Protocol of the Session on May 31, 2017

(Zuruf des Abg. Dr. Böhme, AfD)

Eines muss ich Ihnen aber ganz generell einmal sagen. Sie haben viele unserer Punkte aus unserem Antrag abgeschrieben und übernommen. So falsch kann unser Antrag nicht gewesen sein. Sie sagen selbst, dass die regionalen Banken, die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken, wichtig sind für die Finanzierung der kleinen Unternehmen und des Mittelstandes. Aber dann müssen Sie doch auch sehen, dass es gerade in Rheinland-Pfalz die Kleinunternehmen und der Mittelstand mit einer starken Exportorientierung sind, die die Profiteure davon sind, dass wir

einen gemeinsamen europäischen Wirtschaftsraum haben und wir ohne diesen gemeinsamen Wirtschaftsraum in Rheinland-Pfalz wirtschaftlich nicht so gut dastehen würden, wie es heute der Fall ist. Deswegen kann man sich beim Thema „EU und Europa“ nicht immer nur die Rosinen herauspicken.

Wer in Rheinland-Pfalz auch weiterhin eine starke mittelständische Wirtschaft haben will, der braucht beides: Er braucht starke Genossenschaftsbanken und regional verankerte Sparkassen, die wir mit unserem Antrag entsprechend stärken wollen, aber er braucht eben auch den europäischen Wirtschaftsraum, sodass Waren und Dienstleistungen aus Rheinland-Pfalz auch weiterhin exportiert werden können

(Glocke der Präsidentin)

und unsere Wirtschaft davon entsprechend profitiert.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Dr. Bollinger das Wort.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Dass Ihnen das nicht gefällt, kann ich mir denken!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Köbler, war das jetzt wieder VWL for Runaways? – Sie werfen diverse Dinge durcheinander.

Zunächst einmal: Der europäische Wirtschaftsraum und die Zollunion haben nichts mit der Bankenhaftungsunion zu tun. Für den Gemeinsamen Binnenmarkt – das ist das, wovon wir sprechen – und für das, was für unsere Unternehmen wichtig ist, haben wir uns immer ausgesprochen und werden das auch weiterhin tun. Das hat aber nichts zu tun mit einer Bankenhaftungsunion, die ja im Gegenteil für unsolide Banken falsche Anreize schafft, weiterhin faule Papiere zu horten und unsolide zu wirtschaften, weil sie wissen, sie werden aufgefangen.

(Beifall der AfD)

Umgekehrt werden unsere solide wirtschaftenden Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die darüber hinaus noch eigene Sicherungssysteme haben, die nebenher weiterlaufen, für solides Wirtschaften geradezu bestraft. Das heißt, sie investieren in ihre eigenen Sicherungssysteme und müssen im Zweifelsfall die eigenen Sicherungssysteme auch zuerst anzapfen, sie müssen aber gleichzeitig in dieses andere System investieren. Sie kommen also dabei viel zu kurz.

Die Vorschläge zur Bankenregulierung haben wir natürlich

nicht von Ihnen abgeschrieben. Wir sind offen in diese Diskussion hineingegangen und haben auch den Experten und Expertinnen Fragen gestellt und haben uns das zu Herzen genommen. Das war – in diesem Teil sind wir uns einig – die Bankenregulierung. Da sind wir beieinander, wobei die Schuldenkrise natürlich zum einen tatsächlich durch die Bankenkrise in den USA entstanden ist, aber zum anderen auch dadurch, dass der Euro durch die Aussetzung des Währungsmechanismus die Wettbewerbsfähigkeit der südeuropäischen Staaten untergraben hat. Das muss man auch dazusagen.

In einem Punkt sind wir uns also einig: Regulierung ja, aber dann dürfen wir über die anderen Punkte nicht schweigen. Wir müssen die Bankenhaftungsunion ansprechen, und wir müssen auch die verderbliche Rolle des Niedrigzinses ansprechen.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich Gäste bei uns im Mainzer Landtag begrüßen. Ich heiße Schülerinnen und Schüler der Integrierten Gesamtschule Hamm und des Westerwald-Gymnasiums Altenkirchen sowie Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis 1 – Betzdorf/Kirchen – herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ebenso begrüßen wir Schülerinnen und Schüler der 10. Jahrgangsstufe des Johannes-Gymnasiums Lahnstein. Herzlich willkommen in Mainz!

