Protocol of the Session on November 17, 2016

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Klöckner, Sie zitieren die Allgemeinen Zeitung. Für mich ist die Frage, wer das überhaupt gesagt hat. Irgendjemand wird zitiert, ohne eine Quellenangabe zu nennen, dass die Justiz in diesem Fall nicht handlungsfähig sein solle.

Ich glaube, auch wenn die Personaldecke knapp ist – das wissen wir alle –, so ist die Justiz in Rheinland-Pfalz voll handlungsfähig. Ich muss mich wundern, dass diejenige Person, die der AZ eine solche Angabe gemacht hat, diesen Mangel nicht an vorgesetzter Stelle zum Ausdruck bringt.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Man muss ja Karriere machen!)

Meine Damen und Herren, die rheinland-pfälzische Justiz ist unbestritten als dritte Gewalt ein verlässlicher Grundpfeiler der rechtsstaatlichen Verfassungsstruktur unseres Landes. Sie sichert die grundrechtliche Entfaltung unserer Bürgerinnen und Bürger und trägt wesentlich zum Zusammenhalt der Gesellschaft, insbesondere auch zur Sicherheit der Bevölkerung, bei.

Ein funktionierender Rechtsstaat ist in einer Demokratie eine nicht verhandelbare Bringschuld. Die Menschen haben das berechtigte Vertrauen, dass Recht und Gesetz im Land nicht nur gelten, sondern auch durchgesetzt werden. Dadurch festigt die Demokratie insgesamt ihre Akzeptanz. Darüber hinaus ist eine verlässliche und effektive Arbeit in der Justiz ein wichtiger Standortfaktor und leistet damit einen erheblichen Beitrag zu einer guten wirtschaftlichen Entwicklung.

Die Koalition hat daher bereits im Rahmen der Koalitionsverhandlungen entschieden, die Gerichte und Staatsanwaltschaften vom zur Einhaltung der verfassungsrechtlich verankerten Schuldenbremse notwendigen Stellenabbau auszunehmen. So hat die Landesregierung im vorgelegten Haushaltsentwurf auf die gestiegene Belastung der Justiz reagiert und bittet das Parlament insbesondere für das durch die sprunghaft gestiegene Zahl von Verfahren Geflüchteter stark belastete Verwaltungsgericht Trier um personelle Verstärkung.

Auch für die Digitalisierung der Justiz durch die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte wird das benötigte zusätzliche Personal befristet zur Verfügung gestellt.

Ebenfalls für die hoch belasteten Rechtspflegerinnen und -pfleger wird es personelle Unterstützung geben.

Besonders im öffentlichen Fokus stand in den vergangenen Wochen die Situation in der Strafjustiz. Die rheinlandpfälzischen Staatsanwältinnen und -anwälte leisten auch unter einer anerkannt hohen Belastung – ich habe es vorhin schon gesagt – eine ebenso vorbildliche Arbeit wie die im Bereich des Strafrechts tätigen Richterinnen und Richter.

Die von der CDU-Fraktion angestrebte Aktuelle Debatte entbehrt nicht einer gewissen Ironie; denn Sie müssen sich entscheiden. Es ist schlicht unglaubwürdig, Anfang der Woche den Haushalt, der angeblich eine zu wenig ambitionierte Konsolidierung des Landeshaushalts widerspiegele, zu bemängeln und gleichzeitig permanent Mehrausgaben zu fordern. Das hat vorhin der Herr Kollege Sippel schon angesprochen.

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Ah! – Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU: Was hat das eine mit dem anderen zu tun?)

