Protocol of the Session on December 14, 2016

Sehr geehrte Damen und Herren, meine lieben Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, lieber Thomas Roth, lieber Bernhard Braun, wir stehen nun vor dem Beginn der parlamentarischen Beratungen des Haushalts. Natürlich werden wir unsere Schwerpunkte an der einen oder anderen Stelle schärfen. Das ist normal, das gehört sich für den Haushaltsgesetzgeber. Das gehört sich auch für eine selbstbewusste regierungstragende Fraktion.

Deshalb sage ich in Abwandlung eines Satzes, den Peter Struck geprägt hat: Dieses Landeshaushaltsgesetz wird den Landtag nicht so verlassen, wie es ihn erreicht hat. – Das soll Doris Ahnen bitte nicht als Drohung empfinden.

(Heiterkeit der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden das natürlich in der größtmöglichen sozialdemokratischen Solidarität miteinander machen. Aber es ist doch völlig klar, dass wir auch unsere Akzente schärfen wollen. Es muss mich übrigens niemand von der Regierungsbank jetzt verschreckt anschauen. Wir werden unsere Profile schärfen. Aber es wird einen erheblichen Unterschied zu den Vorschlägen geben, die von der CDU kommen. Unsere Vorschläge werden alle begründet sein. Sie werden durchgerechnet sein und mit Deckungsvorschlägen daherkommen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Frau Kollegin Klöckner, wer glaubt, er kann uns gegenüber argumentieren, wir würden den Populismus unterstützen und nähren, gleichzeitig aber sagen, wir werden schon irgendwie und irgendwo sparen, nämlich im Zuge einer Haushaltspolitik, die an die CDU-Finanzpolitik in den eigenen Reihen angelehnt ist, der kann uns nicht diesen Vorwurf machen. Dieser Vorwurf fällt auf Sie selbst zurück. Sie müssten heute schon erklären können, wo Sie genau sparen wollen, und das nicht irgendwann ankündigen, und am Ende kommt doch wieder nichts dabei herum.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Regierung, die wir tragen, hat zukunftsweisende Investitionen für eine gute Infrastruktur, für Bildung, für Integration, für Sicherheit und Ökologie vorgesehen. Wir gehen von einem gemeinsamen Men

schenbild aus. Ich möchte das bewusst nicht überhöhen, jetzt auch nicht pathetisch übertreiben. Es hat sich aber bei den Koalitionsverhandlungen gezeigt, diese Regierung ist von der Gewissheit getragen, dass man den Menschen in diesem Land etwas zutrauen kann, dass man nicht davon ausgehen muss, dass die Menschen vor allem von Ängsten, Befürchtungen, von Sorgen und Ressentiments gegenüber Schwulen und Lesben genährt sind, liebe Frau Klöckner, sondern dass sie sagen, wir wollen in diesem Land zusammenarbeiten.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hätte es gerne bei dem Thema der Inneren Sicherheit untergebracht, aber weil ich zur Frau Kollegin Rohleder schaue, die Staatssekretärin ist und in Personalunion die Vertretung für das Thema Vielfalt übernehmen wird, sage ich, liebe Frau Kollegin Klöckner, es mag sein, dass dieser Hinweis, dass die alte Oma nicht mehr zur Polizei darf, es aber für die Schwulen und Lesben einen Beauftragten gibt, vielleicht bei der Senioren-Union in Guldental noch den Puls hochtreiben kann, aber hier im Landtag können Sie nicht in Anspruch nehmen, dafür ernst genommen zu werden.

(Starker Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Christian Baldauf, CDU: Ach Quatsch!)

Lieber Herr Baldauf, Sie werden uns im Zuge der Haushaltsberatungen noch einmal erklären können, wie Sie vorhaben, die AfD zu bekämpfen, wenn Sie so reden wie die AfD. Das wird nicht aufgehen.

(Starker Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Christian Baldauf, CDU: Ach je! – Zuruf von der CDU: Unverschämt!)

Sie sagen: unverschämt. – Ja, ich habe mich tatsächlich nicht geschämt, das hier anzusprechen. Aber die Vorlage hat Ihre Fraktionsvorsitzende geliefert. Also bringen Sie die Kritik bei ihr an. Dann gibt es auch keinen Widerspruch. Noch einmal: Wir sind nicht auf einem CDULandesparteitag. Hier darf man auch noch widersprechen, wenn die CDU-Fraktionsvorsitzende gesprochen hat.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir verbinden die Themen, die den Menschen wichtig sind. Wir verbinden wirtschaftlichen Fortschritt mit sozialer Verantwortung, weil wir wissen, dass das Geschwisterpaare sind. Das eine geht nicht ohne das andere. Wir wissen, es geht um ökologische Nachhaltigkeit. Das ist ein Thema, das nicht immer Konjunktur hat, aber das nicht aufhört, wichtig zu sein. Dafür steht diese Ampel. Wir nutzen Vielfalt und Weltoffenheit als Chance. Wir verknüpfen gemeinsam mit den Menschen unseres Landes Bodenständigkeit und Zukunftsoffenheit. In den nächsten Jahren werden wir gemeinsam mit unseren Regierungspartnern – – –

(Abg. Joachim Paul, AfD: Schlagworte! – Weitere Zurufe von der AfD)

Dass Sie das Thema Weltoffenheit offensichtlich so um

treibt, dazu kann ich nur sagen, ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach ist, die AfD zu provozieren. Bitte, es ist ein Schlagwort. Es mag sein, dass das Thema Weltoffenheit für Sie wie ein Schlag daherkommt.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Fragen Sie einmal die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer! – Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Aber ich meine es ernst. Es ist das, was die Menschen in diesem Land prägt und zusammenbringt.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Joachim Paul, AfD: Da haben Sie Angst davor! Fragen Sie die einmal, was sie von Ihrer Weltoffenheit halten! Nichts!)

