Protocol of the Session on November 18, 2016

3. Welche umwelt- und wirtschaftspolitischen Folgewirkungen sind für Rheinland-Pfalz durch den Klimaschutzplan zu erwarten?

4. Welche begleitenden Maßnahmen startet die Landesregierung Rheinland-Pfalz, um den Klimaschutzplan zum Erfolg zu führen?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Dr. Griese.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Zu Frage 1: Um die Erwartungen, die an die Klimakonferenz von Marrakesch bestehen, richtig einordnen zu können, muss man sich die Entwicklung seit Dezember 2015 vor Augen führen.

Vor weniger als einem Jahr haben sich die Staaten der Erde auf der Klimakonferenz von Paris auf konkrete Pläne und konkrete Ziele im Klimaschutz geeinigt. In Rekordzeit, in weniger als einem Jahr, ist diese Vereinbarung ratifiziert worden. Es ist denkwürdig, dass die Ratifizierung vor der Europäischen Union bereits von den Ländern USA und China vorgenommen wurde.

Die jetzige Klimakonferenz steht unter dem Leitmotto „Action and Implementation“, also Handeln und Umsetzung. Das ist auch notwendig, da der Klimawandel Realität ist und wir dringend darauf angewiesen sind, Klimaschutzmaßnahmen zu betreiben.

Das will ich auch anhand der aktuellen Temperaturzahlen aus Rheinland-Pfalz unterlegen. In Rheinland-Pfalz war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen das Jahr 2014 mit plus 1,8 Grad Celsius. 2015 war das zweitwärmste Jahr, und 2016 wird allem Anschein nach 2015 sogar noch überholen. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen waren also die drei wärmsten Jahre in Rheinland-Pfalz die Jahre 2014, 2015 und 2016.

Wir merken die Auswirkungen nicht zuletzt auch bei den Starkregenereignissen und den dadurch ausgelösten, lokal begrenzten Hochwasserereignissen, die wir in diesem Jahr hatten, bei Schädlingen, die wir vorher nicht hatten – es war gerade von der Kirschessigfliege die Rede, einem Klimafolgeschädling –, oder an den sich stärker ausbreitenden Pilzkrankheiten, die wir in den landwirtschaftlichen und weinbaulichen Kulturen haben.

Vor diesem Hintergrund erhoffen wir uns und erwarten wir, dass aus der in Rekordzeit vorgenommenen Ratifizierung des Klimaschutzabkommens vom Dezember 2015 jetzt auch Schwung in die Umsetzung entsprechender Maßnahmen hineinkommt und sich die Mitgliedstaaten der Erde jetzt auch auf konkrete Umsetzungs- und Handlungsschritte verständigen.

Dabei soll nicht verschwiegen werden, dass wir uns als Bundesrepublik Deutschland und auch als Europäische Union nicht zurücklehnen und glauben können, wir seien im Klimaschutz die Vorreiter und alle anderen würden uns nur nach und nach oder zögerlich folgen, sondern die Entwicklung in den letzten Jahren zeigt, dass gerade die Länder, die in der Vergangenheit dabei eher zögerlich waren, jetzt auf die Überholspur gehen.

Gerade gestern war unter „tagesschau.de“ zu lesen, als eine Bilanz der Präsidentschaft von Präsident Obama gezogen wurde, dass in der Regierungszeit von Präsident Obama in den USA auf entsprechendes Regierungsbetreiben hin über 400 Kohlekraftwerke stillgelegt worden sind.

Eine zweite denkwürdige Zahl ist, dass in China im letzten Jahr so viel Windkraftkapazität installiert worden ist – ungefähr 36.000 MW –, wie in Deutschland insgesamt steht. Dies in einem Jahr! In diesem und im nächsten Jahr wird es ähnlich sein.

Das zeigt, wir dürfen uns nicht bequem zurücklehnen, sondern wir müssen mit entsprechenden Klimaschutzanstrengungen den Klimawandel bekämpfen.

Zu Frage 2: Das Bundesumweltministerium hat inzwischen auf der Homepage den Klimaschutzplan des Bundes 2050 veröffentlicht. Deutschland will bis zur Mitte dieses Jahrhunderts weitgehend treibhausgasneutral sein. Das Zwischenziel für Deutschland ist nach diesem Plan eine Minderung um 55 % bis spätestens 2030.

Ich will schon hier sagen, dass wir da als Land RheinlandPfalz ehrgeiziger sind. Wir haben ein Landesklimaschutzgesetz, das auch von der neuen Koalitionsregierung entsprechend unserer Koalitionsvereinbarung vorangetrieben wird. In ihm ist bereits festgelegt, dass wir schon bis 2020 40 % Minderung erreicht haben wollen.

