Protocol of the Session on July 14, 2016

Es gilt auch, das Innenministerium hat damals zahlreiche Vorgänge anders bewertet und mit ihm eben auch der bereits seit 2012 zur Vorbereitung und Durchführung dieses hochkomplexen Verkaufsprozesses tätige Berater.

Lieber Herr Licht, Sie haben auch angedockt an die Aussagen im Rechnungshofbericht und Parallelen zum Verkaufsverfahren und zu den Schwierigkeiten am Nürburgring gezogen. Der Rechnungshof hatte sich damals im Zusammenhang mit der Beteiligung des Landes an der Nürburgring GmbH zu den Anforderungen an die Auswahl und den Umgang mit Geschäftspartnern deutlich geäußert. Auch das war Bestandteil Ihrer Rede.

In seinem aktuellen Gutachten zum Verkauf der Geschäftsanteile des Landes zieht der Rechnungshof mehrfach Parallelen zum Nürburgring. Er führt aus, dass den damals ausgesprochenen Empfehlungen nicht hinreichend Rechnung getragen wurde. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die CDU als stärkste Oppositionsfraktion diese Aussagen zu eigen macht. Ich möchte sie aber dennoch gern diskutieren dürfen.

Erstens: Der Rechnungshof forderte damals, dass das Land die Einführung eines formalisierten Verfahrens zur Markterkundung im Vorfeld der Beteiligung Privater prüfen sollte, die sogenannte Interessensbekundung. Genau das wurde umgesetzt, meine Damen und Herren. Das Innenministerium hat im Vorfeld der Beteiligung Privater durch ihre Berater ein formalisiertes Verfahren zur Markterkundung durchgeführt, also genau das, was der Rechnungshof gefordert hatte.

Zweitens: Der Rechnungshof forderte eine hinreichende Dokumentation der Verhandlungsergebnisse. Auch das wurde umgesetzt. Das Innenministerium hat frühzeitig eine hinreichende Dokumentation gegenüber dem Rechnungshof deutlich gemacht. Bereits im August 2015 beauftragte

das Innenministerium die Berater, ergänzend zur Aktenführung des Landes selbst nachvollziehbar alle verfahrensleitenden Abschnitte, Wertungen und Entscheidungen sowie wesentliche vorbereitende Maßnahmen mit Begründung eigenständig zu dokumentieren.

Drittens: Der Rechnungshof forderte eine hinreichende Prüfung, ob die gewählte Vorgehensweise mit EU-Recht vereinbar ist. Auch das wurde umgesetzt. Das kann keiner bestreiten, meine Damen und Herren.

(Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Etwaige EU-wettbewerbsrechtliche Folgen wurden rechtzeitig und angemessen geprüft. Insbesondere die Erfahrungen mit dem Nürburgring führten dazu, dass der Dialog und die Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission in einer Weise intensiviert wurden, wie wir sie bisher natürlich nicht gekannt haben. Die wesentlichen Verfahrensschritte des Verkaufsprozesses wurden mit der Kommission erörtert. Da will ich den Rechnungshof auch gern zitieren. Er stellt in seinem aktuellen Gutachten nämlich selbst fest, dass das Land – Zitat – „von Anfang an für die Beihilfeproblematik sensibilisiert“ war.

Das führt zum nächsten Bereich, nämlich zum Beihilferecht. Der Landesrechnungshof hebt unter Nummer 3.3 in seinem Bericht mit einem – ich will einmal sagen – Teilzitat aus dem Bericht über die Markterkundung explizit hervor, es sei unwahrscheinlich gewesen, dass ein Interessent den Flughafen vollständig inklusive aller Risiken und der Infrastruktur übernehme. Das steht da zu lesen.

Das Innenministerium hatte allerdings – darum habe ich mir erlaubt zu sagen Teilzitat – schon zu diesem Zeitpunkt einen erfolgreichen Abschluss des Beihilfeverfahrens hinter sich gebracht, eine bilanzielle Neuordnung der FFHG mit Unterstützung des Haushaltsgesetzgebers, des Landtags Rheinland-Pfalz, auf den Weg gebracht und für eine Übertragung der landseitigen Grundstücke an den LBB ebenfalls die Türen geöffnet. Eben die Risiken vor dem Verkaufsverfahren, die der Rechnungshof in seinem Gutachten feststellt, waren genau zu dem Zeitpunkt gar nicht mehr vorhanden.

