Protocol of the Session on August 28, 2020

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat für verschiedene Bereiche Qualitätsstandards erarbeitet. Die gilt es anzuwenden und bekannt zu machen. Die Ernährungsund Verbraucherbildung des Landes bildet eine Grundlage, deren Projektcharakter jedoch auf eine breite Basis gestellt werden muss. Das ist auch unsere Begründung dafür. In der Schule müssen sich Schülerinnen und Schüler Wissen über den Umgang mit Lebensmitteln und gute Ernährung aneignen. Sie können gemeinsam mittagessen. Auch das ist ein wichtiges, prägendes Element im Schulalltag.

(Beifall bei der CDU)

Seit 2001 baut die Landesregierung mit dem Ausbauprogramm für Ganztagsschulen in Angebotsform das Ganztagsangebot aus. Aber diesem Ziel wird oft die Qualität der Betreuung und der Mittagsverpflegung untergeordnet.

In einer Studie der Landesregierung zur Qualität der Kitaund Schulverpflegung in Rheinland-Pfalz geben gerade einmal 11,5 % der teilnehmenden Schulen an, eine voll ausgestattete Produktionsküche zu haben. Sie müssen zum Teil auf lange vorgekochtes, geliefertes Essen zurückgreifen und dieses den Kindern anbieten.

Deshalb fordern wir die Landesregierung auf – das ist ein gemeinsamer Antrag unserer Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker und unserer Umweltpolitiker –, bei der Ausbildung zur Erzieherin bzw. zum Erzieher und beim Lehramtsstudium ein Schul- und Studienfach „Lebens- und Alltagsökonomie“ zu schaffen, um das Fachwissen im Bereich Land-, Ernährungs- und Lebensmittelwirtschaft des pädagogischen Personals weiter auszubauen und perspektivisch verpflichtende Unterrichtseinheiten einzuführen.

Das ist für uns wichtig; denn es kann nicht sein, dass bei Besuchen auf dem Bauernhof von der Kita und der Schule, so wie es bei uns im Landkreis erlebt worden ist, die Lehrerin fragt, welche der dort stehenden Kühe die Sojamilch gibt. Ich glaube, wenn diese Dinge selbst vom Lehrpersonal kommen, dann wird deutlich, wie wichtig unser Anliegen

Damit verbinden möchten wir natürlich auch den Neu- und Umbau von Schulen und Kindertagesstätten, wenn es darum geht, Versorgungsküchen und die lokale Zubereitung weiter zu fördern.

Hinzu kommen Fachkräfte wie Schulökotrophologen und letztendlich, die Vernetzungsstellen Kita- und Schulverpflegung in der Planungsphase von Schulküchen entsprechend einzubinden und sie nicht weiter zu schwächen. Wir wissen, dass die Leiterin in Montabaur in die wohlverdiente Pension gehen kann und die Stelle nicht weiterbesetzt werden soll. Das kann nicht sein; das ist das falsche Signal, das dann gegeben wird.

(Beifall bei der CDU)

Wir halten es außerdem für wichtig, landeseinheitliche Qualifizierungsmaßnahmen für die Anbieter von Schulessen zu erarbeiten, damit auch hier Qualitätsstandards festgehalten werden.

In dem gerade vor einer Viertelstunde eingegangenen Alternativantrag der drei Regierungsfraktionen konnte ich lesen, dass Sie von der Landesregierung fordern, „Erfordernisse einer gesunden Ernährung (...) weiterhin im Blick zu behalten“. Vielleicht können Sie mir gleich erklären, was das denn bedeuten soll, etwas „im Blick zu behalten“. Sie wollen etwas weiterentwickeln, vernetzen und Ernährungsbildung weiterentwickeln. Was immer das heißen mag; es ist völlig unkonkret in Ihrem Alternativantrag.

(Abg. Hans Jürgen Noss, SPD: Ach so!)

Ich muss deutlich sagen, das können wir natürlich so nicht akzeptieren. Schließen Sie sich unserem konkreten Antrag an. Er hat letztendlich auch den Anstoß dafür gegeben, was Sie in Ihrem Alternativantrag deutlich machen. Ich glaube, wir alle sind uns doch darin einig, wie wichtig dieser Bereich der nachhaltigen Ernährung und Wertschätzung von Lebensmitteln, wie wichtig diese Alltagskompetenz ist.

