Protocol of the Session on December 15, 2020

Es ist der Glaube an den Fortschritt und die Schaffenskraft des Einzelnen, der Wege in eine gute Zukunft ebnen wird. Dazu gehört natürlich auch, dass wir über Mobilität sprechen. Wie wollen wir die Mobilität der Gesellschaft erhöhen und gleichzeitig die Belange des Umweltschutzes berücksichtigen? Das sind drängende Fragen unserer Zeit.

Als Regierungskoalition haben wir eine Antwort. So machen wir beim Ausbau der E-Mobilität große Fortschritte. Wir begleiten den Umstieg auf neue Antriebstechniken. Einem wichtigen Thema, dem Wasserstoff, kommt eine ganz besondere Rolle zu. Im kommenden Jahr wollen wir eine neue Dynamik entwickeln. Gemeinsam mit der Wirtschaft und den Forschungseinrichtungen wollen wir ein Entwicklungszentrum für Wasserstofftechnologie schaffen. Damit knüpfen wir an die Wasserstoffstrategie des Landes an und entwickeln sie sinnvoll weiter.

Wichtig bleibt, dass wir den Transformationsprozess aktiv begleiten. Auch das gibt es nicht umsonst. Wir erhöhen die Transformationsmittel auf 1 Million Euro und sichern damit die Anschubfinanzierung des neuen Wasserstoffzentrums.

Meine Damen und Herren, wir müssen weiterdenken. Wir müssen Alternativen entwickeln und der Mobilitätstechnik offen gegenüberstehen. Das ist die Zukunft. Wir brauchen keine Hinweise von anderen Fraktionen; denn das ist auch ein Kernthema der FDP.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren, bei manchem verkehrspolitischem Beitrag des politischen Mitbewerbers werde ich

nachdenklich. Die Verkehrsdezernentin der Landeshauptstadt Mainz glaubt, dass sich die Menschen künftig nur noch mit dem Fahrrad oder dem Bus fortbewegen sollen. Wer so spricht, kennt das Land nicht. Wessen politischer Horizont an der Mainzer Stadtgrenze endet, sollte aufhören, den Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzern Ratschläge zur Lebensführung zu geben;

(Zurufe der Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Michael Frisch, AfD)

denn was in der Innenstadt funktionieren mag, entspricht nicht den Lebenswirklichkeiten der Menschen in der Südpfalz oder der Eifel.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Wir denken individuelle Mobilität und ÖPNV auf Augenhöhe. Mit dem neuen Nahverkehrsgesetz verbessern wir die Angebote von Bus und Bahn deutlich. Gleichzeitig investieren wir in sichere und belastbare Straßen; denn wir wollen kurze Wege. Dafür haben wir im Jahr 2016 im Koalitionsvertrag ein ambitioniertes Ziel gesetzt. 600 Millionen Euro wollten wir bis zum Jahr 2021 in den Ausbau, Erhalt und Neubau unserer Landesstraßen investieren. Das war nötig. Heute kann ich stolz sagen, das Ziel haben wir erreicht. Mit den vorgesehenen 126 Millionen Euro im Bauprogramm 2021 erfüllen wir dieses Versprechen.

(Beifall der FDP und des Abg. Martin Haller, SPD)

Es war durch deutliche personelle Aufstockung im Landesbetrieb Mobilität auch möglich, Rekordsummen für den Bundesfernstraßenbau abzurufen und zu verbauen. Mit unserer Verkehrspolitik bringen wir unser Land enger zusammen. Dieses Versprechen haben wir gehalten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Corona-Krise lässt vieles aus dem Blickfeld geraten, auch menschliche Schicksale mitten in unserer Gesellschaft und völlig unabhängig von der Corona-Krise. Es ist keine zwei Wochen her, dass in einer Mainzer Grünanlage eine leblose Frau gefunden wurde. Sie war 72 Jahre alt, obdachlos und ist erfroren.

Es sind Schicksale wie diese, von denen wir leider – gerade jetzt in der Winterzeit – viel zu häufig lesen. Viel zu oft geraten diese traurigen Geschichten in den Hintergrund. Um es einmal auf den Punkt zu bringen: Es ist unerträglich, dass in einer der führenden Wirtschaftsnationen dieser Welt Menschen auf der Straße leben und sterben müssen.

