Protocol of the Session on September 17, 2020

Richtung – dürfen in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Wir müssen uns die Konsequenzen – auch das ist heute Abend deutlich geworden, jedenfalls teilweise – von Geschichtsvergessenheit, von Hass, von Menschenfeindlichkeit immer wieder vor Augen führen, und wir müssen die demokratischen Grundwerte unseres Grundgesetzes kompromisslos verteidigen. Wir müssen sie aktiv leben, und wir müssen sie entschlossen gegen all das und all diejenigen, die sie bedrohen, stärken.

Wie wichtig das ist – das ist ebenfalls gerade schon erwähnt worden –, sehen wir immer wieder. Wir haben es erst jetzt, am 70. Geburtstag des Zentralrats der Juden, gehört, bei dem vor allem für mich die fürchterliche Erkenntnis bleibt, dass sich jüdische Bürgerinnen und Bürger – wir hören das auch immer wieder von Schülerinnen und Schülern – in unserer Gesellschaft nicht mehr sicher fühlen. Das dürfen wir nicht hinnehmen, und das können wir nicht hinnehmen, und wir müssen alles daran setzen, dass sich das ändert.

Deshalb brauchen wir jetzt und in Zukunft Bürgerinnen und Bürger, die für sich und für andere Verantwortung übernehmen, die unsere Geschichte nicht vergessen und für unsere Demokratie aktiv einstehen. Darin sind wir mit Ihnen völlig einig.

Unsere Bildungspolitik folgt auch diesem Leitsatz: Demokratie macht Schule. Rheinland-Pfalz stärkt Demokratiebildung, Erinnerungskultur und europäisches Miteinander. Unsere Schülerinnen und Schüler müssen im schulischen Alltag Demokratie leben und erleben. Mehr als 160 Schulen in Rheinland-Pfalz sind inzwischen „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, und es kommen immer mehr dazu. Ich denke, das ist ein ganz wichtiges und gutes Zeichen.

Damit unsere Schülerinnen und Schüler tagtäglich Demokratie erleben und lernen, haben wir das Schulgesetz geändert und ihre Mitbestimmungsrechte deutlich ausgeweitet. Ich habe in meiner Regierungserklärung vom 30. Januar 2019 dargelegt, was wir uns unter Bildung für Schülerinnen und Schüler zu mehr Demokratie, zu einer guten Erinnerungskultur und zu einer richtigen und guten und – ich sage einmal – werteorientierten Haltung zu Europa wünschen und was wir dafür tun; und das ist eine ganze Menge.

Ich finde, auch wenn die Richtung dieses Antrags nachvollziehbar und richtig ist, kommt es aber in diesem Antrag überhaupt nicht vor; denn es passiert ganz viel in Rheinland-Pfalz. Schon vor meiner Regierungserklärung ist sehr viel in Rheinland-Pfalz in den Schulen passiert, auch außerhalb der Schulen, in den Kitas und außerhalb der Kitas. Aber wir haben seitdem noch viel mehr auf den Weg gebracht. Daher stimmt es nicht – auch das ist schon erwähnt worden –, dass wir den Stundenanteil der Geschichte in der Sekundarstufe I reduzieren. Wir reduzieren ihn überhaupt nicht. Es stimmt auch nicht, dass Nationalsozialismus und Antisemitismus bei uns keine zentralen Themenfelder mehr wären. Im Gegenteil, wir überarbeiten gerade die Lehrpläne, damit genau diese Dinge in den

Schulen gut, modern und in dem Umfang, den diese Themen brauchen, im schulischen Alltag gelehrt werden.

Wir haben die Sozialkunde aufgewertet, und wir werden natürlich auch die Erinnerungsarbeit der Schulen weiter fördern. Wir haben damals auch sehr intensiv über die Frage diskutiert, ob Schülerinnen und Schüler verpflichtet werden sollen, in Gedenkstätten zu fahren. Auch wenn das im Moment zu Corona-Zeiten vielleicht nicht aktuell ist, ist es doch eine Grundfrage, ob wir das wollen oder nicht.

