Präsident Hendrik Hering, Vizepräsident Hans-Josef Bracht, Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund.
Malu Dreyer, Ministerpräsidentin; Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Doris Ahnen, Ministerin der Finanzen, Ulrike Höfken, Ministerin für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten, Sabine BätzingLichtenthäler, Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie, Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung, Anne Spiegel, Ministerin für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz, Roger Lewentz, Minister des Innern und für Sport, Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, Herbert Mertin, Minister der Justiz; Clemens Hoch, Staatssekretär.
Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD, Abg. Matthias Joa, AfD, Abg. Uwe Junge, AfD; Heike Raab, Staatssekretärin, Günter Kern, Staatssekretär.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie zur 11. Plenarsitzung begrüßen.
Schriftführende Abgeordnete sind die Kollegen Lothar Rommelfanger und Adolf Kessel. Herr Abgeordneter Rommelfanger wird die Rednerliste führen.
Entschuldigt fehlen in der heutigen Plenarsitzung die Abgeordnete Dr. Sylvia Groß sowie die Abgeordneten Matthias Joa und Uwe Junge. Herr Staatsminister Dr. Wissing hat ab 17:30 Uhr eine andere terminliche Verpflichtung. Außerdem fehlen entschuldigt Staatssekretär Günter Kern und Staatssekretärin Heike Raab.
Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Martin Haller, Hans Jürgen Noss und Marc Ruland (SPD), Zwischenbilanz zur Ehrenamtskarte – Nummer 1 der Drucksache 17/940 – betreffend, auf.
2. Kann die Landesregierung die bisherige Bilanz der Ehrenamtskarte, aufgeschlüsselt nach Anzahl der beteiligten Kommunen, Anzahl der Vergünstigungen und Anzahl der ausgegebenen Karten darstellen?
3. Liegen der Landesregierung aktuelle Erhebungen über das ehrenamtliche Engagement der Menschen in Rheinland-Pfalz vor und wie bewertet die Landesregierung deren Ergebnisse auch im Hinblick auf die Zwischenbilanz zur Ehrenamtskarte?
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die
Zu Frage 1: Die Landesregierung hat im Jahr 2014 auf Initiative von Ministerpräsidentin Malu Dreyer in RheinlandPfalz eine landesweite Ehrenamtskarte eingeführt und alle Kommunen eingeladen, daran teilzunehmen. Mit dieser Karte soll in erster Linie gemeinsam mit den Kommunen den in besonders hohem Maße ehrenamtlich engagierten Bürgerinnen und Bürgern für ihren Einsatz gedankt werden, denn ohne sie würde unser soziales, kulturelles und politisches Zusammenleben nicht funktionieren. Die Ehrenamtskarte ist ein weiterer Mosaikstein der Anerkennungskultur, und sie verbindet Wertschätzung mit attraktiven landesweiten Vergünstigungen.
Zu Frage 2: Nachdem beim landesweiten Ehrenamtstag in Worms vor zwei Jahren die ersten fünf Kommunen eine Kooperationsvereinbarung mit dem Land zur Einführung der landesweiten Ehrenamtskarte geschlossen haben, hat sich die Anzahl der teilnehmenden Kommunen inzwischen auf 90 erhöht. Darunter sind alle großen Städte und fünf vollständige Landkreise. In diesen Kommunen leben rund 55 % der Bevölkerung unseres Landes. Diese Zahlen werden bald weiter deutlich steigen, denn mit acht weiteren Kommunen wurden bereits Termine für den Abschluss von Kooperationsvereinbarungen festgelegt. Mindestens 20 weitere bereiten nach vorliegenden Erkenntnissen ihre Teilnahme derzeit vor oder haben schon entsprechende Ratsbeschlüsse gefasst.
Die Anzahl der Vergünstigungen liegt bisher bei rund 380. Diese Zahl erhöht sich laufend, denn jede zusätzlich teilnehmende Kommune bietet neue Vergünstigungen an. Auch das Land wirbt kontinuierlich welche ein, wie beispielsweise vor Kurzem der um 20 % verbilligte Erwerb des internationalen MuseumsPassMusées, dem Nachfolger des Oberrheinischen Museumspasses.
Die erste landesweite Ehrenamtskarte wurde im Dezember 2014 überreicht. Inzwischen konnten 2.012 Ehrenamtskarten ausgestellt werden. Diese Zahl steigt etwa seit Mitte des letzten Jahres proportional mit der Zunahme der beteiligten Kommunen immer stärker an.
