Protocol of the Session on August 24, 2017

Hier bündeln sich alle Maßnahmen und Konzepte zur Integration in Bildung, Arbeitsmarkt und bei der gesellschaftlichen Teilhabe. Es wird auch im Integrationskonzept nicht nur die Integration von Geflüchteten behandelt, sondern auch die der Menschen mit Migrationshintergrund, die schon länger bei uns in Rheinland-Pfalz leben.

Nun hat die Landes-CDU auf ihrer Klausurtagung in der letzten Wochen ein Integrationspapier verabschiedet, das in Auszügen nun auch uns hier im Landtag als Antrag vorliegt. Es ist interessant – – –

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Genau. Ganz genau.

Es ist nämlich interessant, dass einige Teile dieses Parteipapiers gestrichen wurden, bevor das Papier in den Landtag eingebracht wurde, zum Beispiel die Forderung nach einem Burka-Verbot oder die zu unterzeichnenden Integrationsvereinbarungen. Ich kenne die Gründe nicht, warum das gestrichen wurde, könnte darüber nur spekulieren. Aber vielleicht war das der Streit, von dem Herr Kollege Baldauf eben gesprochen hat.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei SPD und FDP)

Aber ich finde, die gestrichenen Passagen gehören trotzdem zu unserer Debatte heute dazu. Deswegen erlaube ich mir auch, etwas dazu zu sagen.

Übrig geblieben ist ein Antrag, in dem eigentlich nichts Neues steht, sondern es werden altbekannte Forderungen der CDU wiederholt, zum Beispiel die nach der verpflichtenden Teilnahme an Integrationskursen. Hier wird – das hat Frau Kollegin Rauschkolb schon gesagt – ein Bild gezeichnet, das nicht nur die Geflüchteten in ein schlechtes Bild stellen soll, nämlich als Integrationsverweigerer darstellen soll, sondern das vor allen Dingen eines soll, nämlich die integrationspolitischen Verfehlungen der CDU zu vertuschen; denn die CDU war es doch, die auf Bundesebene jahrelang mit aller Macht die Geflüchteten aus den Integrationskursen herausgehalten hat.

Wir Grüne haben schon immer die Öffnung dieser Kurse auch für geflüchtete Menschen gefordert. Die Kurse wurden erst im November 2015 auf unsere Initiative hin geöffnet, als nämlich die Bundeskanzlerin die Zustimmung der grün-mitregierten Länder für ihre Asylpakete brauchte.

Noch immer gibt es viel zu wenig Kursplätze. Nach wie vor ist die Teilnahme für viele Geflüchtete aufgrund ihrer Herkunft nicht möglich. Verlangen Sie, liebe CDU, bei Ihrer Kanzlerin und beim Bundesinnenminister nach ausreichenden Kursplätzen und der vollständigen Öffnung der Kurse, bevor Sie hier im Landtag Verpflichtungen verlangen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und bei der FDP)

Ich finde, Sie machen es sich mit Ihrem Antrag, was das Thema „Integration“ angeht, ein bisschen zu einfach; denn

wenn ich einmal zusammenfasse, wie bei Ihnen Integration funktioniert, dann ist das folgendermaßen: Es werden ein paar Verbote ausgesprochen, eine Hausordnung wird unterschrieben, und dann hört das Konzept auf. –

Das, werte Kollegen von der CDU, ist einfach zu wenig; denn von den vielfältigen Herausforderungen der Integration findet sich in Ihrem Antrag und auch in dem CDUPapier nichts, nichts über die Integration im Bildungssystem, nichts über die Integration in den Arbeitsmarkt, nichts darüber, wie wir den Menschen, die zu uns kommen, die gesellschaftliche Teilhabe, Chancen und Möglichkeiten deutlich machen.

Zum Schluss möchte ich noch auf eins eingehen, was Sie auch an Vorwurf in Ihrem CDU-Papier wiederholen, mir wirklich unter den Nägeln brennt und mich jedes Mal ärgert.

Ich bin Feministin. Meine Partei ist eine feministische Partei. Frauenrechte und Gleichberechtigung, das tragen wir seit der Gründung unserer Partei in unserer politischen DNA.

Ich persönlich bin kein Fan der Vollverschleierung. Aber, liebe CDU, ich und auch keine andere Feministin muss sich von Ihnen Untätigkeit vorwerfen und in eine Ecke stellen lassen, weil wir Ihrem komplexen und sinnlosen Unterfangen eines Burka-Verbots nicht hinterherlaufen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei SPD und FDP – Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Wir wissen, dass die Geschichte etwas komplexer ist, und wir wissen, dass eine Prohibition, wie Sie sie vorschlagen, nicht dazu führt, dass Probleme plötzlich verschwinden. Wer das so sieht, ist nicht weniger Frauenrechtlerin wie andere auch.

Ich muss es mir erst recht nicht von der CDU anhören, die ihre feministische Seite erst entdeckt hat, seitdem wir in Deutschland vermehrt über Integration diskutieren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und vereinzelt bei der FDP – Zurufe von der CDU)

Integration ist ein Prozess, der sich durch viele Bereiche zieht und viele kluge Konzepte benötigt.