Ja, die Gründe für Obdachlosigkeit sind vielfältig. Ja, wir haben gute und umfangreiche Hilfsangebote. Dennoch müssen wir als Gesellschaft einfach mehr tun.

Daher wollen wir bei der Rückkehr von obdachlosen Menschen in ein geregeltes Leben neue Wege gehen. Man hat mir schon gesagt, die obdachlosen Menschen wollen zum Teil nicht in eine Wohnung und wollen auf der Straße leben. Nein, das ist nicht unser Ansatz. Ich bin sehr stolz auf

meine FDP-Fraktion, die in den letzten Wochen sehr viel Energie in diesen Punkt investiert hat.

Wir haben den sehr guten Entwurf des Sozialhaushalts um ein gutes und wichtiges Projekt ergänzt; denn mit dem Ansatz „Housing First“ werden wir wohnungslosen Menschen eine echte, neue Perspektive ermöglichen.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Gründe für Obdachlosigkeit sind vielfältig, die Wege aus ihr heraus steinig. Mit dem neuen Ansatz „Housing First“ wollen wir erreichen, dass obdachlosen Menschen sehr niedrigschwellig eine Wohnung zur Verfügung gestellt wird. Damit erproben wir eine Abkehr vom bisherigen Verfahren der Unterbringung und Betreuung in Notunterkünften. Wir wollen versuchen, diese Menschen in ein geordnetes, geregeltes Leben zurückführen zu können. Ich kann nur hoffen, dass alle Gelder, die wir brauchen, schnell und zügig kommen, wir nicht zu viele Menschen in die Arbeitslosigkeit treiben und ein solches Thema nicht noch mehr auf der Agenda haben werden.

Zur erstmaligen Einführung des Projekts wollen wir im kommenden Jahr 100.000 Euro bereitstellen. Das ist es uns allemal wert. Andere Länder haben damit schon gute Erfahrungen gemacht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die furchtbare Amokfahrt vor zwei Wochen hat uns alle erschüttert. Das schnelle Eintreffen und Durchgreifen der Polizei hat womöglich noch Schlimmeres verhindert. Allen Polizistinnen und Polizisten, Rettungskräften und Seelsorgern, die sich um die Verletzten und Angehörigen der Opfer kümmern, gebührt unser aller Dank.

(Beifall der FDP, der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Gerd Schreiner, CDU)

Meine Damen und Herren, es ist gut, dass wir uns auf die Polizei verlassen können. Wir sind sehr stolz auf unsere Polizistinnen und Polizisten; denn auf sie ist jederzeit Verlass.

Wer uns schützt, verdient unsere Unterstützung. In den letzten Jahren haben wir viel in die Stärkung unserer Sicherheitsbehörden investiert. Wir hatten Rekordeinstellungen bei der Polizei. In Rheinland-Pfalz gibt es so viele Polizistinnen und Polizisten wie nie zuvor. 9.461, um genau zu sein. Im kommenden Jahr werden wir daran anknüpfen.

Zur Bewältigung ihrer Aufgaben haben wir die Polizeibeamtinnen und -beamten in den letzten Jahren mit Tasern, Bodycams und mobilen Endgeräten ausgestattet.

Angehende Polizistinnen und Polizisten bekommen auch die besten Ausbildungsmöglichkeiten. Das umfasst die Modernisierung der Hochschule der Polizei auf dem Hahn. Auch hier haben wir in den Beratungen noch einiges obendrauf gelegt. Für die geplanten Maßnahmen erhöhen wir

die Investitionen der Polizeischule, und zwar im kommenden Jahr um 115.000 Euro auf insgesamt rund 2,4 Millionen Euro.

Der eine oder andere „Kunde“ der Polizei macht auch schnell einmal Bekanntschaft mit den weiteren Institutionen des Rechtsstaats, zum Beispiel mit den Gerichten und den Staatsanwaltschaften. Darüber wird gar nicht mehr gesprochen. Eben weil es so gut läuft.

Wir sind Vorreiter bei der Digitalisierung in der Justiz. Wir haben bundesweit die schnellsten Asylverfahren. Mehr Richter, mehr Staatsanwälte, das ist starker Rechtsstaat in Rheinland-Pfalz. Im kommenden Jahr legen wir noch einmal mit 15 neuen Richterstellen, neun zusätzlichen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten und 34 weiteren Stellen im Justizvollzug deutlich zu. All das sorgt dafür: RheinlandPfalz ist das Land, in dem die Menschen schnell und verlässlich zu ihrem Recht kommen.

