ich vor etwa acht Wochen hier am Pult gesagt habe, es wird wieder zu Tausenden Fällen kommen in den Krankenhäusern, es wird wieder zu Tausenden Toten in diesem Winter kommen, Menschen die an und mit Corona sterben.
Meine Damen und Herren, es ist leider so, dass Tausende in diesem Winter an und mit Corona sterben werden und wir es nicht verhindern können, weil die Infektionszahlen so rasant gestiegen sind und sich die Aufenthalte in den Krankenhäusern auf den Intensivstationen seit der letzten Rede, die ich hier dazu vor acht Wochen gehalten habe, mindestens versechsfacht haben. Obwohl wir es hätten wissen können, konnten wir nicht handeln. Wir hatten anscheinend nicht die Kraft dazu, früh genug zu handeln.
Deswegen begrüße ich es, dass wir heute darüber reden, wie wir handeln und in welche Richtung wir gehen müssen. Alle gemeinsam, meine Damen und Herren, wissen wir, wir müssen Kontakte beschränken. Man kann darüber reden, wie man Kontakte beschränkt, aber wir wissen alle, wir müssen die Kontakte beschränken. In einer Pandemie muss man die Kontakte beschränken. Dann muss man entsprechende Maßnahmen vorschlagen und umsetzen. Deswegen ist es richtig, dass wir Kontakte in diesem Monat beschränken und in dem Monat beschränken werden, der folgt.
Deswegen ist es richtig, dass wir versuchen, die PandemieWelle zu brechen. Es ist richtig, dass wir versuchen, nicht nachsorgend zu handeln, wenn die Zahlen heute bei über 18.000 Neuinfektionen liegen. Als das in Frankreich vor zwei Wochen der Fall war, dachte ich noch, na ja, bei uns wird es nicht passieren, wir haben Maßnahmen ergriffen. Dennoch ist es viel schneller passiert, als Frau Merkel das vorgerechnet hat; denn da war Weihnachten die Perspektive. Es ist viel schneller passiert, als wir alle das befürchtet haben, und deswegen ist es so wichtig, dass wir schnell und konsequent handeln. Deswegen bin ich froh, dass wir heute darüber reden.
Es geht nicht nur um das schnelle Handeln, sondern es geht darum – daran wird sich der Erfolg der Maßnahmen am Schluss messen lassen müssen und nur messen lassen können –, ob die Menschen in dieser Bundesrepublik Deutschland verstehen, dass dieses Handeln das richtige ist, ob sie verstehen und mitmachen, was wir tun. Ich kann sagen, im Moment, zumindest nach meiner Kenntnis, sind viele, viele der Meinung, ja, das ist richtig, das muss weiter erklärt werden. Es gibt wenige, die sagen, nein, das können wir nicht mitmachen, das wollen wir nicht mitmachen, das ist undemokratisch usw. oder das würde die Wirtschaft zerstören.
Im Gegenteil, viele Menschen auf der Straße wissen, dass das die Wirtschaft nicht zerstört, was wir machen, sondern das, was wir jetzt tun, die Wirtschaft retten soll und wir deshalb diese Maßnahmen ergreifen, um dann hinterher nicht in eine totale Katastrophe zu kommen. Wer verantwortlich, wer vorausschauend handeln will, der muss auch erklären, warum er wie handelt.
Dazu sind die Debatten im Landtag, im Parlament notwendig. Deswegen freue ich mich, dass wir die heute führen können.
Alle sind gefragt. Wirklich alle sind gefragt zu erklären, was wir hier tun. Ich weiß, manche wollen das gar nicht erklären, weil sie daraus politischen Vorteil saugen wollen,
Deswegen, Herr Baldauf, bin ich so dankbar, dass Sie heute klar gesagt haben, Sie stehen hinter diesen Maßnahmen. Es ist doch wichtig, dass die große und ernst zu nehmende Oppositionspartei in diesem Landtag klarmacht, das sind Maßnahmen, die wir mittragen und der Bevölkerung erklären werden, und wir handeln gemeinsam, damit wir einen großen Nukleus von Demokraten haben, die diese Maßnahmen nach draußen tragen und verantwortlich handeln.
Es ist natürlich immer wieder die Hoffnung da, dass der Impfstoff bald kommt, und es ist die Hoffnung da, dass wir irgendwo demnächst eine Rettung haben, aber darauf können wir uns nicht verlassen, meine Damen und Herren.
Ich will an der Stelle sagen, es ist kritisiert worden, dass die Kanzlerin von „Unheil“ sprach, das auf uns zukommt, aber ich halte das für das richtige Wort. Wenn man einmal im Duden nachschaut, was Unheil bedeutet, dann heißt es dort, ein schicksalgetriebenes Geschehen, das einen großen Schaden verursachen kann und verursachen wird.
