Es ist wichtig, dass die Menschen die Chance haben, in erreichbarer Nähe das einkaufen zu können, was sie brauchen, und die Dienstleistungen generieren zu können, die sie brauchen. All das machen wir, wenn ich mir allein die Programme aus dem Innenministerium betrachte: die Dorferneuerung, den Investitionsstock, die Sportstättenförderung, den Städtebau – ich habe ihn vorhin genannt – oder den Breitbandausbau. –
Das gilt für alle Kolleginnen und Kollegen. Wir haben von unserem Verkehrsminister die Entscheidung zum Kreisstraßenbau, wir haben vorhin viel über die gesundheitliche und die Pflegeversorgung in den ländlichen Räumen und von der Bildungspolitik gehört, Frau Ahnen hat im Städtebau mit einem unglaublichen Engagement vieles auf den Weg gebracht.
Daran sieht man, dass diese Landesregierung und die vier Fraktionen, die sich über die Jahre und Jahrzehnte sehr positiv eingebracht haben, das sehr genau im Blick haben, dass drei Viertel der Menschen im ländlichen Raum und 25 % in Rheinland-Pfalz in den kreisfreien Städten beheimatet sind, aber nicht eines gegen das andere ausspielen, sondern das eine mit dem anderen weiterentwickeln.
Hans-Jürgen Noss, das hat mir sehr gut gefallen, was Sie gesagt haben. Natürlich haben wir Menschen, die sagen, sie wollten lieber in zentralen Orten leben, auch in Rheinland-Pfalz. Wer wollte das negieren. Aber wir haben insgesamt sehr stark aufgestellte und gut funktionierende Kommunen.
Wenn man sich die Kleinräumlichkeit von Rheinland-Pfalz betrachtet, muss man wissen, Gemeinden mit weniger als 200 Einwohnern haben wir 368 im Land. Das ist RheinlandPfalz, das ist so. Ob das immer alles nur optimal ist, sei einmal dahingestellt, aber die Menschen wollen in diesen Gemeinden leben, sie fühlen sich dort zu Hause. Wir haben aber auch tolle und erfolgreiche Städte. So wollen wir Rheinland-Pfalz weiterentwickeln.
Ich will nicht auf die einzelnen Programme eingehen, ich finde nur, das, was wir in 70 Jahren gemeinsam aufgebaut haben, kann sich sehen lassen.
Wir kennen die Herausforderungen der Zukunft. Wir wissen, dass immer mehr Kinder und Jugendliche das Abitur machen, später ein Studium aufnehmen und danach natürlich auch entsprechende Arbeitsplätze finden wollen.
Herr Schnieder, Boehringer Ingelheim war ein schönes Beispiel. Wenn es Boehringer Kusel wäre, lieber Jochen
Hartloff, wären Sie wahrscheinlich jahrzehntelang Bürgermeister einer der reichsten Städte im Land gewesen. So ganz reich seid ihr in Kusel nicht,
und trotzdem habe ich den Eindruck, dass die Menschen sich nach wie vor auch im Musikantenland wohlfühlen. Ebenso fühlen sich die Menschen in Dahn wohl, weil es in einer herrlichen Umgebung liegt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wohne seit 54 Jahren in Kamp-Bornhofen, und ich habe vor, ungefähr die gleiche Anzahl an Jahren noch dort wohnen zu bleiben.
Weitere Wortmeldungen liegen dem Präsidium nicht mehr vor. Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/3877 –. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. – Gegenstimmen? – Danke schön. – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der AfD abgelehnt.
Die beste Lösung für alle – Für eine Inklusion mit Augenmaß Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/3878 –
Inklusion mit Bedacht umsetzen – das Kindeswohl muss im Mittelpunkt stehen Alternativantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/3908 –
Zur Begründung erteile ich zunächst Herrn Abgeordneten Frisch von der antragstellenden Fraktion der AfD das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Frau Hess, die will sich um alle kümmern, aber die kann das gar nicht schaffen.“
Mit dieser Feststellung beschreibt ein Kind in dem eindrucksvollen Dokumentarfilm „Ich. Du. Inklusion. – Wenn Anspruch auf Wirklichkeit trifft“ die vergeblichen Bemühungen seiner Lehrerin, allen Schülern ihrer heterogenen
Klasse gerecht zu werden. Drei Jahre lang hat der Autor und Filmemacher Thomas Binn diese Klasse begleitet, in der ein Drittel aller Kinder Förderbedarf hatte. Trotz des großen, bis zur Erschöpfung reichenden Engagements der Lehrkräfte fällt sein Fazit ernüchternd aus: Inklusion ist unter diesen Bedingungen nicht machbar. Es fehlt an Personal, Räumen, Material, Zeit – also an allem.
