Für uns Freie Demokraten stehen bei Flüchtlings- und Abschiebepolitik zwei Grundsätze im Vordergrund. Es ist klar,
dass es die Humanität und die Rechtsstaatlichkeit sind. Der Rechtsstaat muss gelten. Gleichzeitig kann die Gesetzgebung aber nicht jeden einzelnen Fall abdecken, und es wäre vermessen, das zu erwarten.
Ich nenne ein Beispiel aus jüngster Zeit, welches überregionale Bekanntheit erlangte. Das war die Abschiebung der jungen nepalesischen Schülerin in Nordrhein-Westfalen, die seit ihrer Geburt in Deutschland lebt. Hier wurde von der Politik eine pragmatische und menschliche Lösung gefunden, mit der ihre schnelle Rückkehr nach Deutschland ermöglicht werden konnte.
Deswegen müssen Einzelfälle sorgsam geprüft, allerdings gesondert und nicht verallgemeinernd, betrachtet werden.
wollen wir ganzheitlich über Einwanderung sprechen. Die Regierungskoalition unterstützt die Kommunen, die im Zuge der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung von Angela Merkel vor großen Herausforderungen stehen, nach Kräften. So wurden letzte Woche überplanmäßige Ausgaben in Höhe von knapp 150 Millionen Euro zur Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen zugesichert, und das ohne Nachtragshaushalt. Die Landesregierung hat hier schnell, lösungsorientiert und im Interesse der Kommunen gehandelt.
Außerdem, das haben Sie schon oft von mir gehört, ich kann es den Kollegen der CDU nicht ersparen: Es zeigt sich erneut, Deutschland braucht ein Einwanderungsgesetz auf Bundesebene,
das zwischen Asyl für individuell Verfolgte, einem humanitären Schutz für Flüchtlinge und der Einwanderung in den Arbeitsmarkt unterscheidet. Ein Einwanderungsgesetz würde auch die Rechtssicherheit stärken. Viele Klagen von Asylbewerbern würden sich erübrigen und damit auch die Gerichte entlastet werden.
Die Regierungskoalition hat sich dafür eingesetzt, während die CDU ein solches Gesetz seit Jahrzehnten verhindert und auch keinerlei Konzept für die qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt hat.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Prüfungen von Sonderfällen finden in Deutschland und auch in RheinlandPfalz laufend statt. Sie sind für keinen der Beteiligten einfach. Es liegt in der Natur der Sache, dass es auch unter
den Behörden – den Kommunen als untere Ausländerbehörde und dem Ministerium als obere Ausländerbehörde – zu unterschiedlichen Einschätzungen darüber kommen kann, wie das Ermessen im Einzelfall auszuüben ist. Sollte eine Einigung nicht erzielt werden, sind im Zweifel wiederum die unabhängigen Gerichte unseres Landes dazu aufgerufen, über die Angelegenheit zu entscheiden.
Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Aktuelle Debatte der CDU heißt: „Keine politisch motivierten Einmischungen der Landesregierung in kommunale Entscheidungen – Verunsicherung der Ausländerbehörden bei Abschiebungen beenden“. Ich bin völlig Ihrer Meinung, liebe Fraktion der CDU, es soll keine politisch motivierten Eingriffe der Landesregierung geben. Es gibt auch keine politisch motivierten Eingriffe der Landesregierung. Man sollte vor allem die Verunsicherung der Ausländerbehörden behindern.
Wer aber verunsichert denn im Moment die Ausländerbehörden? Wer macht denn hier eine Diskussion auf,
(Abg. Julia Klöckner, CDU: Jetzt wird’s witzig! – Abg. Simone Huth-Haage, CDU: Das ist so billig! – Zuruf der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)
ob es einen generellen Eingriff der Landesregierung gäbe gegenüber den Kommunen? Das kann doch nur die Idee der Opposition gewesen sein, meine Damen und Herren. Zumindest aus dem bisherigen Vorgehen lässt sich das nicht ableiten.
