Protocol of the Session on July 1, 2015

Wenn Sie jetzt mit dem Urteil zu Maikammer kommen – dazu ist heute Mittag schon einiges gesagt worden –: Warten Sie die anderen Urteile ab!

Dann befassen Sie sich mit dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs in einer Weise, die auch schon merkwürdig ist. Das Verfassungsgericht setzt sich in drei Vierteln seines Urteils mit den Grundsätzen auseinander. Im letzten Viertel – höchstens – befasst er sich mit Maikammer, wobei es bei Maikammer um ein einziges Thema geht. Wenn Sie das genau lesen und nicht nur Ihren Kram herauslesen wollen, werden Sie feststellen, dass die Fälle, die jetzt zur Entscheidung anstehen, durchaus anders gelagert sind als Maikammer. Welche Schlüsse könnte man daraus ziehen? – Das will ich hier nicht sagen, weil ich nicht dem Gericht vorgreifen kann, das entscheiden muss.

Aber eines ist doch klar: Selbst wenn wir heute ein Moratorium beschließen würden, würden doch all die Entscheidungen noch gefällt werden müssen. Alle weiteren acht Entscheidungen sind anhängig, und die würden davon gar nicht erfasst werden. Deswegen ist dies nicht sehr sinnvoll.

Die Kommunal- und Verwaltungsreform II setzt auf der Kommunal- und Verwaltungsreform I auf und ist kein Ersatz für die Kommunal- und Verwaltungsreform I. Wir haben in den gemeinsamen Gesprächen, die ich, im Gegensatz zu vielen anderen Gesprächen, als sehr wohltuend empfunden habe, schon sehr deutlich gesagt, dass wir nicht mit einem Moratorium einverstanden sein werden, sondern dass wir die Kommunal- und Verwaltungsreform I so, wie wir es beschlossen haben, durchführen werden und durchführen müssen. Wie sollen es sonst diejenigen, die sich freiwillig auf den Weg gemacht haben, überhaupt verstehen, wenn wir sagen: „Einige wollen nicht, und deswegen machen wir ein Moratorium“? – Dann würden die Leute hinters Licht geführt werden. Das kann aber keiner von uns erwarten.

(Beifall der SPD)

Entscheidend war für das Gericht doch die Frage: Ist das, was wir hier gemacht haben – jetzt nicht auf Maikammer bezogen, sondern auf die Grundsätze –, verfassungswidrig, ja oder nein? – Da hat das Gericht erklärt: Das ist ein Spielraum, den ihr als Politiker habt. – Den haben wir ausgenutzt, und den werden wir auch weiter ausnutzen.

Dann kommen Sie mit Beispielen. Das schönste Beispiel ist immer „Verbandsgemeinde Bad Münster am SteinEbernburg“. Das will ich Ihnen einmal deutlich ins Stammbuch schreiben – ich habe es hier schon mehrfach gesagt –: Wer hat die Misere in dieser Verbandsgemeinde herbeigeführt? – Das waren doch Politikerinnen und Politiker, die ihr Parteibuch führten. Das war der Hintergrund.

(Beifall der SPD)

Wer hat in einer Stadt mit 4.000 Einwohnern 30 Millionen Euro Schulden angehäuft? Ich will das denen vor Ort doch gar nicht vorwerfen. Die haben damals den Fehler gemacht, nicht auf Entscheidungen der Bundesregierung zu reagieren, als es um die Gesundheitsreform ging. Aber sich hierhin zu stellen, keine Vorschläge zu machen und das zu kritisieren, reicht in der Politik nicht aus. Hier reicht es schon gar nicht aus.

(Beifall der SPD)

Ich frage mich, was daran kritikwürdig ist, wenn Ihre Parteifreunde vor Ort zum Teil Vorschläge machen, denen das Gesetz jetzt folgt. Ich weiß, es geht um zwei Ortsgemeinden, die ein Problem haben – das stimmt –, weil sie nicht dorthin können, wohin sie wollen. Zu irgendeiner Verbandsgemeinde müssen sie gehen. Jetzt sollen sie nach Meisenheim gehen. Das wollten die früher auch schon einmal, aber das hat sich inzwischen geändert, warum auch immer.

Ich sage auch: Vor Ort kann man anderer Auffassung sein. Das ist doch total in Ordnung. Aber wir müssen entscheiden, und davor drücken Sie sich einfach.

(Beifall der SPD)

Man kann nicht einen Zustand beklagen und gleichzeitig nichts dazu sagen, wie man das Problem möglicherweise lösen kann. Das ist keine Politik für mich.

