Protocol of the Session on June 21, 2017

Bevor ich Punkt 3 der Tagesordnung aufrufe, möchte ich Gäste bei uns im Mainzer Landtag begrüßen, und zwar Landfrauen aus Welgesheim und Mitglieder der Deutschen Rheumaliga. Herzlich willkommen bei uns im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Wahl eines stellvertretenden berufsrichterlichen Mitglieds des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags – Drucksache 17/3132 –

Dieser Tagesordnungspunkt wird ohne Aussprache behandelt. Wir schreiten sofort zur Wahl. Vorgeschlagen wird der Präsident des Oberlandesgerichts Zweibrücken, Herr Bernhard Thurn.

Wer diesem Vorschlag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist er mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der AfD gewählt. Ich stelle fest, dass die erforderliche Zweidrittelmehrheit der Anwesenden erreicht wurde.

Wir kommen zu Punkt 4 der Tagesordnung:

...tes Landesgesetz zur Änderung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/2895 – Zweite Beratung

Beschlussempfehlung des Innenausschusses – Drucksache 17/3276 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/3312 –

Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/3320 –

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart.

Nun greift die neue Geschäftsordnung. Ich informiere Sie über das Ausschussverfahren. Die erste Plenarberatung war in der 30. Sitzung am 3. Mai 2017, in der es zu einer Ausschussüberweisung an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss – mitberatend – gekommen ist. Ein Anhörverfahren wurde im Innenausschuss durchgeführt. Die Ausschussempfehlung lautet: Annahme.

Nun hat sich Herr Kollege Schwarz als Redner gemeldet.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten im Innenausschuss eine sehr gute informative Expertenanhörung zu unserer Gesetzesvorlage. Es war festzustellen, dass es sowohl aus Reihen der Polizei als auch durch die Rechtsexperten und den Landesdatenschutzbeauftragten eine überwiegende Zustimmung zur Gesetzesvorlage gab.

Beispielhaft möchte ich hier nur die Einführung der Bestandsdatenabfrage, die anlassbezogene automatisierte Kennzeichenerfassung oder die Anpassung an die Rechtsprechung zum BKA-Gesetz und insbesondere auch die Herabstufung der Eingriffsschwelle bei der Wohnungsverweisung bei Gewalt in engen sozialen Beziehungen erwähnen.

Daneben wurden aber auch Bedenken zu einzelnen Vorschriften geäußert und Anregungen zu Ergänzungen eingebracht. Die dabei aufgeworfenen Themenfelder haben wir aufgenommen und in meiner Fraktion, aber dann auch über die regierungstragenden Fraktionen hinaus noch einmal intensiv diskutiert und beraten.

Die Ergebnisse daraus flossen dann in den heutigen Änderungsantrag der Regierungsfraktionen ein und werden heute in der zweiten Lesung diskutiert. Auf die einzelnen Punkte möchte ich jetzt kurz eingehen.

Aufgrund der terroristischen Anschläge bei Großveranstaltungen wollten wir § 27 um einen Absatz 3 ergänzen, um explizit Großveranstaltungen besonders vor Anschlagsgefahren zu schützen. Die Anhörung aber hat ergeben, dass unsere Entwurfsvorlage den durch das Grundgesetz vorgegebenen Rahmen sprengen würde. Die Regelung war zu unbestimmt und unverhältnismäßig und wäre quasi eine anlasslose Überwachung öffentlicher Veranstaltungen mit einer Mindestgröße gewesen.

Beide Rechtsexperten bestätigten, dass der vorhandene Absatz 2 im Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) bereits ausreichend wäre, um mit einer niedrigeren Eingriffsschwelle eine Datenerhebung sowohl offen als auch verdeckt durchführen zu können.

Deswegen haben wir im Entwurf den Absatz 3 POG auch wieder gestrichen. Meine Damen und Herren, genau dafür, nämlich Erkenntnisse zu gewinnen und dann auch den Mut zu haben, Dinge zu verändern, ist eine Anhörung da.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ebenfalls gestrichen haben wir in § 27 a Abs. 2 den zweiten Satz, in dem es um den geschützten Personenkreis aus §§ 53 und 53 a StPO, Berufsgeheimnisträger und Berufshelfer, geht. Ein Bodycameinsatz ist nach unserer Gesetzesvorlage nur in öffentlichen Räumen möglich. Die Aufnahmen der in Satz 2 genannten Personen wären demnach rein zufällig und würden zwangsläufig erfolgen. Sie sind deshalb als Aufnahmen von unvermeidbar betroffenen Dritten zu bewerten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Anregungen aus Reihen der Polizei, den § 18 Abs. 2 Nummer 7 in Verbindung mit § 36 Abs. 5 StVO auch auf die Mitfahrenden im kontrollierten Fahrzeug zu ergänzen, haben wir selbstverständlich aufgenommen, weil es absolut sinnvoll ist.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut! – Abg. Martin Haller, SPD: So sieht es aus!)

