weil die Belastung der Deutschen mit Steuern und Abgaben im internationalen Vergleich bereits enorm hoch ist. Laut OECD liegt die Belastung für Alleinstehende mit durchschnittlich 49,4 % im Spitzenfeld, und für Eltern mit zwei Kindern mit 34 % immer noch weit über dem OECDDurchschnitt. Wir möchten, dass die gegenwärtig übermäßige Belastung mittlerer Einkommen durch einen Stufentarif und durch eine deutliche Anhebung des Grundfreibetrags stark abgemildert wird.
Das konzeptlose Herumwursteln an der Erbschaftsteuer schafft nur neue Ausnahmen und neue Ungleichbehandlungen.
In einem Wort: Die Novelle ist Murks. Sie wird in dieser Form wohl keinen langfristigen Bestand haben. Wir wollen kein Stückwerk, sondern wir wollen eine komplette Ab
schaffung dieser Steuer und eine komplette Vereinfachung des Steuerrechts. Alles andere sind halbe Sachen und werden am Ende doch wieder kassiert werden.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Reform der Erbschaftsteuer erinnert mich stark an Michael Ende; denn sie gleicht mittlerweile einer unendlichen Geschichte. Nach der Presse der letzten Tage und der Diskussion im gestrigen Plenum kann ich gut verstehen, dass sich die CDUFraktion nun bemüht, von eigenen Problemen abzulenken.
Doch der eher plumpe sowie untaugliche Versuch, dies über die Reform der Erbschaftsteuer auf die Landesregierung abzuwälzen, entbehrt allerdings jeglicher Grundlage.
Meine Damen und Herren der CDU, sehr geehrter Herr Baldauf, eigentlich muss ich mich bei Ihnen für diese Vorlage herzlich bedanken. Aber lassen Sie mich zunächst kurz die Entwicklung in der Frage der Erbschaftsteuer zusammenfassen. Mit seinem Urteil vom 17. Dezember 2014 hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichtes die§§ 13a und 13b i.V.m. § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes und des Schenkungsteuergesetzes für verfassungswidrig erklärt.
Gleichzeitig übertrug das Gericht dem Gesetzgeber die Aufgabe, bis zum 30. Juni 2016 eine Neuregulierung zu treffen. Dieser Aufforderung folgte ein langwieriger unionsinterner Konflikt: Markus Söder gegen die Pläne von Bundesfinanzminister Schäuble, Schäuble gegen Seehofer und Seehofer gegen den Rest.
Die Diskussion führte dazu, dass der bayerische Ministerpräsident und Vorsitzende Ihrer Schwesterpartei CSU in der Presse öffentlich als Dauerbremser der Reform bezeichnet wurde. Eineinhalb Jahre später lag nun Ende Juni 2016 ein Gesetzentwurf vor, der nur Tage später an den Vermittlungsausschuss überwiesen wurde. Dort wiederum wurde nach der Sommerpause eine Einigung von Anfang auf Ende September vertagt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, nun kritisieren Sie allen Ernstes die Landesregierung? Gestern hat Frau Klöckner noch von „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit“ gesprochen.
internen Gebarens innerhalb der CDU/CSU-Fraktion kann man ihrer Partei dieses Prinzip bei den Verhandlungen um die Erbschaftsteuer jedenfalls nicht bescheinigen. Die Landesregierung hat zum gleichen Thema bereits am letzten Donnerstag im Haushalts- und Finanzausschuss ausführlich Stellung genommen. Nun versuchen Sie hier, einen Disput herbeizureden und zu unterstellen, die Landesregierung wäre in Uneinigkeit. Nur, weil regelmäßig eine Uneinigkeit zwischen der CDU und ihrer Schwesterpartei auftritt, besteht kein Grund, dies auch hier in RheinlandPfalz zu suchen.
Wie bereits im Ausschuss klargestellt, ist die Landesregierung geschlossen daran interessiert, bei der Reform der Erbschaftsteuer eine verfassungsgemäße Lösung zu finden. Dass sich das Bundesverfassungsgericht in Zukunft nicht gegen den im Vermittlungsausschuss gefundenen Kompromiss ausspricht, ist allerdings nicht auszuschließen und zum jetzigen Zeitpunkt selbstverständlich auch nicht absehbar. Auch in diesem Punkt herrscht in der Landesregierung Konsens.
