Dann dürfen wir dem Kollegen Frisch zu seinem 60. Geburtstag gratulieren, den er am 13. Mai hatte. Herzlichen Glückwunsch, Herr Kollege!
Die vorläufige Tagesordnung ist Ihnen zugegangen. Ich sehe keine Anmerkungen und Widersprüche. Dann wird nach dieser Tagesordnung verfahren.
Gesetzesinitiative der Bundesarbeitsministerin zum Rückkehrrecht auf Vollzeit umsetzen – wichtiges Vorhaben für die Menschen in Rheinland-Pfalz nicht blockieren auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 17/3126 –
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich z. B. wegen Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen zu einer zeitlich befristeten Teilzeitbeschäftigung entschieden haben, wollen wir sicherstellen, dass sie wieder zur früheren Arbeitszeit zurückkehren können. Dazu werden wir das Teilzeitrecht weiterentwickeln und einen Anspruch auf befristete Teilzeitarbeit schaffen (Rückkehrrecht).“
der unter anderem regeln sollte, dass ein Anspruch auf vorübergehende Teilzeitarbeit besteht, wenn ein Arbeitgeber mehr als 15 Mitarbeiter beschäftigt, das Arbeitsverhältnis mehr als sechs Monate bestanden hat und eine erneute Teilzeitarbeit frühestens nach einem Jahr nach der Rückkehr zur Vollzeit möglich ist.
In der letzten Woche hat das Kanzleramt der Bundesarbeitsministerin mitgeteilt, dass es in dieser Legislatur keine Kabinettsbefassung mehr gibt. Damit ist das Gesetzesvorhaben jetzt gescheitert.
Erstens bricht die Bundeskanzlerin an dieser Stelle höchstselbst auf Druck der Wirtschaft den Koalitionsvertrag. Das erinnert schon sehr stark an Konrad Adenauers „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“.
Zweitens könnte man ja sagen, okay, sie will der SPD und insbesondere der starken Arbeitsministerin keinen Erfolg mehr vor der Wahl gönnen. Geschenkt. Aber viel schwerer wiegt doch, dass es damit keine Verbesserung für all die Beschäftigten geben wird – es sind nun einmal weit überwiegend Frauen die Betroffenen –, die aufgrund von Erziehungsarbeit oder Pflege über einen gewissen Zeitraum zurückgesteckt und ihre Arbeitszeit reduziert haben, danach aber gern wieder mehr arbeiten möchten, um das Familieneinkommen zu sichern,
und vor allem auch, um höhere Rentenansprüche zu erwerben und eben nicht perspektivisch in die Altersarmut abzurutschen.
Gerade erst hat das WSI in der Hans-Böckler-Stiftung wieder festgestellt, dass der Umfang der Teilzeitarbeit in vielen Fällen nicht den tatsächlichen Arbeitszeitwünschen entspricht, in etwa ein Drittel. Das betrifft sehr viele, die in Minijobs arbeiten. Sie bleiben mit dem Scheitern des Gesetzes in der Teilzeitfalle verhaftet.
Im Übrigen kommt es dazu – auch dies hat das WSI dargelegt –, dass gerade bei Teilzeitbeschäftigten Stundenlöhne unter der definierten Niedriglohngrenze von 9,75 Euro mit 28 % sehr weit verbreitet sind.
Drittens hat das Scheitern des Gesetzes damit auch nicht unerhebliche Folgen für viele Frauen in Rheinland-Pfalz. Auch hier stellt das WSI fest: Atypische Beschäftigung,
also Leiharbeit, und insbesondere Teilzeitarbeit und Minijobs sind in Rheinland-Pfalz mit 42,6 % mit am weitesten verbreitet. Das heißt, ein Rückkehrrecht würde gerade in Rheinland-Pfalz vielen Frauen die Gewissheit geben, dass sie nach der Erziehungszeit oder der Phase, in der sie sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern, wieder auf ihre alte Arbeitszeit aufstocken können.
Jeder von uns kennt doch eine Frau, die genau dies getan hat, nämlich ihre Arbeitszeit reduziert hat, um sich um pflegebedürftige Angehörige zu kümmern. Nicht umsonst werden doch in Rheinland-Pfalz die meisten Menschen von ihren Angehörigen zu Hause gepflegt. Sie sparen damit – das muss man auch dazusagen – der öffentlichen Hand viel Geld. Ich sage, Familienfreundlichkeit geht anders.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir halten die Umsetzung des Rückkehrrechts für absolut notwendig und freuen uns wirklich darauf, in den kommenden Monaten weiterhin intensiv dafür zu werben. Jetzt erst recht!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Jahrzehnte vollbeschäftigt im selben Beruf mit klaren geregelten Arbeitszeiten und Feierabend ab 17:00 Uhr, was früher selbstverständlich war, kennen viele Arbeitnehmer heute in ihren Jobs nicht mehr. Im Berufsleben ist Flexibilität – mit allen Vor- und Nachteilen, die das hat, was im Mittelpunkt steht – angesagt.
