Auf nationaler Ebene brauchen wir eine Bündelung der Sicherheitsbehörden mit einem gemeinsamen Terrorabwehrzentrum. Der Austausch von Daten und Informationen muss besser werden. Zudem sind wir auf eine enge europäische und internationale Zusammenarbeit angewiesen.
Meine Damen und Herren, ich verurteile die grausamen islamistisch-extremistisch motivierten Morde auf das Allerschärfste. Genauso verurteile ich, dass manch einer die Angriffe der gewaltbereiten und radikalen Täter nutzt, um unsere Gesellschaft zu spalten. Das dürfen wir nicht zulassen. Wir dürfen uns von ihnen nicht einschüchtern lassen. Wir dürfen uns nicht kleinkriegen lassen; wir müssen Mut beweisen und uns gegen den Hass und für Freiheit und Toleranz einsetzen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Anfang Oktober eine Messerattacke auf ein schwules Paar aus NRW in der Dresdner Altstadt, Mitte und Ende Oktober Enthauptungen in Paris und Nizza, und wir haben mit Wien gebangt, als die ersten Nachrichten über die Schüsse vor einer Synagoge über den Ticker gelaufen sind. Diese islamistisch motivierten Anschläge führen uns vor Augen, dass wir weiterhin wachsam gegenüber dem islamistischen Terror sein müssen.
Wenn wir einen Blick in den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2019 werfen, dann wird dort ganz klar gesagt, dass es weiter eine hohe abstrakte Gefährdung durch den internationalen, islamistisch motivierten Terrorismus gibt.
In Rheinland-Pfalz haben wir rund 650 Personen – im Vergleich sind die gleich geblieben –, die wir dem islamistischen Spektrum zuordnen können, darunter 65 Personen gewaltorientiert. Die Zahl ist ebenfalls gleich geblieben. Dem salafistischen Spektrum können wir 230 Personen zuordnen.
Hier in Rheinland-Pfalz haben wir den Verfassungsschutz umfangreich reformiert. Er kann künftig noch genauer hinschauen. Das ist sehr wichtig, um auch dieses Spektrum beobachten zu können. Wir stellen im neuen Haushalt für das Jahr 2021 entsprechende Mittel zur Verfügung, damit der Verfassungsschutz wirkmächtig in Rheinland-Pfalz sein wird. Für eine bessere Beobachtung haben wir also die Grundlage gelegt.
Auch unsere Polizei ist sowohl was die Einsatzplanung bei Terroranschlägen als auch die Sensibilisierung, da genau hinzuschauen, anbelangt, gut aufgestellt.
Auch die Grünen haben bundesweit auf die Anschläge reagiert, die Gegenstand der Debatte sind. Es wurde in einem Papier unseres Bundesvorsitzenden gemeinsam mit unserer innenpolitischen Sprecherin gefordert, dass Gefährder bundesweit wesentlich konsequenter und engmaschiger beobachtet werden, erlassene Haftbefehle vollstreckt werden, aber auch, dass einschlägig salafistische Vereine konsequent verboten und verdächtige Geldflüsse stärker kontrolliert werden. Das sind Dinge, die wir bundesweit machen können und die intensiviert werden sollen. Ein Tabu, über den Islamismus zu sprechen – was eben vorgeworfen wurde –, kann ich nicht sehen. Auch wir Grüne haben sehr klare Vorschläge unterbreitet, dass wir konsequent dagegen vorgehen.
Wir gehen in Rheinland-Pfalz auch in Bezug auf die Prävention konsequent vor. Wir haben die Beratungsstelle Salam gegen islamistische Radikalisierung in Rheinland-Pfalz. Das ist eine Beratungsstelle, die ein wichtiger Baustein für die
Gewaltprävention in diesem Bereich ist, damit Deradikalisierung stattfindet und junge Menschen eine Anlaufstelle haben, die sich möglicherweise radikalisieren. Es können sich aber auch Angehörige und Lehrkräfte an sie wenden, wenn sie Rat suchen. Auch hierfür sind für das Jahr 2021 Mittel im hohen sechsstelligen Bereich veranschlagt.
Sehr wichtig ist – das ist auch in der Debatte angesprochen worden –, wir benötigen in Deutschland einen deutschen Islam. Deswegen ist der Islamunterricht in deutscher Sprache sehr, sehr wichtig.
