Protocol of the Session on February 16, 2017

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Paul.

Frau Ministerin, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Gehe ich recht in der Annahme, dass es sich bei der totalen Zahl der vollziehbar Ausreisepflichtigen in Rheinland-Pfalz um Zehntausende handelt? Können Sie etwas eingrenzen, wie hoch die Zahl ist? Sie sagen, sie unterliegt Schwankungen. Vielleicht kommen wir da mit einer Eingrenzung der Schwankungen in Zehntausende der Sache näher?

Herr Abgeordneter Paul, die Zahl der vollziehbar Ausreisepflichtigen beläuft sich nicht in einer Größenordnung von Zehntausenden für das Bundesland Rheinland-Pfalz. Die Zahl der Duldungen, die ich bereits mehrfach genannt habe, aber im Sinne des Instrumentariums der Wiederholung gerne nochmals nennen möchte, beläuft sich auf 7.383 Personen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger: Daraus schließen wir, das alle Ausreisepflichtigen geduldet werden!)

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hartloff.

Frau Ministerin, mir begegnet im Wahlkreis relativ oft, dass sich viele Menschen und Kirchen parteiübergreifend dafür einsetzen, dass die Kreisverwaltung Menschen duldet, weil die Asylrechtsprechung inzwischen relativ eng ist, die Verhältnisse in den Heimatländern schwierig sind und die Kinder in der Schule sind, dort ausgesprochen gut arbeiten und in Vereinen integriert sind. Ich möchte Sie fragen, ob Ihnen das auch bekannt und begegnet ist und das nicht auch ein Ausdruck dessen ist, warum es im Land Duldungen für Menschen gibt, die hier Sicherheit gefunden haben.

Anne Spiegel, Ministerin für Familie, Frauen, Jugend,

Integration und Verbraucherschutz:

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Hartloff, ich stimme Ihrer Aussage vollumfänglich zu, dass es nach wie vor eine beträchtliche Zahl von Menschen in Rheinland-Pfalz gibt, die sich haupt- und ehrenamtlich um Asylsuchende und Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz kümmern und sich mit großem Engagement ihrer Integration, ihrer weiteren Bleibeperspektive und auch ihrer Geschichte, die sie jeweils mitbringen – es sind alles Einzelfälle, und jeder Einzelfall bringt seine eigene Geschichte mit –, annehmen und ihnen eine Hand reichen, damit sie gut in Rheinland-Pfalz ankommen.

Ja, mir ist diese Situation bekannt. Sie ist bisweilen eine sehr belastende, nicht nur für die betroffenen Duldungsinhaberinnen und Duldungsinhaber oder Ausreisepflichtigen selbst, sondern auch für die Menschen, die sich um diese betroffenen Personen haupt- und ehrenamtlich kümmern. Die Situation ist bisweilen sehr belastend, weil viele Kinder im Spiel sind. Ein Drittel der zu uns kommenden Menschen ist unter 18 Jahre alt.

Diese Kinder und Jugendlichen haben bisweilen auf ihrer Flucht und in ihren Herkunftsländern Schreckliches erlebt, sind traumatisiert und brauchen Unterstützung. Wenn es aber um die Frage geht, welche Perspektive sie haben, merken wir, dass gerade in den Momenten, in denen sich die Person vom ersten Tag an in einer Kommune engagiert, in der Kirche, in Sportvereinen, in Bildungsinstitutionen, beim Dolmetschen usw., sie hoch motiviert ist, sich zu integrieren. Mein Haus erreichen viele Zuschriften, Nachfragen und Bitten, dass diese Menschen aus den genannten Gründen hier auch eine weitere Perspektive bekommen.

Das ist etwas, was mir im Alltag sehr, sehr oft begegnet, auch bei Besuchen vor Ort. In der ganzen Debatte um Paragrafen des Ausländerrechts sollte auch nicht in Vergessenheit geraten, dass es am Ende des Tages bei diesen ganzen Zahlen, über die wir hier sprechen, um einzelne Schicksale geht, um Familienmitglieder, um Frauen und Kinder, die Schreckliches erlebt haben und sich nur eines wünschen, dass sie ein Leben in Frieden haben.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Noch eine abschließende Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kessel.