Meine Damen und Herren, deshalb darf man schon das eine oder andere in diesem Rechnungshofbericht in ein Licht setzen, und das habe ich versucht.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, in seiner Sachverhaltsdarstellung unter Nummer 4 erwähnt der Landesrechnungshof die Beauftragung der damaligen Berater mit einer Integritätsprüfung des Bieters SYT und seiner Gesellschaft. Mir geht es nicht darum, irgendetwas aufzuwärmen, aber wenn man in den letzten Tagen Kommentare liest, wie auch Presseveröffentlichungen mit der Rolle der Berater umgehen, dann kann man sich schon einmal am Kopf kratzen und überlegen: Was ist das denn, was da passiert ist, und wer hat da mindestens eine Mitverantwortung, meine Damen und Herren?

Dass diese Berater offensichtlich manches, was sie hätten

leisten können, in einer Art und Weise geleistet haben, die für mich massive Fragezeichen hinterlässt, ich glaube, da kann es keinen ernsthaften Widerspruch geben.

Ich will auch deutlich machen, es wurde zu lange auf die Handlungsempfehlungen dieser Berater gehört und gesetzt. Sogar der Landesrechnungshof hält fest, dass damit – ich zitiere – „nachweislich alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nach bestem Wissen und Gewissen ausgeschöpft worden seien,“ – also mit der Beratungsfirma und ihrer Kooperation – „um negative Entwicklungen im Rahmen des Transaktionsverfahrens auszuschließen.“ Wir sind also an diesem großen Dilemma dieses Verfahrens angekommen.

Ohne Berater wird es nicht gehen. Man braucht Berater, um die ganzen vorbereitenden Prozesse, den Kaufvertrag und die Veräußerung auf den Weg zu bringen. Dann muss man aber gleichzeitig den Beratern permanent auch noch ihre eigene Arbeitsleistung Schritt für Schritt, Stück für Stück abnehmen.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Das ist ja peinlich!)

Meine Damen und Herren, das ist eine der Quintessenzen der Debatten. Ich frage mich: Können wir das ernsthaft von uns erwarten? – Das ist der Punkt, über den wir immer wieder nachdenken müssen. Man ist ein ganzes Stück in Abhängigkeit der Berater.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Ich sage, man hätte nicht in diese Abhängigkeit geraten dürfen, aber sie festzustellen, das ist auch Teil des Rechnungshofberichts, meine Damen und Herren. Das wollen wir heute auch festhalten.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Joachim Paul und Dr. Jan Bollinger, AfD – Abg. Julia Klöckner, CDU: Das ist traurig!)

Natürlich war angesichts der von den Beratungsunternehmen dargelegten Referenzen und seinem Renommee davon auszugehen, dass die Berater in allen Phasen des Bieterverfahrens die für die Auswahl eines potenziellen Käufers erforderliche Sorgfalt mit an den Tag legten.

Zur ganzen Wahrheit gehört auch, dass es über die wesentlichen Verkaufs- und Verfahrensschritte, die ich schon geschildert habe, eine gute, eine erfolgreiche und eine gute erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen gegeben hat. Auch das ist Teil der schwierigen Debatte, die wir an dieser Stelle führen.

(Abg. Martin Haller, SPD: So ist es!)

Der Landesrechnungshof vertritt unter Nummer 8 die Auffassung, dass das vom Innenministerium erteilte Mandat an die Berater zur sogenannten Integritätsprüfung unzureichend gewesen sei. Dabei lässt der Landesrechnungshof die Tatsache unerwähnt, dass es eben diese Berater waren – das habe ich ausgeführt –, die zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehreren Jahren bei Vorbereitung und Durch

führung des Veräußerungsverfahrens für das Ministerium tätig waren. Sie haben zentrale Aufgaben durchgeführt.

Der Landesrechnungshof vertritt unter Nummer 6 unter anderem die Auffassung, man hätte sich ein eigenes Urteil über die Expertise und wirtschaftliche Potenz von SYT und die Qualität des Businessplans bilden müssen. Das ist ein zentraler Punkt im Rechnungshofbericht, ein zentraler Punkt in den Auseinandersetzungen, wie wir sie hier geführt haben und weiterführen. Das wurde auch zuletzt hier im Rahmen der Veräußerung des Hahn, also im zweiten Verfahren, intensiv erörtert. Sie wiederholen es, und ich wiederhole ebenfalls die Position der Ampel. Der Businessplan ist leider zu diesem Zeitpunkt nicht ausschlaggebend gewesen.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Das ist falsch! Natürlich ist das wichtig!)

Dennoch war es wohltuend – das will ich auch sagen –, dass wir uns im zweiten Verkaufsverfahren mit den wirtschaftlichen Plänen und Kompetenzen der HNA-Group auseinandersetzen konnten.

