Protocol of the Session on January 26, 2017

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Steinbach.

Frau Ministerin, wie schätzen Sie die Entstehung paralleler Tierlabels, Tierwohlkennzeichen ein? Ich nenne zum Beispiel die Initiative Tierwohl, die leider aktuell ohne konkreten Inhalt angekündigte Tierwohl-Siegel-Kampagne des Bundesministers. Wie ist die Zielsetzung, dies möglicherweise zu harmonisieren, oder gibt es aus Ihrer Sicht eine Berechtigung von parallelen Siegeln?

Das ist nicht etwas, was die Politik allein bestimmen kann. Selbst wenn es eine Kennzeichnungshaltungsverordnung gäbe, könnten noch andere Siegel auf den Markt kommen. Trotzdem ist es eine große verpasste Chance.

Wir hätten eigentlich alle – so war die Tendenz auf unserer Veranstaltung – sagen können, o. k., wir verständigen uns auf eine Bundesvorgehensweise und sagen, es ist ein erster Schritt. Wir schauen, dass die Kriterien und die Vorarbeiten gemacht sind, zusammenpassen und verständigen uns auf eine stufenweise Entwicklung. Das wäre denkbar gewesen. Jetzt muss man leider sagen, in der Regierungszeit der Bundesregierung ist es leider nur zu Versprechungen vonseiten des Bundesministers Schmidt, CDU/CSU-Fraktion, gekommen.

Er antwortet auf die Frage, wann das umgesetzt wird, 2018. Nun gut, dazwischen ist eine Bundestagswahl. Wir wissen, so konkret kann das nicht sein.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Zehfuß.

Frau Ministerin, gibt es Korrelationen zwischen der Erhöhung von inländischen Standards und Abwanderungen von Tierhaltungen an Produktionsstandorte mit niedrigeren Standards, und zwar nicht im Schalensektor, sondern im Flüssigeisektor? Welche Maßnahmen ergreifen Sie, und wie stellen Sie deren Wirksamkeit fest?

Herr Zehfuß, das ist genau die richtige Frage.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Deswegen – ich hoffe auch mit Ihrer leidenschaftlichen Unterstützung – fordern wir gemeinsam mit dem Geflügelverband, mit dem Zentralverband und anderen die Ausdehnung der verpflichtenden Haltungskennzeichnungsverordnung in diesem Bereich auf die verarbeiteten Produkte. Das war zumindest der Antrag des Landes Rheinland-Pfalz

Anfang letzten Jahres, glaube ich. Ich denke, wir müssen uns vor Ort konkret mit den Haltern hinsetzen und schauen, wie wir das weiter befördern oder welche Lösungen wir gemeinsam finden.

Ganz klar ist – das möchte ich auch noch ansprechen –, es kann natürlich nicht sein, dass die Bundesregierung mit Hermesbürgschaften das Entstehen von tierschutzwidrigen Käfighaltungssystemen in der Ukraine fördert. Das ist jetzt Gott sei Dank abgestellt worden. Aber das war der Fall. Das heißt, die eigene Bundesregierung fördert die Konkurrenz von tierschutzwidriger Dumpingtierhaltung für den deutschen Markt. Das ist übrigens auch eine Diskussion im Zusammenhang um TTIP und CETA.

Ich denke, wir müssen schauen, dass wir nicht auch noch die Konkurrenz fördern.

Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Schneider.

Vielen Dank. Man darf bei Mündlichen Anfragen nicht kommentieren, nur Fragen stellen.

Frau Ministerin, Sie sind intensiv auf die Haltungsformen bei der Geflügelwirtschaft eingegangen und nennen dies bei ihrer Veranstaltung immer wieder als Vorbild für das Tierschutzlabel oder die Kennzeichnung von Tierwohl. Würden Sie mir zustimmen, dass der Verbraucher bei der Tierhaltung oft die unterschiedlichen Haltungsformen gar nicht kennt, geschweige denn in der Lage ist, sie zu unterscheiden, weil es einfacher ist, sich den Unterschied zwischen Bodenhaltung und Käfighaltung bei Hühnern vorzustellen? Wir haben bei der Tierhaltung ganz andere Haltungsformen. Der Verbraucher ist gar nicht in der Lage, diese zu bewerten.

