Protocol of the Session on October 30, 2020

Schauen wir auf den Tourismus und die Gastronomie.

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Schon jetzt verzeichnen wir im Tourismussektor seit März Wertschöpfungsverluste in Höhe von 620 Millionen Euro.

(Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Die Wirtschaftsauskunftei Bürgel warnte erst gestern vor deutlich mehr Pleiten in der rheinland-pfälzischen Gastronomie. 12,5 % der Restaurants, Gaststätten, Imbisse und Cafés im Land seien insolvenzgefährdet, heißt es in ihrer Analyse. Die unseligen Debatten um Beherbergungsverbote haben bereits die Herbstsaison weitgehend kaputt gemacht. Nun sind auch noch die letzten Hoffnungen für das ohnehin massiv schwächelnde Advents-, Weihnachtsund Silvestergeschäft dahin.

DEHOGA-Präsident Haumann ist über die Entscheidung, Gastronomie und Hotellerie erneut zu schließen, aus guten Gründen entsetzt und erklärte gegenüber der RheinZeitung vom Mittwoch wörtlich: „Merkel ist auf einem Irrweg.“ Bezeichnenderweise spricht er von der Methode Vorschlaghammer, die ausgerechnet jene Branche trifft, die wie kaum eine andere in Schutzmaßnahmen investiert, mit hohem Aufwand Hygienekonzepte umgesetzt und monatelang ums nackte Überleben gekämpft hat. Kein Infektions

treiber, sondern vorbildlich in der Umsetzung geforderter Maßnahmen, und trotzdem der Prügelknabe einer Regierungspolitik, die Realität und Rationalität offensichtlich völlig aus den Augen verloren hat, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD)

Entsprechend unmissverständlich unterstützt die AfDFraktion das Vorhaben des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Rheinland-Pfalz, gegebenenfalls gegen die geplanten Komplettschließungen zu klagen; denn der zweite Lockdown trifft gerade das für unser Bundesland außerordentlich wichtige Gastgewerbe ökonomisch wie psychologisch mitten ins Herz.

Meine Damen und Herren, wir erklären uns solidarisch mit allen durch das unverantwortliche CoronaKrisenmanagement der Regierenden in Mainz und Berlin nicht selten existenziell betroffenen Berufsgruppen, mit den Gastronomen und Hoteliers, mit der gesamten Reiseund Veranstaltungsbranche, aber auch mit Einzelhändlern, Kulturschaffenden und Kinobetreibern, Schaustellern, Taxifahrern, Soloselbstständigen und vielen, vielen anderen.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schauen wir auf Kultur und Gesellschaft. Unsere Theater, Opern und Konzerthäuser müssen trotz amtlich zertifizierter Hygienekonzepte erneut schließen, und man höre und staune: Selbst das dem politischen Establishment ansonsten so überkorrekt nahestehende Staatstheater in Mainz teilte am Mittwochabend mit, dass man die zweite Lockdown-Entscheidung – anders als noch im Frühjahr – nun nicht mehr mittrage. Es sei eine „sinnlose Maßnahme“, schreibt die Theaterleitung. Nachgewiesenermaßen habe sich niemand in einem Theater oder Opernhaus mit COVID19 angesteckt.

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Das können die gar nicht sagen!)

„Darum werden wir auch nicht mit virtuellen Formaten im Internet den analogen Phantomschmerz mildern“,

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

heißt es wörtlich in einem Protestbrief.

Auch darüber hinaus fällt es dieser Tage nicht schwer, den kulturpolitischen Zorn mit zu fühlen, den Wolfgang Herles auf Thichys Einblick bereits am 22. August in aller Deutlichkeit ausgedrückt hat.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das ist ja wohl ein Witz!)

Ich zitiere: „Wir werden regiert von kulturlosen Banausen. Und niemand fällt Ihnen in den Arm. Zur Erinnerung: Im deutschsprachigen Raum gibt es etwa so viele Opernhäuser wie im Rest der Welt.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ist das Zitat schon zu Ende?)