Zu Frage 3: Im April dieses Jahres wurden die Ergebnisse des neuen Freiwilligensurveys veröffentlicht. Der Freiwilligensurvey ist die größte Untersuchung zu freiwilligem und ehrenamtlichem Engagement in Deutschland. Er wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend seit 1999 alle fünf Jahre in Auftrag gegeben. Bei der repräsentativen Telefonbefragung 2014 wurden bundesweit insgesamt 28.690 Personen befragt. Der aktuelle Survey wurde vom Deutschen Zentrum für Altersfragen erstellt.
Nach den Ergebnissen der inzwischen vierten Erhebung in 2014 sind 48,3 % der Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer über 14 Jahre ehrenamtlich engagiert. Rheinland-Pfalz belegt damit im Ländervergleich den Spitzenplatz. Besonders erfreut uns, dass wir diesen Spitzenplatz jetzt allein innehaben und noch um 6 Prozentpunkte im Vergleich zur letzten Erhebung ausgeweitet haben.
Sie ist seit der ersten Befragung im Jahr 1999 in Deutschland sogar um knapp 10 % gestiegen. Dieser Anstieg fällt regional jedoch sehr unterschiedlich aus. Rheinland-Pfalz verzeichnet mit einem kontinuierlichen Anstieg des Engagements von 33 % im Jahr 1999 auf 48,3 % in 2014 bundesweit den höchsten Zuwachs. Zu dieser Bundesstudie wurde auch eine Länderauswertung in Auftrag gegeben. Zusammen mit 14 Ländern – ohne Bayern und SchleswigHolstein – wurde diese Studie erstmals als gemeinsamer Länderbericht beauftragt. Sie enthält neben Angaben zum Anteil freiwillig Engagierter in der Bevölkerung auch wichtige Hinweise auf Bedarfe der Engagementförderung.
Demnach wünscht sich rund ein Drittel der ehrenamtlich Aktiven mehr öffentliche Anerkennung in Form von Ehrungen oder Ähnlichem. Auch dieses empirische Ergebnis stützt die Einführung der Ehrenamtskarte als ein Element der Anerkennung und Würdigung. Ohne ehrenamtliches Engagement könnte unser Staat nicht so aufrechterhalten werden, wie wir es im Moment vorfinden.
Herr Staatssekretär, Sie haben ausgeführt, dass 48 % der Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer ehrenamtlich engagiert sind. Dazu stehen im Vergleich 2.200 ausgegebene Ehrenamtskarten. Ich glaube, hier ist noch ein bisschen Luft nach oben. Wie wird sich die Entwicklung in den kommenden Monaten darstellen? Sie haben auch berichtet, dass immer mehr Kommunen in die Ehrenamtskarte mit einsteigen.
Wie in den letzten Wochen schon vorgefunden, erwarten wir, dass die Anzahl der ausgestellten Ehrenamtskarten weiter signifikant steigen wird. Trotzdem findet das ehrenamtliche Engagement in diesem Bundesland in ganz vielen Facetten statt. Das macht das Ehrenamt aus.
Das reicht von der Elterninitiative im Kindergarten oder von den Eltern von Schulkindern, die morgens am Schulobstprogramm teilnehmen und das Obst kleinschneiden, das in die Schulen geliefert wird. Das reicht bis zu dem herausragenden ehrenamtlichen Engagement, das durchaus einer Vollzeit- oder Halbtagsbeschäftigung nachkommen kann. Das machen Menschen im Wesentlichen nicht deshalb, weil sie irgendetwas für den Staat tun wollen, sondern weil sie etwas für andere Menschen und für sich selbst tun wollen. 48,3 % ehrenamtliches Engagement in RheinlandPfalz bildet diese ganzen Facetten ab.
Die Ehrenamtskarte selbst haben wir bewusst mit einem sehr hohen Qualitätsniveau versehen, und zwar mit fünf
Stunden die Woche oder 250 Stunden im Jahr, und zwar deshalb, weil wir bewusst ehrenamtliches Engagement auch von jungen Menschen abdecken wollten, die zum Beispiel im Sommer drei Wochen am Stück an Ferienfreizeiten, zum Beispiel der Kirchen, wie wir das überall im Land haben, teilnehmen.