Das ist bestimmt ein Problem. Es gibt bereits verschiedene Vorschläge von der Arbeitsgruppe des Bundesrates für die Bereiche Mastgeflügel und Schweinemast. Für andere Tierhaltungsformen sind Vorschläge entwickelt worden, und zwar auch für den Bereich Milch. Bundesminister Schmidt hatte vor, diese Vorschläge für Schweinefleisch zu machen, was er hinterher nicht getan hat.

Ich denke, die Verbraucher zu informieren, ist ein wichtiges Anliegen. Die Fernheit zur Landwirtschaft ist einfach da. Das ist der Grund, warum wir – ich glaube, auch alle gemeinsam – Verbraucherinformationskampagnen in diesem Bereich unterstützen. Das Thema Wertschätzung von Lebensmitteln hat für uns insgesamt einen hohen Stellenwert.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gies.

Vielen Dank. Frau Ministerin, Sie haben eben gesagt, dass Sie bedauern, dass das kein erster Schritt sei. Die Presse sagt etwas anderes, wenn wir uns das anschauen. Ich denke, zu diesem ersten Schritt, den wir durchaus positiv bewerten in puncto artgerechtere Tierhaltung und Tierschutz, gehört aber auch zur Ehrlichkeit dazu, dass wir die Tiere entsprechend schlachten müssen, bevor wir sie verzehren. Deshalb meine Frage an Sie: Wie unterstützt die Landesregierung die Möglichkeit, noch tierschutzgerechter zu schlachten, das heißt, kleinere Schlachtstätten zu unterstützen? Gibt es da Ihrerseits Überlegungen, was zur Regionalität passt, die Sie gern mit den Fokus nehmen?

Ich beobachte immer wieder, dass die Auflagen immer höher werden. Von daher ist die Frage, wie Sie dazu stehen.

Herr Gies, die Frage ist gestellt. Sie fangen an zu kommentieren.

Ich kann Ihr Anliegen nur unterstützen. Tatsächlich versuchen wir, dieses Thema aufzugreifen. Aber Sie kennen die Spirale mit der Abnahme von Tierhaltern, Tierzahlen und die negativen Auswirkungen auf unsere Strukturen. Gleichzeitig gibt es die Entwicklung in der Tierkörperbeseitigung usw. Ich finde, das ist eine große Herausforderung. Ich weiß, dass sich die Abgeordneten auch mit diesem Thema beschäftigen und bin gern bereit, auch mit den Kolleginnen und Kollegen im Landwirtschaftsministerium dieses Thema im Rahmen unserer Möglichkeiten aufzugreifen und Verbesserungen dort zu bewirken, wo wir das können.

Frau Bublies-Leifert, Sie hatten eben zu einer zweiten Frage angesetzt. Wollen Sie diese noch stellen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Anfrage beantwortet. Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Damit ist die Fragestunde beendet.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung mit dem ersten Thema auf:

AKTUELLE DEBATTE

Willkürlicher Ausschluss von Journalistinnen und Journalisten durch ENF und AfD missachtet die Pressefreiheit als Säule der Demokratie auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/2110 –

Herr Dr. Braun, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Artikel 5 des Grundgesetzes besagt unter anderem – ich zitiere –: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“

Meine Damen und Herren, die Pressefreiheit ist ein großes Recht, ein verteidigungswürdiges Recht in unserer Verfassung, in unserem Staat und in unserer Gesellschaft. Angriffe auf die Pressefreiheit müssen und können wir hier zurückweisen. Wir müssen alle Mittel nutzen, um diese Angriffe auf die Pressefreiheit zurückzuweisen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der CDU und der FDP)

Nun gab es am vergangenen Samstag eine Veranstaltung der europäischen Fraktion der Rechtsparteien und der AfDFraktion in Koblenz. An dieser Veranstaltung durften nicht alle Journalistinnen und Journalisten teilnehmen.