Danke schön.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Entschuldigung, Frau Schellhammer. – Herr Kollege Pörksen, ich denke, wir sollten uns in der Ausdrucksweise manchmal doch etwas zügeln. Das war mit Sicherheit kein parlamentarischer Ausdruck, auch wenn Ihnen Ihr Engagement und all das, was Sie in die Rede gelegt haben, ein bisschen – fast hätte ich jetzt auch ein solches Wort gebraucht, aber das lasse ich mal.

(Carsten Pörksen, SPD: Machen Sie es doch!)

Nein, mache ich nicht. Aber, wie gesagt, Spaß beiseite: Ich glaube, das passt nicht hierher.

Jetzt hat die Kollegin Schellhammer von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben uns schon heute Morgen im Rahmen der Aktuellen Stunde intensiv mit dem Thema „Verfassungsgerichtsurteil Maikammer-Edenkoben“ ausgetauscht. Ich möchte kurz begründen, warum auch die Fraktion der GRÜNEN den vorliegenden Antrag ablehnen wird.

Zum einen ist es sehr amüsant, dass wir uns jetzt darüber unterhalten, wer das Copyright auf die Idee mit dem gemeinsamen Gutachten hat. Ich habe extra recherchiert: Im gemeinsamen Koalitionsvertrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde schon festgehalten, dass wir bei der weiteren Entwicklung der Kommunal- und Verwaltungsreform auf einen breiten Konsens setzen. Davon abgeleitet hat die Ministerpräsidentin die Initiative ergriffen, und deswegen glaube ich, es ist müßig, jetzt weiter über das Copyright zu streiten.

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Lassen Sie doch bitte Frau Schellhammer so reden, dass Sie noch etwas davon verstehen. – Bitte schön.

Ich habe die gemeinsamen Gespräche zu diesem Gutachterauftrag als sehr konstruktiv empfunden, und ich hoffe auch sehr, dass wir bei der Weiterentwicklung der Kommunal- und Verwaltungsreform diesen gemeinsamen

Weg gehen können. Deswegen können wir an diesem Punkt Ihrem Antrag natürlich nicht folgen.

Dann argumentieren Sie mit dem nun erfolgten Urteil und proklamieren, dass es eine falsche Entscheidung sei. Es war eine andere Rechtsauffassung. Ich habe heute Morgen dargelegt, dass schon bei der vorangegangenen Kommunalreform zwischen 1963 und 1974 die Landesregierung in neun Fällen eine andere Rechtsauffassung hatte als der Verfassungsgerichtshof. Das ist in dem Punkt bei diesem Urteil auch der Fall gewesen.

Sie argumentieren auch, dass die Kommunal- und Verwaltungsreform I b ausgesetzt werden soll. Wir setzen darauf, dass die Landesregierung intensive Gespräche mit den Vertretern der Kommunen führt. In dem Schreiben, das Sie im Januar erhalten haben, wurde auch klar, dass man auf einen größtmöglichen Konsens vor Ort setzt.

Sie mahnen an, das sei ohne ein vorliegendes Konzept geschehen. Das vorliegende Konzept wurde im VGH-Urteil bestätigt. Das vorliegende Konzept ist nämlich das Grundsätzegesetz, an dem wir uns in Zukunft genau orientieren werden. Aus den Gründen lehnen wir den vorliegenden Antrag ab.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Wort hat Herr Staatsminister Lewentz.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein guter Freund, langjähriger politischer Wegbegleiter und in manchen Dingen schon fast väterlicher Freund wollte eben Folgendes sagen: Die Tribüne ist leer. – Sie ist leer. Vielleicht mag das auch so ein bisschen das Interesse an dem Inhalt dieses Antrags ablesen lassen. Das steht mir vielleicht nicht zu, aber es fällt einem schon ein wenig ins Auge.

(Zurufe von der CDU)

Liebe Frau Kollegin Beilstein, Sie haben mit Blick auf zu erwartende Urteile des Verfassungsgerichtshofs im Plural gesprochen. Dazu hat Herr Pörksen den Rat erteilt abzuwarten. Die nächsten Urteile könnten auch anders ausfallen. Von daher kann ich verstehen, dass Sie diese Gelegenheit ergriffen haben, hier noch einmal mit Ihrem Moratoriumsgedanken aufzuschlagen.