Sehr geehrte Frau Ministerin, besitzt die von Frau Ministerin Alt, Ihrer Vorgängerin, im Jahr 2015 herausgegebene Broschüre zum Orientierungsrahmen für die Ausländerbehörden noch Gültigkeit bzw. ist eine Überarbeitung dieser Broschüre angedacht?

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kessel, da insbesondere seitens der Bundesregierung zahlreiche Gesetzesände

rungen rund um den Themenkreis auf den Weg gebracht wurden, den wir heute schon seit geraumer Zeit im Parlament erörtern, ist es natürlich notwendig – dieser Notwendigkeit kommen wir seitens meines Hauses entsprechend nach –, dass wir über Neuerungen gesetzlicher Natur in den entsprechenden Rundschreiben informieren.

Selbstverständlich ist es ein Anliegen meines Hauses – dem kommen wir auch nach –, dass wir überall dort, wo Broschüren von neuen gesetzlichen Regelungen überholt werden, diese Broschüren überarbeiten und anpassen. Das ist ein dynamischer Prozess. Es besteht ein ständiger und im Übrigen auch enger Austausch zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ausländerbehörde und meines Hauses.

Vielen Dank. – Damit ist die zweite Mündliche Anfrage beantwortet. Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Jens Ahnemüller (AfD), Brückenschlag bei St. Goar: Regionen verbinden! – Nummer 3 der Drucksache 17/2260 – betreffend, auf. Bitte, Herr Ahnemüller.

Danke, Herr Präsident. – Meine Fragen an die Landesregierung:

1. Hat sich die Landesregierung darum bemüht, dass die Lücke zwischen den rechtsrheinischen Bundesstraßen, der B 274 und der B 42, und der linksrheinischen A 61 in das Bundesfernstraßennetz und ihr Ausbau einschließlich Mittelrheinbrücke in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wird?

2. Zweifelt die Landesregierung sowohl die überregionale Vernetzungsfunktion als auch die regionalplanerische Bedeutsamkeit der Mittelrheinbrücke an, sodass sie darum nicht als Landesstraße eingestuft werden muss?

3. Ist die Landesregierung bereit, einen langwierigen Rechtsstreit mit dem Rhein-Hunsrück-Kreis über mehrere Instanzen zu führen, falls der Rechnungshof tatsächlich die Einstufung als Kreisstraße befürwortet?

4. Wie ist der weitere Zeitplan der Landesregierung für die Planung und den Bau der Mittelrheinbrücke bis zu ihrer Fertigstellung?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatsminister Dr. Wissing.

Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr,

Landwirtschaft und Weinbau:

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für die Realisierung eines Vorhabens wie der Mittelrheinquerung ist die Einstufung und Widmung im klassifizierten Straßennetz eine wesentliche Grundlage. Nach dem Landesstraßengesetz erfolgt die Einstufung einer öffentlichen Straße in eine Straßengruppe auf der Grundlage ihrer Verkehrsbedeutung. Zudem ist die raumordnerische Funktion zu berücksichtigen.

Die Einstufung eines Vorhabens ist dabei nicht politisch, sondern nach den Kriterien des Landesstraßenrechts zu entscheiden. Es gibt hierbei keinen Ermessensspiel der obersten Straßenverkehrsbehörde.

Insofern ist auf Folgendes hinzuweisen: Die vorliegende Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2009 geht davon aus, dass auf der künftigen Mittelrheinquerung zwischen Wellmich und Fellen rund 7.000 Fahrzeuge am Tag im Jahr 2015 unterwegs sein werden. Der Hauptverkehrsstrom wird dabei mit rund 4.000 Fahrzeugen zwischen den Städten St. Goar und St. Goarshausen erwartet. Weitere 1.500 Fahrzeuge sind im Quell- und Zielbereich im Umkreis von höchstens rund 20 km kalkuliert. Nur 1.500 von 7.000 Fahrzeugen sind als überregionaler Verkehr prognostiziert.