Der wichtige Schritt der Imamausbildung ist an den Start gegangen. Das ist von Frau Kollegin Becker schon betont worden. Wir benötigen in Deutschland einen deutschen Islam, eine Diskussion, die hier stattfindet; denn ein wesentlicher Punkt ist – den vergessen wir immer, wenn wir über Radikalisierung sprechen –, dass die Islamfeindlichkeit, die es in bestimmten Teilen unserer Gesellschaft und leider auch hier im Parlament gibt, zu einer Radikalisierung führt. Die Islamfeindlichkeit ist in Deutschland leider gestiegen.
Wenn ich mir die Zahlen aus dem Jahr 2014 ansehe, waren es 17 %, während es im Jahr 2018 schon 19 % waren. Diese Zahl zur Islamfeindlichkeit in unserer Gesellschaft steigt leider weiter an.
Das sind natürlich korrespondierende Säulen. Wenn ich mich von einer Gesellschaft abgelehnt fühle, dann ziehe ich mich zurück, dann radikalisiere ich mich. Das ist eine wirklich bedenkliche Entwicklung.
Wenn wir in den Verfassungsschutzbericht für RheinlandPfalz schauen, wird dort zum Beispiel zur Jugendorganisation der Jungen Alternativen sehr klar gesagt, sie ist migrations- und islamfeindlich. Auch Aussagen, die wir von der AfD in diesem Plenum gehört haben, zeigen eine pauschale Abwertung der Religion an sich. Es wird geleugnet, dass der Islam überhaupt zu unserem Verständnis eines demokratischen Rechtssaats passt. Das sind genau die Aussagen.
Herr Paul hat sich eben in seiner Rede sehr wachsweich gegeben, aber diese Rede soll nicht davon ablenken, welch eine pauschale Ablehnung des Islams und der 200.000 Musliminnen und Muslime immer wieder aus dieser Richtung kommt und dass Sie mit Ihrer Islamfeindlichkeit dazu beitragen, dass sich Menschen radikalisieren. Das soll selbstverständlich auch Gegenstand dieser Debatte sein.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die jüngsten Ereignisse in Frankreich, Dresden und Wien haben die öffentliche Aufmerksamkeit wieder auf den Islamismus sowie islamistisch motivierte Terrorangriffe gelenkt.
Die Sicherheitsbehörden befassen sich seit Jahren kontinuierlich, konzentriert und intensiv mit den Gefahren, die sich aus dem Islamismus für die freiheitlich demokratische Grundordnung sowie die öffentliche Sicherheit ergeben.
Beim Islamismus handelt es sich ebenso wie beim Rechtsund Linksextremismus um eine Ideologie, die zentrale Prinzipien unserer Grundordnung ablehnt und durch eigene Ordnungsvorstellungen ersetzen will. Charakteristisch für Islamisten ist hierbei, dass sie den Islam nicht nur als persönliche Glaubensangelegenheit, sondern vor allem als ein umfassendes Normensystem begreifen.
In entsprechender Weise erwarten sie von den Muslimen politischen Aktivismus. Dadurch soll das Normensystem auch hierzulande schrittweise und vermehrt Geltung erhalten. Dies hat konkrete und einschränkende Auswirkungen auf individuelle Rechte und Freiheiten, unter anderem auf die Glaubens- und Meinungsfreiheit und mit Blick auf muslimische Frauen – das müssen wir auch sehen – auf die Handlungs- und Bewegungsfreiheit.
Die Grenzen der Meinungsfreiheit setzen Islamisten dort, wo ihre eigenen Überzeugungen, Interessen und religiösen Gefühle Gegenstand kritischer Meinungsäußerungen oder Bilddarstellungen sind. Wahrgenommene verbale und visuelle Kritik am Islam oder an ihnen selbst setzen Islamisten in Bezug zum Kampf gegen Islamfeindlichkeit und antimuslimischen Rassismus.
Die Gefahrenpotenziale des Islamismus – sei es in seiner gewaltorientierten oder gewaltfreien Ausprägung – müssen vor dem Hintergrund dieser eben skizzierten Entwicklung sehr ernst genommen werden. Hierbei weiß ich unsere Sicherheitsbehörden gut aufgestellt. Das gilt insbesondere für den Verfassungsschutz, der hier ein gutes Frühwarnsystem aufgebaut hat.
