Wer einseitig nur auf eine Seite der Medaille setzt, wird scheitern. Das gilt sowohl für linke Sozialromantiker wie für rechte Populisten.
Ja, wir brauchen in großer Kraftanstrengung mehr Integrationsangebote und niedrigschwellige Erwerbsmöglichkeiten.
Das heißt aber auch, dass wir erwarten können, dass diese Angebote mit großem Engagement wahrgenommen werden. Damit nehmen wir den Einzelnen in seiner Motivation ernst. Wir Christdemokraten wollen die Integration nicht dem Zufall und nur dem einseitig guten Willen überlassen.
Es gibt auch diejenigen neben dem Arzt und dem Ingenieur, der zu uns kommt, die keine Schulbildung und keinen Abschluss haben. Es gibt auch diejenigen, die mit der Demokratie und der Freiheit, unserem Rechts- und Wertesystem und unserem Verständnis von der Rolle der Frau erst einmal klarkommen müssen.
Es ist mir persönlich ein Anliegen zu betonen, dass in der großen Zukunftsaufgabe der Integration der Flüchtlinge gerade der Frauenfrage und der Gleichberechtigung eine ganz wichtige Bedeutung zukommen wird.
Ich will es konkretisieren und nicht nur bei einer Überschrift belassen. Wir können es nicht einfach als kulturelle Vielfalt abtun, wenn Väter ihre Töchter nicht zum Schwimmunterricht schicken und von den Klassenfahrten fernhalten. Bei uns wachsen Mädchen und junge Frauen mit einem völlig anderen Selbstverständnis und Selbstbewusstsein heran. Bei uns wird Frauen ihre Rolle nicht mehr von Männern vorgeschrieben, auch wenn der eine oder andere daran noch zu knabbern hat. Frauen bewegen Gesellschaft, und Frauen bewegen Politik. Das soll für alle gelten, und nicht nur für die hier geborenen.
Wir wollen eine echte und ehrliche Integration. Dazu müssen sich beide verpflichten – auch der Staat. Deshalb begrüße ich, dass der von uns entworfene und mit initiierte Gesetzentwurf zum Integrationsgesetz Eingang in den Entwurf des Integrationsgesetzes des Bundes gefunden hat.
Frau Dreyer, da erst kürzlich auch die Vertreter der SPD begrüßt haben, dass endlich ein Gesetz vorliegt, möchte ich noch einmal an eines erinnern. Im SWR am 29. Dezember 2015 sagten Sie: Wir brauchen kein zusätzliches Gesetz. – Das ist dieses Gesetz, das Sie heute begrüßen. Stimmen Sie uns doch gleich zu. Dann müssen Sie sich in Zukunft nicht selbst widerrufen.
auflage. Auch dazu will ich etwas sagen. Wir haben im Landtag sehr heiß debattiert, als es darum ging, eine Wohnsitzauflage einzuführen, wie sie schon einmal für andere Migranten galt, und zwar nicht, weil wir nicht wollen, dass Integration gelingt, sondern gerade weil wir wollen, dass Integration gelingt.
Menschen, die zu uns kommen, die Leib und Leben retten, die hier Unterschlupf finden und vor allen Dingen versorgt werden und eine Chance ermöglicht bekommen, können wir zumuten, dass wir ihnen zuweisen, wo sie wohnen, nämlich dort, wo Kapazitäten frei sind. Das ist nicht unmenschlich. Das ist eine realistische Politik, damit die Gesellschaft zusammenhalten kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist nur unter ganz bestimmten Bedingungen verbindlich, und nicht, wenn man einen Arbeitsplatz hat und wenn sich die Familie woanders befindet. Sie kennen alle die Ausnahmen. Es ist wichtig, dass wir darüber ohne die Schwarz-Weiß-Keule diskutieren.
Schauen wir uns doch die Städte an, wie das läuft. Ganz viele ziehen in die Ballungsräume. Dort sind viele Kapazitäten gar nicht vorhanden. Dort können die Kommunen gar nicht planen, wie sie wollen. Im ländlichen Raum, in dem wir die Kapazitäten hätten, gibt es nur wenige Migranten. Deshalb sagen wir: Planungssicherheit ja, aber bitte auch eine Chance dafür, dass viel mehr Lehrer und Kurse eingestellt werden, wie es Hessen und Bayern tun.
