Natürlich hat der Niedrigzins etwas mit der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank zu tun. Aus gutem Grund ist die Europäische Zentralbank unabhängig,
und sie hat auch ihre Gründe für dieses Handeln. Es ist aber nicht nur die Entscheidung der Europäischen Zentralbank, sondern es sind in der Tat auch Entwicklungen in der Realwirtschaft, die in den letzten Jahren zu einem relativ niedrigen Zins beigetragen haben, zum Beispiel wegen der demografischen Entwicklung, weil mehr gespart wird, aber auf der anderen Seite die Nachfrage nach Kapital nicht in einem gleichen Umfang gestiegen ist. Dies führt dann eben letztlich dazu, dass es zu einem günstigen Marktzins kommt.
Wie viele andere volkswirtschaftliche Entwicklungen hat so etwas zwei Seiten; auf die ist schon hingewiesen worden. Das eine ist die Seite der Sparerinnen und Sparer, die sich Sorgen machen, ob es sich überhaupt noch lohnt, Geld anzulegen. Das andere sind die relativ günstigen Kreditkonditionen für die, die größere Investitionen tätigen, und übrigens auch für die Privatpersonen, die größere Investitionen tätigen, wie zum Beispiel beim selbstgenutzten Wohneigentum.
Dann muss man dazu noch sagen, dass der nominale Zins, den wir auf unserem Kontoauszug sehen, nicht allein eine Größe ist. Es kommt vielmehr darauf an, wie die Kaufkraftentwicklung bei den Betroffenen ist. Das heißt also, man muss sich auch anschauen, wie die Höhe der realen Rendite ist, was also übrig bleibt,
Wenn man eine relativ hohe Preissteigerung und einen relativ hohen Zins hat, dann ist es deswegen nicht automatisch besser zu sparen, oder sind die Konditionen nicht günstiger, als wenn man gleichzeitig einen sehr niedrigen Zins hat, aber eben auch eine sehr niedrige Inflationsrate. Will sagen, die Zusammenhänge sind leider etwas komplizierter, als Sie das in Ihren simplen Positionen darzustellen versuchen.
Dann ist mir ein Aspekt auch noch wichtig. Was Sie immer gerne unterschlagen, ist, dass gerade das exportstarke Land Deutschland
und das exportstarke Land Rheinland-Pfalz in einem hohen Maß von der Politik in der Europäischen Union in den
(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Wir haben schon zu DM-Zeiten stark exportiert! Das ist doch Blödsinn!)
Das wegzulassen und damit einseitig Menschen Angst zu machen, sie seien davon nur negativ betroffen, ist wirklich der Komplexität des Themas nicht angemessen. Ich habe aber den Eindruck – auch nach Ihren Ausführungen –, dass Sie kein Interesse an einer komplexen Diskussion haben.
Zu den Ausführungen von Frau Staatsministerin Ahnen hat sich Herr Abgeordneter Joa zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte schön.
Geehrte Kollegen! Geehrte Frau Ahnen, ich spreche Ihnen gar nicht die Fachkenntnis ab. Ich glaube, Sie versuchen hier genau das zu tun, was Sie uns vorwerfen, nämlich zu vereinfachen und Dinge so darzustellen, wie sie in Wirklichkeit nicht sind.
Ich glaube, Sie können nicht von der Hand weisen, dass die Deutschen Milliarden an Kaufkraft verlieren. Das ist in den letzten Jahren schon passiert. Ich glaube, Sie lesen auch die WirtschaftsWoche und die entsprechenden Fachpublikationen. Das ist nicht einfach von der Hand zu weisen.
Hinzu kommt jetzt noch, dass wir die Geldbasis massiv erhöhen, was zu einer Vermögenspreisinflation führt. Gerade Ihre Partei, die SPD, sollte jetzt sehr hellhörig werden, weil die Vermögenspreisinflation nämlich die armen Leute trifft. Für die, die schon reich sind, die Goldbarren haben, die zig Immobilien haben oder sonst etwas, ist das relativ egal. Das steigt dann entsprechend mit an.
Für diejenigen aber, die wenig haben, die vielleicht 100 oder 150 Euro im Monat übrig haben, wird es jetzt quasi unmöglich, überhaupt etwas anzusparen und auch von unserem Wirtschaftssystem mittel- und langfristig zu profitieren.
Sie haben natürlich recht, die Lage ist komplex. Wir haben auch gegenläufige Entwicklungen. Immobilienbesitzer oder Sachwertbesitzer beispielsweise profitieren natürlich, aber die grundlegende Problematik, wie sich der Niedrigzins durch das Wirtschaftssystem hindurchfrisst, wie er alles am Ende auf den Kopf stellt, ist nicht zu leugnen.
Zeitgleich – das ist noch einmal ein gesondertes Thema – haben wir über die Target-Salden einen massiven Kapitalexport, der am Ende dazu führt, dass wir unsere eigenen Exporte zumindest zu einem rechnerischen Teil selbst bezahlen.
Das heißt, die Bürger sind die großen Verlierer, weil jetzt mehrere Dinge zusammenkommen. Erst einmal die Gelddruckerei, dann die Unzulänglichkeiten im Eurosystem an sich. Gerade dieses hat zum Niedrigzins geführt.
Was hat man früher gemacht, wenn die Wirtschaft schlecht lief? Wenn wir jetzt in einer normalen Zeit wären und ein Zinsniveau von 2 oder 3 % hätten, könnten wir die Zinssätze nach unten treiben, um die Gäule quasi zum Wassersaufen zu zwingen, im übertragenen Sinn. Gerade dies können wir jetzt aber nicht mehr. Da die Zinsen schon so niedrig und wir nah am Negativbereich sind, bleibt uns gar keine Option mehr, um auf Konjunktureinbrüche entsprechend zu reagieren und die Nachfrage anzuheizen.
Ich glaube, wenn Sie sagen, wir würden das alles zu stark vereinfachen, und das wäre unseriös, dann ist das kein schlechtes Bild für uns, weil jeder, der hier zuhört, selbst wenn er das parteipolitisch natürlich nicht zugeben kann, weiß ganz genau, dass die Argumente, die wir heute gebracht haben, richtig sind.
Wenn Sie im Gegenzug vereinfachen und das alles vom Tisch wischen, erweisen Sie Ihren Wählern am Ende einen Bärendienst, und nicht nur Ihren Allgemeinwählern, sondern gerade der Klientel,
die früher einmal bei der SPD war. Sie und auch Ihre Wähler sollten einmal ganz genau darüber nachdenken, ob die SPD in der Frage ihre Interessen noch wirklich sachgerecht und seriös vertritt.
(Beifall der AfD – Abg. Joachim Paul, AfD: Jawoll! So ist es, sensationell, genau! AfD gibt Ministerin Nachhilfeunterricht! – Zurufe aus dem Hause)
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Damit hat die Besprechung der Großen Anfrage und der Antwort der Landesregierung ihre Erledigung gefunden.