Protocol of the Session on September 17, 2020

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Genau!)

Also, liebe CDU, wenn Sie das Thema wirklich mit so viel Rückenwind stützen möchten, dann sorgen Sie dafür, dass auch Landrat Bröhr jetzt endlich seine Hand ausstreckt und die Angebote, die man ihm gemacht hat, annimmt und gemeinsam in diesem Bereich mit der Landesregierung und dem Verkehrsminister arbeiten möchte.

Danke schön.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen dem Präsidium nicht mehr vor. Damit haben wir den ersten Teil der Aktuellen Debatte beendet.

Wir kommen zum zweiten Thema der

AKTUELLEN DEBATTE

Rheinland-pfälzische Verbraucherinnen und Verbraucher schützen: Bund muss „Corona-Rettungsschirm“ schaffen auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/13047 –

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Binz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Corona-Krise ist der hohe Stellenwert des Verbraucherschutzes wieder einmal deutlich geworden. Die Pandemie hat nicht zuletzt in das Leben von vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern massiv eingegriffen, und es hat sich in den letzten Monaten gezeigt, wie richtig die Initiative des Verbraucherschutzministeriums in RheinlandPfalz war, die Landesförderung für die Verbraucherzentrale in den letzten Jahren zu erhöhen und das digitale Beratungsangebot auszubauen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei SPD und FDP)

Eine der ersten Maßnahmen, die Ministerin Anne Spiegel am Anfang der Corona-Pandemie auf den Weg gebracht hat, war, die Verbraucherzentrale weiter zu stärken, damit sie auch und gerade in der Krise eine verlässliche Partnerin sein kann.

Das Ministerium hat von Anfang an die Interessen der Verbraucherrinnen und Verbraucher im Blick gehabt, und das tut es heute noch. Deswegen begrüßen wir den Brief von Ministerin Spiegel gemeinsam mit fünf weiteren Verbraucherschutzministerinnen und -ministern der Länder an Bundesministerin Lambrecht ganz besonders.

Sie fordern zu Recht einen Rettungsschirm für die Verbraucherinnen und Verbraucher; denn die Verbraucherinnen und Verbraucher können weiterhin jede Hilfe gebrauchen, vor allem Menschen aus einkommensschwachen Haushalten.

Das Haushaltskrisenbarometer des renommierten LeibnizInstituts für Finanzmarktforschung weist schon seit Monaten darauf hin, dass mindestens 20 % der Haushalte in Deutschland aufgrund der Corona-Krise finanzielle Einbußen erleiden müssen. Es ist momentan also jeder fünfte Haushalt finanziell von der Corona-Krise betroffen. Die neuesten Ergebnisse vom August bestätigen diese Zahlen wieder.

Die Umfragen des Verbraucherzentrale Bundesverbands kamen zu einem ähnlichen Ergebnis. Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung entspricht dies über 12 Millionen Bürgerinnen und Bürgern in der Bundesrepublik.

Im Rahmen der jüngsten Auswertungen des Haushaltskrisenpanels wurde ebenfalls darauf verwiesen, dass mehrere Bestandteile des Konjunkturpakets der Bundesregierung, die nach dem Gießkannenprinzip vorgehen, enorme Kosten

ohne allzu große Wirkung haben werden, allen voran die Mehrwertsteuersenkung, die kaum Auswirkungen gehabt hat.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Genau!)

Es ist also nach wie vor Handlungsbedarf vorhanden. Die Schuldnerberatungen erhalten jetzt schon deutlich mehr Anfragen von verzweifelten Verbraucherinnen und Verbrauchern. Die Nachfragen bei den großen Schuldnerberatungen von der Arbeiterwohlfahrt, der Caritas und dem Deutschen Roten Kreuz sind coronabedingt stark gestiegen. Sie berichten von einer Zahl von Privatpleiten, die eine „eher unübliche Klientel“ trifft.