Wir haben oft genug zu beklagen, dass allzu viele Lebensmittel nicht so eingesetzt werden, wie sie eingesetzt werden sollten, dass sie verkommen und weggeworfen werden. All das müssen wir in der heutigen Zeit verhindern. Das ist auch unsere Aufgabe. Mit diesem Antrag wollen wir dazu beitragen. Darum werbe ich um Ihre Unterstützung für unseren Antrag, der ganz konkrete Forderungen stellt. Ich bitte Sie, darauf entsprechend einzugehen und mir wirklich zu erklären – ich sage es noch einmal –, was es heißt, „Erfordernisse einer gesunden Ernährung (...) im Blick zu behalten“.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Kazungu-Haß das

Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident! Gesunde Kinder wünschen wir uns – so hoffe ich doch – alle von Herzen in diesem Saal. Dieses Anliegen auch hier zu besprechen, ist natürlich angemessen und wichtig. Deswegen danke ich der CDU für die Gelegenheit, unsere Maßnahmen darzulegen.

Als vierfache Mutter möchte ich aber betonen, dass das komplexe Thema „Ernährung“ zuallererst in der Erziehungspartnerschaft zwischen Kita, Schule und Elternhaus verortet werden muss. Die Bemühungen beginnen bereits in der Schwangerschaft und betreffen auch den Bereich der Säuglings- und Kleinkindernährung. Eine komplexe und lebenslange Herausforderung braucht – damit bin ich bei Ihrem Antrag – komplexe Lösungen. Die zeigen Sie in Ihren Forderungen eben nicht auf.

Nein, Sie spielen leider immer die gleiche Leier: mehr Ressourcen und – das habe ich in den vier Jahren auch schon häufig gehört – ein neues Unterrichtsfach. Aber allein dadurch hat noch kein Kind etwas gelernt. Lernen funktioniert am besten wiederholend und fächerübergreifend.

Genau dafür liefert das Land die von mir angesprochenen komplexen Lösungen. In einem breiten Beteiligungsprozess, in den unter anderem Eltern und kommunale Spitzenverbände eingebunden waren, wurden die Bildungsund Erziehungsempfehlungen erarbeitet, die einen Schwerpunkt auf das Thema „Gesundheit und Ernährung“ legen und für die Kita maßgeblich sind.

Im Lehrplan für Sachunterricht, in den Naturwissenschaften, in Sozialkunde, Erdkunde, Gesellschaftslehre, in den Lehrplänen für Sport und natürlich Hauswirtschaftslehre wird das Thema „Gesundheit und Ernährung“ immer wieder aufgegriffen, in verschiedenen Aspekten beleuchtet und bearbeitet. Als Deutschlehrerin habe ich aber zum Beispiel auch die Gelegenheit ergriffen, den Sachtext „Rezept“ mit der Zubereitung eines gesunden Gerichts zu verbinden. Mehrkanaliges Lernen nennt man das. Am Ende versucht man so auch, das Lernsetting so nah wie möglich an die Realität zu bekommen.

Sie fordern ein Fach „Lebens- und Alltagsökonomie“. Haben Sie das Fach Hauswirtschaftslehre vergessen? Kennen Sie den Rahmenlehrplan zur ökonomischen Bildung nicht? Schon lange vor Ihren Überlegungen gab und gibt es also eine Verortung dieser Thematik in einzelnen Fächern.

Einen Bauernhof zu besuchen, das sollte genauso Standard sein wie der Besuch der ansässigen Bäckerei oder des eigenen Schulgartens, den viele Schulen haben. Außerschulische Lernorte werden ganz natürlich eingebunden und besucht. Das befürworte ich auch.

Die vielfältigen Präventionsprogramme werden nachher sicher noch erläutert werden. Das letzte wurde gerade neu

initiiert. Haben Sie ein wenig mehr Vertrauen in die Lehrerinnen und Lehrer in unserem Land.

Wir sollten aufpassen, dass wir den Unterricht nicht im Plenarsaal konzipieren, sondern das geschieht im Lehrerzimmer, das machen die Profis.

Ich möchte aber auf den Punkt der anderen Ressourcen eingehen, die Sie einfordern. Sie wollen Versorgungsküchen in allen Schulen installieren.

Erst gestern noch haben Sie sich zu Recht an die Seite der Unternehmen unseres Landes gestellt. Heute fordern Sie, die lokalen Caterer und Gastronomenbetriebe als Partner für gesunde Ernährung quasi zu entlassen. Sie gefährden sehenden Auges Existenzen, aber sind überhaupt nicht in der Lage, die positiven Synergien einer Zusammenarbeit vor Ort zu sehen.

Die schulischen Gremien setzen sich intensiv mit der Wahl des Lieferanten auseinander. Der Schulelternbeirat ist genauso wie die Schülervertretung an der Entscheidung beteiligt. Schule soll und muss in die Region hinaus wirken. Die Entscheidungen werden dezentral an den einzelnen Schulen getroffen.