Ich habe Ihnen in den Gesprächen, die die Ministerpräsidentin initiiert hat und die in der Staatskanzlei unter der Leitung von Frau Dreyer – einmal habe ich sie vertreten – stattgefunden haben, sehr deutlich unter Zustimmung der Koalitionsfraktionen gesagt, warum wir davon überzeugt sind, dass ein Moratorium erstens falsch wäre und zweitens auch dem Gericht einen Hinweis geben würde. Wer erwartet denn, dass eine Reform, bei der man Dinge verändern muss, immer nur und ausschließlich unter Zustim

mung laufen kann? Mittlerweile konnten wichtige Weichenstellungen im Land vorangebracht werden. Ich habe Ihnen heute Morgen die Zahlen gesagt. Das ist die stärkste Veränderung der kommunalen Landschaft seit Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre. Das ist bis jetzt nicht das Schlechteste.

Frau Beilstein, man mag im politischen Diskussionsbereich sagen können, dass bei einem so weit begründeten Urteil jeder etwas findet, was er daraus als Honig saugen will. Ich habe die vier wichtigsten Punkte zum Grundlagengesetz genannt. Der Verfassungsgerichtshof hat dieses Grundlagengesetz ohne Wenn und Aber für in Ordnung befunden.

(Zuruf der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)

Ich habe zu Maikammer und Edenkoben heute Mittag auch meine notwendigen Ausführungen gemacht. Einen Rückschluss aus diesem isolierten Urteil auf die vor uns liegende Befassung des Verfassungsgerichtshofs – Neuerburg und Irrel ist wahrscheinlich schon entschieden – kann man überhaupt nicht ziehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will nicht neun Jahre zurückgehen, in denen ich als Staatssekretär oder Minister unter anderem mit der CDU-Rheinland-Pfalz in den Verhandlungen über die Frage werbend unterwegs gewesen bin, ob wir die Kommunal- und Verwaltungsreform nicht gemeinsam machen können. Sie haben bis zu dem Zeitpunkt des Jahreswechsels eine andere Meinung gehabt. Ich will das ausdrücklich noch einmal anknüpfend an das ausführen, was ich heute Morgen sagte. Ich fand die Einlassungen heute Morgen wie auch eben so, dass wir zwar inhaltlich auseinanderliegen, aber dass Sie sicherlich keine neuen Trennlinien beschrieben haben.

Von daher will ich noch einmal erinnern und für mich in Anspruch nehmen, dass ich den Vorsitzenden der Landtagsfraktionen am 30. Januar 2015 die Kommunen aufgezählt habe, für deren Gebietsänderungen bis zur Landtagswahl 2016 Gesetzentwürfe vorgelegt werden. Ich habe darauf hingewiesen, dass wir die weiteren kommunalen Verwaltungsreformschritte der Stufe 1 bis 2019 zum Abschluss bringen wollen.

Sie wissen doch auch – das habe ich in den Gesprächen vorgetragen –, dass ich glaube, dass auch das Verfassungsgericht erwartet – in dem Urteil zu Maikammer und Edenkoben und zum Grundlagengesetz ist überhaupt nichts anderes ausgeführt worden –, dass wir an unseren Planungen festhalten und diesen Weg verfolgen.

Zu Bad Münster am Stein-Ebernburg hat Herr Kollege Pörksen aufgrund seiner guten Ortskenntnis Stellung genommen. Ich habe noch keinen Vorschlag von Ihnen dazu gehört. Bad Münster am Stein-Ebernburg haben wir diese unerträgliche Last von rund 30 Millionen Euro genommen, die aufgrund von Entscheidungen auf der Bundesebene – Stichwort Gesundheitsreformprozesse – zustande gekommen ist. Ich glaube, die Stadt fühlt sich jetzt gut in Bad Kreuznach aufgehoben.

Das heißt, den Rest müssen wir verändern. Es gibt vielfältige Gespräche, bei denen wir aufgrund der kommunalen Verantwortung – ob im Landkreis Altenkirchen oder an

anderer Stelle – alle wissen, dass auch Schritte mitgegangen werden. Warum sollte man jetzt ein Moratorium allein schon inhaltlich auf den Weg bringen, wenn man vor Ort erwartet, dass wir handeln und begleiten? Deswegen bin ich sehr dankbar, dass die Koalitionsfraktionen dazu eindeutig Stellung bezogen haben, nämlich in dem Sinn, wie ich es in den gemeinsamen Gesprächen gesagt habe, dass ein Moratorium völlig falsch wäre.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen zur unmittelbaren Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/5182 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Wer stimmt dagegen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Wir sind am Ende unserer heutigen Sitzung und werden uns morgen um 09:30 Uhr wieder hier einfinden. Ich wünsche Ihnen einen guten Nachhauseweg.

E n d e d e r S i t z u n g : 1 8 : 5 6 U h r.