Dafür sind wir vorausdenkende Menschen und nicht irgendwelche, die erst hinterher sehen, so wie im Mittelalter mit der Pest, dass man irgendetwas falsch gemacht hat, sondern wir wissen, wie wir handeln können, und wir können vorausschauen, und deswegen ist es wichtig, dass jetzt die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Kanzlerin – ich bin sehr dankbar dafür, dass es diese Gemeinsamkeit gibt, endlich, endlich, muss man sagen – in Deutschland diese Maßnahmen getroffen haben und sie dann auch konsequent befolgt werden.
Wir haben – ich will das noch einmal für Rheinland-Pfalz klarmachen – immer im Parlament gehandelt. Ich weiß nicht, woher Gerüchte kommen, wir hätten als Parlament unsere Aufgabe nicht erfüllt oder wären an der falschen Stelle gewesen. Nein, das waren wir nie. Wir haben einen Ausschuss, der sich mit dem Thema beschäftigt. Wir haben im Gesundheitsausschuss permanent darüber diskutiert, ob die Maßnahmen richtig sind, wie sie gemacht werden. Wir haben im Finanzausschuss darüber geredet, welche Mittel verausgabt wurden, und im Parlament dadurch, dass es die Nachtragshaushalte gab, immer wieder darüber geredet, ob es denn die richtigen Maßnahmen, die richtigen finanziellen Maßnahmen sind, die unterstützt werden.
Das Parlament hat also in Rheinland-Pfalz eine zentrale Rolle in der Diskussion gespielt und erfüllt, meine Damen und Herren.
Das sollten wir dann auch bewusst nach draußen tragen und nicht selbstkritisch sagen – man muss natürlich dahin gehend selbstkritisch sein, wo man weitermachen kann –, wir haben gar nicht darüber diskutiert. Das stimmt nicht. Wir hatten diese Möglichkeiten. Es gab eine Aktuelle Debatte dazu, es gab eine Regierungserklärung dazu. Schauen Sie sich doch die Protokolle an. Es stand immer im Mittelpunkt der Diskussion, ob wir die richtigen Maßnahmen haben und – um das zur Kontrolle der Regierung zu sagen – die Regierung die richtigen Maßnahmen, die richtigen Verausgabungen, die richtigen Maßnahmen in den Schulen, die richtigen Maßnahmen in der Wirtschaft getroffen hat.
Ich war dabei, habe es gehört und mitdiskutiert. Meine Damen und Herren, jeder konnte sich einbringen.
Deswegen darf man nicht hinterher „Mimimi“ machen und sagen, das Parlament war nicht dabei. Nein, das Parlament war in Rheinland-Pfalz immer zentral dabei, und dafür bin ich dankbar.
Wir schauen jetzt auch ein Stückchen in die Zukunft. Was machen wir denn mit der Sondersituation in RheinlandPfalz? Das ist in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg die gleiche Situation. Wir haben nun einmal ein Ende der Wahlperiode, und das wird in Pandemiezeiten sein. Die wird nicht verschwunden sein bis zum März. Deswegen müssen wir als Parlament Wege finden, wie wir dann, wenn wir im Januar die letzte bis jetzt offiziell angesetzte Plenarsitzung
haben, bis zur Konstituierung am 18. Mai des nächsten Jahres als Parlament weiter dabei sein können.
Ich will eines sagen: Man darf nicht nur dabei sein, man muss auch öffentlich dabei sein. Es ist für uns Grüne ganz wichtig, dass wir öffentliche Debatten führen.
Es hat keinen Sinn, wenn wir sie hinter verschlossenen Türen führen. Deswegen suchen wir einen Weg, wie wir die Debatten im Parlament öffentlich darstellen und nachvollziehbar machen können, damit die Bevölkerung auch weiß – weil wir Vertreterinnen und Vertreter der Bevölkerung sind –, was ihr Parlament in dieser schwierigen Lage diskutiert. Dazu brauchen wir öffentliche Sitzungen, meine Damen und Herren.
Wir haben aber nicht nur das Parlament. Wir haben auch andere Gremien, die sich damit beschäftigen. Wir haben den Pandemierat in Rheinland-Pfalz, der die Regierung berät. Wir haben die Virologen, die uns immer wieder in der Regierung, aber auch für das Parlament zugänglich beraten. Wir haben wissenschaftliche Grundlagen, an denen geforscht wird, die öffentlich gemacht und vorgetragen werden, beispielsweise im Ausschuss, in der Enquete-Kommission. Das alles ist in Rheinland-Pfalz nachvollziehbar.