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Jahr ist in vielen Dingen anders.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche Ihnen allen trotz der Einschränkungen und der Umstände eine friedliche Weihnachtszeit mit Ihren Lieben zu Hause. Ich hoffe, dass wir uns im kommenden Jahr alle gesund wiedersehen.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Willius-Senzer. – Nächster Redner ist der Abgeordnete Dr. Braun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich, bevor ich zum Haushalt komme, erst einmal auf die Regierungserklärung unserer Ministerpräsidentin antworten.

Es ist natürlich wichtig, dass wir heute auch über Corona und nicht nur über den Haushalt reden. Der Haushalt ist der eine Teil, mit dem wir dann versuchen, aus der Krise herauszukommen, aber wir stecken erst einmal so fest in der Krise, dass wir natürlich zuerst auf Corona und darauf schauen müssen, was wir tun und wie unsere Lebenssituation ist.

Ich habe vor vier Wochen hier im Plenum schon einmal darüber gesprochen, wie sich Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten, Krankenschwestern und Krankenpfleger fühlen müssen und können. Seitdem ist es nicht besser geworden. Der normale Mensch in unserer Umgebung, der normale Mensch in unserem Land ist natürlich

von Corona bedroht.

Auch wenn man nicht direkt damit zu tun hat – ich weiß, dass vor einem halben Jahr noch gesagt wurde, ich kenne keinen, der an Corona gestorben ist –, habe ich in der letzten Woche von zwei Menschen aus meiner näheren Umgebung gehört, die an Corona gestorben sind. Ich nehme an, es geht Ihnen auch so. Die sogenannten Einschläge kommen näher. Die Frage ist: Wie lange noch ist aus unserer Familie keiner an Corona verstorben? Wie lange noch können wir so leben? Deshalb war es richtig, dass beim letzten Treffen der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin Maßnahmen ergriffen und Schlüsse gezogen worden sind.

Manchmal stelle ich mir angesichts der Tatsachen allerdings Fragen. Bei mir im Landkreis gibt es ein Altenheim, in dem inzwischen fast jeder Dritte an oder mit Corona verstorben ist. In Schulen und Kitas gibt es Gespräche, weil die Omas an Corona gestorben sind, weil nahe Verwandte gestorben sind, weil man sich nicht mehr besuchen kann usw. Meine Damen und Herren, das ist das, was die Menschen in diesem Land bewegt. Es wird sie leider weiter bewegen müssen, auch wenn wir jetzt ein Licht am Ende des Tunnels sehen und diesen Impfstoff, dieses Hoffnungszeichen aus Mainz, haben, wie wir es hier gerne nennen.

Zum Glück kommen aber auch aus anderen Städten und Regionen der Welt Hoffnungszeichen, weil ein Impfstoff allein wahrscheinlich nicht genügen würde. Deshalb ist es gut, dass überall international gemeinsam daran geforscht wird, dass wir diese Corona-Krise gemeinsam bekämpfen können, dass wir das Sterben gemeinsam bekämpfen können, dass wir die Krankheit gemeinsam – nicht ein Land, eine Region allein – bekämpfen können. Nur gemeinsam geht das!

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und bei der CDU)

Das habe ich das letzte Mal auch schon angesprochen, weil Frau Dr. Groß von der AfD vor etwa zwölf Wochen hier gesagt hat, höhere Infektionszahlen müssten nicht zu mehr Toten und nicht zu einer stärkeren Belegung von Intensivbetten führen. Damals hatten wir 225 Intensivbetten in Deutschland belegt, während es mit dem heutigen Tag 4.735 sind. Dies für die AfD nur einmal als Zahl für die Verharmlosung, die Sie betreiben und betrieben haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Das nur einmal als Zahl, damit wir jetzt auch wissen, dass an einem Tag mehr als 500 Menschen in Deutschland an Corona sterben

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

und es eben nicht so ist, dass das außen vor bleibt, wenn man es ignoriert,

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

sondern man es bekämpfen und aktiv dagegen handeln muss, meine Damen und Herren.