Protocol of the Session on May 27, 2015

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Dass nun auch noch Herr Dr. Weiland in dieser Art redet, ist schon ein starkes Stück, zumal in einer Zeit, in der es wirklich andere große Themen gibt. – Frau Dauscher hat es Ihnen schon gesagt: Wenn uns nichts anderes mehr einfällt, muss man wirklich einmal überlegen, wie relevant unsere Gremien überhaupt noch sind.

(Julia Klöckner, CDU: Wie war das denn an der Mosel mit dem „FAZ“-Bericht?)

Als Sie vor einiger Zeit bei der geplanten Marx-Ausstellung schon die Chance nutzen wollten, den Sozialismus zu Wasser, zu Lande und in der Luft zu bekämpfen, haben Sie nun gerade noch die Kurve gekriegt und haben uns und auch sich selbst die Aussprache zur Fragestunde erspart. Jetzt haben Sie zugeschlagen, und die Erschütterung darüber wird das Weltkulturerbe nicht ins Wanken bringen und auch nicht das Land Rheinland-Pfalz.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Aber es zeigt wieder einmal, dass Sie nichts auslassen, was Ihnen als Skandalisierungsmöglichkeit dienlich erscheint. Darum geht es Ihnen. Das verunsichert die Menschen in der Region – das war soeben ganz klar zu sehen –, und es schadet den Projekten, die Ihnen scheinbar doch so am Herzen liegen. Das ist beileibe auch nicht das erste Beispiel.

Zu den Fakten: Kulturstaatssekretär Walter Schumacher, ein offener und neugieriger Mensch, hat die Burgenbloggerin besucht.

(Julia Klöckner, CDU: So kann man es auch nennen!)

Das spricht für ihn; er hat nämlich gemerkt – das haben Sie mit keinem Wort erwähnt –, dass dies eine herausragende Idee für die Popularisierung des Mittelrheintals ist. – Eine Art Stadtschreiberin, die Mainzer und auch das ZDF wissen, welch eine positive Bedeutung dies hat; auch für eine Burg wie Sooneck, ein ungewöhnliches Projekt, ausgewählt und finanziert von der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz, in Projektpartnerschaft unterstützt von der „Rhein-Zeitung“ und von der Generaldirektion Kulturelles Erbe, gesponsort von Opel und von der KölnDüsseldorfer. – Man hat offenbar eine bestens geeignete junge Frau gefunden, die Medienresonanz ist ganz gewaltig.

Walter Schumacher besucht diese Frau, spricht mit ihr, gibt ihr ein Interview. Es geniert ihn vielleicht ein bisschen zu sagen: Schicken Sie mir bitte vor der Veröffentlichung noch einmal den Text zur Freigabe zu. – Sie wissen, das macht man normalerweise.

(Zurufe von der CDU: Ah! – Julia Klöckner, CDU: Jetzt kommt’s!)

Das spricht nicht gegen ihn.

(Gerd Schreiner, CDU: Er hat sie falsch verstanden!)

Darin stehen ein paar Sätze – das möchte ich gar nicht verschweigen –, die undiplomatisch sind und – keine Frage – die auch missverständlich sind. Die einen schmunzeln darüber, lachen vielleicht hinter vorgehaltener Hand, die anderen machen sie aber vielleicht nachdenklich, das könnte auch sein, wieder andere könnten sie aber sicher auch ärgern. Das ist in der Politik so.

Es sind spontan formulierte Sätze. – Wer von uns hätte denn das so locker gekonnt? – Aber diese Sätze veranlassen Sie, die Keule auszupacken, um Schaden vom Mittelrheintal abzuwenden.

(Dr. Adolf Weiland, CDU: Sie machen es nur noch schlimmer, Herr Geis!)

Nein, Sie beschädigen dieses brandneue Amt der Burgenbloggerin, die zu Recht von sich sagt: Als Burgenbloggerin will ich den Burgfrieden stören, interessante Menschen auf die Burg holen. – Hoffentlich lässt sie sich von Ihnen nicht einschüchtern.