Wir beschweren uns garantiert nicht darüber, dass es so viele gute beratende Gremien gibt, die in Rheinland-Pfalz Hilfestellungen geben, wie wir denn – ich will das noch einmal sagen, man muss es inzwischen dazusagen – nicht aus dem Bauch heraus, sondern wissenschaftlich begründet und fundiert vorgehen und den Break, den Wellenbrecher gegen die Pandemie hinbekommen können. Dazu braucht man wissenschaftliche Beratung. Die haben wir in Rheinland-Pfalz, und darüber sind wir froh.
Ich glaube, wir sind außerdem richtig unterwegs, wenn wir die Maßnahmen, die die Regierung und das Parlament in dieser Zeit treffen, zeitlich immer befristen. Das sind zum Beispiel das Wahlgesetz und andere Dinge, die in Zukunft für uns wichtig sind. Wir können nicht in Notzeiten Beschlüsse fassen, die für Nicht-Notzeiten gelten. Deswegen sind die Begrenzungen der Beschlüsse, die wir im Parlament treffen, aber die auch die Regierung trifft, notwendig. Wir haben manchmal ein halbes Jahr, manchmal ein Jahr. Wir haben viele Möglichkeiten geschaffen, damit sich die Kommunalparlamente virtuell treffen können, Beschlüsse gefasst werden, Parlamente und Parteien weiter tagen können und Vorstände – selbst die, die fast auf Lebenszeit gewählt sind –,
die immer wieder in Parteien gewählt werden, in diesem Jahr nicht gewählt werden müssen, sondern erst im nächsten Jahr gewählt werden können. Alle diese Maßnahmen
sind natürlich zeitlich beschränkt. Deswegen ist es richtig, dass dieses Parlament dann, wenn das ausläuft, was wir beschlossen haben, wieder neu entscheidet bzw. neu entscheiden muss.
Meine Damen und Herren, ich bin zufrieden mit der Arbeit des Parlaments, zumindest mit der überwiegenden Mehrheit des Parlaments, und deswegen kann man sich auch nicht darüber beschweren, das Parlament wäre nicht eingebunden gewesen.
Ich will etwas andere Schwerpunkte als meine Vorrednerinnen und Vorredner setzen. Natürlich wissen wir alle, dass die Wirtschaft leidet. Wir wissen, dass die Gastronomie leidet, und wir wissen, dass Hilfen schnell ausgezahlt werden müssen, wenn wir diese Beschlüsse umsetzen. Das sind Themen, die wir seit Langem diskutieren. Wir wissen auch, dass es, glaube ich, für einen Monat möglich ist, solche Hilfen anstelle von Öffnungen von Restaurants, von Hotels, von Einrichtungen tatsächlich durchzuführen. Schwierig wird es, wenn das alles nochmals länger dauert.
Wir hatten zum Glück im Sommer eine ganz gute Zeit für viele Branchen. Natürlich, die Schausteller, die Messebauer, die Künstlerinnen und Künstler sind alle über den ganzen Sommer gebeutelt und getroffen worden. Deswegen müssen wir da besondere Maßnahmen umsetzen und besondere Hilfen leisten. Das ist uns sehr bewusst.
Ich will aber noch ein wenig mehr auf die Familien eingehen. Was tut es denn mit den Familien, dass es diese Pandemie gibt? Was tut es denn, wenn man nicht mehr nach draußen gehen kann, wenn man nicht mehr so viel Austausch hat? Jeder kann ein bisschen in sich hineinhorchen und schauen, was wir denn machen, wenn wir demnächst einen Monat lang unsere Kontakte beschränken. Das ist keine schöne Zeit, es ist auch noch der November. Ich glaube, wir werden nicht als fröhliche Menschen durch die Gegend laufen. Deswegen muss man durchaus darüber nachdenken, wie man Familien, Kindern, Jugendlichen das Leben erleichtern kann.
Das ist unser Hauptaugenmerk im Moment, und deswegen wollen wir auch, dass die Schulen und die Kitas weiter geöffnet bleiben können. Dafür haben wir viel Geld ausgegeben und werden noch viel Geld ausgeben. Das ist wichtig, aber nicht das Zentrale. Wir müssen diese Gesellschaft zusammenhalten. Wir dürfen nicht zuschauen, wie diese Gesellschaft zerbröselt und am Schluss Menschen zurückbleiben, die in der Pandemie sozusagen Opfer geworden sind. Das sind nicht nur die Firmen, das ist nicht nur die Lufthansa, sondern das sind eben auch die Familien und die Menschen, die besonders betroffen sind, die einsamen Menschen, die alten, die in den Heimen sind.