Herr Paul, sie müssten doch nun wirklich wissen, dass Sie bisher keine Erfolgsgeschichte geschrieben haben, wenn Sie mit mir rumverhandeln und Zwischenrufe machen. Das hat bisher noch nicht funktioniert. Warum lernen Sie denn daraus nicht?

(Abg. Joachim Paul, AfD: Das ist billig!)

Es mag sein, dass Sie das nicht gut finden. Aber ich bin nicht dazu da, Dinge zu sagen, die Sie gut finden, Herr Paul.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen die Veränderung von Arbeiten und Leben durch die Digitalisierung, den demografischen Wandel, die Stärkung des Zusammenhalts durch Integration – all das braucht eine Politik, die in schwierigen Zeiten anpackt, und zwar mit klarem Kompass. Lassen Sie mich das an einigen Stellen des Haushaltsentwurfs verdeutlichen.

Ich möchte gerne etwas zum Thema kommunale Finanzen sagen. Meine Damen und Herren, etwa ein Drittel dieses Landeshaushalts steht den Kommunen für deren Aufgabenerledigung zur Verfügung. Das sind im Jahr 2018 rund 5,6 Milliarden Euro. Sie setzen sich aus den Mitteln innerhalb des kommunalen Finanzausgleichs und aus Zuweisungen an Kommunen außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs zusammen. In diesem Doppelhaushalt steigt dieser kommunale Finanzausgleich im Jahr 2017 um 156 Millionen Euro und im Jahr 2018 um weitere 176 Millionen Euro auf dann 2,9 Milliarden Euro

Das macht deutlich, dass wir von einer Zunahme von 12,8 % sprechen können. Das heißt, die Gesamtausgaben des Landes wachsen im selben Zeitraum um 6 %, während die Ausgaben, die wir den Kommunen zuordnen können, um über 12 % wachsen.

Wie man sich dann zu der Behauptung versteigen kann, wir würden sozusagen haushaltspolitischen Krieg mit den Kommunen führen, kann ich nicht verstehen.

Natürlich gibt es, was die Frage der Integration angeht, immer auch die Notwendigkeit, dass man sich in den Austausch begibt. Wir hatten in der letzten Woche eine ganz spannende Anhörung im Haushalts- und Finanzausschuss.

Ich fand es völlig legitim, dass die Kommunen gesagt haben, wir sind auch die Akteure, wenn es um Integrationspolitik geht. Das ist doch völlig legitim. Wir empfinden das auch so. Aber das heißt doch nicht, dass das Land darin überhaupt keine Aufgaben hat.

Es ist in dieser Anhörung auch interessant gewesen, dass die drei Vertreter der kommunalen Familie, wie es eben manchmal in einer Familie ist, nicht einer Meinung waren, wenn es darum geht, zuzuordnen, wer welche Aufgaben hat. Der Kollege vom Gemeinde- und Städtebund hat eine andere Auffassung gehabt als der Kollege vom Landkreistag. Der Kollege vom Städtetag, der Pirmasenser Oberbürgermeister – vor und nach der Landtagswahl –, hat gesagt, wir haben ungefähr eine Ahnung, was uns die Flüchtlingskrise in Pirmasens kosten kann, nämlich 1.250 Euro pro Fall. Aber wir sind nicht sicher, ob die Zahl stimmt.

Herr Matheis hat gesagt – das möchte ich bei allem Respekt anfügen –, er kann selbst nicht sagen, ob die Zahl seriös und valide ist. Also hatten wir doch die Situation, dass wir heute über ein Landesaufnahmegesetz sprechen, bei dem uns die kommunalen Spitzenverbände erstens nicht sagen können, wo die Kosten sind und wie die Belastung ist, und sich zweitens nicht einig sind, aber in einem schon gemeinsam sicher sind, dass das Land mehr geben muss.