Deshalb haben wir gesagt, wir brauchen Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Schülern das Interesse dafür und die Bedeutung für einen solchen Besuch vermitteln. Daher müssen alle angehenden Lehrerinnen und Lehrer in eine Gedenkstätte gehen, damit sie eine Haltung zu dem Thema bekommen, damit sie sich mit der Vergangenheit und der Frage, was wir eigentlich aus dieser Vergangenheit für die Bedeutung unserer Demokratie lernen sollen, befassen.

Viele Dinge, viele Einzelpunkte hat der Abgeordnete Fuhr schon aufgeführt. Deshalb spare ich mir das an dieser Stelle. Aber Sie werden den Antrag sicherlich an den Ausschuss überweisen, und wenn es Sie interessiert, werden wir sicherlich auch noch einmal darüber sprechen.

Ich möchte noch auf zwei Punkte eingehen. Schulwettbewerbe sind wichtig, und einen Preis auszuloben, ist auch immer eine gute Sache, aber auch da gibt es schon sehr viel. Mit dem Landesbeauftragten für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen und anderen wollen wir für das Jahr 2021, nämlich dann, wenn das Festjahr „1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ stattfindet, einen neuen Schülerpreis entwickeln. Auch an der Johannes Gutenberg-Universität gibt es glücklicherweise seit 2018/2019 ein Institut für Publizistik mit einer Israel-Professur.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir dürfen nicht müde werden, unseren jungen Leuten, unseren Kindern die Bedeutung der Demokratie, die Bedeutung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der Werte, die wir haben und die wir miteinander teilen – leider nicht mit allen –, die wir aber in einer guten Gesellschaft miteinander weiterhin verteidigen müssen, beizubringen. Das geschieht in rheinland-pfälzischen Schulen, und das wird weiterhin in rheinland-pfälzischen Schulen passieren.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer weiteren Kurzintervention hat sich der Abgeordnete Dr. Weiland gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Angesichts der fortgeschrittenen Zeit möchte ich es kurz machen. Ich möchte deshalb nicht vorrechnen – ich glaube, das würde auch dem Thema so, wie wir es gemeinsam heute behandelt haben, nicht gerecht –, wie es in der Fächergemeinschaft Erdkunde, Sozialkunde und Geschichte ist; sonst müsste ich auf eine Vorlage aus der Sitzung des Bildungsausschusses vom 2. Juli – Vorlage 17/6874 – eingehen. Frau Ministerin, das ist Ihr Sprechvermerk, in dem Sie darüber berichten, wie es in der Mittelstufe und in der Oberstufe in der Fächergemeinschaft der drei Fächer Erdkunde, Sozialkunde und Geschichte jeweils zugunsten des einen oder zugunsten anderer Fächer verschoben wird. Das ist jedenfalls interpretierbar, ich drücke mich ganz vorsichtig aus, es ist interpretierbar als Kürzung der Geschichte um eine Stunde in der Oberstufe. Aber das können wir sicherlich klären.

Ich möchte insbesondere das aufgreifen, was der Kollege Köbler gesagt hat. Ich denke auch, wir sollten uns in den Ausschüssen zusammensetzen und versuchen, ein gemeinsames Papier zu entwickeln; denn es fällt mir sehr schwer, es zu sagen, aber auch dieser Antrag – obwohl er von uns ist – ist nicht so gut, dass er nicht noch besser werden könnte.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit sind wir am Ende der Beratung dieses Antrags. Ich habe der Diskussion entnommen, dass Ausschussüberweisung gewünscht ist. Ich schlage Ihnen deshalb vor, diesen Antrag federführend an den Ausschuss für Bildung und mitberatend an den Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur zu überweisen. – Ich sehe keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich rufe nun Punkt 20 der Tagesordnung auf:

Jodprophylaxe und staatliche Kontrolle der Lebensmitteljodierung und ihre Auswirkungen Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der AfD und der Antwort der Landesregierungauf Antrag der Fraktion der AfD – Drucksachen 17/8085/8301/12975 –

Es ist eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart.

Für die antragstellende Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Dr. Böhme das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir besprechen heute die Antwort auf die Große Anfrage „Jodprophylaxe und staatliche Kontrolle der Lebensmitteljodierung und ihre Auswirkungen“. Über Geschichte, Hintergründe und Fakten habe ich zudem mit meinem Dokument „Chronik und Kritik zur Jodprophylaxe“ informiert, welches im August als offener Brief veröffentlicht wurde.