Meine Damen und Herren, die rheinland-pfälzische Justiz leistet nach wie vor in einem schwierigen Umfeld eine hervorragende Arbeit und ist auch weiterhin ein Garant für die Rechtssicherheit in Rheinland-Pfalz. Für die FDP im rheinland-pfälzischen Landtag ist eine handlungsfähige Justiz das Fundament unseres Rechtsstaats und damit auch unseres demokratischen Systems und Gemeinwesens. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich auf die Justiz verlassen können, und gerade das können sie in Rheinland-Pfalz auch in Zukunft.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schellhammer von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema der Aktuellen Debatte der CDU

Fraktion wurde bereits am letzten Donnerstag im Rechtsausschuss sehr ausführlich diskutiert. Dort hatte die AfDFraktion dieses Thema mit einem verfristeten Berichtsantrag aufgrund der aktuellen Berichterstattung auf die Tagesordnung gesetzt. Nun greift die CDU das Thema, das die AfD im Rechtsausschuss beantragt hatte, auf. Das allein kann man erst einmal so feststellen.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Was soll das denn heißen? Jetzt wird es aber peinlich! – Abg. Uwe Junge, AfD: Was wollen Sie damit sagen?)

Beruhigen Sie sich.

(Abg. Julia Köckner, CDU: Wenn Sie das jetzt noch witzig finden! – Zurufe aus dem Hause)

Meine Damen und Herren, bitte lassen Sie die Frau Kollegin reden. Bitte schön.

Das war lediglich eine Feststellung. Dass das jetzt tatsächlich ein Stich ins Wespennest ist, ist auch bezeichnend.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Frau Schellhammer, das ist nur peinlich! Das ist so billig!)

Es ist aber ein wesentlicher qualitativer Unterschied, ob man die angespannte personelle Belastungssituation problematisiert oder kritisiert, dass längere Wartezeiten für Bürgerinnen und Bürger möglicherweise entstehen könnten oder ob eine Opposition mit dem Titel „Sicherheit nicht aufs Spiel setzen“ suggeriert, dass die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger gefährdet sei. Das alleine gilt es festzustellen; denn auch eine Opposition trägt Verantwortung. Man spielt nicht mit dem subjektiven Sicherheitsgefühl der Menschen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Martin Brandl, CDU – Abg. Alexander Licht, CDU: Das müssen Sie gerade sagen!)

Selbstverständlich müssen wir über die Personalsituation in der Justiz sprechen, selbstverständlich müssen wir über die Belastungen sprechen. Das will auch vonseiten der Grünen-Fraktion niemand in Abrede stellen.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Kein Wunder, dass Sie die Landtagswahl verloren haben!)

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, unsere Justiz ist und bleibt handlungsfähig. Entgegen der Berichterstattung gilt festzustellen, das Einzige, was in der Strafjustiz prioritär bearbeitet wird, sind Haftsachen, da das Gesetz hier bestimmte Fristen vorgibt.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Sonstige Priorisierungen sind wegen des im Strafrecht

geltenden Legalitätsprinzips gar nicht möglich. Hier sollte auch niemand in die Irre geführt werden. Das Legalitätsprinzip verpflichtet die Staatsanwaltschaften, gegen alle verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern tatsächlich hinreichende Anhaltspunkte vorliegen.

Um aber insgesamt die Arbeitsbelastung der Strafverfolgungsbehörden zu reduzieren und das Arbeiten effizienter zu gestalten, hat der Gesetzgeber Instrumente geschaffen, die eine Abweichung vom Legalitätsprinzip vorsehen. Diese Instrumente räumen der Justiz in bestimmten Fällen ein Ermessen ein, das heißt, sie kann entscheiden, ob eingeschritten wird oder nicht. Das trifft insbesondere bei Bagatellstraftaten zu.

Allgemein gilt zu sagen, die Justiz nimmt als dritte Säule der Gewaltenteilung eine herausragende Stellung in unserem Staat und unserer Gesellschaft ein. Auf ihr ruht im besonderen Maße unser friedliches Gemeinwesen. Das Recht bietet den Rahmen für ein gedeihliches Zusammenleben aller Menschen.

Die Justiz in Rheinland-Pfalz steht allen Bürgerinnen und Bürgern offen. Das wurde auch schon betont. In RheinlandPfalz haben wir eine sehr bürgernahe Justiz, die Wege zu unseren Gerichten sind kurz, die Verfahren können zügig bearbeitet werden. Die Justiz in Rheinland-Pfalz nimmt diese wichtigen Gemeinwohlaufgaben entsprechend ihres verfassungsgemäßen Auftrags wirksam und auf gewohnt hohem Niveau wahr.