Der Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz hat islamistische Bestrebungen bereits früh in den Blick genommen. Die aktuelle Bedrohungslage haben wir aber auch bei der organisatorischen Fortentwicklung des Verfassungsschutzes in diesem Jahr im Blick gehabt. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass wir ein gesondertes Referat für islamistischen Terrorismus/Salafismus eingerichtet haben.
Gleichzeitig gilt es aber, sehr genau zu differenzieren. Wir dürfen die erkannten Probleme nicht den Muslimen insgesamt zuschreiben. Im Gegenteil, es ist unabdingbar, das Gespräch mit den Muslimen fortzusetzen und zu intensivieren, die an der Bewahrung von Freiheit und Rechtsstaat dasselbe Interesse wie die Landesregierung und die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, die Ablehnung unserer demokratischen Grundordnung, der Absolutheitsanspruch der eigenen Auffassung, die Unterteilung der Welt in Freund und Feind, das sind keine Alleinstellungsmerkmale des Islamismus. Sie sind genau wie die Gewaltbereitschaft einiger Anhänger Merkmal aller Extremisten. Gerade Gewalt ist in den letzten Jahren von unterschiedlichsten extremistischen Strömungen ausgegangen. Deswegen möchte ich noch einmal ganz klar sagen: Wir müssen jede Form des Extremismus im Blick haben. Wir haben in Rheinland-Pfalz beim Verfassungsschutz und bei der Polizei jede Form des Extremismus im Blick.
Der Extremismus als Ganzes, gleich welcher Ausrichtung, steht unserer freiheitlichen Demokratie diametral gegenüber. Deshalb muss auch allen extremistischen Strömungen gleichermaßen mit den Mitteln des wehrhaften Rechtsstaats begegnet werden.
Jede Form von Extremismus ist eine Gefahr, eine Gefahr für Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in unserem Land und auf der ganzen Welt. Jeder Demokrat muss sich erfolgreich dem Extremismus als Ganzes entgegenstellen.
Liebe Kollegen, sehr verehrtes Präsidium! Herr Lammert, gerade habe ich differenziert. Ich habe grundsätzlich nicht pauschal von Flüchtlingen gesprochen, die eine Gefahr darstellten, sondern ich habe darauf hingewiesen, dass der Attentäter von Paris als Flüchtling nach Europa gekommen ist. Das ist ein Fakt.
Herr Hüttner, Sie haben die Islamkonferenz genannt, die das Ziel der Integration besser verfolgen sollte. Aus der ist Hamed Abdel-Samad, ein kritischer Muslim, vor Kurzem ausgestiegen. Er hat gesagt, hier geht es nicht um Integration, sondern hier geht es um Selbstaufgabe. Das ist das, was wir nicht wollen. Wir wollen uns nicht diesen Milieus anpassen, anstatt den Kampf aufzunehmen und unsere Werte zu verteidigen.
Übrigens hat der IS-Attentäter von Wien, als er bei seinem Plan, nach Syrien auszureisen, festgenommen und verurteilt worden ist, gesagt, er habe nie Diskriminierungserlebnisse in Österreich erleben müssen.
Wenn wir hier keine Zustände wie in Frankreich haben wollen, dann brauchen wir einen echten Diskurs, der auch das in den Blick nimmt.
Die Tabus, die kritische Bürger sprachlos machen sollen, sind längst nicht mehr angemessen. Bei diesem Diskurs muss vor allen Dingen eines gefordert werden, nämlich dass sich die hier lebenden Muslime von sogenannten Autoritäten empanzipieren, die ihr Verständnis vom Islam vom Ausland her nach Deutschland bringen. Das ist sehr wichtig. Das heißt, das ist die Grundvoraussetzung, dass wir diese Auseinandersetzung im Sinne unserer Werte erfolgreich meistern können. Das ist auch das, was Hamed Abdel-Samad gesagt hat: Diese Emanzipation ist wichtig.
Auch wir, die AfD, möchten nämlich einen deutschen, einen Euroislam. Der ist aber nur mit Muslimen möglich, die sozusagen diese Verbindungen infrage stellen und kappen und hier ein Entwicklungsfeld für den Islam eröffnen, der zu unserer Gesellschaft passt. Das ist notwendig.