes und des Landesgesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch enthält insbesondere notwendige Verfahrensregelungen zur Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

Im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch wird sichergestellt, dass eine bedarfsgerechte Verteilung der zusätzlichen Bundesmittel auf die Kommunen erfolgt. Daneben werden die Bestimmungen zum Mittelabruf und die erforderlichen Regelungen für die Prüfung und Nachweislegung der Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch aktualisiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung war ursprünglich ein Instrument, um die kommunale Ebene aufgabenbezogen zu entlasten. Allerdings wird dieser Finanzierungsweg zunehmend für allgemeine, finanzielle Erleichterungen vom Bund zugunsten der Kommunen genutzt. So fließen im Jahr 2017 Bundesmittel zur Entlastung der Kommunen im Vorgriff auf das Bundesteilhabegesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen und zur Entlastung der Kommunen von den besonderen finanziellen Belastungen für KdU-Ausgaben im Zusammenhang mit der aktuellen Zuwanderung von Flüchtlingen an das Land.

Der vorliegende Gesetzentwurf legt die Rahmenbedingungen fest, nach denen diese Bundesmittel sachgerecht und ihrer Zweckbestimmung entsprechend an die rheinlandpfälzischen Kommunen verteilt werden. Die Festlegung der auf die jeweilige Kommune entfallenden Anteile erfolgt durch das MSAGD. Es entspricht einer guten Übung, dass diese Festlegung in enger Abstimmung und Kooperation mit den betroffenen kommunalen Spitzenverbänden erfolgt.

Durch diese untergesetzliche Regelung wird vermieden, dass jede bundesgesetzliche Änderung zwangsläufig eine Anpassung des Landesausführungsgesetzes notwendig macht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch enthält seit dem Jahr 2009 eine Regelung zur Beteiligung des Bundes an den Nettoausgaben für Geldleistungen im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Die Höhe der Bundesbeteiligung ist im Laufe der Jahre sukzessive angestiegen. Seit dem 1. Januar 2014 werden den Ländern die für das jeweilige Kalenderjahr entstandenen Nettoausgaben für Geldleistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vollumfänglich durch den Bund erstattet.

Durch Bundesgesetz werden die Regelungen zur Präzisierung der Mittelabrufe der Länder beim Bund sowie für die von den Ländern zu erbringenden Verwendungsnachweise aktualisiert.

Der Gesetzentwurf sieht die Anpassung der landesrechtlichen Regelung an die bundesgesetzliche Klarstellung vor. Damit wird sichergestellt, dass das Land die im Bundesgesetz geregelte Flexibilisierung der Mittelabrufe nutzt und die Verwendungsnachweise für aus dem Bundeshaushalt abgerufene Erstattungszahlungen termin- und formgerecht vorlegen kann.