Protocol of the Session on June 2, 2016

(Beifall bei der CDU)

Unbehagen dürfen wir nicht einfach ignorieren, sondern wir müssen danach fragen, was den Menschen wieder Halt geben kann.

Frau Dreyer, deshalb hat mich Ihre gestrige Regierungserklärung enttäuscht. Es sollte eine Regierungserklärung sein, wurde aber am Ende zu einer Regierungsverklärung.

(Beifall der CDU und der AfD)

Ganz klar, zu viel Selbstzufriedenheit ist ein gefährlicher Begleiter, Frau Dreyer.

(Zuruf der Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD)

Ich nenne das Beispiel medizinische Versorgung. Sie sagen: „Eine gute medizinische Versorgung darf keine Frage des Wohnorts sein.“

(Widerspruch bei der SPD)

Sie finden es vielleicht zum Lachen, wenn man über die medizinische Versorgung am Wohnort redet. Frau Dreyer sagte gestern, eine gute medizinische Versorgung darf keine Frage des Wohnorts sein.

Aber Frau Dreyer, es ist doch schon längst eine Frage des Wohnorts, weil Sie den kleinen Krankenhäusern im ländlichen Raum die notwendigen Mittel für Investitionen vorenthalten. Es ist doch schon eine Frage.

(Beifall der CDU und der AfD)

Frau Ministerpräsidentin, Sie sagen: „Eine Gesellschaft kann ohne Kunst und Kultur nicht leben. Die Landesregierung misst der Kultur einen hohen Stellenwert bei.“ Das klingt schön.

Die Realität sieht aber anders aus. Eine ehrliche Bestandsaufnahme hätte Sie glaubwürdiger gemacht. Die Realität sieht folgendermaßen aus: Rheinland-Pfalz liegt in der Kulturförderung an vorletzter Stelle unter allen Bundesländern.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Schöne Überschriften sind dann gut und tragen, wenn man bereit ist, eine ehrliche Bestandsaufnahme zu machen, um zu wissen, wohin man will, weil man dann den Weg einschätzen kann, der noch fehlt, bis man dorthin kommt, wo die schöne Überschrift platziert worden ist.

Eine ehrliche Bestandsaufnahme ist die Grundlage, um besser werden zu können! Das gestern waren von Ihnen Worte, die ignorieren, aber nicht lösen, die verdrängen, aber nicht anpacken.

Wir Christdemokraten hingegen sind Realisten, weder Schönfärber auf der einen noch Angstmacher auf der anderen Seite. Realistisch sein heißt für uns: hinschauen, was ist, und nicht nur sein soll.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der neue Landtag ist anders als der alte, nicht nur optisch, sondern auch von der Zusammensetzung der Fraktionen her. Zwei weitere Fraktionen sind hier im Haus. Das wird die parlamentarische Arbeit verändern.

Wir betreten mit fünf Fraktionen im Landtag Neuland. Wir Christdemokraten sind deshalb offen für weitere Reformen unserer Geschäftsordnung hier im Hause, gerade mit Blick auf die Ausgestaltung der Parlamentsdebatten. Ich kann mir zum Beispiel die Einführung eines separaten Tages vorstellen, der für eine intensive Regierungsbefragung reserviert ist. Das würde übrigens viel mehr Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit schaffen, und das ist doch sicherlich in Ihrem Sinne, Frau Dreyer; denn Sie legen Wert auf maximale Transparenz.

(Beifall der CDU und der AfD)

Der Beratungs- und Debattenkultur im Landtag würde es allein schon guttun, wenn sich die Regierungsfraktionen nicht nur als reine Zustimmungsorgane zur Regierungspolitik sehen würden,

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist eine Frechheit! Absolute Frechheit!)

sondern auch als Teil des Parlaments, das die Regierung kontrolliert.

(Beifall bei der CDU)

Die ersten Wochen nach einer Wahl sind nicht die Stunden der Opposition. Es ist die Zeit der Regierungsbildung derer, die einen Auftrag dazu vom Wähler bekommen haben.

Das Ergebnis dieser Beratungen haben Sie gestern vorgestellt, Frau Dreyer. Ich werde heute darauf eingehen und für meine Fraktion Bewertungen vornehmen. Natürlich kann man das in der vorgegebenen Zeit nicht vollständig tun. Ich will aber einige Themen heraussuchen.

Was ist die Ampel? Das bisherige Rot-Grün, nur mit gelber Zusatzfarbe.

(Beifall der CDU und der AfD)

Die Regierungsfraktionen sprechen zwar vom großen programmatischen Projekt, aber seien Sie doch einmal ehrlich: Es ist ein Zweckbündnis, damit Rot-Grün an der Regierung bleiben konnte.

(Beifall der CDU und der AfD – Abg. Christine Schneider, CDU: So ist es!)

Man muss sich nur einmal ansehen, wie die Partner der Ampel vor der Wahl übereinander geredet haben, die unverhohlene Freude der SPD, als die FDP 2011 den Einzug in den Landtag verpasste. Frau Dreyer, bis vor Kurzem vertraten Sie die Auffassung, die FDP würde im Landtag nicht sonderlich fehlen.

(Heiterkeit bei der AfD – Abg. Christian Baldauf, CDU: So, so!)

Wir erinnern uns noch daran, mit welcher Vehemenz Herr Hering, ach, Herr Mertin, – – –

(Heiterkeit bei der SPD)

Na gut, man kann sich einmal versprechen. Frau Dreyer kennt das bei ihren Ministern auch. Das haben wir auch erlebt.

(Beifall der CDU und der AfD)

Herr Schweitzer, man muss immer auf alles gefasst sein; denn man steht nie allein im Raum.

(Zuruf von der SPD)

Herr Mertin, Sie erinnern sich, Sie haben sich über die Durchsuchung bei dem Journalisten Wilhelm Hahne am Nürburgring damals zu Recht sehr empört. Zuständige Abteilungsleiterin im Justizministerium war damals Frau Hubig. Heute sitzen Sie mit ihr am Kabinettstisch.

(Unruhe bei der SPD)

Ich will das gar nicht weiter bewerten.

(Zuruf von der SPD: Gut so!)

Zu Recht vermissen selbst gestandene FDP-Mitglieder

die liberale Handschrift in Ihrem Koalitionsvertrag. Sie ist schlichtweg nicht erkennbar.

(Beifall der CDU und der AfD)

Dadurch unterbleiben notwendige Korrekturen. Wenn es keine Korrekturen gibt, gibt es nur Prüfaufträge, oder die Entscheidungen werden auf die lange Bank geschoben.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Rot-Grün geht also weiter, auch wenn der Wähler Rot-Grün nicht verlängern wollte, wie das Wahlergebnis zeigte, aber die FDP machte es möglich.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Was steckt also in dieser Ampel?

Die FDP-Basis hat einen durchaus realistischen Blick auf den Koalitionsvertrag: „Ein linkes Werk (...) Die Fortführung rot-grüner Politik mit gelben Sprenkeln.“ Das urteilte nicht die CDU, sondern der FDP-Kreisvorsitzende aus Neuwied.