Zudem liegen dem Landtag ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes, Antworten auf eine weitere Große Anfrage, Kleine Anfragen und Berichtsanträge vor. Sie finden die Dokumente im Parlamentarischen Auskunftssystem OPAL unter dem Stichwort „Jod“.

Als Ergebnis darf ich feststellen, dass die Landesregierung im Rahmen der Lebens- und Futtermittelüberwachung für die Kontrolle der Jodprophylaxe und Lebensmitteljodierung zuständig ist, aber dieser Verantwortung so gut wie nicht nachkommt. Zwar beschreiben die Antworten der Regierung Zuständigkeiten und behördliche Strukturen, offensichtlich werden die Anlagen jedes Futtermittelherstellers in Rheinland-Pfalz auch einmal im Jahr einer generellen Überprüfung unterzogen. Zum tatsächlichen Gehalt an Jod im Nutztierfutter macht die Landesregierung jedoch keine Aussage, obwohl die Große Anfrage explizit danach gefragt hat.

Nach Aussage von Agrarminister Dr. Wissing im Ausschuss 2017 liegt der durchschnittliche Jodeinsatz bei 1 mg Jod pro Kilogramm Futtermittel. Das entspricht dann ca. 250 µg Jod pro Liter Milch; Werte, welche Stiftung Warentest im Jahr 2017 auch in Milchproben gefunden hatte.

Allerdings fand man auch eine Milchprobe mit 520 µg. Das entspricht dann der täglich durchschnittlichen Jodaufnahme eines Bürgers nur über Milchprodukte und ist bereits mehr als das Fünffache des vermuteten täglichen Bedarfs.

Alltägliche Lebensmittel wurden von der Lebensmittelüberwachung in den letzten Jahren de facto überhaupt nicht auf Jodgehalte untersucht.

Aber wissen wir schon kaum etwas über die aktuellen Jodgehalte in Milch, Eiern und tierischen Produkten, so wissen wir so gut wie gar nichts über die Jodgehalte in den Jahren vor 1997, als mit 40 mg Jod pro Kilogramm Tierfutter Jodgehalte von ca. 8.000 µg Jod pro Liter Milch, also 8 mg, EU-gesetzlich zugelassen waren, auch nichts über den Zeitraum von 1997 bis 2005, als 10 mg Jod pro Kilogramm Tierfutter zugelassen waren und damit Jodgehalte von ca. 2.000 µg Jod pro Liter Milch, also 2 mg pro Tag, allein über Milchprodukte aufgenommen wurden. Wie viel Jod war also in Milch, Eiern und tierischen Produkten in den letzten 30 Jahren wirklich enthalten? Meine Damen und Herren, Sie werden kaum repräsentative Studien finden, und wenn, dann nur Mittelwerte, welche keine wirklichen Aussagen machen.

Eines ist aber klar und von der Wissenschaft mittlerweile eindeutig belegt: Bereits Jodaufnahmen ab 300 µg pro Tag und auf Dauer führen zu Schilddrüsenerkrankungen, vor allem Unter- und Überfunktionen. Das steht sogar schon in der Schrift des Bundesgesundheitsamts aus dem Jahr 1994.

Eine neuere Studie aus dem National Health and Nutrition Examination Survey III der USA untersucht 12.264 Menschen im Zeitraum von durchschnittlich 19 Jahren und fand eine erhöhte generelle Mortalität bei Personen mit einer

Jodausscheidung von größer gleich 400 µg Jod pro Liter Urin. Bei leichtem Jodmangel gab es einen solchen Effekt nicht. Sie leben also länger und werden weniger herz- und krebskrank, wenn Sie leichten Jodmangel haben, meine Damen und Herren. Das sollte man sich merken.

Studien aus den USA und China belegen zudem eine verringerte männliche Fertilität bei hoher Jodversorgung. Die Anzahl der Spermien und ihre Vitalität sind eingeschränkt. Also, meine Herren, aufgepasst bei der Ernährung!

Meine Damen und Herren, wenn Sie mit jodkranken Menschen sprechen, welche sich in Selbsthilfegruppen versammeln, dann werden Sie Berichte über Erkrankungen bekommen, welche die Wissenschaft im Zusammenhang mit Jod noch gar nicht beleuchtet hat: Nervenerkrankungen, ADHS, Schlafstörungen, Reizdarm usw.