Es glaube doch niemand, diese ohnehin auf (...) Subventionen angewiesene Branche werde unbeschadet überleben, wenn das Virus (...) bis ins nächste Jahr oder länger hysterische Restriktionen auslöst. Die nun folgende Rekordverschuldung auch der öffentlichen Hand wird nicht wenige Opernhäuser und Orchester hinwegfegen.“

Auch die Kinobetreiber in Rheinland-Pfalz warnen vor den katastrophalen Folgen einer Schließung, die völlig unnötig sei; denn bisher habe es keine Infektionen in Kinos gegeben. „Es gibt kaum einen sichereren Ort als ein Kino“, so Sabine Weiler, Geschäftsführerin des Metropol-Kinos in Neuwied. Die Häuser seien gut belüftet, die Abstandsregelungen klar gewahrt und Hygienekonzepte selbstverständlich. Überdies hält sich der Publikumsandrang schon seit vielen Wochen in sehr engen Grenzen. Angesichts all dessen sei man fassungslos über die getroffenen Maßnahmen, hieß es auch beim Hauptverband Deutscher Filmtheater.

Gesamtgesellschaftlich beklagen wir als AfD ein um sich greifendes Klima der sozialen Vereinzelung und Vereinsamung, das nicht zuletzt die Alten, Kranken und Schwachen trifft, aber auch den Kindern, Jugendlichen und Studenten wertvolle Erfahrungen und Lebensfreude raubt. Dieses bedrückende Klima drosselt nicht nur auf fatale Weise das Wirtschaftsleben, sondern gefährdet längerfristig unsere Gemeinschaft in ihren Grundfesten, indem durch unverhältnismäßige, radikale Beschränkungen von Bewegungsfreiheit und erlaubten Gruppengrößen der soziale Austausch minimiert wird.

Die Schwere der Krise mit all ihren konkreten Herausforderungen für die beiden letzten Monate dieses Jahres, für 2021 und zweifellos weit darüber hinaus lässt sich daher nicht allein in Zahlen ausdrücken. Natürlich können wir die bereits eingetretenen volkswirtschaftlichen Einbrüche beziffern, desgleichen die unermesslich hohen neuen Schuldenberge, an deren Rückzahlungsmöglichkeit wohl niemand mehr ernsthaft glaubt. Doch was es auf der emotionalen Ebene wirklich bedeutet, wenn vor unseren Augen beispielsweise die deutsche Kinokultur in die mit Abstand schwerste Krise der Nachkriegszeit hinein gezwungen wird, das dürfte kaum jemandem bewusst sein.

Schauen wir auf die Schulen, und nein, ich werde meine Redezeit nicht dazu nutzen, hier unser bildungspolitisches Wahlprogramm zu präsentieren, wie Herr Baldauf das eben für die CDU getan hat.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Will auch keiner hören!)

Wir begrüßen sehr, dass die Schulen bis auf Weiteres geöffnet bleiben sollen, und wir hoffen, dass Sie, Frau Ministerin Hubig, bei Ihrer Linie bleiben und auch als KMK-Vorsitzende dafür kämpfen werden; denn der Präsenzunterricht kann nicht durch Fernunterricht oder Konzepte des digitalen Lernens ersetzt werden.

Unterricht im Klassenraum ist nicht nur bloße Wissensvermittlung, es ist ein soziales Geschehen und eröffnet Möglichkeiten gemeinsamen Lernens, die für die schulische Bildung unverzichtbar sind. Der Lehrer als Moderator und kompetenter Ansprechpartner, Gespräche und Diskussionen im Klassenverband, Arbeiten in der Gruppe, naturwissenschaftliche Experimente in Physik und Chemie, all das ist im Heimunterricht nicht umsetzbar, aber es macht einen wesentlichen Teil des Lernerfolgs unserer Schüler aus.

Schule ist der Raum, in dem alle Kinder und Jugendlichen Kontakt zu Gleichaltrigen haben. Gerade wenn ansonsten Kontaktbeschränkungen gelten und Sport- und Kulturstätten schließen müssen, wird die Schule zum wichtigsten Ort sozialer Interaktion. Diesen Ort dürfen wir unseren Kindern nicht nehmen, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD)

Das ist auch gar nicht notwendig; denn die Zahlen belegen eindeutig, dass Schulen keine Hotspots sind. Frau Hubig hat selbst darauf hingewiesen, dass es seit Beginn der Sommerferien bisher nur einen einzigen Fall gegeben hat, in dem eine Corona-Infektion in der Schule übertragen worden ist. Warum sie dann trotzdem die Maskenpflicht im Unterricht eingeführt hat, erschließt sich uns nicht. Frau Ministerin, wo sind die evidenzbasierten Fakten, die belegen, dass dadurch das Infektionsgeschehen an Schulen und das von dort ausgehende Risiko substanziell reduziert werden kann?

