Protocol of the Session on June 2, 2016

(Beifall der CDU und vereinzelt bei der AfD)

Gleichzeitig hat die Ampel angekündigt, Stellen einsparen zu wollen. Das klingt gut. Es wird auch notwendig sein. Nur: Ein großer Teil dieser angeblichen 2.000 Stelleneinsparungen wurde bereits vor der Wahl von der Vorgängerregierung beschlossen. Davon steht aber im Koalitionsvertrag nichts. Und auch nicht, welche Stellen und wo sie wegfallen sollen und wo diese Aufgaben dann künftig erledigt werden.

Dieser Koalitionsvertrag ist voller Mogelpackungen: neue Stelleneinsparungen, die nicht neu sind, 500 zusätzliche Polizisten, die die Gesamtzahl überhaupt nicht erhöhen, und 600 Millionen Euro für Landesstraßen. Schaut man genauer hin, sind das gerade einmal 20 Millionen Euro mehr pro Jahr.

(Unruhe bei der SPD)

Dann die zusätzlichen 1.300 Soldaten für die US-Airbase Spangdahlem. Der Herr Innenminister brachte diese Nachricht aus den USA mit. Wir wussten aber: Seit einem Jahr stand das schon fest.

Altes wird als neu verkauft. Man nennt das „Ampel-Prosa“.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Dabei steht unser Land vor gewaltigen Umbrüchen und großen Aufgaben: Der Koalitionsvertrag wird unserer Meinung nach diesen Herausforderungen nicht gerecht. Der kleinste gemeinsame Nenner ist eben nicht immer der größte Wurf für das Land.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

In jedem einzelnen Kapitel dieses Vertrages ist das zu erkennen.

Ich spreche das Thema Sicherheit an. Verantwortliche Innenpolitik bedeutet, den Bürgern Sicherheit und Verlässlichkeit zu geben. Dazu gehört insbesondere, die Polizei, Hilfskräfte, Feuerwehren und Rettungsdienste personell und sachlich so auszustatten, dass sie ihre Aufgaben erfüllen können.

In diesen Tagen hat der Bundesinnenminister in Berlin die aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik vorgestellt. Besorg

niserregend ist die rapide wachsende Zahl an Wohnungseinbrüchen. Bundesweit ist die Zahl allein im vergangenen Jahr um 10 % gestiegen.

Inzwischen steigt alle drei Minuten irgendwo ein Dieb ein. Dabei ist auffällig, dass Bundesländer, wie etwa Bayern, die in den vergangenen Jahren ihr Personal aufgestockt und die Entwicklung moderner Ermittlungsmethoden vorangetrieben haben, Fallzahlen entgegen dem Deutschlandtrend senken konnten. In Rheinland-Pfalz dagegen ist die Zahl der Wohnungseinbrüche im Vergleich zum Jahr 2014 um rund 22 % gestiegen.

Das sind unterschiedliche Schwerpunkte. Wir halten diesen Schwerpunkt für falsch.

(Beifall der CDU und der AfD)

Deshalb sind wir der Meinung, dass wir eine Verschärfung des Strafrechts, mehr Personal bei Gerichten und Staatsanwaltschaften sowie mehr Personal für die Polizei brauchen.

Die Regierungsfraktionen scheinen den Bereich „Innere Sicherheit“ in den Koalitionsverhandlungen weitgehend ausgespart zu haben, damit man über die Runde kommt. Hier finden sich in den wesentlichen Bereichen keine Neuerungen oder Verbesserungen. Insbesondere die Beschlüsse im Hinblick auf die Personalsituation unserer Polizei sind mehr als ernüchternd.

Dabei war der Ansatz der FDP wirklich gut. Im Wahlkampf gab es die Forderung nach 1.000 neuen Anwärterstellen. Keine einzige dieser Stellen haben sie durchsetzen können. Die nun beschlossenen 500 Neueinstellungen pro Jahr sind bereits Beschlusslage der vergangenen Landesregierung gewesen. Das ist wieder so ein Täuschungsmanöver.

