Protocol of the Session on November 18, 2016

Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kollegin Demuth.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Winter, ja, der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Rheinland-Pfalz. In der Tat arbeiten 150.000 Menschen in diesem wichtigen Wirtschaftszweig bei uns.

Jedoch fehlt es ihm – und das nicht nur in Rheinland-Pfalz, auch deutschlandweit – immer noch an der gesellschaftlichen Anerkennung. Die Löhne sind niedrig. Die Arbeitszeiten sind oft lang, frühmorgens, spätabends, an den Wochenenden und Feiertagen.

Der Fachkräftemangel – das überrascht uns alle nicht – ist

deshalb gerade im Tourismus- und Gastgewerbe besonders hoch.

(Beifall bei der CDU)

Mehrheitlich ist der Tourismus Länderaufgabe. Deshalb ist es an uns, heute darüber zu sprechen, wie wir die Rahmenbedingungen in Zukunft so gestalten können, dass sich der Tourismus in Rheinland-Pfalz positiv entwickelt.

Herr Winter, es tut mir furchtbar leid, daher muss ich jetzt ein bisschen Wasser in den von Ihnen so schön dargestellten Wein gießen.

Ja, die Zahlen haben sich in den vergangenen Jahren gut oder positiv entwickelt. Schauen wir uns jedoch den Ländervergleich in den letzten zehn Jahren an, ergibt sich ein deutliches Bild.

In Deutschland ist der Tourismus in den letzten zehn Jahren um 38 % gewachsen, in den Flächenländern um 35 %, bei uns in Rheinland-Pfalz im gleichen Zehnjahreszeitraum jedoch nur um 11 %. Gleiches gilt bei den Übernachtungszahlen.

In Deutschland sind die Übernachtungszahlen in den letzten zehn Jahren um 27 % gewachsen, in den Flächenländern um 21 %, bei uns in Rheinland-Pfalz jedoch nur um 9 %. Auch hier liegen wir im Deutschlandvergleich weit, weit hinter den anderen Ländern zurück.

Also wir sollten lieber dringend die bereits Ende des Jahres 2015 – und das ist bezeichnend – abgelaufene Tourismusstrategie überarbeiten und neu ausrichten, als uns hier auf die Schulter zu klopfen und mit einer Portion Stolz, lieber Herr Winter, über die Tourismusentwicklung zu sprechen.

(Beifall bei der CDU)

Was sollten wir tun? Ich komme zu den Maßnahmen. Besonders im Bereich Qualitätssicherung und -steigerung in den Hotels und Gaststätten bedarf es dringend passender Fördermöglichkeiten. Der Sanierungsstau hier ist enorm. Nachfolgeproblematiken spitzen sich immer mehr zu. Das Gaststättengewerbe ist von so vielen Schließungen erfüllt wie noch nie zuvor. 60 % der 8.100 Gaststätten von 13.500 Hotels und Gaststätten stehen in den nächsten fünf bis acht Jahren vor der Unternehmensnachfolge.

Meine Damen und Herren, leisten wir hier keine Unterstützung, wird diese Herausforderung für die Hotels und Gaststätten zu unüberwindbaren Gräben, und diese Probleme sind hausgemacht.

In den letzten Jahren hat die rot-grüne Landesregierung sämtliche einzelbetrieblichen Beratungs- und Investitionsprogramme mit Landesmitteln systematisch gestrichen. Stattdessen setzen wir hier auf Förderprogramme wieLEADER und EFRE der EU und Bundesförderprogramme wie die GRW. Diese sind für viele kleine Betriebe in Rheinland-Pfalz jedoch viel zu aufwendig und oftmals an nicht erfüllbare Kriterien gekoppelt. Finanzielle Fördermöglichkeiten sind wegen dem fehlenden Eigenkapital besonders der Kleinbetriebe jedoch dringend vonnöten. Oft würden schon Förderbeträge von 50.000 Euro ausreichen, um

Kredite für die Unternehmen zu ermöglichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich muss es an der Stelle auch noch einmal sagen, weil es sich um ein großes Infrastrukturprojekt im touristischen Bereich gehandelt hat. Am Nürburgring haben wir knapp 500 Millionen Euro ausgegeben. Hätten wir kleine Betriebe mit Fördersummen wie den von mir genannten 50.000 Euro damit unterstützt, hätten wir 10.000 kleine touristische Betriebe in Rheinland-Pfalz mit dieser Summe unterstützen können.

(Beifall der CDU)

Konkret regen wir folgende Fördermaßnahmen an:

1. effektive Existenzgründerprogramme,

2. einzelbetriebliche Fördergelder für Beratung und Investitionen insbesondere bei Betriebsübergaben,

3. Stichtagsübergaberegelungen mit sinnvollen Zeitkorridoren für Konzessionen und Betriebsübergaben im Gaststättengewerbe und die Weiterentwicklung der Bäderlandschaft.

Meine Damen und Herren, wir stehen kurz vor den aktuellen Haushaltsberatungen, und deshalb nenne ich diese Sofortmaßnahme. Die Wiederbelebung des Bäderansatzes im Wirtschaftsministerium wäre dringend vonnöten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Seit 2011 gibt es in diesem Bereich nur noch Restmittel. Wollen wir die Heilbäder und Kurorte stärken, wäre hier eine Wiederbelebung mit dem ehemaligen Betrag von 250.000 Euro dringend vonnöten.