Nun bin ich beim Thema Bildung angelangt. Ich habe bei der Bildungspolitik viel Hoffnung auf die FDP gesetzt. Zitat: „Der Einzigartigkeit eines jeden Kindes wird nur ein mehrgliedriges und zugleich durchlässiges Schulsystem gerecht.“
Der Meinung sind wir auch. Aber auch hier ticken nach der Wahl die Uhren anders. Denn im Koalitionsvertrag bekennen Sie sich nicht zur Schulvielfalt und nicht zur begabungsgerechten Bildung. Sie fordern nun das Gegenteil, nämlich den Ausbau der Einheitsschule.
Sie haben als FDP auch den Weg für ein „Weiter so“ bei der Inklusion freigemacht. Wo ist das Bekenntnis zur Förderschule? Wo ist der Einsatz für mehr Personal an den Schulen, an denen wir zum Beispiel mehr Schulsozialarbeit bräuchten? Sie lassen die Realschulen plus hängen. Gerade sie sind es, die angemessen ausgestattet werden müssen. Zum Gymnasium finden wir gar kein Kapitel mehr.
Die Eltern gingen davon aus, dass sie die Betreuungsgarantie für Schulkinder umfassend ab den nächsten Ferien bekommen. Damit sind Sie in die Wahl gegangen. Jetzt erfahren wir, dass das in mittel- oder langfristiger Zeit möglich sein wird. Wir sind gespannt, wer das Ganze machen soll.
In dem Koalitionsvertrag steht nicht viel Konkretes. Man hat den Eindruck, dass auch die Familien getäuscht wurden. Wenn man sich den Begriff der Familien anschaut, dann heißt es im Koalitionsvertrag: „Wir stehen zu einem modernen und weitreichenden Familienbegriff, der auf dem
Wesen der Verantwortungsgemeinschaft aufbaut, unabhängig von Lebenslagen, Lebensformen, Alter, Geschlecht, Behinderungen, ethnischer Herkunft, Religion oder sexueller Identitäten.“
Verehrte Kollegen, neben der sinnfreien Aufzählung von Substantiven – ich meine Behinderung, Alter oder ethnische Herkunft, wer hat jemals behauptet, dass das nicht zu einer Familie gehört – fällt auf, dass weder der Begriff „Eltern“ noch der Begriff „Kinder“ auftaucht. Die Familie wird auf eine reine Verantwortungsgemeinschaft zwischen Menschen reduziert, die sonst keine weitergehende Beziehung zueinander haben müssen.
Es gibt eben nicht nur Mia, Emma, Ben, Faris oder Luan, wie Sie gestern die Kindernamen aufzählten, es gibt in unserem Land auch Karl, Katharina, Gertrud und Fritz, die älteren Menschen, Frau Ministerpräsidentin Dreyer.
Sie hätten gern etwas Konkretes zu ihrer Versorgung, zu ihrer Zukunft gehört. Wie wollen Sie dem Pflegenotstand begegnen, dem Wegbrechen der Infrastruktur im ländlichen Raum?
Schön, wenn Ihre Busse WLAN haben sollen, es wäre aber gut, wenn in vielen Regionen überhaupt noch einmal Busse fahren würden. Auch das gehört dazu.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Haushalt und den Kommunen. Herr Minister Wissing, Sie sind mit einem kühnen Versprechen in den Wahlkampf gezogen: „Der macht den Haushalt“.
Sie sind bei den Verhandlungen aber mehr als schnell eingeknickt, haben auf das Finanz- und Haushaltsministerium und sogar darauf verzichtet, einen FDP-Staatssekretär zu installieren,ein gemischtfarbenes Ministerium. Das kennen wir aus Berlin.
Deshalb sagen wir, Schnelligkeit bei Koalitionsverhandlungen garantiert nicht immer die besten Ergebnisse bei den
Handfeste Sparanstrengungen fehlen. Auch hier kann man den Bund der Steuerzahler zitieren: „nicht ambitioniert“.
Sie haben keinen Kassensturz eingefordert. Haben Sie sich wirklich einen Überblick verschafft, oder wollen Sie nicht wissen, wieviel Geld und Verbindlichkeiten wirklich in den Kassen und in den Nebenhaushalten stecken, wie der Schuldenstand wirklich ist?
Die Ampel will den Pensionsfonds in seiner jetzigen Form weiterführen. Ich zitiere noch einmal kurz die FDP vor der Wahl: „Wo Pensionsfonds drauf steht, sind Schulden drin – Die Landesregierung hat sich nicht ehrlich gemacht, sondern lediglich angekündigt, künftig weniger zu betrügen.“ urteilt Herr Wissing.