Die Zahl von 500 Neueinstellungen pro Jahr ist zu niedrig. Das haben wir immer wieder betont. Denn die Abgänge, insbesondere die Pensionierungen, übersteigen letztlich die Neueinstellungen.

(Abg. Christine Schneider, CDU: So ist es!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Frau Dreyer, Schönreden reicht für den Moment, aber eine ehrliche Bestandsaufnahme ist die Grundlage für die Zukunftsfähigkeit.

Zum Thema Gewalt gegen Polizisten schweigt der Koalitionsvertrag und schwieg auch Frau Dreyer gestern. Und das, obwohl die Zahl der Übergriffe gegen unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten seit Jahren steigt. Entsprechend findet sich auch keine Aussage zur flächendeckenden Einführung von Bodycams (Körperkameras), obwohl die SPD damit Wahlkampf gemacht hatte. Offensichtlich hat es beim Thema Bodycams doch einige Vorbehalte bei der FDP und den Grünen gegeben. Die Landesregierung zeigt gar keinen Weg auf, wie sie Gewalt gegen Polizisten in den Griff bekommen will.

(Beifall der CDU und der AfD)

Frau Dreyer, Dank den Polizisten zukommen zu lassen, wie Sie es gestern taten, ist richtig, aber eine Selbstverständlichkeit. Das ändert aber nichts am Alltag dieser Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Unser Auftrag ist es, und zwar bevor ein neues Ministerium geschaffen wird und mehrere Millionen in Infrastrukturprojekte gehen, die Sie an die Wand gefahren haben, uns um die zu kümmern, die uns schützen. Das sind die Beamtinnen und Beamten bei der Polizei.

(Beifall der CDU und der AfD)

DIE RHEINPFALZ hat in ihrer Ausgabe vom 28. Mai 2016 unter dem Titel „Linke Kriminalität wächst noch stärker“ über die überproportionale Steigerungsrate linker Straftaten in Relation zu rechten Straftaten berichtet. Ich möchte nicht, dass wir uns falsch verstehen. Jede Straftat, egal ob sie von Linksextremen oder von Rechtsextremen getätigt wird, ist eine Straftat zu viel. Es gibt keine Gesinnungsstraftat, die es besser macht. Straftat ist und bleibt Straftat.

(Beifall der CDU und der AfD)

Frau Dreyer, warum klammern Sie das Thema Gewalt von links völlig aus? Ich finde es richtig, dass Sie das Thema Gewalt von rechts ansprechen. Zur Glaubwürdigkeit gehört aber auch, dass Sie jede Form von Gewalt ansprechen und sie nicht nur aus ideologischer Betrachtungsweise heraus schlichtweg unter den Tisch fallen lassen.

Nicht zuletzt unsere Polizistinnen und Polizisten müssen vor zunehmender Gewalt geschützt werden. Für einen verletzten Polizisten ist es ziemlich egal, ob er von einem Rechts- oder einem Linksextremen angegriffen worden ist. Sie müssen gleichermaßen bekämpft werden.

(Beifall der CDU und der AfD)

Ich komme noch einmal zu dem, was ich eingangs sagte. Schönreden ist gut für den Moment, aber eine ehrliche Bestandsaufnahme ist die Voraussetzung, damit es in Zukunft besser werden kann.

Auch das Kapitel „Justiz“ des Koalitionsvertrags ist dünn bis zur Unkenntlichkeit und recht anspruchslos. Es enthält zwar den Dank an die Justiz für die überobligatorischen Leistungen – Stichwort: „Ampel-Prosa“ –, aber keinen Hinweis darauf, wie diese Überlast künftig bewältigt werden soll. Dieser Befund ist chronisch:

Der Landes-Richterbund hat darauf hingewiesen, dass nach wie vor mindestens 40 Richter und 20 Staatsanwälte im Land fehlen. Wir lesen dazu nichts im Koalitionsvertrag.