Es ist schon darauf eingegangen worden und war in der Pressemitteilung des Ministeriums zu lesen. Für den Doppelhaushalt sind schon konkrete Punkte benannt worden. Ohne den Haushaltsberatungen vorwegzugreifen: Für den kommenden Doppelhaushalt sind beispielsweise für das Verwaltungsgericht Trier, das alle Asylverfahren des Landes Rheinland-Pfalz bearbeitet, 12 Richterstellen vorgesehen und zusätzlich vier Stellen im Unterstützungsbereich.

Vor dem Hintergrund der bevorstehenden flächendeckenden Öffnung der Justiz für den elektronischen Rechtsverkehr und der Einführung der E-Akte sind für die Jahre 2017 und 2018 weitere 30 neue, für die Einführung befristete, Stellen für den Unterstützungsbereich vorgesehen.

Auch die Personalsituation der Rechtspflegerinnen und -pfleger – auch diese Situation haben wir schon mehrfach im Rechtsausschuss thematisiert –, die bereits im letzten Haushalt mit knapp 50 Stellen unterstützt wurden, wird weiter verbessert.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Sie erhalten im kommenden Doppelhaushalt insgesamt 16 neue Anwärterstellen, und die 10 bereits im Jahre 2015 zur Verfügung gestellten Anwärterstellen werden in Rechtspflegerplanstellen umgewandelt.

Liebe CDU, wenn Ihnen diese Maßnahmen nicht ausreichen, bin ich sehr auf die Haushaltsberatungen gespannt. Dabei können Sie sich selbstverständlich auch einbringen. Aber von dieser Stelle gilt es zu betonen, unsere Justiz wird auch für die Herausforderungen der Zukunft personell gut ausgestattet sein und bleibt damit handlungsfähig im

Sinne eines friedlichen Gemeinwesens in Rheinland-Pfalz.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Nächster Redner ist Herr Staatssekretär Fernis für die Landesregierung. Bitte schön, Sie haben das Wort, Herr Fernis.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich auf den Zwischenruf eingehen, den ich mehrfach gehört habe: Wo ist denn der Justizminister? Diesen möchte ich Ihnen gern beantworten. Er ist bei der Justizministerkonferenz in Berlin und vertritt dort die Interessen des Landes Rheinland-Pfalz. Ich glaube, insofern haben wir das damit geklärt.

Frau Klöckner, Sie haben gesagt, man habe in der Justiz Vertrauen aufs Spiel gesetzt. In eine ähnliche Kerbe schlägt die AfD. Vertrauen wird dadurch aufs Spiel gesetzt, dass man versucht, einen politischen Popanz aufzubauen, indem man schlicht und ergreifend behauptet, unsere Justiz sei nicht leistungsfähig, um daraus politisches Kalkül zu schlagen.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Popanz? – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: 70 fehlende Stellen!)

Das stimmt schlicht und ergreifend nicht, sondern unsere rheinland-pfälzische Justiz ist und bleibt trotz der angespannten Haushaltslage handlungsfähig. Sie hat in der Vergangenheit ihren Sparbeitrag erbracht. Zwar ist die Schuldenbremse in der Verfassung verankert, aber wir haben in den Koalitionsverhandlungen klargestellt, dass die Justiz von den einzusparenden 2.000 Stellen ausgenommen ist. Weitere Stelleneinsparungen sind dort mit uns auch nicht zu machen.

Im Übrigen leisten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dort tätig sind, anhaltend gute Arbeit. Sie sind diejenigen, die den Begriff des Rechtsstaats tatkräftig und engagiert umsetzen, die dem Rechtsstaat zum Leben verhelfen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Die brauchen mehr Unterstützung!)

Ihnen verdanken wir eine verlässliche und unabhängige Justiz. Dafür möchte ich auch und gerade an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Gericht, bei den Staatsanwaltschaften und im Justizvollzug meinen Dank aussprechen.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)