Wenn jetzt keine ergänzenden gesetzgeberischen Vorkehrungen getroffen werden, dann wird das Risiko der finanziellen Überforderung der Verbraucherinnen und Verbrauchern immer größer. Umso wichtiger ist eine Krisenpolitik, die Verbraucherinnen und Verbraucher ins Zentrum ihres Handelns stellt.

Aus diesem Grund begrüßen wir, dass unser Verbraucherschutzministerium die Initiative ergriffen hat und drei Instrumente aufzeigt, um die Verbraucherrechte auch oder gerade in der Krise zu schützen. Verlangt werden insbesondere Beschränkungen für Inkassounternehmen, eine stärkere Einschränkung von Vorkassegeschäften und eine Wiederauflage des bereits beschlossenen Kreditmoratoriums.

Ja, die unverschuldete finanzielle Schieflage von einigen Menschen aufgrund von Corona kommt langsam im Inkassogeschäft an. Das Polster, das sich viele Menschen aufgebaut hatten, ist aufgebraucht.

Wir Grüne beschäftigen uns nicht erst seit dieser Krise mit den Geschäftspraktiken von unseriösen Inkassounternehmen. Diese sind schon lange ein Problem. Die Inkassokosten müssen deutlich reduziert werden. Das fordern wir schon seit Langem; denn seit der Umsetzung eines Gesetzes von 2013 sind laut einer vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in Auftrag gegebenen Evaluation – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin – „die Kosten, mit der Schuldner durch die Inkassobranche belastet werden, deutlich gestiegen“.

Kern des Problems ist, dass aus einer Bagatellforderung schnell das Doppelte wird. Man hat im Supermarkt mit der Kreditkarte bezahlt, und die Summe war am Ende des Monats leider nicht gedeckt, oder die Rechnung für ein im Onlinehandel erworbenes Produkt ist im Mail-Postfach liegen geblieben.

Ein vom Inkassounternehmen automatisiertes Erstschreiben kommt, und aus der Kaufsumme wird auf einmal bereits das Doppelte. Für automatisierte Mahnschreiben für eine Forderung von beispielsweise 45 Euro sind Gebühren von 27 bis 70 Euro möglich, und das ist aus unserer Sicht vollkommen unverhältnismäßig, und das erst recht jetzt in der Corona-Pandemie.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD und der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP – Glocke der Präsidentin)

Deshalb ist für uns auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung, der gestern in einer Anhörung im Bundestag Thema war, noch nicht weitgehend genug. Wir brauchen stattdessen eine effektive und transparente gesetzliche Regelung. Die Regelung jetzt sieht beim gleichen Betrag je nach Umständen unterschiedliche Kosten vor,

(Glocke der Präsidentin)

zum Beispiel nach Schwierigkeit des Falls. Hier muss der Bund noch deutlich nachsteuern.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Genau!)

Mehr dazu in der zweiten Runde.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Simon.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In dieser Aktuellen Debatte werden gleich mehrere Verbraucherthemen angesprochen; die Kollegin Binz hat das Schreiben von der Ministerin, das an Bundesministerin Lambrecht ging, schon erwähnt.

Das Erste ist zum Beispiel das Inkassorecht, das jetzt ein Thema ist, das schon seit Jahren beobachtet und diskutiert wird. Es hat in den letzten Jahren verstärkt an negativer Dynamik durch sogenannte Abmahnungsanwälte gewonnen. Sie haben das Modell zur Cashcow weiterentwickelt. Daher haben wir auf Bundesebene ein Gesetz eingebracht, das die wichtigsten Ziele zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher in den Blick nimmt.