Leider ist dies kein Einzelfall. Immer mehr Pädagogen beklagen Mängel und Misserfolge bei der Umsetzung einer gut gemeinten, aber realitätsfremden und zudem schlecht gemachten Inklusion. Ich zitiere Aussagen betroffener Lehrer:
„Ich kann mit diesem Jungen nicht erreichen, dass er andere nicht stört. Ein Unterricht ist so nicht möglich.“
„Ich muss als Lehrerin drei Niveaustufen bedienen. Für jede Stunde erstelle ich drei verschiedene Arbeitsblätter.“
„Die Förderschullehrerin kommt nur zweimal die Woche. Ständig sind zeitaufwendige Absprachen nötig. An Tagen, an denen die beiden auffälligen Kinder nicht da sind, kann ich den Übrigen dreimal so viel Stoff vermitteln wie sonst. Wir wären im Mathebuch 20 Seiten weiter, wenn diese Jungen nicht wären.“
Auch Eltern und Lehrerverbände warnen vor einer Überforderung aller Beteiligten. So konstatiert etwa der rheinlandpfälzische VBE-Vorsitzende Bold, die Inklusion werde an die Wand gefahren.
Der langjährige Vorsitzende des Deutschen Lehrerverbandes Josef Kraus stellt fest, Schüler würden mit Anforderungen konfrontiert, denen sie nicht gewachsen seien, und fordert eine differenzierte Orientierung am Wohl des einzelnen Kindes.
Selbst die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft kritisiert die große Zahl fehlender Förderschullehrkräfte und befürchtet dadurch ein Scheitern des inklusiven Projekts.
Meine Damen und Herren, für die AfD ist die Gleichwertigkeit behinderter und nicht behinderter Menschen eine Selbstverständlichkeit. Jeder Mensch sollte unabhängig von seinen geistigen, körperlichen und sonstigen Fähigkeiten gleichberechtigtes Mitglied unserer Gesellschaft sein und – soweit es ihm möglich ist – auch an allen Vorzügen des gesellschaftlichen Lebens teilhaben.
Dies schließt jedoch eine Differenzierung im Bereich der Bildung keineswegs aus, im Gegenteil. Auch die UNBehindertenrechtskonvention, die ja immer wieder als Kronzeuge für eine Totalinklusion herangezogen wird, spricht nicht von einem einheitlichen inklusiven Schulwesen, sondern von einem Recht auf Bildung und einem Bildungssystem, in dem auch Menschen mit Behinderungen ihre Fähigkeiten voll zur Entfaltung bringen können. Jedes Kind sollte deshalb an dem Ort lernen, der für seine individuelle Situation der beste ist.
Wir begrüßen es daher, dass Frau Staatsministerin Dr. Hubig ein klares Bekenntnis zum Erhalt der Förderschulen in
Rheinland-Pfalz abgegeben hat. Deutschland hat weltweit eines der funktionsfähigsten Systeme der Sonder- und Förderpädagogik, um das uns viele andere Länder beneiden.
Meine Damen und Herren, wenn Inklusion gelingen soll, dann muss sie mit Vernunft und Augenmaß betrieben werden, und dann müssen wir gerade im Bildungsbereich auch klare Grenzen setzen. Natürlich kann es für alle Beteiligten eine Bereicherung sein, behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam in einer Klasse zu unterrichten; aber dazu bedarf es einer ausreichenden Infrastruktur und insbesondere einer personellen Ausstattung, die eine individuelle Betreuung aller Schüler wirklich sicherstellt.
Dies flächendeckend zu realisieren, würde jedoch zu einem gigantischen Ressourcenverbrauch führen, der angesichts anderer staatlicher Aufgaben nicht zu rechtfertigen ist. Zudem ist es keineswegs für jedes Kind mit Förderbedarf besser, in einer normalen Klasse unterrichtet zu werden. Es gibt Formen von geistiger, aber auch sozialemotionaler Behinderung, die eine differenzierte Beschulung erfordern.
Hier ist die spezialisierte Förderschule dem inklusiven Ansatz in den meisten Fällen überlegen. Eine Schule für alle würde zudem die bisherige äußere Differenzierung in die Schulklassen hineinverlegen. Was aber bedeutet es für das Selbstgefühl eines Kindes mit Behinderung, wenn es Tag für Tag erlebt, dass es nicht mit den anderen mithalten kann und es die Bildungsziele der Klasse niemals erreichen wird?
Nicht zuletzt sind auch die Interessen der übrigen Schüler zu beachten. Auch sie haben das Recht auf eine bestmögliche Bildung und Förderung. Eine zu große Heterogenität macht aber genau das unmöglich, und daher schadet eine ideologisch betriebene Radikalinklusion der großen Mehrheit unserer Kinder und bedroht damit letzten Endes auch die Qualität unseres gesamten Bildungssystems.
Meine Damen und Herren, mit unserem Antrag wollen wir die schulische Inklusion stärken, indem wir sie auf eine realistische Basis stellen. Insbesondere wollen wir den betroffenen Schulen mehr Eigenverantwortung geben; denn sie wissen am besten, was in der konkreten Situation für ihre Schüler und Lehrer das Richtige ist. Dazu gehört beispielsweise die Möglichkeit zur partiellen Separation von Inklusionsschülern in einzelnen Fächern oder der gemeinsame Unterricht unter einem Dach, aber in getrennten Klassen.
Grundsätzlich sind die Interessen aller Beteiligten – also beeinträchtigter und nicht beeinträchtigter Schüler, Eltern, Lehrer und auch der Steuerzahler – gleichermaßen zu berücksichtigen. Außerdem sollen das Förderschulwesen gestärkt und die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche berufliche Zukunft der Förderschulabgänger optimiert werden. Nur so lässt sich inklusive Schule ideologiefrei