Das kann man in einer allgemeinpolitischen Auseinandersetzung machen. Das ist völlig legitim. Aber auf der Grundlage ein Gesetz zu beschließen, kann von den regierungstragenden Fraktionen in diesem Landtag keiner verlangen. Frau Kollegin Klöckner, deshalb sage ich Ihnen, diese Diskussion können wir gerne führen, aber so pauschal und so mit Schlagworten versehen, wie Sie es versucht haben, wird es nicht gehen. Die Welt ist komplizierter, auch mit Blick auf die Kommunen in Rheinland-Pfalz.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, für diese Regierung ist Bildung die Voraussetzung für Fortschritt und Wohlstand. Dieser Haushalt macht es deutlich. Mit uns bleibt die Bildung von der Kindertagesstätte bis zur Hochschule gebührenfrei. Wir haben die Unterrichtsversorgung in den letzten Jahren konsequent verbessert. Wir gehen mit diesem Haushaltsentwurf 2017/2018 weitere Schritte zur 100 %igen Unterrichtsversorgung, liebe Stefanie Hubig. Hierfür sind in den Jahren 2017/2018 jeweils rund 2,1 Milliarden Euro vorgesehen.

Für das aktuelle Schuljahr wurden rund 1.100 junge Lehrerinnen und Lehrer in den rheinland-pfälzischen Schuldienst eingestellt. 270 Stellen wurden für das Schuljahr 2016/2017 neu geschaffen.

Ein Weiteres kommt hinzu: Die Mittel für den Schulbau wachsen um 5 Millionen Euro im Jahr 2017 und um 10 Millionen Euro für das Jahr 2018. Meine Damen und Herren, dieses Land, diese Landesregierung, unterstützt von den regierungstragenden Fraktionen, wird immer einen Schwerpunkt bei Bildung, Schule und Kindertagesstätten sehen. Dieser Haushalt atmet nicht nur den Anspruch, sondern er kann ihn mit Zahlen und Nummern belegen.

Liebe Frau Kollegin Klöckner, wenn Sie gesagt haben, das ist alles nur eine Aneinanderreihung von Nummern, was Sie als Kritik an der Rede von Frau Doris Ahnen angebracht haben, so wird keine Haushaltsrede ernst genommen werden können, wenn man nicht auch ein paar Zahlen und ein paar Nummern mit hineinbringt. Diese habe ich Ihnen jetzt gerade für den Bildungsbereich genannt. Sie sollten sie zur Kenntnis nehmen. Würden Sie diese zur Kenntnis nehmen, müssten Sie Ihre Argumentation überprüfen. Ich habe da keine Hoffnung.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir intensivieren unsere Anstrengungen für eine optimale Kindertagesbetreuung im Land. 624 Millionen Euro im Jahr 2017 und sogar 637 Millionen Euro im Jahr 2018 sprechen eine klare Botschaft. Im Jahr 2018 ist das ein Zuwachs um 35 Millionen Euro.

Wir sichern die guten Studienbedingungen und die duale Ausbildung in ganz Rheinland-Pfalz und stärken die Durchlässigkeit zwischen den Bereichen. Ich möchte einen Meilenstein nennen, der uns im Koalitionsvertrag als Sozialdemokraten sehr stark bewegt hat, den wir umsetzen wollten, für den wir auch im Vorfeld der Landtagswahl geworben haben. Es geht darum, die Gleichrangigkeit der Bildungsabschlüsse nicht nur rhetorisch im Munde zu führen, sondern auch mit politischen Schlüssen zu unterstützen. Darum bin ich sehr froh, dass es gelungen ist, ein deutliches Signal an Handwerk und berufliche Bildung zu setzen, indem wir sagen, der Meisterbonus wird kommen. Er ist mit 7,5 Millionen Euro je Haushaltsjahr vorbereitet. Das ist ein klares Signal an die junge Generation, ihr müsst nicht studieren, um etwas zu werden und etwas zu gelten,

(Abg. Joachim Paul, AfD: Jetzt auf einmal!)

sondern wir als Land setzen unsere Ansprüche gleichermaßen in dieses Bildungssystem an alle, die bereit sind, etwas zu tun und etwas zu leisten.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich ist das auch Wirtschaftsförderung. Wir sind das Land des Mittelstandes. Es gibt ein Land im Süden, nämlich Baden-Württemberg, das das auch von sich behauptet. Aber mit Blick auf die Struktur sind wir das. 99 % aller Unternehmen haben weniger als 100 Beschäftigte, 91 % weniger als zehn Beschäftigte. Wir sind das Land der kleinen und mittleren Unternehmen, der handwerksnahen Dienstleistungen. Das ist ein klares Signal an die Wirtschaftsstruktur in Rheinland-Pfalz. Das ist Wirtschaftsförderung pur, was wir hier machen, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass wir diesen Anspruch auch im Bereich der Hochschulen umsetzen wollen, zeigt sich darin, dass wir in jedem Haushaltsjahr, über das wir sprechen, über 1 Milliarde Euro jährlich in die Grundfinanzierung der Hochschulen geben. Ich rede ich hier nur von der Grundfinanzierung. Da kommt noch manches dazu, lieber Konrad Wolf: 200

Stellen, die wir über das Jahr 2016 hinaus ziehen, 100 davon unbefristet. – Das ist ein klares, auch personelles Signal an die Hochschulstandorte in Rheinland-Pfalz. Wir kümmern uns um unsere Hochschulen und Universitäten, weil wir wissen, sie sind auch so etwas wie der Brennpunkt für neue innovative Möglichkeiten, für Menschen, die gerne nach Rheinland-Pfalz kommen.