Das führt dazu, dass nicht wahnsinnig viele ehrenamtlich Engagierte die Ehrenamtskarte erhalten können, wir aber denen danke sagen können, die herausragendes ehrenamtliches Engagement zeigen. Sie sagen es zu Recht. Wir haben im Moment 2.000 Ehrenamtskarten und knapp 2 Millionen Menschen, die potenziell eine Ehrenamtskarte beantragen können. An dieser Relation sieht man, dass es noch viel Luft nach oben gibt. Je bekannter die Ehrenamtskarte wird und je mehr Vergünstigungen es gibt, desto attraktiver wird sie auch.
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, trotz der grundsätzlich sehr positiven Entwicklung auch in Rheinland-Pfalz deuten die Nachrichten, die uns von vielen Vereinen erreichen, auf eine Entwicklung hin, die das Ehrenamt insgesamt belasten. Viele sagen, unsere Mitglieder sind bereit, einmal an einem Projekt teilzunehmen und sich besonders zu engagieren und auch einmal vorübergehend ein Amt zu übernehmen. Es ist aber oft schwierig, dauerhaft Vorstandsämter und dergleichen zu besetzen, weshalb wir auch feststellen müssen, dass viele Vereine aufgeben müssen. Wie sehen Sie die Zukunft der Ehrenamtskarte in diesem sich doch eigentlich sehr verändernden Umfeld des Ehrenamtes?
Die Ehrenamtskarte ist für uns das Instrument – das bleibt es auch in einem sich verändernden Umfeld der Ehrenamtskarte –, um für herausragendes Engagement ein kleines Dankeschön zu sagen. Das, was Sie ansprechen, ist völlig richtig. Deswegen plant Ministerpräsidentin Malu Dreyer eine Qualifikationskampagne. Sie wissen um die Herausforderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie wissen auch um die Herausforderung der Vereinbarkeit von Ehrenamt und Beruf in diesem Land.
Es gibt eine sehr hohe Bereitschaft in diesem Land, sich projektbezogen ehrenamtlich oder auf einem etwas niedrigeren Niveau zu engagieren. Es wird aber zunehmend schwerer, in den Vereinen und Verbänden, in einem sehr verrechtlichten Ehrenamt und in festen Strukturen Menschen zu finden, die dann auch die Verantwortung zum Beispiel für die Kassen von Vereinen oder für den Vorsitz mit Haftungsfragen, die dort anhängen, übernehmen. Das hat zum einen mit dem Zeitaufwand zu tun.
Sie wissen, dass wir Sozialdemokraten für das Arbeitsleben und eine Work-Life-Balance stehen und diese in der Koalition in Gänze organisieren.
Das hat aber auch damit zu tun, dass wir Menschen das Zutrauen geben und sie befähigen müssen, diese Aufgaben wahrzunehmen. Dazu wird die Landesregierung in den kommenden Jahren auch sukzessive die Qualifikation von Ehrenamtlichen verbessern wollen.
Herr Staatssekretär, die Aktion Ehrenamtskarte ist bei der Staatskanzlei angesiedelt. Können Sie mir sagen, wie viele Stellen und wie viele Personen damit ständig beschäftigt sind?
Das kann ich Ihnen nicht sagen. In der Staatskanzlei ist eine Leitstelle Ehrenamt und Bürgerbeteiligung angesiedelt, die ein ganz breites Aufgabenspektrum, wie die Koordinierung von ehrenamtlichem Engagement, hat und ein Ansprechpartner in zentralen Fragen ist. Zentral ist eine Mitarbeiterin mit der Ehrenamtskarte beschäftigt, aber nicht in Vollzeit, die nicht ausgelastet ist.
Die Staatskanzlei übernimmt nämlich für die Gemeinden eine Servicefunktion. Wir koordinieren – das ist für jeden auch auf den Smartphones einsehbar –, dass es alle Vergünstigungen gibt, je nachdem, wo man sich befindet. Wir stellen die Ehrenamtskarten aus, aber wir gehen nicht den Bescheinigungen nach und kontrollieren sie im Einzelfall. Wenn uns ein Verein bescheinigt, dass ein Mitglied in der geforderten Anzahl ehrenamtlich tätig ist, und die Verbandsgemeinde oder die Stadt das entsprechend weiterreicht, dann glauben wir den Vereinen und den Verbandsgemeinden.