(Beifall im Hause)

Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Dr. Wissing.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung begrüßt den vorliegenden Antrag „Die Kreditwirtschaft in Rheinland-Pfalz stärken“. Er ist gut, er ist richtig, und er ist wichtig; denn die Rahmenbedingungen für unsere Kreditinstitute sind in den letzten Jahren schwierig geworden. Umso mehr freut es mich, dass wir der Kreditwirtschaft mit einem von breiter Unterstützung getragenen Antrag heute im Landtag den Rücken stärken.

Neben den Herausforderungen aus der fortschreitenden Digitalisierung ist der Handlungsspielraum der Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken maßgeblich durch die anhaltende Niedrigzinsphase und die zunehmenden regulatorischen Anforderungen bestimmt. Die niedrigen Zinsen belasten bereits seit Jahren das Zinsergebnis der Banken. Die Defizite aus diesem Kerngeschäft müssen durch Ertragssteigerungen im Provisionsgeschäft und eine umfassende Kostendisziplin kompensiert werden.

In dieser ungünstigen Marktsituation bündeln regulatori

sche Anforderungen und Herausforderungen im Zuge des digitalen Wandels zusätzlich umfangreiche Ressourcen. Gerade in Zeiten rückläufiger Erträge erhöht sich dadurch der ohnehin große Druck auf der Ausgabenseite.

Unsere Kreditinstitute leisten einen unverzichtbaren Beitrag für die Gesellschaft. Jeden Tag nehmen wir ihr umfassendes Dienstleistungsangebot in Anspruch, und es ist heute bereits angeklungen, für das Mittelstandsland Rheinland-Pfalz ist es wichtig, dass wir eine gute mittelständische Kreditversorgung haben.

Die Landesregierung setzt sich daher für die Verbesserung der kreditwirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein. Wir haben uns bereits bei der letzten Befassung im Landtagsplenum umfassend mit den Gründen und den vielfältigen Auswirkungen der Niedrigzinsphase befasst. Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank ist die Reaktion auf die Staatsschuldenkrise in Europa.

Es ist immer wieder die Frage angeklungen, wie man mit dem Thema „Zinspolitik“ umgeht. Die AfD hat soeben gesagt, auch wenn man die Unabhängigkeit der Notenbank achtet, müsse man trotzdem das Recht haben, die Notenbank zu kritisieren. Das ist durchaus richtig. Der Unterschied besteht nur darin: Herr Kollege Bollinger, es ist ein Unterschied, ob man sagt, man kritisiert eine Entscheidung, oder ob man von politischer Seite eine Änderung der Entscheidung herbeiführen möchte. – Wir haben auch unabhängige Gerichte. Sie dürfen auch Urteile kritisieren; in dem Moment, wo Sie allerdings als Politiker die Entscheidungen der Gerichte beeinflussen wollen, in dem Moment überschreiten Sie die Grenze der Unabhängigkeit und greifen darin ein.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Deswegen sollten Sie sich in der Tat noch einmal überlegen, ob es wirklich des Ruhmes Wert ist, wenn Sie in diesem Plenum sagen, Sie unterscheiden sich dadurch von den anderen Fraktionen, dass Sie von politischer Seite eine andere Zinspolitik fordern. Das lehnen wir jedenfalls ab, weil wir die Notenbank in ihrer Unabhängigkeit schützen wollen. Auch wenn einem die Zinspolitik einmal nicht gefällt, muss man die Unabhängigkeit achten; denn immer in Krisenzeiten und in schwierigen Zeiten unterscheiden sich diejenigen, die wirklich Respekt vor der Unabhängigkeit haben, von denjenigen, die die Unabhängigkeit dann plötzlich nicht mehr so wichtig finden.

Die Niedrigzinsphase darf angesichts der schwerwiegenden Belastungen kein Dauerzustand sein. Das sehen wir auch so. Somit stellt sich die Frage: Was können wir tun, wenn wir die Notenbank in ihrer Unabhängigkeit nicht beeinträchtigen wollen?