Sie rufen dazwischen. Zu diesem Zeitpunkt war der Businessplan nicht ausschlaggebend. Der Businessplan wurde ausschlaggebend genau an der Stelle, als es um die Beanspruchung von Beihilfen ging.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Bei der Auswahl des Bieters!)

An der Stelle befanden wir uns gar nicht im Verkaufsverfahren. Das müssen wir schon auseinanderhalten. Das gehört auch mit zur Wahrheit, meine Damen und Herren von der CDU.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Joachim Paul, AfD: Das ist doch Wahnsinn! – Abg. Alexander Licht, CDU: Wenn jemand ein Auto vermietet, dann wird immer erst gefragt: Habt ihr den Führerschein!)

Lieber Herr Licht, Sie hatten doch gerade Redezeit. Warum müssen Sie jetzt von meiner Redezeit auch noch etwas wegnehmen?

Lieber Herr Licht, es ist doch so, dass wir dazu eine Anhörung im Ausschuss hatten. In dieser Ausschussanhörung habe ich von allen Gutachtern, die wir gemeinsam eingeladen hatten, keinen Widerspruch zu der Position gehört, wie ich sie vorhin dargelegt habe.

(Abg. Martin Haller, SPD: So ist es! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Durchaus gab es Widerspruch! Natürlich gab es Widerspruch!)

Lieber Herr Licht, dieser Rechnungshofbericht hat einiges, was man als Opposition richtig saugen kann, woran man sich laben kann, was man der Regierung vorhalten kann, aber an dieser Stelle kann es sachlich keinen Widerspruch geben.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Selbstverständlich! – Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Das will ich noch einmal deutlich machen, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe es ausgeführt, die Entscheidung zugunsten von SYT war das Ergebnis eines hochkomplexen und dynamischen Abwägungsprozesses. Natürlich wurden durchaus Möglichkeiten wie die Betriebsfortführung in eigener Regie oder die Liquidation politisch diskutiert. Das Innenministerium hat – das haben wir hier ebenfalls gemeinsam feststellen können – zu dem Zeitpunkt, als klar war, das SYT kein seriöser Partner sein kann, gehandelt und die regierungstragenden Fraktionen aufgefordert, dieses Verkaufsverfahren im Gesetzgebungsverfahren zu stoppen.

Auch das Freshfields-Gutachten, das ich schon einmal zitiert habe, weist darauf hin, dass die dortige Bewertung im Innenministerium mithilfe der Sicherungslinien, die noch vorhanden waren, genau zu dieser Entscheidung geführt hat. Ich bin sehr froh, dass wir gemeinsam die Reißleine zu einem Zeitpunkt gezogen haben, der es uns möglich gemacht hat, noch darauf hinzuweisen.

(Heiterkeit der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Natürlich gab es einen politischen Schaden. Der ist nicht bestreitbar. Aber der zentrale Vorwurf, den Sie versuchen, mit hineinzubringen, dass SYT, dieser unseriöse, womöglich hochstaplerische Partner, der sich angeschickt hat, Partner zu sein, jemals Zugriff auf Landeseigentum hatte, das sagt der Rechnungshof mit keiner Silbe, das sagt kein Gutachter mit irgendeiner Silbe. Wir sollten nicht versuchen, das im Nachhinein noch mit hineinzuformulieren. Ich glaube, an dieser Stelle müssen wir einig sein.

(Beifall der SPD, bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Christine Schneider und Julia Klöckner, CDU – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Lassen Sie mich noch etwas zur Frage der Dokumentation des Verkaufsprozesses sagen, weil das jetzt bei Ihnen Widerspruch hervorgerufen hat und Sie gesagt haben, das stimme so gar nicht. Ich habe mir das noch einmal angeschaut, es ist auch öffentlich geworden, und der Rechnungshof bestätigt es auch: Das Ministerium hat umfangreiche Akten geführt und vorgelegt. – Lieber Herr Licht, das war ein Punkt bei Ihnen.

Der Rechnungshof selbst führt aus, dass dies nicht weniger als 467 Akten und Ordner sowie viele DVDs mit insgesamt 3.880 Dateien waren. Darüber hinaus wurden die Berater durch das Innenministerium frühzeitig beauftragt, diesen Verkaufsprozess umfassend zu dokumentieren und alle wesentlichen entscheidungsvorbereitenden Maßnahmen sowie die entsprechenden Begründungen festzuhalten.

Lieber Herr Licht, wenn Sie das abstreiten, dann stelle

ich Sie aber auch vor die Frage, wie der Rechnungshof auf Grundlage dieser Dateien tatsächlich zu dem in vielen Teilen sehr unangenehm Bericht käme. Es wäre doch gar nicht anders möglich gewesen. Also lassen Sie uns an dieser Stelle nicht streiten.