Ich will noch auf zwei, drei weitere Punkte eingehen, da sie in der ersten Lesung, aber auch im Innenausschuss durch die Opposition immer wieder angesprochen wurden und auch in Ihrem eingebrachten Änderungsantrag stehen, meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Einen Einsatz der Bodycam in Wohnungen schließen wir weiterhin aus, auch wenn er für die Polizei noch so wünschenswert wäre. Die Anhörung hat eindeutig ergeben, dass es mehr als verfassungsrechtlich strittig ist, eine solche Regelung einzuführen. Meine Damen und Herren der CDU, es ist noch nicht lange her, dass Sie hier große Vorhaltungen gemacht haben, wie viele Gesetze verfassungsmäßig falsch erlassen worden wären.

(Zuruf der Abg. Christine Schneider, CDU)

Es ist richtig, Nordrhein-Westfalen hat dies in seinem POG geregelt. Hier gilt es deshalb auch abzuwarten, wie dies verfassungsrechtlich zu halten ist.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Auch die von der CDU geforderte anlassbezogene automatisierte Kennzeichenerfassung gilt verfassungsrechtlich mehr als bedenklich. Ja, Bayern hat sie bisher als einziges Bundesland eingeführt. Dagegen ist eine Verfassungsbeschwerde, die vom Bundesverfassungsgericht angenommen worden ist, anhängig. Auch hier gilt es, die Entscheidung abzuwarten.

Im Änderungsantrag der CDU wird krampfhaft versucht, einige Regelungen aus eigener Feder zu formulieren. Ich denke, das ist dem geschuldet, dass unsere Vorlage eine sehr gute Vorlage mit breiter Zustimmung ist.

Ich würde gern noch auf einzelne Punkte Ihres Änderungsantrags eingehen, weil sie verfassungsrechtlich mehr als bedenklich sind, aber auch sonst nicht zu halten sind.

(Glocke der Präsidentin)

Ich komme zum Schluss, Frau Vorsitzende.

Meine Fraktion wird Ihren Änderungsantrag deswegen ablehnen. Wir werden unseren selbstverständlich beschließen, damit Polizei und Ordnungsbehörden alsbald damit arbeiten können.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Lammert.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute in zweiter Lesung das Gesetz zur Änderung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes. Bereits in der ersten Beratung habe ich für unsere Fraktion zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzentwurf aus unserer Sicht leider nur sehr halbherzig ist und die wichtigen Eingriffsbefugnisse der Polizei nur halbherzig erweitert.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Beratungen im Innenausschuss waren von besonders großer Eile geprägt. Von den regierungstragenden Fraktionen wurde sogar extra eine Sondersitzung beantragt, um dieses Gesetz nach Möglichkeit noch vor der Sommerpause durch das Parlament zu jagen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ui, ja! Wir werden doch für die Arbeit bezahlt! Wir werden doch dafür bezahlt, dass wir hier sitzen! – Zuruf von der SPD: Genau!)

Wir hätten uns gewünscht, dass wir vielleicht über den einen oder anderen Punkt noch einmal intensiver diskutiert hätten.

Auf jeden Fall hat die Anhörung im Innenausschuss gezeigt, dass der Gesetzentwurf von Ihnen vielleicht gut gemeint, aber letztendlich schlecht gemacht wurde.

Gerade in einigen zentralen Bereichen haben die Anzuhörenden – das ist gerade von Ihnen schon gesagt worden – sogar verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht. Da nützt auch der gerade einmal heute Mittag eingebrachte Änderungsantrag der regierungstragenden Fraktionen nichts und kann diese Sache nicht verbessern.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Astrid Schmitt, SPD)

Unser Änderungsantrag ist frühzeitig eingegangen. Das hätten wir uns von Ihnen ein Stück weit gewünscht.

(Abg. Martin Haller, SPD: Gestern! Frühzeitig eingegangen! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Aber nur ein Stück weit!)