Zum einen sollen die Inkassogebühren reduziert werden. Dies ist Teil von diesem Gesetz; man kann über den Betrag streiten, aber wir haben es in den Blick genommen, dass die Reduzierung erfolgt, insbesondere dass gerade bei kleinen Betrieben die Inkassogebühren nicht größer sind als der Betrag selbst.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Des Weiteren sollen die Informations- und Beratungspflichten für die Inkassobüros erweitert werden. Oft erhielten Kundinnen und Kunden eine Mahnung, in der noch nicht einmal die Rechnung erwähnt wurde, und man wusste gar

nicht, welche Rechnung es betrifft und ob die Rechnung auch berechtigt war.

Ich denke, das sind wichtige Punkte, weil einerseits die Firmen berechtigte Forderungen eintreiben müssen – ich glaube, wir müssen so fair sein, es den Gewerbetreibenden zuzubilligen, dass sie ihre Forderungen auch bekommen –, andererseits die Informationspflicht jetzt ausgeweitet wurde und die Inkassounternehmen mehr Verantwortung haben.

Als weiterer Punkt – auch das finde ich sehr wichtig, und das haben wir schon bei anderen Dingen erlebt – muss die Aufsicht verstärkt werden. Die Inkassodienstleister werden also verstärkt auf Zuverlässigkeit und Eignung überprüft. Bei vielen Firmen ist es schon der Fall gewesen, dass wir festgestellt haben, manchmal gab es zu wenig Kontrolle. Mit diesem neuen Gesetz soll sie verstärkt werden.

Ich denke, wir können über den Bundesrat nochmals über den Betrag diskutieren – das ist der Hauptkritikpunkt, den Katharina Binz genannt hat –, aber aus unserer Sicht, nachdem wir schon über Jahre über dieses Thema diskutieren, ist es wichtig, dass dieses Gesetz jetzt vorliegt und auf den Weg gebracht wird. Im Moment läuft dazu die Anhörung, und ich denke, das ist eine wirkliche Verbesserung für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Dann haben Sie das Kreditmoratorium angesprochen. Das Kreditmoratorium – ich komme aus der Sparkasse – hat aus meiner Sicht zwei Seiten. Es ist nicht so, dass die Schulden dann weg sind. Das heißt, das Ganze wird nur auf einen späteren Zeitpunkt verschoben und muss dann doch bezahlt werden. Für die Banken und Sparkassen bedeutet das aber, dass sie in dem Moment keine Einnahmen haben. Sie sind genauso von Corona betroffen wie alle anderen.

Deswegen denke ich, dass das nächste Thema mindestens genauso wichtig ist, nämlich dass wir an die Restschuldbefreiung gehen. Das heißt also, wir verkürzen, wenn Schuldnerinnen und Schuldner wirklich so überschuldet sind, dass sie das gar nicht mehr zurückzahlen können, die Frist von sechs auf drei Jahre, damit sie nicht mehr sechs Jahre auf die Restschuldbefreiung warten müssen. Das ist für die Schuldnerinnen und Schuldner eine überschaubare Perspektive, um aus einer prekären Situation herauszukommen, und somit ein weiterer Beitrag, um eine verfestigte Armut zu vermeiden.

Es ist eigentlich für mich noch wichtiger, dass wir das aufbauen, damit Schuldnerinnen und Schuldner wirklich mit drei Jahren aus der Krise herauskommen können und somit beiden Seiten Rechnung getragen werden kann. Oft ist es ein schwieriger Teufelskreis aus familiären Schwierigkeiten und Arbeitslosigkeit, der sich jetzt während der CoronaKrise noch verstärkt hat.

(Beifall bei der SPD)

Zusammengefasst sind das bereits große Fortschritte im Verbraucherschutz, die noch in diesem Jahr auf den Weg

gebracht werden. Somit kann man dies auch als Schutzschirm bezeichnen.

Der dritte Punkt im Schreiben an Ministerin Lambrecht hat sich aber erst während der Corona-Pandemie als Schwierigkeit entpuppt. Das war dann, dass diese Gutscheinlösungen angeboten wurden, insbesondere in der Reisebranche, nachdem dann – – – Sorry.