Hier gilt also grundsätzlich, Arbeitszeiten sind nicht gegen den Widerstand der Betriebe, sondern nur gemeinsam mit den Betrieben zu organisieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der nun gescheiterte Gesetzentwurf von Frau Nahles war – das gehört zur Wahrheit dazu – von Anfang an umstritten. Um nur einige Punkte zu nennen, Beschäftigte, die zeitlich begrenzt ihre Arbeitszeit verringern möchten, sollen danach zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückkehren können. Dafür muss das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden haben, und die Mitarbeiter sollen die begrenzte Teilzeit mindestens drei Monate vorher beantragt haben. Nach der Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit sollten sie eine erneute Reduzierung der Arbeitszeit frühestens nach einem Jahr verlangen können.
Hat das jetzt jemand verstanden? Ohne weiter ins Detail zu gehen, hören sich allein diese Regeln nach deutlich mehr Bürokratie an. Das kann man nur ablehnen, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist auch eine Mär zu behaupten, dass die Union dieses Thema nicht proaktiv mit begleitet hat. Ja, es stand im Koalitionsvertrag und steht im Koalitionsvertrag. Aber, Frau Nahles möchte – das ist gesagt worden – bei Unternehmen mit 15 Beschäftigten beginnen. Wir haben immer deutlich gesagt, das bei uns die Schwelle bei 200 Mitarbeitern liegen muss, weil nur das praktikabel ist. Mit ihrem Vorschlag, die neue gesetzliche Regelung für Unternehmen ab 15 Beschäftigten einzuführen, hätte also Frau Nahles das Ganze so weit verschärft, dass quasi jeder Handwerksbetrieb – und in Deutschland sind mittelständische Betriebe in dieser Größenordnung zu 99,7 % vorhanden – davon betroffen gewesen wäre.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich frage Sie: Wie soll das funktionieren? Wie sollen Betriebe mit mehr als 15 Mitarbeitern in jedem Fall garantieren, dass jemand aus der Teilzeit in die Vollzeit zurückkehren kann?
Wie soll ein kleiner Handwerksbetrieb mit 10 oder 15 Leuten das organisatorisch hinbekommen. Wenn dort jemand in Teilzeit geht, braucht der Betrieb gegebenenfalls Ersatz, und der andere, der zurückkommt und wieder in Vollzeit arbeiten möchte, verdrängt diesen Ersatz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit ist dieses Programm kein Arbeitsförderungsprogramm, sondern ein Kündigungs- und Arbeitsvernichtungsprogramm.
Und dann gibt es noch einen weiteren wichtigen Aspekt. Für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – und insbesondere gerade für junge Frauen – sind flexible Beschäftigungsformen (Minijobs, Teilzeit, Zeitarbeit, Befristung) oftmals der einzig mögliche richtige Einstieg in Erwerbstätigkeit.
Entgegen zahlreicher falscher Behauptungen, insbesondere von Gewerkschaftsseite, gab es in den vergangenen zehn Jahren keine Ausweitung von flexiblen Beschäftigungsformen. Zwischen 2006 und 2015 waren rund 14 % der 15- bis 64-Jährigen flexibel beschäftigt. Deutlich gestiegen ist aber der Anteil der Menschen im erwerbsfähigen Alter, die einem sogenannten Normalarbeitsverhältnis nachgehen, nämlich von 40 % auf 47 %. Der Anteil derjenigen, die arbeitslos sind bzw. keiner Beschäftigung nachgehen, ist erfreulicherweise von 33 % auf 26 % gesunken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist doch deshalb ganz deutlich festzustellen, gerade die flexiblen Beschäftigungsformen haben in der Vergangeheit dazu beigetragen, dass viele Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose ihren Weg in den Arbeitsmarkt wieder gefunden haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit einer starken Wirtschaft, mit einer zukunftsorientierten Wirtschaft, aber auch mit einem Plädoyer für Arbeitgeber, die ihren Betrieb führen müssen, haben wir alle Chancen, Rheinland-Pfalz – Herr Minister, ich habe Ihre Rede gestern Abend bei der IHK der Pfalz gehört – noch weiter nach vorn zu bringen, als es momentan dasteht; denn da hatten Sie selbst einige kritische Töne angeschlagen. Wir selbst haben deshalb völlig verstanden, dass vor der Wahl nichts verändert wird. Ihr Vorschlag würde bedeuten: mehr Bürokratie, mehr Teilzeitbeschäftigung und viel mehr befristete Arbeitsverträge. – Mit dieser Lösung sind wir nicht einverstanden.
Wir möchten das Ziel der Vollzeit auch weiterhin verwirklicht sehen, ohne der Teilzeit in irgendeiner Form in die Wege zu kommen.