Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Etwas Grundsätzliches vorweg, das ich Ihnen, liebe Abgeordnete von der CDU, in Erinnerung rufen möchte. Sie tragen schon länger keine Regierungsverantwortung mehr in Rheinland-Pfalz. Vielleicht ist es Ihnen daher entfallen. In einer Koalition ist die konstruktive und vertrauensvolle Diskussion üblich. Eine Diskussion bedeutet nicht gleich einen Koalitionsstreit, und der liegt auch bei den sicheren Herkunftsstaaten nicht vor.
De facto ist die Frage, ob die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden sollen, noch nicht auf der Tagesordnung des Bundesrats erschienen. Wenn dies der Fall ist, werden wir uns im Ministerrat darüber beraten, wie wir uns als Landesregierung hierzu aufstellen.
Meine Damen und Herren, als Integrationsministerin hat sich meine Haltung zur Einstufung von Tunesien, Marokko und Algerien als sichere Herkunftsstaaten nicht geändert.
Ich sehe dies sehr kritisch, weil die genannten Staaten nicht sicher sind. Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierung von Oppositionellen, Journalistinnen und Journalisten sowie homosexuellen Menschen kommen dort immer noch vor. Trotzdem wird die Erweiterung der sicheren Herkunftsstaaten um diese drei Staaten nun im Zusammenhang mit der aktuellen Sicherheitsdebatte und dem Wunsch nach einer schnelleren Rückführung dorthin diskutiert. Aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.
Die Einstufung als sichere Herkunftsstaaten würde bestenfalls die Dauer der Asylverfahren reduzieren. Die zügige Rückführung nach Tunesien, Algerien und Marokko scheiterte bislang aber in erster Linie an der Tatsache, dass diese Länder ihre eigenen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger nicht wieder aufnehmen wollen.
Hier brauchen wir dringend wesentlich bessere Rücknahmeabkommen, die der Bund endlich verhandeln muss.
Meine Damen und Herren, Rheinland-Pfalz ist neben anderen Ländern für die Bearbeitung von Asylanträgen von Menschen aus Marokko und Algerien zuständig. Wir haben mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vereinbart, dass diese Anträge so schnell wie möglich nach der Einreise bearbeitet werden. Im Falle einer Ab
lehnung können dann unverzüglich aufenthaltsbeendende Maßnahmen ergriffen werden. Die Zentralstelle für Rückführungsfragen leitet gleichzeitig gegebenenfalls frühzeitig notwendige Schritte zur Passbeschaffung mit dem Ziel ein, dass Rückführungen bereits aus der Erstaufnahmeeinrichtung geschehen.
Die Landesregierung hat somit unverzüglich gehandelt und die Grundlage für eine beschleunigte Rückführung geschaffen.
Im vergangenen Jahr wurden in Rheinland-Pfalz insgesamt 47 Asylanträge von Personen aus den Maghreb-Staaten abgelehnt, 22 aus Marokko, 22 aus Algerien und drei aus Tunesien. Auch dies macht deutlich, dass im Rahmen des allgemeinen Rückführungsgeschehens abgelehnte Asylsuchende, Bewerberinnen und Bewerber aus den MaghrebStaaten, zahlenmäßig nicht von Bedeutung sind.
Meine Damen und Herren von der CDU, es ist Ihr erklärter Wunsch, Asylsuchende aus den Maghreb-Staaten von der Flucht nach Deutschland abzuhalten. Sie setzen zur Abschreckung auf das Instrument der sicheren Herkunftsstaaten. Hier setzen Sie auf das falsche Pferd; denn schnell entschiedene Asylverfahren und eine konsequente, zügige Rückführung sprechen für die Menschen in den Herkunftsländern eine viel deutlichere Sprache. Wenn der gerade erst aufgebrochene Nachbar nach wenigen Monaten schon wieder zu Hause ist, dann wird dies seine Wirkung nicht verfehlen.
Meine Damen und Herren, das A und O sind schnellere Asylentscheidungen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, wobei wir von unserem Standard fairer Asylverfahren nicht abrücken dürfen.
Rückführungen können außerdem über Rückkehrbeihilfen unterstützt werden, auf die jetzt im Übrigen, nachdem das Rheinland-Pfalz seit vielen Jahren tut, auch der Bund setzt.
Frau Klöckner, Sie haben augenscheinlich gute Beziehungen ins Kanzleramt. Nutzen Sie diese doch endlich einmal sachdienlich, und machen Sie sich für schnellere Asylverfahren stark.
Ebenfalls sinnvoll wäre es, in den Maghreb-Staaten eine Informationskampagne zu starten, die über die geringe Chance einer Anerkennung als Flüchtling in Deutschland informiert.
Meine Damen und Herren, es gibt sinnvolle und wirksame Mittel, um den Zuzug aus den Maghreb-Staaten zu regulieren und Rückführungen dorthin noch erfolgreicher und konsequenter durchzusetzen.
Diese Staaten als sichere Herkunftsstaaten einzustufen, gehört nicht dazu. Die von mir skizzierten Wege sind seit Längerem auch dem Bundeskanzleramt zugeleitet. Damit liegt der Ball jetzt dort.
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Dreyer, ich darf Sie bitte direkt ansprechen. Sie sind Chefin der Regierung. Sie sind auch gleichzeitig Präsidentin des Bundestages.
Wenn Frau Spiegel sagt, der Ball liegt beim Bundeskanzleramt, er liegt auch im Bundesrat, er liegt auch in der Landesregierung Rheinland-Pfalz.
Wenn die FDP davon spricht, dass sie dafür ist, die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer anzuerkennen, dann nehmen Sie bitte Ihre Möglichkeiten und Stimme in der Koalition wahr, und fordern Sie die Regierungschefin auf, dahin gehend auch im Bundesrat Entscheidungen zu treffen.
Dort, wo im Sommer – das ist auch schon gefallen – die Urlauber in Urlaub hinfahren, davon zu sprechen, dass es keine sicheren Herkunftsländer sind, macht keinen Sinn, Herr Dr. Braun.
Frau Dreyer, nehmen Sie bitte Ihre Verantwortung als Regierungschefin wahr, und nehmen Sie es im Bundesrat wieder auf die Tagesordnung, damit es endlich entschieden wird.