(Abg. Martin Haller, SPD: Außer AfD-TV!)

Es wurden einige ausgeschlossen. Ich will auflisten, wer das beispielsweise ist: Alle öffentlich-rechtlichen Medien, darunter die ARD und das ZDF, die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, das „Handelsblatt“, zwei Journalisten vom „SPIEGEL“, selbst die rechtspopulistischen Compact-Medien, die öfter einen der Veranstalter, Herrn Pretzell, kritisieren.

Das heißt, es wurde ausgewählt zwischen den Journalisten und Journalistinnen und den Medien, die passen, und denen, die nicht passen, zwischen denen, die gut über die AfD berichten, und denen, die schlecht über diese Veranstaltung berichten.

Meine Damen und Herren, das ist eindeutig, aber ganz eindeutig rechts- und verfassungswidrig und nicht zulässig. Deswegen fordere ich alle hier auf, solche Dinge geradezurücken, klarzumachen, dass so etwas nie wieder vorkommt, und vor allem diejenigen, die in diesem Parlament demokratisch sind, dafür zu kämpfen, dass die Pressefreiheit auch in Zukunft gewährleistet ist.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der CDU und der FDP)

Nun ist es so, dass der Fraktionsvorsitzende der AfD in Rheinland-Pfalz – sonst hätten wir das hier vielleicht gar nicht thematisieren müssen – vor Kurzem in einer Pressekonferenz gesagt hat, er schließe nicht völlig aus, solche Maßnahmen auch in Rheinland-Pfalz zu ergreifen. Bislang sehe er keine unfaire Berichterstattung, – Zitat –:„Und da sehe ich diese Notwendigkeit nicht“.

Also behält sich der Fraktionsvorsitzende der AfD vor, in der Fraktion im Landtag in Rheinland-Pfalz gesetzwidrig zu handeln.

Meine Damen und Herren, das muss Folgen haben. Das kann natürlich nicht ohne Sanktionen bleiben. Gesetzwidriges Handeln und das Ankündigen von gesetzwidrigem Handeln ist nicht zulässig, weder für die eine noch für die

andere Fraktion. Deswegen werden wir auch über den Wissenschaftlichen Dienst versuchen, noch einmal zu prüfen, wie die Grundbedingungen für die Fraktionen sind. Sie bekommen Fraktionsgelder. Sie müssen sie dann auch legal verwenden und können nicht nach Gusto Journalistinnen ein- und ausladen, wie es ihnen gerade passt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich möchte dazusagen, dass es solcher Taten bedarf, wenn man auf dem verfassungsrechtlichen Boden stehen will. Sie können nicht einerseits behaupten, Sie würden zur Verfassung stehen, andere würden Fehler machen, und andererseits dann die Verfassung hinterfragen. Wenn Sie – einige von Ihnen in dieser Fraktion haben den Eid auf die Verfassung geleistet – den Eid auf die Verfassung leisten, dann können Sie nicht nach dem Prinzip handeln, legal, illegal, scheißegal,

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das ist kein parlamentarischer Begriff! – Zuruf der Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD – Weitere Zurufe von der AfD)

sondern Sie müssen auf dem Boden der Verfassung bleiben und können nicht angekündigten Rechtsbruch begehen. Dagegen werden wir uns wehren, meine Damen und Herren.

Wir verteidigen die Rechte. Wir verteidigen die Verfassung. Ich hoffe, dass tun wir alle in diesem Parlament.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und bei der CDU)

Für die AfD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Junge das Wort.