Sicher dagegen ist, dass das Tragen einer Maske über lange Stunden hinweg für viele Kinder physisch wie psychisch belastend ist und nicht nur die nonverbale Kommunikation dadurch spürbar eingeschränkt wird. Bei falscher Handhabung – unter Kindern vielleicht eher die Regel als die Ausnahme – können Masken sogar ein Infektionsrisiko darstellen. Infolgedessen warnen nicht wenige Experten davor, eine generelle Maskenpflicht an Schulen könne mehr schaden als nützen. Deshalb unsere klare Forderung an Sie, Frau Ministerin: Nehmen Sie diese Argumente ernst, befreien Sie unsere Kinder von der Maske, und lassen Sie sie wieder unbeschwert gemeinsam lernen.

(Beifall der AfD)

Schauen wir schließlich auf die Grundrechte. Dass sie zurzeit ohne gesetzliche Grundlage eingeschränkt werden, habe ich bereits erwähnt. Dies allein ist schon ein Skandal. Vor allem aber stellt sich die Frage, inwiefern solche Einschränkungen notwendig und verhältnismäßig sind. Dabei spreche ich weniger vom Mund-Nasen-Schutz, obwohl auch er für viele eine Belastung darstellt.

Nein, ich spreche vor allem von Reise- und Beherbergungsverboten, von Einschränkungen der freien Berufsausübung und von der teilweisen Aufhebung der Versammlungsfreiheit. Alles substanzielle Freiheitsrechte, die zum Kernbestand unserer demokratischen Ordnung gehören. Hier braucht es eine sorgfältige Abwägung zwischen die

sen Grundrechten und den berechtigten Interessen des Gesundheitsschutzes.

(Beifall der AfD)

Unsere Haltung ist klar: Das, was jetzt beschlossen wurde, ist in weiten Teilen weder angemessen noch verhältnismäßig. Es ist nicht ausreichend begründet, es ist zu weitgehend, und es ist keineswegs alternativlos. Der ehemalige Richter am Landesverfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Professor Hufen, hält die Beschlüsse, die die Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin in einer Telefonschalte gefasst haben, für verfassungsrechtlich problematisch. Gegenüber der Allgemeinen Zeitung sagte er, ich zitiere: „Wenn ich meine Meinung in den Raum stellen darf: Dieses so breite Verbot der Gastronomie ist eindeutig verfassungswidrig.“

Selbst unser Wirtschaftsminister hat von einem „Ritt auf Messers Schneide“ in verfassungsrechtlicher Hinsicht gesprochen, allerdings nur in Berlin, in seiner Funktion als neuer FDP-Generalsekretär. Herr Dr. Wissing, es wäre schön, wenn Sie den Mut aufbringen würden, auch hier in Mainz in der Ampelkoalition die Fahne der Freiheit hochzuhalten.

(Beifall der AfD)

Aber das tun Sie genauso wenig, wie es Ihre Fraktion in den vergangenen viereinhalb Jahren in diesem Parlament getan hat. Die ehemalige Partei der Freiheit und der Bürgerrechte hat längst abgedankt und ihr Profil gegen Ministersessel und Regierungsbeteiligung getauscht.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Eine Frechheit!)

Liberal war gestern, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD)

Nicht einmal in dieser existenziellen Krise von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit meldet sich die FDP konsequent zu Wort. Eine solche Partei braucht niemand, meine Damen und Herren, auch deshalb nicht, weil die Verteidigung bürgerlicher Freiheiten gegenüber dem Staat inzwischen bei der AfD gut aufgehoben ist.

(Beifall der AfD)

Das ist gut und wichtig so; denn wenn man sich anschaut, welche Blüten die Corona-Panik mittlerweile bei den Berliner Regierungsparteien treibt,

(Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

dann kann einem Angst und Bange werden.

(Zuruf der Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD)

Herr Seehofer, der zu keinem Zeitpunkt in der Lage war, unsere Grenzen gegen illegale Einwanderung zu schützen, setzt jetzt auf strenge Grenzkontrollen und Schleierfahn