In Europa stehen wir alle in der Verantwortung, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren. Das ist der richtige Beitrag, das ist der politische Beitrag, den wir leisten können und den wir leisten müssen. In Rheinland-Pfalz sind wir dabei auf dem richtigen Weg. Der Landeshaushalt ist ein Beleg für den Konsolidierungskurs, den die Landesregierung eingeschlagen hat. Damit leisten wir unseren

Beitrag und schaffen ein Umfeld, das der Europäischen Zentralbank wieder neue Handlungsspielräume im Rahmen ihrer unabhängigen Zinspolitik ermöglicht.

Eine weitere Belastung für die Kreditinstitute liegt in der anhaltenden Regulierung. Auch das ist schon angesprochen worden. Sie ist Folge der Finanzmarktkrise. Wir befinden uns in einer Zeit, in der es dringend erforderlich ist, dass wir die Folgen der breiten Bankenregulierung der letzten Jahre evaluieren. Natürlich muss man auch differenzieren zwischen der Größe der Banken und ihrem Risikogewicht.

In den Ausschüssen des Bundesrates hat Rheinland-Pfalz einer Initiative bezüglich der Vollendung der Nachkrisenreformagenda des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht zugestimmt. Bei der Finalisierung von Basel III dürfen konservative Geschäftsmodelle regional tätiger Institute nicht übermäßig belastet werden. Insbesondere in der Unternehmensfinanzierung dürfen keine weiteren Hürden entstehen.

Die Sparkassen leisten gemeinsam mit den genossenschaftlichen Instituten einen wesentlichen Beitrag zur Kreditversorgung in Rheinland-Pfalz. Sie bedienen kleine und mittlere Unternehmen mit allen erforderlichen Finanzdienstleistungen. Sie kennen ihre Kunden, entscheiden vor Ort und haben dadurch ein besonders präzises Risikomanagement. Daher können viele individuelle Aspekte, die nur in der Region bekannt sind, in die Kreditentscheidung mit einfließen. Gerade für Unternehmer ist es gut zu wissen, dass sie von ihrer Bank nicht allein aufgrund abstrakter Kennzahlen, sondern auch aufgrund der individuellen Leistungsfähigkeit beurteilt werden. Damit kommt der besondere Wert des Mittelstandes nicht unter die Räder, oder – anders ausgedrückt – er wird auch von den Banken bei der Kreditvergabe entsprechend gewürdigt.

Diese Vorteile müssen wir uns bewahren. Notwendige Regeln müssen die Größe, die Art, den Umfang, die Komplexität und den Risikogehalt der betriebenen Geschäfte stärker als bisher berücksichtigen. Der Proportionalitätsgrundsatz muss konsequent gewahrt werden. Die Diskussion um eine etwaige Einführung einer „Small and Simple Banking Box“ werden wir mit Aufmerksamkeit beobachten und einen europäisch sinnvollen Weg unterstützen.

Die Landesregierung ist deshalb darauf bedacht, die Rahmenbedingungen für die Sparkassen, Genossenschaftsbanken und die privaten Banken positiv zu gestalten. Der vorliegende Antrag ist dafür ein wichtiger Schritt. Wir setzen uns für eine Regulierung mit Augenmaß ein, beobachten die Entwicklung weiterhin sehr aufmerksam, werden auf kritische Veränderungen reagieren und bleiben auf Konsolidierungskurs, um unseren Beitrag zu leisten, die Staatsverschuldungskrise in Europa zu überwinden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Durch die verlängerte Redezeit der Landesregierung steht den Fraktionen noch jeweils eine Minute zur Verfügung.

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über die Anträge. Wir stimmen zunächst über den Antrag „Die Kreditwirtschaft in Rheinland-Pfalz stärken“ der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/3116 – ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den ich bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen von SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der AfD angenommen.

Wir stimmen über den Alternativantrag „Die Kreditwirtschaft in Rheinland-Pfalz stärken und günstige Rahmenbedingungen schaffen“ der Fraktion der AfD – Drucksache 17/3165 – ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den ich bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen von SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf:

Infrastrukturprojekte beschleunigen – Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzen Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/2083 –

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr – Drucksache 17/3052 –