Reine Seitenfüller sind der Verweis darauf, dass man keine Privatisierung im Strafvollzug oder bei den Gerichtsvollziehern will. Das ist weder im Bund noch im Land ein aktuelles Thema.

Dann wird es interessant, fast schon peinlich. Sie kündigen die Einrichtung einer Bioethikkommission an. Weshalb denn die Einrichtung? Die gibt es doch bereits! Nur hat sie im vergangenen Jahr überhaupt nicht getagt, weil sich kein SPD-Minister darum gekümmert hat. Ich muss sagen, es ist schon sehr kreativ und auch sehr übersichtlich, von

einer neuen Einrichtung und einem neuen Akzent zu sprechen.

Zu den Herausforderungen, die die Flüchtlingsbewegungen für die Justiz bedeuten, findet sich im Koalitionsvertrag auch nichts.

Deshalb komme ich zum Thema „Integration“. Im vergangenen Jahr sind viele Menschen zu uns nach Deutschland gekommen, auch zu uns nach Rheinland-Pfalz. Wir haben alle miteinander viel dazugelernt. Wir haben vor allen Dingen erleben können, was Kommunen und Ehrenamtliche leisten. Wir möchten ihnen allen, auf denen gerade nicht mehr so der Fokus liegt, noch einmal ganz herzlich Danke sagen; denn sie haben in Rheinland-Pfalz dazu beigetragen, dass wir zusammenhalten können.

(Beifall der CDU und der AfD)

Viele Asylanträge sind abgelehnt worden. Diese Menschen müssen wieder ausreisen. Das ist keine inhumane Härte, sondern Grundbedingung, dass unsere Bürger das Vertrauen in Recht und Ordnung behalten. Wir können nicht dauerhaft mit der Situation leben, dass jedes Falschparken und jede zu spät eingereichte Steuererklärung drastische Konsequenzen hat und gleichzeitig ein Verstoß gegen die Aufenthaltsbestimmungen kaum Konsequenzen nach sich zieht. Das ist für das Rechtsverständnis in unserem Land fatal.

Doch dabei bleibt es nicht. Wer sich diesen Koalitionsvertrag genau anschaut, der stellt sich die Frage, was die Ampel vorhat. Sie will weniger konsequent hinschauen:

1. Wer länger auf seinen Asylbescheid wartet, soll automatisch einen unbefristeten Aufenthaltstitel erhalten.

2. Die übliche Überprüfung, ob der Asylgrund überhaupt noch besteht, soll grundsätzlich abgeschafft werden.

Dadurch würden Tausende unberechtigte Asylsuchende dauerhaft im Land bleiben. Das ist ein falscher Anreiz. Eine inkonsequente Rechtsauffassung wird unser Land auseinandertreiben, statt es zu einen.

(Beifall der CDU)

Frau Dreyer, Sie riskieren mit dieser falsch verstandenen Toleranz im Asylrecht den Frieden.

Frau Ministerpräsidentin, wie hält es denn nun Ihre Ampel mit der Ausweitung der sicheren Herkunftsländer? Vor der Wahl haben Sie gesagt, Sie seien dafür – Marokko, Algerien, Tunesien. Maximale Transparenz bedeutet dann aber auch, in einer Regierungserklärung deutlich Haltung zu zeigen. Wir können nicht erkennen, wie Sie unser Land im Bundesrat in dieser Frage vertreten werden.

Wir müssen klar bleiben: Wer keinen Asylgrund hat, der muss gehen. Wer anerkannt wurde, dem müssen Wege in unsere Gesellschaft gezeigt werden.

Integration – das ist ein Recht, aber auch eine Pflicht, und zwar für den Staat wie für die Migranten. Deshalb hat die Medaille Integration nach unserem Verständnis zwei Sei

ten: Fordern und Fördern.