Meine Damen und Herren, was ist bisher passiert? Frau Nikoghosyan ist aus der Ausbildung heraus mit ihrer siebenjährigen Tochter abgeschoben worden. Ich möchte aus einem Artikel der Allgemeinen Zeitung vom 23. Mai 2017 zitieren: Die Reaktion auf die Abschiebung von Frau Nikoghosyan und ihrer 7-jährigen Tochter aus dem Ausbildungsvertrag heraus kommentiert die IHK. Für die Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen sei dies, so wörtlich, „‚ein fatales Signal für alle, die sich um die berufliche Integration von Neuzugewanderten bemühen‘, sagte Hauptgeschäftsführer Günter Jertz“. Der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) RheinlandPfalz fordert, die Familie „schnellstmöglichst“ zurück nach Deutschland zu holen.
Dem muss man nicht folgen. Hätte nun aber das Ministerium überhaupt nicht nachgeprüft, ob dies in dem Fall überhaupt möglich ist, würden Sie doch hier eine Aktuelle Debatte mit dem Titel „Missachtung von DEHOGA, IHK und Wirtschaftsinteressen“ beantragen, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und bei der FDP – Zuruf aus dem Hause: Nicht auszuschließen! – Zuruf aus dem Hause: Das sind alles Grünen-Politiker, Bernhard!)
Jetzt geht man diesen Möglichkeiten nach. Es hat nie jemand behauptet, dass die Abschiebung nicht rechtens war. Das Gericht hat die Rechtmäßigkeit bestätigt. Es geht auch gar nicht darum – – –
Die AfD versteht es nicht, das ist schon klar. Herr Paul, Sie brauchen es nicht zu bestätigen. Wir wissen ja, dass Sie es nicht verstehen.
Herr Baldauf aber ist doch Rechtsanwalt. Er wird doch zwischen Abschiebung und Wiedereinreisesperre unterscheiden können.
Das Einzige, worum es im Moment geht, ist, ob die Wiedereinreisesperre verkürzt werden kann und ob es dazu rechtliche Möglichkeiten gibt. Dann ist es doch sinnvoll, dass das zuständige Ministerium in dem Einzelfall überprüft, ob es rechtliche Möglichkeiten gibt, die Einreisesperre zu verkürzen, und damit auch eine Empfehlung in der Diskussion mit dem zuständigen Landkreis zu geben, eventuell die drei Jahre, die festgesetzt sind, zu verkürzen. Man kann das, soweit ich weiß – ich bin aber kein Rechtsanwalt – im kürzesten Fall sogar auf zwei Monate verkürzen. Es wäre möglich, sage ich einmal. Das ist ein Ermessensspielraum, der bei der Kommune liegt.
Der Ermessensspielraum liegt bei der Landrätin. Es hat doch niemand bestritten, dass der Ermessensspielraum dort liegt.
Jetzt kommt die DEHOGA gestern noch einmal mit der Bitte, diese Frau, die bisher ein schulpflichtiges Kind in Deutschland hatte, doch mit verkürzter Wiedereinreisesperre wieder einreisen zu lassen, um hier ihre Ausbildung fortzusetzen und ihre Arbeit wieder aufzunehmen, weil der Ausbildungsplatz noch frei ist, wir in diesem Bereich Auszubildende brauchen, die Frau eine gute Beurteilung hat und die Ausbildungsstelle sagt: Wir würden sie sofort wieder aufnehmen. –
Meine Damen und Herren von der CDU, wenn Sie das für eine falsche Diskussion halten, dann haben Sie sich von jeglicher Wirtschaftskompetenz verabschiedet. Das sind Dinge, die Sie meistens auch fordern, dass die Menschen mit Arbeit eine Möglichkeit haben. Genau das soll überprüft werden, ob jemand, der sinnvoll in Deutschland arbeiten kann, später auch einmal Steuern zahlen wird, wenn er mehr als in der Ausbildung verdient, ein schulpflichtiges Kind hat, wieder einreisen kann.
Meine Damen und Herren, das ist wirtschaftlich vernünftig und menschlich nachvollziehbar. Darum verstehe ich nicht, warum Sie den Sturm im Wasserglas oder Hurrikan im Schnapsglas veranstalten. Dass Sie in dieser Diskussion so auftrumpfen, dafür muss eine gewisse Verzweiflung vorhanden sein.
Ich bin der Auffassung, es ist richtig, darüber zu reden und sich ernsthaft Gedanken zu machen. Diese Diskussion um ernsthafte Gedanken unterstütze ich.