Abschließend möchte ich noch einmal feststellen, dass ich Ihr Verhalten als stark befremdlich empfinde. Nachdem Sie innerhalb ihrer Bundestagsfraktion über Jahre hinweg über die Erbschaftsteuer in aller Öffentlichkeit gestritten haben, werfen Sie uns nun hier vor, wir würden im Dissens stehen. Das Problem für Sie ist nur, dass wir im Gegensatz zur Union nicht streiten, sondern sachlich prüfen und beraten. Damit fällt Ihnen die so schön formulierte These schnell wie ein Kartenhaus zusammen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist eigentlich nicht das Thema, aber ich fand das eben schon entlarvend, wie sich die AfD als die Partei der Reichen und der Vermögenden entpuppt hat.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Joachim Paul, AfD: Wieder einmal entlarvend!)
Wenn Sie hier mir nichts dir nichts die Abschaffung der Erbschaftsteuer einfordern, müssten Sie wissen, dass die Erbschaftsteuer weit über 4 Milliarden Euro im Jahr an Steueraufkommen generiert und mehr als die Hälfte dieser Erbschaften Erbschaften in einem Wert von über 500.000 Euro oder in Ihren Worten von über einer Million DM sind.
Meine Damen und Herren von der AfD; wenn wir darüber reden und jetzt über einen Kompromiss reden, bei dem im Bereich der Unternehmenserbschaften sozusagen die volle Besteuerung erst ab einem Betrag von 90 Millionen
Euro in Zukunft kommt, erklären Sie einmal den Bürgerinnen und Bürgern auf der Straße, die jeden Euro, den sie haben, hart verdienen und dafür Steuern und Sozialabgaben zahlen, warum Sie Unternehmenserben von 90 Millionen Euro und mehr steuerfrei stellen.
Das ist eine Politik für die da oben und nicht für die Menschen in unserem Land, was Sie hier eben vorgetragen haben.
Jetzt komme ich zum eigentlichen Anlass der Aktuellen Stunde. Herr Baldauf, wir waren schon überrascht, ob Sie hier sozusagen mit der Aktuellen Stunde das Dilemma der verfassungskonformen Erbschaftsteuerreform thematisieren wollen. Ich hatte gedacht, dass Sie jetzt hier mit Selbstkritik kommen, warum die CDU-geführte Bundesregierung das nicht hinbekommen hat, warum bereits am 17. Dezember 2014 das Bundesverfassungsgericht – man höre und staune – zum dritten Mal die Erbschaftsteuer für verfassungswidrig erklärt hat und an die Bundesregierung die Frist gesetzt hat – Herr Baldauf, ich glaube, der Finanzminister Schäuble ist in Ihrer Partei –, bis zum 30. Juni 2016 eine verfassungskonforme Regelung vorzulegen.
Der Bundesrat hat von der Bundesregierung, vom Bundestag, erst am 8. Juli, also eine gute Woche nach der Frist des Bundesverfassungsgerichts, überhaupt die Möglichkeit bekommen, über den Gesetzentwurf des Bundestages abzustimmen. Wenn Sie also hier über Hickhack und Versäumnisse reden wollen, dann müssen Sie bei der CDU-geführten Bundesregierung und bei dem CDUFinanzminister Schäuble anfangen, und nicht hier bei der Landesregierung im rheinland-pfälzischen Landtag, Herr Baldauf.
Er war und ist hoch umstritten. Er war im Bundestag hoch umstritten. Er ist bei Verbänden von allen Seiten hoch umstritten. Er war zwischen allen Parteien hoch umstritten, und es gab große, große Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzentwurfs der von Ihnen geführten Koalition im Deutschen Bundestag. Deswegen war es richtig, dass der Deutsche Bundesrat diese Zweifel aufgegriffen hat und den Vermittlungsausschuss angerufen hat. Jetzt wissen wir auch alle, wie Politik funktioniert. Wenn
sich viele einigen müssen, und wenn die Vorlage es nicht geschafft hat, mehrheitsfähig im deutschen Parlamentarismus zu sein, dann hat man eine Grundlage, und dann versucht man, Verbesserungen herbeizuführen.
Ich finde, der Vermittlungsausschuss hat auf einer schlechten Grundlage – um das auch klar zu sagen – Verbesserungen mit herbeigeführt. Dass die dann auch von Parteien, von Verbänden, von Unternehmen, von der Gesellschaft wiederum unterschiedlich bewertet werden, finde ich gut, dass es in der Demokratie so ist. Ich finde es auch gut, dass wir eine Landesregierung haben, die die Dinge diskutiert, auch aus verschiedenen Blickwinkeln, und die am Ende zu einem gemeinsamen Ergebnis kommt, das sie dann beschließt und auch verantwortet. Ich finde, dass so eine gute Demokratie funktioniert. Hätte die Bundesregierung, hätte der Bundestag, hätte das CDU-geführte Finanzministerium diese Diskussion früher angefangen, dann hätten wir vielleicht endlich eine verfassungskonforme, gerechte und vor allem auch zukunftsfähige Erbschaftsteuer in Deutschland.