Wie so oft habe ich das Gefühl, dass Sie einfach mit keinem Menschen vor Ort aus der Praxis gesprochen haben.

Eines zum Schluss: Rufen Sie in Berlin an und fordern Sie Ihre Parteivorsitzende Klöckner auf, endlich eine echte Lebensmittelampel einzuführen, anstatt Nestlé und Co. die Bedingungen diktieren zu lassen.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich für meinen Teil wünsche mir weniger Bilder mit NestléMitarbeitern oder Kochshows im Netz. Ich möchte gerne mehr Schutz für unsere Kinder und Jugendlichen. Darauf sollten wir uns hier einigen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Böhme.

Wertes Präsidium, meine Damen und Herren! Die CDUFraktion erfreut uns wieder einmal mit einem agrar- bzw. ernährungspopulistischen Antrag, der so anmutet, als ob ein Küchenchef ohne Rezept vor einem übervollen Regal guter Zutaten gestanden hätte und sich nicht wirklich hätte entscheiden können, welche Köstlichkeiten er nun nehmen wolle. Am Ende kommt immer ein Brei heraus, der zwar gute Zutaten enthält, aber im Ganzen nicht wirklich befriedigend ist.

So hat man im vorliegenden Antrag die Themen der Bildung, Ernährung und Landwirtschaft, aber auch Aspekte der Beratung, Kontrolle, Finanzierung sowie Wirkprinzipien wie Freiwilligkeit, Vorgaben und Zwang bunt durcheinandergemischt. Auch die Zuständigkeiten sind nicht klar definiert.

Zum Beispiel stellt sich die Frage, was ein Schul- und Studienfach „Lebens- und Alltagsökonomie“ für Erzieher und Lehramtsstudenten so alles beinhalten sollte. Dieser sperrige Fachtitel klingt ein wenig nach der eierlegenden Wollmilchsau, um bei der Landwirtschaft zu bleiben, und geht weit über die Themen von Land- und Ernährungswirtschaft hinaus. Allein zur Sinnhaftigkeit und Ausgestaltung eines solchen Fachs könnte man wohl mehrere Debatten hier im Parlament führen.

Dazu muss die Frage beantwortet werden, ob Erzieher und Lehramtsstudenten wirklich Fachwissen zu den Bereichen Land-, Ernährungs- und Lebensmittelwirtschaft erwerben müssen oder ob nicht eine praxis- und anwendungsorientierte Allgemeinbildung hier der bessere Weg wäre.

Auch wird nicht klar, in welchen Schulformen wie agiert werden soll. Für Grundschulen hatte die AfD-Fraktion schon vor langer Zeit ein Fach Heimatkunde gefordert, in welchem Themen der Landwirtschaft, Ernährung und Regionalität problemlos untergebracht werden könnten.

(Beifall der AfD)

Die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, die geschätzte Kollegin Beilstein, hat zudem schon im Jahr 2017 im Plenum am 25. Oktober darauf hingewiesen, dass der Unterricht in Grundschulen nicht überfrachtet werden darf. Ich zitiere: „Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir brauchen auch wieder eine Neujustierung der Aufgaben einer Grundschule mit klaren Priorisierungen.“ Dem können wir angesichts der ernüchternden Ergebnisse des IQB-Bildungstrends nur zustimmen.

Aber auch bei den weiterführenden Schulen sind die Lehrpläne schon jetzt dicht gepackt. Zudem soll das Fach Sozialkunde weiter ausgebaut werden. Gerade meine Fraktion hat in diesem Zusammenhang mehrfach im Plenum und im Ausschuss darauf hingewiesen, dass die Schulen zunehmend mit Themen überfrachtet werden, die früher selbstverständlich Kernaufgaben familiärgesellschaftlicher Erziehung waren.

(Beifall der AfD)

Doch auch mit dem vorliegenden Antrag bewegt sich die CDU von dieser konservativen Sichtweise weg und setzt auf den grünen indoktrinierenden Staat als Erzieher.

Ob ein verpflichtender Bauernhofbesuch für Kita- und Schulkinder aus dem ländlichen Raum von Rheinland-Pfalz, welche landwirtschaftliche Maschinen, Ställe und Felder kennen, wirklich notwendig ist, kann man hinterfragen. Für Stadtkinder wäre das sicher hilfreich, um einen realistischen Blick auf die Landwirtschaft zu erhalten und die

ländlichen Räume in ihrer Funktion als Versorger und Naturschützer kennenzulernen.