Die Brücke hat somit eine maßgebliche Bedeutung im Nahbereich und dient vornehmlich der Verbindung zwischen beiden Rheinseiten zwischen St. Goar und St. Goarshausen. Insofern kommt aus der Sicht der Straßenverkehrsbehörde bei Anwendung des Landesstraßengesetzes nur eine Einstufung der Brücke als Kreisstraße in Betracht.

Der Landesrechnungshof hat gestern am späten Abend eine Stellungnahme abgegeben, mit der er Zweifel an der Einstufung der Mittelrheinquerung als Kreisstraße äußert. Tendenziell hält er auch eine Einstufung als Landesstraße für denkbar. Allerdings tritt er dafür ein, das weitere Verkehrsgutachten abzuwarten, das im Rahmen eines Raumordnungsverfahrens für die Fortschreibung ohnehin vorgesehen ist. Schon um aktuelle Verkehrszahlen zu erhalten, brauchen wir ein weiteres Verkehrsgutachten.

Die Landesregierung geht auf der Grundlage vorliegender Verkehrsdaten, wie etwa aus automatischen Zählstellen, davon aus, dass sich aufgrund der neuen Verkehrsuntersuchung mit Verkehrszählungen an der Einstufung der Straße als Kreisstraße nichts ändern wird.

Wollte man der Auffassung des Landesrechnungshofs folgen, wonach es vor allem auf die raumordnerische Festlegung etwa im Landesentwicklungsplan IV und auch darauf ankommt, welche Funktion der Straße zugedacht wird, käme es am Ende für die Einstufung der Straße letztlich gar nicht darauf an, wer tatsächlich auf der Brücke fährt und wer nicht. Das überzeugt mich nicht. Wenn das so wäre, könnte man gewissermaßen durch politischprogrammatische Festlegung an den tatsächlichen Verkehrsbeziehungen vorbei die Straßenklassifizierung bestimmen. Das hat der Gesetzgeber mit dem Landesstraßengesetz so nicht gewollt, und über diesen gesetzgeberischen Willen können wir uns als Regierung nicht hinwegsetzen.

Vor diesem Hintergrund beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Die Landesregierung hat einen Lückenschluss zwischen der rechtsrheinischen B 274 und der B 42 und der linksrheinischen A 61 einschließlich eines Neubaus einer Brücke nicht für die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans angemeldet. Wegen der sehr hohen Kosten eines solchen Neubauvorhabens bei begrenztem Nutzen wäre eine solche Anmeldung von vornherein als aussichtslos anzusehen. Das Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur hatte gebeten, nur solche Vorhaben anzumelden, die eine gewisse Chance auf Aufnahme in den vordringlichen Bedarf haben.

Die Landesregierung möchte auch nicht, dass überregionaler Verkehr durch das Mittelrheintal geleitet wird.

Zu Frage 2: Der Landesbetrieb Mobilität und meine Fachleute im Ministerium sehen aufgrund der prognostizierten Verkehrsmengen die Kreise nach wie vor als Baulastträger der Mittelrheinquerung an. Eine Brücke zwischen Wellmich und Fellen hat nach der Verkehrsprognose – wie dargelegt – im Wesentlichen nur verkehrliche Auswirkungen auf den Nahbereich. Weiterführende Verkehre haben nur geringe Anteile und sind daher eindeutig untergeordnet.

Das Landesstraßenrecht definiert in § 3 die Landesstraßen als solche, die innerhalb des Landesgebietes untereinander oder zusammen mit Bundesfernstraßen ein Verkehrsnetz bilden und dem Durchgangsverkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind.

