Protocol of the Session on October 6, 2016

Es ist ganz wichtig, dass die stabilitätsorientierte Finanzierung vor Ort gerade von mittelständischen Unternehmen nicht durch weitere und überbordende Regulierungsvorhaben beschränkt wird und dann die Investitionen, die wir auf der einen Seite wollen, auf der anderen Seite erschwert und abgewürgt werden.

Es ist von den Kollegen angesprochen worden, für Regionalbanken sind weitere Hürden kaum noch hinnehmbar. Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie als Beispiel ist schon aufgeführt worden.

Bei höheren Eigenkapitalanforderungen weichen die Sparkassen auf mehr risikobehaftete Anlagen aus, um mehr Gewinne zur Refinanzierung des Eigenkapitals herauszuziehen. Es kann nicht im Sinne einer stabilitätsorientierten lokalen Finanz- und Bankenpolitik sein, dass Sparkassen und Genossenschaftsbanken einen Anreiz erhalten, sich an Spekulationen mit zu beteiligen. Es hat sie in der Krise stark gemacht und unterscheidet sie von einigen Finanzgebaren mancher Großbanken.

Meine Damen und Herren, ich glaube wir sollten uns hier – ich glaube, alle ernstzunehmenden Fraktionen haben sich entsprechend ausgesprochen – weiterhin dafür einsetzen, dass die erhaltenswerte und stützende Besonderheit des dreigliedrigen Systems in Deutschland, in Europa nicht verkannt wird, und dass übertriebene Regulatorik, beispielsweise bei der Finalisierung von Basel III, die Eigenkapitalanforderungen an Sparkassen und Genossenschaftsbanken nicht zu vergleichen sind mit den großen Privatbanken und insbesondere nicht mit den global agierenden Investmentbanken dieser Welt.

(Zuruf von der AfD: Gibt es auch andere?)

Deswegen sollten wir gemeinsam für eine Besserstellung der Sparkassen und Genossenschaftsbanken auch bei der europäischen Regulatorik eintreten. Das ist im Sinne der Sparerinnen und Sparer und insbesondere im Sinne der

Mittelstandsfinanzierung in Rheinland-Pfalz, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und FDP)

Lassen Sie mich abschließend sagen, dass wir ohne die Bankenrettung nicht durch die Krise gekommen wären. Daher ist die intensive Bankenregulierung im Kern richtig. Ohne die Fiskalpolitik der EZB wären wir nicht durch die Eurokrise gekommen. Aber ohne die Sparkassen und Genossenschaftsbanken wären wir nicht so gut – das gilt insbesondere für den Mittelstand – durch die Krise gekommen.

(Glocke der Präsidentin)

Deswegen sollten insbesondere die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken nicht dafür bestraft werden, dass windige Investmentbanker Gelder auf globalen Märkten verzockt haben und letztlich mit Steuergeldern gerettet wurden.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und FDP)

Für die Landesregierung spricht Staatssekretär Becht.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kreditinstitute sind gerade für die rheinlandpfälzische, mittelständisch geprägte Wirtschaft bedeutender Partner. Sie stehen zahlreichen Unternehmen vom Beginn ihrer Gründung an zur Seite und begleiten sie mit einem umfassenden Angebot.

Sie leisten einen wesentlichen Beitrag für die Unternehmensfinanzierung. Auch für die Bürgerinnen und Bürger sind sie wichtige Dienstleister.

Wir setzen täglich Zahlungsmittel ein und finanzieren längst nicht nur Immobilienkäufe. Gerade in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz versorgen sie uns also mit Finanzdienstleistungen aller Art, die fester Bestandteil unseres täglichen Lebens sind.

Da begrüßen wir die Aktuelle Debatte zur Situation der Kreditwirtschaft. Der Landesregierung ist es ein besonderes Anliegen, die Sparkassen, Genossenschaftsbanken und privaten Banken zu unterstützen.

Die Kreditwirtschaft befindet sich jedoch insgesamt in einem besonderen Spannungsfeld, das durch die anhaltende Niedrigzinsphase und die weiterhin zunehmende Regulierung gekennzeichnet ist.

Kommen wir zur Niedrigzinsphase. Durch die niedrigen Zinsen steht das Kerngeschäft der Banken unter massivem Druck, da die Differenz zwischen Kreditvergabezins und Einlagenzins schrumpft. Die Kreditinstitute müssen daher

ihre Abhängigkeit vom Zinsgeschäft kurz- oder mittelfristig ändern. Ein stärkerer Fokus auf Provisionseinnahmen und auf die Entwicklung innovativer Ideen kann dies unterstützen.

Diskussionen über Gebührenerhöhungen, Filialschließungen, Kostensenkungen oder Fusionen finden täglich statt und berühren uns alle auf unterschiedlichste Art und Weise. Die Landesregierung ist sich dieser Folgen, die für Sparer oder Versicherer gleichermaßen sehr schwierig sind, durchaus bewusst.

Die Europäische Zentralbank reagiert mit ihren Zinsentscheidungen auf die europäische Staatsschuldenkrise. Ziel dieser Politik ist, durch niedrige Zinsen die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu steigern. Günstige Kreditkonditionen schaffen die Grundlage für Wachstum, Beschäftigung und Investitionen. Niedrige Zinsen haben somit sehr wohl auch positive Effekte. Denken Sie an kreditfinanzierte Anschaffungen, die niedrige Inflationsrate und die Auswirkungen auf die Staatsfinanzierung.

Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank ist notwendig, um die Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte sicherzustellen. Die Europäische Zentralbank ist eine unabhängige Institution. Deren Unabhängigkeit muss gewahrt werden und steht für die Landesregierung nicht zur Diskussion.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber ein Dauerzustand dürfen die niedrigen Zinsen jedoch angesichts der weitreichenden Konsequenzen nicht werden.

Was können wir tun? In Europa gibt es hierauf nur eine Antwort. Die Mitgliedstaaten müssen ihre öffentlichen Haushalte konsolidieren. In Rheinland-Pfalz sind wir, wie Herr Abgeordneter Wink gesagt hat, auf einem guten Weg, indem wir unseren Beitrag für eine zukunftsfähige Haushaltsstruktur leisten.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch an die Opposition appellieren – Herr Abgeordneter Oelbermann, mit Ihnen ist es einfacher oder einfach –, unterstützen Sie doch einfach die Weichenstellungen der Landesregierung, und tragen Sie die notwendigen haushaltspolitischen Entscheidungen mit, so können wir gemeinsam den Rahmen schaffen, der es der Europäischen Zentralbank ermöglicht, einen neuen Kurs einzuschlagen.

Eine weitere zentrale Herausforderung für die Kreditwirtschaft liegt in der zunehmenden Regulierung. Immer wieder berichten uns Kreditinstitute und Verbände über bestehende Probleme. Insbesondere die regional tätigen Sparkassen und Genossenschaftsbanken dürfen von der EU nicht überfordert werden. Nach den Erfahrungen aus der Finanzmarktkrise dienen die regulatorischen Vorgaben zwar dazu, die Risikofestigkeit der Kreditinstitute zu stärken und dadurch das Finanzsystem zu stabilisieren, jedoch darf der Regulierungsbogen gerade angesichts des schwierigen Zinsumfeldes nicht weiter überspannt werden.

Bei der Regulierung müssen die Größe, die Art, der Um

fang, die Komplexität und der Risikogehalt der Geschäfte der Institute stärker berücksichtigt werden. Daher setzt sich die Landesregierung immer wieder aktiv für die Belange der Kreditwirtschaft im Bundesrat ein.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Wir haben uns gegen die derzeitigen Vorschläge für eine europäische Einlagensicherung ausgesprochen. Zunächst sollten alle Mitgliedsstaaten nationale Sicherungssysteme errichten und ihre Beiträge zum Aufbau des Bankenabwicklungsfonds vornehmen. Eine Transferunion muss in jedem Fall verhindert werden.

Die Landesregierung wird auch bei künftigen Regulierungsvorhaben, wie zum Beispiel den aktuell diskutierten Verschärfungen der Eigenkapitalanforderungen, die Auswirkungen für die Kreditinstitute und auf deren Dienstleistungsangebot berücksichtigen. Die anhaltende Niedrigzinsphase sowie die fortdauernde Regulierung bestimmen maßgeblich den Handlungsspielraum der Kreditwirtschaft. Dieser darf nicht weiter eingeengt werden.

Die Landesregierung Rheinland-Pfalz unterstützt die Kreditinstitute daher, indem sie ihrer Verantwortung für einen konsolidierten Haushalt gerecht wird. Wir werden uns auch für eine Regulierung mit Augenmaß einsetzen.

Ja, Herr Abgeordnete Oelbermann, frei nach Aristoteles, alles Große ist einfach.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen für die zweite Runde? – Herr Dr. Bollinger von der AfD-Fraktion hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegen, liebe Gäste! Liebe Kollegen, wenn Sie jetzige Situation der Kreditwirtschaft in Rheinland-Pfalz beklagen, dann beklagen Sie die Folgen Ihrer eigenen Europapolitik.

(Beifall der AfD)

Wie wir alle wissen und zu Recht gesagt wurde, sind die Niedrigzinspolitik der EZB und die Haftungsunion der Banken Bestandteile der Euro-Rettungspolitik und der europäischen Staatsschuldenkrise und sollen den hoch verschuldeten und finanzschwachen Banken und Staaten Südeuropas eine auskömmliche Refinanzierung ermöglichen und sie stabilisieren durch eine Umverteilung von Sparern zu Gläubigern, von Sparern zu Staaten, von Sparern zu Banken und auch von Deutschland hin zu den Ländern der südlichen Euro-Peripherie.

Das Ganze läuft schon seit Jahren und hat keine Ergebnisse erzielt.

(Beifall der AfD)

Die durch die Währungsunion strangulierte griechische Wirtschaft soll auch nach den offiziellen Kommissionsprognosen 2016 ein weiteres Mal schrumpfen, ohne dass eine Verbesserung der Grundproblematik erzielt würde.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Vor diesem Hintergrund ist die Aussage, dass die lockere EZB-Geldpolitik zu einer Lösung der Eurokrise führen kann, grundfalsch.

(Beifall der AfD)

Wie Herr Professor Hans-Werner Sinn schon vor Jahren richtig ausgeführt hat, wäre Griechenland bei einer geplanten Insolvenz schon lange wieder auf dem aufsteigenden Ast. Griechenland und andere Krisenländer können ohne den Währungsmechanismus nicht mit Deutschland und den anderen nördlichen EU-Staaten in einem Währungssystem konkurrieren. Die EZB-Niedrigzinspolitik muss daher umgehend beendet, Griechenland und den anderen Krisenstaaten ein Ausstieg aus dem Euro ermöglicht und die Eurorettungspolitik beendet werden.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Alt.