Die FDP-Basis hat einen durchaus realistischen Blick auf den Koalitionsvertrag: „Ein linkes Werk (...) Die Fortführung rot-grüner Politik mit gelben Sprenkeln.“ Das urteilte nicht die CDU, sondern der FDP-Kreisvorsitzende aus Neuwied.
Es ist nicht mein Kreisvorsitzender, und es ist interessant, dass sich Ihr Koalitionspartner jetzt gerade über einen FDP-Politiker auslässt. Sein Credo lautet: „Grundsätzlich nach der Wahl das tun, was man vor der Wahl versprochen hat, niemals das Gegenteil.“ Dieser Meinung sind wir auch.
(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sind das jetzt die neuen Ideen, die Sie einbringen?)
„Mit diesem Koalitionsvertrag verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit. Wir haben den Wählern einen Politikwechsel versprochen. Ich kann eine durchgehende liberale Handschrift kaum finden.“ Auch hier kann man zustimmen.
Ich habe es eingangs gesagt: Es war schon so, wir hätten gerne die Wahl gewonnen. Es ist nicht der Fall gewesen. Dass wir aber kritisieren, dass vorher etwas anderes gesagt als nachher gemacht worden ist, müssen Sie jetzt ertragen, und nicht wir.
Hans-Artur Bauckhage, immerhin fast sieben Jahre Minister und Stellvertretender Ministerpräsident, antwortete auf die Frage nach Schnittmengen der FDP mit den Grünen: „Ich sehe keine.“
„Ampel-Prosa“ soll vieles kaschieren. Eine „Ampel-Prosa“, in die man alles und nichts hineininterpretieren kann.
Ich nenne nur folgenden Satz, er liest sich sehr schön: „Wir müssen die Beratungskompetenz des Landes ausbauen.“
An vielen Stellen des Koalitionsvertrages hat man den Eindruck, es musste so formuliert werden, dass die FDP etwas zum Vorzeigen hat und die Grünen sagen können: Umgesetzt ist aber noch nichts.
Was ist vom Koalitionsvertrag zu halten? Sehr vieles bleibt sehr vage. Bei vielem ist die Frage nach der Finanzierung überhaupt nicht geklärt. Wo erkennbar mehr gemacht werden soll, wird einfach nur mehr EU- und Bundesgeld gefordert.
Aus alt macht man neu. Bereits bestehende Maßnahmen und Projekte werden als neue beschrieben, zum Beispiel der angebliche Abbau von 2.000 Stellen, mehr Polizisten, die vorher schon beschlossen waren, oder die Verkündung von zusätzlichen amerikanischen Soldaten, die hier stationiert werden sollten, aber das war schon ein Jahr vorher bekannt. Haben Sie das wirklich nötig, solche Prosa und ein solches Einlullen?
Sehr geehrte Damen und Herren, eines lässt sich bereits jetzt feststellen: Diese Ampel wird für den Bürger sehr, sehr teuer.
Vor der Wahl hatte übrigens Kollege Wissing noch den Anspruch, er macht den Haushalt. Wir erinnern uns an sein Wahlplakat.
Kurz nach der Wahl kündigte er einen „harten Konsolidierungskurs“ an und Einsparungen „in allen Ministerien bis in die Spitzen.“
Vieles hätten sich die Bürger unter dem von der FDP versprochenen Politikwechsel vorstellen können, dass man zum Beispiel ein Ministerium abschafft wie aktuell in Baden-Württemberg oder Sachsen-Anhalt.
Stattdessen ist das Gegenteil geschehen. Frau Dreyer, bereits 2011 gab es unter Ihrem Ziehvater Herrn Beck ein Ministerium mehr, und jetzt unter Ihnen gibt es auch wieder eins mehr. Die Einwohnerzahl in Rheinland-Pfalz wird weniger, die Minister werden mehr. Das ist die Ampel.
Landesvorsitzender Rainer Brüderle: „Es ist ein völlig falsches Signal, die Zahl der Ministerien zu erhöhen, nur weil die SPD unbedingt fünf Ressorts behalten will, damit sie mehr hat als FDP und Grüne zusammen. Das zusätzliche Ministerium ist eine Steuerverschwendung.“
Frau Ministerpräsidentin Dreyer, fast abgehoben klingt Ihre Rechtfertigung: „Wir hatten fünf Ressorts, und ich finde es in Ordnung, dass dies so bleibt.“
Wissen Sie, je nach Bedarf wechselt Ihre Argumentation zwischen „Schuldenbremse“ und „Das wird uns nicht umhauen“.
Ihr Chef der Staatskanzlei verkauft es fast so, als würde die Schaffung eines neuen Ministeriums sogar noch Geld einbringen:
Ein weiteres Ministerium sei „für kleines Geld“ zu haben. Statt einer Ministerin und drei Staatssekretären gebe es eben künftig zwei Minister und zwei Staatssekretäre.
Was Sie aber verschweigen: 20 Millionen Euro in dieser Legislaturperiode kostet das, sagen Experten. Referate müssen komplett neu geschaffen werden, etwa für Haushaltsund Personalfragen, für Organisation oder ein Justiziariat. Hinzu kommen der neue Chef für die Leitung der Zentralabteilung und ein Leitungsstab im Ministerbüro.
Kleines Geld ist das sicher nicht. Bei der Polizei werden Personalmangel und Überstunden festgeschrieben: Schuldenbremse. Aber für ein komplett neues Ministerium ist Geld da.
Frau Dreyer, verstehen Sie das unter dem Begriff „Balance“? So haben Sie es gestern bezeichnet, dass Sie für eine Balance stünden. Sie sagten: „Wir sind für alle da.“ Man hat den Eindruck, Sie waren erst einmal für sich selbst da, für die Genossinnen und Genossen in diesem Land.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wer regiert, trägt eine große Verantwortung, auch für die Glaubwürdigkeit der Politik. Zusätzliche Posten in Zeiten wie diesen sind das genaue Gegenteil davon.
Im Parlament sind wir den umgekehrten Weg gegangen und haben zum Beispiel die Zahl der Vizepräsidenten verringert.
Frau Dreyer, zu Ihrem kostspieligen Verhalten passt, dass die Chefin der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, Ihre Parteifreundin, im Alter von gerade einmal 52 Jahren in den einstweiligen Ruhestand geschickt wird. Mit entsprechenden Bezügen. An ihre Stelle tritt ein enger Vertrauter von Herrn Lewentz aus dem Innenministerium, natürlich auch ein Parteifreund. Ist es das, was Sie unter Balance verstehen?
Frau Dreyer, Sie weigern sich bis heute, das dem Steuerzahler zu erklären. „Maximale Transparenz“, das waren gestern Ihre Worte. Was kostet das den Steuerzahler?