Wir begrüßen, dass jetzt im Bundesklimaschutzplan konkrete Minderungsvorgaben für einzelne Bereiche, für einzelne Handlungsfelder festgelegt worden sind. Wir sagen aber auch vor dem Hintergrund, dass wir in der Koalitionsvereinbarung festgelegt haben, dass wir uns auch zum Kohleausstieg bekennen, dass wir uns im Klimaschutzplan der Bundesregierung ein konkretes Ausstiegsdatum gewünscht hätten.

Zu Frage 3: Der vorgelegte Plan enthält erstmals Minderungsziele für einzelne Wirtschaftszweige bis 2030 und gibt damit eine konkrete strategische Orientierung.

Ich will an dieser Stelle darauf verweisen, dass RheinlandPfalz zum Beispiel beim Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen eine Spitzenstellung in Deutschland einnimmt. Wir werden in diesem Jahr etwa 45 % des Stroms, der in Rheinland-Pfalz erzeugt wird, aus erneuerbaren Quellen bekommen haben. Das ist ein Zielwert, an dem sich die anderen Bundesländer gerne orientieren sollen.

Ich will dann auch darauf hinweisen, dass die Folgen des Klimawandels, wenn wir nichts tun, teurer werden als das, was wir in den Klimaschutz investieren. Die geplante Dekarbonisierung soll und wird im Übrigen nicht zu einer Verringerung der Industrieproduktion führen, sondern sie wird Arbeitsplätze schaffen, Wirtschaftskraft erhalten und ausbauen sowie das Innovationspotenzial, das wir haben, nutzbar machen.

Mit unseren erfolgreichen Unternehmen im Bereich der Umwelt- und Klimaschutztechnologie schaffen wir eine Grundvoraussetzung für das Voranbringen des Klima- und Umweltschutzes. Eine Zahl ist dabei in besonderer Weise von Bedeutung: Der Anteil der Umwelt- und Klimaschutztechnologie am rheinland-pfälzischen Bruttoinlandsprodukt liegt inzwischen nämlich bei 11 %, und das Wachstum dieser Branche liegt zwischen 11 und 16 %. Damit liegt es deutlich über dem Bundesdurchschnitt, bei dem wir „nur“ ein Wachstum von 7,5 % haben. Aber auch das zeigt, dass

es eine innovative und wachsende Branche ist.

Zu Frage 4: Der Klimaschutzplan richtet sich als Strategie zuallererst an den Bund, aber auch die Länder müssen ihren Beitrag leisten. Wir, Rheinland-Pfalz, haben mit dem Landesklimaschutzgesetz 2014 und dem Landesklimaschutzkonzept ressortübergreifend die Weichen gestellt. Wir waren eines der drei ersten Bundesländer, das ein solches Klimaschutzgesetz und einen solchen Klimaschutzplan hatte. Wir freuen uns natürlich darüber, dass dieses Konzept inzwischen auch in anderen Bereichen, in anderen Ländern angegangen wird.

Vielen Dank.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Steinbach.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, in welchen Sektoren liegen Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, um in Rheinland-Pfalz die gesetzten Klimaschutzziele zu erreichen?

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Steinbach, vielen Dank für die Frage. Ich glaube, es ist anhand der Zahlen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien zum Strombereich deutlich geworden, dass wir dort schon sehr gut vorangekommen sind.

Ein wichtiger Bereich, in dem noch sehr viel mehr zu tun sein wird, sind die privaten Haushalte im Wärmebereich. Deswegen hat sich die Koalition auch zur Wärmewende bekannt und wird mit entsprechenden Maßnahmen die Wärmewende ebenfalls im Land vorantreiben.

Ein zweiter wichtiger Bereich ist der Verkehrsbereich. Wir stehen vor einer Umstellung unseres Verkehrs, unseres Mobilitätssystems. Es wird darauf ankommen, auch im Mobilitätsbereich zu klimaschonenderer Mobilität zu kommen. Da wird insbesondere die Elektromobilität auf allen Ebenen eine entscheidende Rolle spielen.

Eine Zusatzanfrage des Herrn Abgeordneten Wäschenbach.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, welche schwächenden Auswirkungen auf den europäischen Immissionshandel sehen Sie durch den neuen Plan, und welche Anstrengungen der G 20 sind erforderlich, um diesen Plan zu erfüllen?

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Wäschenbach, der Emissionshandel ist auch nur ein Instrument. Es ist – das müs

sen wir feststellen – im Moment das Instrument des Klimaschutzes, das am wenigsten funktioniert, weil – Sie wissen es – die CO2-Zertifikate so billig sind wie nie und deshalb ihre steuernde Funktion nicht wahrnehmen können.

Wir merken, dass die kommunalen, die Landes- und die Bundesinstrumente besser wirken bzw. besser wirken können. Wenn man zu einer Verbesserung kommen will, und das geht auch in Richtung Ihrer Frage, was auf G20-Ebene geschehen muss, kann das, wenn wir über den Emissionshandel reden, nur dadurch geschehen, dass man die entsprechenden Zertifikate so in den Handel bringt, dass sie auch eine preissteuernde Funktion haben. Das heißt, man muss sich Instrumente oder Mechanismen überlegen, dass diese CO2-Zertifikate auch einen Preis haben, der einen Anreiz bietet, Klimaschutz zu betreiben.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hartenfels.