Wenn also Frau Ministerin Bätzing-Lichtenthäler im Gesundheitsausschuss zum Thema behauptet, es gäbe keine Warnrufe aus der Wissenschaft, dann ist das entweder eine Abwehrstrategie oder völlige Ahnungslosigkeit. Ich gehe aber von Ersterem aus; denn sämtliche Bundesoberbehörden und Ministerien agieren in der gleichen Weise. Fragt man zur Jodprophylaxe an, wird erst einmal das hohe Lied vom angeblichen Jodmangel und vom gesunden Jod gesungen. Fragt man dann konkret nach, läuft man gegen eine Mauer des Schweigens. Meine Damen und Herren, hinter dieser Mauer liegen aber ein Gräberfeld und sehr viel Elend.

(Zuruf von der SPD: Mein Gott!)

Am absurdesten agiert übrigens das BML und verweist auf das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes RheinlandPfalz. Ich hatte aber nach Vorgaben für den Im- und Export von Lebensmitteln gefragt.

Auf den Warnruf vom Arbeitskreis Jodmangel und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung werden Sie übrigens lange warten können, Frau Ministerin. Als die Herren Professoren merkten, dass die Futtermitteljodierung über Jahre hinweg viel zu hohe, ja geradezu toxische Jodwerte in Milch und Eiern hervorbrachte, wurden die Vorgaben einfach von 40 mg Jod auf heute 5 mg Jod pro Kilogramm Tierfutter abgesenkt. Die Bürger erfuhren nichts davon. Sie wissen bis heute nicht, dass wir ausnahmslos alle zu Versuchskaninchen gemacht wurden, und das über Jahre und Jahrzehnte mit ungewissem Ausgang.

Meine Damen und Herren, ich fordere Sie hiermit auf, die Mauer des Schweigens aufzubrechen und über das zu reden, was war und ist. Die Jodpropagandisten des Arbeitskreises Jodmangel müssen sich einer öffentlichen gesellschaftlichen Debatte stellen. Wir sind es den Bürgern und den Geschädigten schuldig.

(Glocke des Präsidenten)

Zudem muss die überzogene Futtermitteljodierung umgehend beendet und besser kontrolliert werden.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Als nächster Redner hat der Abgeordnete Klein von der Fraktion der CDU das Wort. Mir wurde signalisiert, dass er für alle übrigen Fraktionen des Parlaments redet.

(Abg. Damian Lohr, AfD: Altparteien!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotz der nun vierfachen Redezeit bin ich mir meiner Verantwortung mit Blick auf die Uhr natürlich sehr bewusst. Ich will es kurz machen. Ich habe mir Ihre Große Anfrage und auch die Antwort der Landesregierung darauf sehr genau angesehen und mich damit befasst. Ich muss sagen, ich finde, dass sie absolut klar, nachvollziehbar und umfassend beantwortet ist. Ich kann nicht erkennen, auch wenn Sie das heute vorgetragen haben, dass es einer weiteren Kontrolle, einer Ausweitung der Kontrolle oder irgendeiner anderen Regelung bedarf.

Sie hatten das Thema „Jodierung“ auch schon einige Male bei anderer Gelegenheit angesprochen, zum Beispiel im Gesundheitsausschuss, an dem ich auch beteiligt war. Auch hier meine ich, für die Mehrheit in diesem Hause sprechen zu können. In jedem Fall spreche ich gemeinsam mit der Ministerin von der breiten Mehrheit der Wissenschaft, wenn ich sage, die Jodierung von Lebensmitteln ist eine Erfolgsgeschichte. Die Älteren auch in diesem Hause werden sich vielleicht noch daran erinnern, dass früher alte Männer und Frauen – nicht nur Ältere – mit dicken Kröpfen herumgelaufen sind. Früher hat man in der Pfalz „dicker Kropp“ gesagt. Das ist dank der Jodbeigabe sozusagen Geschichte, und das ist auch gut so.

Natürlich – auch das steht in der Antwort auf die Große Anfrage – gibt es trotzdem Alternativen für diejenigen, die Jod nicht vertragen oder es nicht wollen.

In der Sache: Der Nutzen überwiegt aus meiner Sicht. Alles ist gut so, wie es ist.