(Beifall bei der CDU)

Entscheidend wird in der neuen Tourismusstrategie die Neuausrichtung der Organisationsstrukturen und Vermarktungsstrukturen sein; denn diese sind bei uns viel zu kleinteilig. Viele Regionen vermarkten sich in kleinteiligen unüberschaubaren Strukturen. Es wird darum gehen, sich gemeinsam zu professionalisieren.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich möchte schließen mit der Feststellung, dass wir Deutschen bei aller Kritik Deutschland immer noch als unser allerliebstes Reiseziel betrachten. Wir sollten also gemeinsam daran arbeiten, dass Rheinland-Pfalz in des Deutschen liebstem Reiseziel zur liebsten Zielregion wird.

Ich freue mich auf die Gespräche im Ausschuss.

(Beifall der CDU)

Für die AfD-Fraktion spricht Herr Kollege Schmidt.

Frau Präsidentin, werte Kollegen, liebe Gäste! Dass in Rheinland-Pfalz die Anzahl der Übernachtungsgäste 2016

erneut leicht steigen konnte, ist erfreulich, ebenso die stetige Aufwärtsentwicklung der letzten Jahre.

Nun kann man diese vergleichsweise positive Bilanz zum Anlass nehmen, sich mit Blick auf die Öffentlichkeit gegenseitig auf die Schultern zu klopfen. Das wird die Ampel heute fraglos zur Genüge tun, hat sie schon getan. Das ist auch der Sinn dieses Antrags.

(Beifall der AfD)

Oder man stellt Fragen, die zeigen, dass die Zahlen beim genaueren Blick gar nicht so gut sind, wie sie beim ersten Anschein aussehen. Dieser Part ist naturgemäß jener der Opposition, und ich nehme ihn für die Alternative für Deutschland gern an.

Tatsächlich besteht nämlich keinerlei Anlass, sich auf vermeintlichen Lorbeeren auszuruhen. Stattdessen gibt es eine Menge Gründe für die Auffassung, dass RheinlandPfalz sein enormes touristisches Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft hat. Obendrein besteht der Verdacht, dass nicht genügend für längerfristige Sicherstellung guter Übernachtungs- und Gästezahlen getan wird. Fangen wir mit Letzterem an.

Aus Sicht der AfD-Fraktion ist es nicht nachvollziehbar, warum in der Tourismusstrategie 2025 als bisherige Schwerpunkte die Bereiche Wandern, Wein, Radfahren, Natur, Kultur und Kulinarik, Qualitätsentwicklung und Barrierefreiheit ausgewiesen sind, nicht aber eine stärkere Angebotsausrichtung auf Familien, Jugendliche und Kinder.

(Abg. Martin Haller, SPD: Senioren!)

Auch das.

Das erstaunt uns doch sehr. Haben die Verantwortlichen hier etwa nicht verstanden, dass es zwar immer noch einen quantitativ respektablen Wandertourismus gerade in meiner Herkunftsregion Südpfalz gibt? Dieser ist aber fast vollständig auf die Generation über 40 beschränkt. Was passiert, wenn die vielen Senioren nicht mehr wandern können? Wer nutzt dann noch die zahllosen schönen Wanderwege und die wundervollen Hütten beispielsweise des Pfälzerwald-Vereins? In puncto touristischer Zukunftssicherung durch eine stärker gezielte Angebotsausrichtung auf Familien, Jugendliche und Kinder muss dringend nachgebessert werden.

(Beifall der AfD)

Aber nicht nur dort. Seit rund drei Jahrzehnten lässt sich der Trend erkennen, dass die Gästezahlen steigen, während die Übernachtungszahlen 2015 auf dem ähnlichen Niveau sind, wie sie bereits 1991 waren. Es gibt also eine immer kürzere Verweildauer. Diesem Tatbestand muss konzeptionell wirkungsvoll entgegengewirkt werden.

Die Rahmenbedingungen des Tourismus in Deutschland allgemein sind für die nächsten Jahre eigentlich recht gut: Stichwort wachsende Gefahren durch politische Instabilität, Kriminalität und Terrorismus in klassischen außereuropäischen Reisegebieten. Das veranlasst immer mehr

Menschen hier im Land, ihren Urlaub im eigenen Land anzutreten. Doch die Landesregierung in Mainz droht, dieses unserem Bundesland buchstäblich winkende Kapital durch fahrlässige landschaftszerstörende Energiepolitik zu gefährden.

(Beifall der AfD)

Noch – ich bitte um Aufmerksamkeit – können wir

(Heiterkeit im Hause)

die drohenden Folgen der immer weiter gehenden Verspargelung unserer Heimat vor allem an den sich häufenden Unmutsäußerungen aus der Bevölkerung messen. Doch schon bald werden auch statistische Zahlen belegen, welche außerordentlich negativen Folgen diese Verstöße gegen das im Baurecht festgeschriebene Verunstaltungsverbot haben.

(Beifall der AfD)