Die Mittelrheinquerung dient aber gerade nicht vorrangig dem Durchgangsverkehr mit Blick auf kreisübergreifende Verkehre auf Landesebene, sondern zu über 70 % dem Ziel- und Quellverkehr zwischen den beiden Landkreisen. Das im Auftrag des Rhein-Hunsrück-Kreises erarbeitete Gutachten wertet diesen Sachverhalt aus unserer Sicht nicht zutreffend.

Zu Frage 3: Dieser Frage ist durch die gestrige klarstellende Stellungnahme des Landesrechnungshofs die Grundlage entzogen. Der Rechnungshof äußert zwar gewisse Zweifel an der Einstufung als Kreisstraße, diese teilen wir jedoch nicht. Er hält aber eine vertiefte Verkehrsuntersuchung für notwendig, die zur Aktualisierung der Raumordnungsunterlagen ohnehin vorgesehen war.

Eine Einstufung der Mittelrheinquerung als Landesstraße – und damit wäre sie eine Durchgangsstraße, die nicht dem kommunalen Verkehr zwischen den beiden Rheinseiten dient, sondern der Durchleitung überregionalen Verkehrs durch das Mittelrheintal – wäre mit den damit verbundenen Nachteilen von Durchgangsverkehren im Mittelrheintal mit dem Status als Weltkulturerbe offensichtlich unvereinbar.

Wer eine Mittelrheinquerung will, muss für eine Lösung als Kreisstraße eintreten, und ich möchte diese Brücke. Insofern werde ich am 20. Februar im Rhein-HunsrückKreis noch einmal für das Vorhaben als Kreisstraßenvorhaben werben. Die Hand der Landesregierung bleibt ausgestreckt, und ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass die Planungen für die Mittelrheinquerung so schnell wie möglich in Gang kommen.

Zu Frage 4: In einem nächsten Schritt sind zunächst die Unterlagen zur Durchführung des Raumordnungsverfahrens zu erstellen. Die Landesregierung ist weiter bereit, bei der Erarbeitung der Raumordnungsunterlagen in Vorlage zu treten. Der Rhein-Lahn-Kreis hat zwischenzeitlich bereits den Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz mit Schreiben vom 18. Januar 2017 beauftragt, die notwendigen Unterlagen für die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens für die Mittelrheinquerung zu erstellen.

Die Erarbeitung der Unterlagen wird voraussichtlich einen Zeitraum von eineinhalb bis zwei Jahren erfordern, weil beispielsweise für die Umweltverträglichkeitsstudie und die Zählungen von Verkehrsmengen bestimmte zeitliche Vorgaben einzuhalten sind.

Der weitere zeitliche Ablauf der Planungen in dem Umfang, wie er für die Planung der Mittelrheinquerung erforderlich ist, kann kaum abgeschätzt werden. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund der noch durchzuführenden Abstimmung mit dem UNESCO-Welterbe-Kommitee.

Beim derzeitigen Stand des Verfahrens wären alle Angaben zum weiteren Zeitbedarf bis zur Herstellung des Baurechts mehr oder weniger spekulativ. Es gibt hier einfach zu viele Unwägbarkeiten.

Ich möchte abschließend noch einmal darauf hinweisen, dass die Mittelrheinbrücke von den Kommunen immer als Kreisstraße gewünscht war und auch die Art und Weise, wie sie bisher angelegt ist, von der Dimension her eine Kreisstraße ist.

Ich würde mich in einem erheblichen Widerspruch zu meinen Bemühungen beim Bundesverkehrsminister und auch bei der Europäischen Kommission setzen, den Lärm aus dem Mittelrheintal durch den Güterschienenverkehr zu reduzieren, würde ich gleichzeitig das Ziel verfolgen, eine Durchgangsstraße zwischen St. Goar und St. Goarshausen zu bauen und den überörtlichen Verkehr, sprich Durchgangsverkehr, ausgerechnet an dieser Stelle des Weltkulturerbes durch das Mittelrheintal zu leiten. Deswegen kann diese Straße nur eine Kreisstraße sein, wie von den Kommunen immer gewünscht und wie von der Landesregierung vorbereitet.