(Glocke des Präsidenten)

Das alles findet sich im Integrationskonzept der Landesregierung. Das Ziel von Integration ist eben nicht Einheitsbrei, sondern die Einheit der Verschiedenen. Dazu müssen beide Seiten die Chancen der Integration erkennen und auch annehmen.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Daran arbeiten wir. Daran arbeitet die Landesregierung, und daran arbeitet zuallererst Ministerin Spiegel mit Bedacht und großem Einsatz.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und FDP)

Für die Landesregierung spricht nun Frau Ministerin Spiegel.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat in dieser Woche ihr weiterentwickeltes Integrationskonzept mit dem Titel „Gemeinsam für Chancengleichheit, Weltoffenheit und Toleranz“ für die nächsten Jahre vorgestellt.

Zunächst einmal muss man sich angesichts der momentanen Debatten noch einmal vergegenwärtigen, wen wir alles meinen, wenn wir von Integration sprechen. Es sind eben nicht nur Flüchtlinge, sondern ein Großteil kommt beispielsweise aus anderen EU-Ländern zu uns nach RheinlandPfalz. Es kommen zudem Menschen aus der ganzen Welt zum Studieren zu uns oder weil sie ihr Arbeitgeber oder ihre Arbeitgeberin hierher entsandt hat, oder viele auch der Liebe wegen. Das alles spielt eine Rolle bei Zuwanderung und Integration.

Meine Damen und Herren, daher brauchen wir eine differenzierte Herangehensweise bei der Integrationsarbeit, und wir dürfen nicht vergessen, Integration ist ein Prozess, der Zeit braucht.

Was ist nun neu am vorgelegten Integrationskonzept? – Es nimmt alle Menschen, die zu uns kommen, in den Blick. Neu ist der spezielle Blick auf Flüchtlinge, die bleiben werden, und die Frage, welche Struktur sie brauchen, damit sie sich gut integrieren können. Daraus folgt erstens das Thema „Sprache“.

Wir setzen auf Sprache und Integrationskurse von Anfang an und haben die Gelder dafür massiv aufgestockt. Wir setzen auf ein breites Angebot, Sprachkurse unterschiedlichen Niveaus, Alphabetisierungskurse, wo nötig, finanzieren wir auch Kinderbetreuung während der Sprachkurse. Zugleich befassen wir uns mit der notwendigen Infrastruktur an Dolmetscherinnen und Dolmetschern und wie wir als Land den Aufbau von Dolmetscherpools unterstützen können.

Zweitens ist das Thema „Gesundheitliche Versorgung“ zu nennen. Wir reagieren mit unserem weiterentwickelten Konzept darauf, dass viele Menschen, die zu uns kommen und bleiben werden, auf der Flucht und in ihren Heimatländern Grauenhaftes erlebt haben und traumatisiert sind. Das Angebot an psychosozialer Unterstützung wurde ausgebaut.

An dieser Stelle möchte ich unter anderem der Landespsychotherapeutenkammer in Rheinland-Pfalz, die von Anfang an sehr engagiert mithilft, von ganzem Herzen danken.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, drittens, ja, es sind auch neue Herausforderungen dazugekommen. Auch das Thema „Sicherheit“ beschäftigt die Integrationspolitik. Wir haben ein eigenes Kapitel zum Thema „Friedliches Zusammenleben“, das sich hiermit befasst.

Ich verstehe natürlich, wenn es Sorgen und Ängste in der Bevölkerung gibt. Die Landesregierung nimmt diese Sorgen und Ängste auch ernst; denn nicht umsonst beschäftigt sich ein Teil unseres Integrationskonzepts auch mit Extremismusprävention. Hier haben wir etwa für den Bereich Islamismusprävention schon seit einiger Zeit ein Konzept aus einem Guß umgesetzt, sodass wir in Rheinland-Pfalz über ein funktionierendes Präventionsnetzwerk verfügen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und bei der FDP)

Was wir aber nicht brauchen und was kontraproduktiv ist für alle Integrationsbemühungen – da schaue ich jetzt einmal in diese Richtung –, ist eine Verengung des Themas „Integration“ auf den islamistischen Extremismus.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und bei der FDP)

Was wir auch nicht brauchen, sind indirekte Anschuldigungen und Pauschalierungen gegen Zugewanderte, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und bei der FDP)

Auch das gilt es zu betonen, bei allem Fokus auf die Sicherheit und die extremistischen Bedrohungen, das Zusammenleben zwischen den Menschen in Rheinland-Pfalz klappt sehr gut. Es klappt auch deshalb so gut, weil wir seit vielen Jahren auf eine Integrationspolitik setzen, die unsere gesamte Gesellschaft mitnimmt, die das Gemeinsame und Weltoffene betont. Für uns ist ganz klar, das Wichtigste an der Integrationspolitik ist, gleiche Chancen in unserer Gesellschaft für alle zu schaffen.

Das wird uns nur gelingen, wenn alle politischen Ebenen an einem Strang ziehen; denn zur Wahrheit gehört dazu, dass wir im Land im Bereich Sprache einspringen mussten, weil der Bund eben nicht genügend Sprach- und Integrationskurse angeboten hat.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und bei der FDP)

Im Übrigen – darauf geht der Antrag auch ein – ist Ihnen anscheinend gar nicht bekannt, dass es bei der Polizei bereits seit Jahren Fortbildungstrainings zum Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen gibt, dieser Aspekt ein selbstverständlicher Teil der Polizeiausbildung ist und gerade die Polizei in Rheinland-Pfalz – das muss man sagen – große Anstrengungen unternommen hat, um Menschen mit Migrationshintergrund bei sich zu beschäftigen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Es gibt aber auch zwei Aspekte des vorliegenden Antrags, die mich echauffieren und zu denen ich kurz etwas sagen

möchte.