Herr Staatssekretär, der Klimaschutzplan ist von vielen Akteuren der Zivilgesellschaft und von Verbänden, die diesen Diskussionsprozess begleitet haben, scharf kritisiert worden. Man konnte Aussagen lesen wie „Klimaschutzplan light“. Der WWF sieht mehr Schatten als Licht. Hubert Weiger vom BUND spricht von einem Dokument des Stillstands. Auch die vier großen Umweltverbände, Naturschutzverbände, WWF, BUND, NABU und Greenpeace haben in einem offenen Brief an die Kanzlerin massiv Kritik geübt.

Teilen Sie die Einschätzung dieser Zivilgruppen und Verbände, was den Klimaschutzplan 2050 betrifft? Wenn Sie diese Einschätzung teilen, inwiefern teilen Sie sie?

Diese Einschätzung wundert uns im Einzelnen nicht, und zwar deshalb, weil die Beteiligten, auch die beteiligten Verbände, natürlich das, was in den Landesklimaschutzplänen steht, mit den Zielen vergleichen, die im Bundesklimaschutzplan stehen, und dabei feststellen, dass die Länder, die bereits Klimaschutzpläne haben, ambitionierter vorgehen und sich ambitioniertere Ziele setzen, als es die Bundesregierung tut.

Ich will den wichtigsten Kritikpunkt noch einmal aufgreifen, nämlich, dass nicht ausreichend und engagiert genug der Kohleausstieg vorangetrieben wird. Ja, das ist etwas, das wir für unzureichend halten. Wir müssen uns ohnehin klar werden, dass die Reichweite von Kohle begrenzt ist. Die letzte deutsche Steinkohlenzeche wird übernächstes Jahr schon schließen. Die Laufzeit des Braunkohletagebaus ist begrenzt.

Es ist eine ökonomische und klimapolitische Notwendigkeit, aus der Kohleverstromung auszusteigen, wie das die Koalition in ihrer Koalitionsvereinbarung auch festgehalten hat.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wäschenbach.

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, dass wir mit den derzeitigen Instrumenten diese Ziele des Klimaschutzplanes 2050 nicht erreichen und eine echte Innovationsrevolution brauchen, die heute kaum in Umrissen zu erkennen ist?

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wäschenbach. Ich habe meine Einschätzung zum Bundesklimaschutzplan 2050 schon kundgetan, dass ich glaube, dass er noch nachgearbeitet werden muss.

In der Tat stehen wir vor einer industriellen Revolution. So sehe ich das auch. Das wird insbesondere den Verkehrssektor, den Mobilitätssektor, erfassen. Wir tun gut daran, uns rechtzeitig darauf einzustellen und dafür zu arbeiten, weil es sonst am Ende auch zum Verlust von Wirtschaftskraft und Exportchancen führen würde, wenn wir das nicht tun.

Folgendes Beispiel dafür: China will jetzt beim Import von Pkw Vorgaben machen, dass eine Mindestquote an Elektrofahrzeugen in diesem Importmix enthalten sein muss. – Ich glaube, das unterlegt zusätzlich, dass wir uns auch in den Anstrengungen unserer Industrie darauf einzustellen haben, diese Revolution voranzutreiben, innovativ zu sein und sich ihr nicht zu verweigern.

Es liegen noch zwei Zusatzfragen vor. Danach betrachte ich die Anfrage als beantwortet. Zunächst Herr Abgeordneter Hartenfels.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. In der WELT erschien heute ein Artikel mit der Schlagzeile: „Sind Arbeitsplätze wichtiger als das Klima? Der CDU-Arbeitnehmerflügel will Jobsicherheit über den Umweltschutz stellen.“ So wird es dargestellt.

Deswegen meine Frage an Sie: Ist Klimaschutz ein Widerspruch zum Thema Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, oder ist es nicht vielmehr so, dass gerade die Umsetzung der Energiewende sicherstellen kann, dass wichtige Wirtschaftsbereiche der Bundesrepublik zukunftsfest und innovativ aufgestellt werden,

(Abg. Christine Schneider, CDU: Aber noch sind wir im rheinland-pfälzischen Landtag!)

gerade auch für ein Bundesland wie Rheinland-Pfalz, das ganz stark auch vom Export lebt?

Ich will deutlich sagen, dass ich es für überlebensnotwendig halte, dass wir in diesem Bereich technologieführend bleiben, die Zukunftstechnologien selbst herstellen und exportieren und uns Ihnen nicht verweigern dürfen. Wenn das die Strategie wäre, wenn wir Klimaschutz nur als Kostenfaktor sehen und nicht als Möglichkeit, wirtschaftliches Wachstum zu generieren, wäre das die völlig falsche Sichtweise.