Wer wenn nicht Jessica Schober mit diesem frechen Blog wird junge Menschen für das Weltkulturerbe Mittelrheintal interessieren? – Das Konzept ist angekommen. Rund um ihren Blog ist erstmals so etwas wie eine wachsende digitale Gemeinschaft im Mittelrheintal entstanden. Das geht an uns vorbei, das glaube ich schon.

Ich bin als Pfälzer ein bisschen neidisch, der aus einer ähnlich gottgesegneten Landschaft und auch aus einer Weinregion kommt. Beide Regionen verbindet einiges. Wir haben lernen müssen und haben es sehr mühsam gelernt, dass wir unsere Qualität verbessern müssen, und zwar in jeder Hinsicht: beim Wein – das wissen viele –, bei den gastronomischen Angeboten, architektonisch, in unseren touristischen Schwerpunktsetzungen und in unserer Selbstdarstellung. – Die digitale Generation hat das beherzigt, Gott sei Dank! Meine Generation muss noch vieles lernen, in der Pfalz und auch am Mittelrhein.

Natürlich ist viel passiert. Es gibt ein tolles Engagement überall, das bestreitet niemand. Aber dass es lokale Egoismen gibt, das ist auch nicht zu bestreiten.

(Glocke des Präsidenten)

Ich sage Ihnen mein Fazit in der zweiten Runde.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Frau Kollegin Ratter das Wort.

Danke, Herr Präsident! – „Hey, Mister Welterbe!“, titelt Jessica Schober, die Burgenbloggerin, und siffgate verzeichnet bis heute 9 Retweets.

Stein des Anstoßes: „Jeder brödelt da so vor sich hin“. – Ich bedanke mich bei Manfred Geis, dass er auf die Pfalz verwiesen hat. Ja, dort war es bis vor zehn Jahren auch noch so. Damals hat die Stadt Neustadt im Gastgeberverzeichnis die Bad Dürkheimer Seiten zugeklebt, weil sie es nicht ertragen konnte, dass zwei verschiedene Gebietskörperschaften in einem Verzeichnis standen. Wenn das nun so ist, haben wir doch hier den Stein des Anstoßes zu Recht gesetzt. Wir haben ganz im Sinne eines Sanierungsschubs, der notwendig ist, eine Diskussion in Gang gebracht, und eigentlich müssten wir uns dafür beim zuständigen Staatssekretär bedanken.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Gottlob Frege, 1892, sagte einmal über Sinn und Bedeutung die Worte – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident –: „Si duo idem faciunt, non est idem.“

Für die Nichtlateiner unter uns: Wenn zwei sich dasselbe vorstellen, so hat doch jeder seine eigene Vorstellung davon. – Und genau das ist hier passiert. Jeder verleiht der Aussage ihren Sinn, so wie er es denn möchte.

Ich verstehe hoffentlich Herrn Staatssekretär Schumacher so, wie er es möchte, wie er es ausgedrückt hat, ganz im Stil des Bloggs in einer durchaus kreativen Sprachweise, wenn er dieses doch immer noch etwas verschlafene Rheintal aufwecken möchte.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie es in den 70er-Jahren war, als dieses Rheintal noch lebendig war. Damals gab es die A 61 noch nicht. Ich bin regelmäßig nach Köln gependelt. Damals war es lebendig. Im Anschluss daran, mit dem verstärkten Zufluss über die Autobahn, war das Rheintal abgekoppelt und drohte in der Tat, völlig verschlafen zu sein.

Der Innovationsschub, der jetzt angemahnt wird, ist dringend notwendig, und ich finde, dass dies an der Stelle auch einmal gesagt werden darf. Es entspricht auch ganz dem Stil, der in einem Blog durchaus zu erwarten ist, nämlich kreativ und durchaus auch ein Problembewusstsein vermittelnd. Die Siffgate-Community ist durchaus nicht so geteilt, wie es sich im Landtag in der Debatte widerspiegelt; denn was letztendlich daraus entsteht, ist aus dem sogenannten Schalks=Esperanto – darin beziehe ich mich auf Arno Schmidt, einen Wahl-Rheinland-Pfälzer im Jahr 1951 und Akademiepreisträger –, aus dem Wort „Brödeln“ etwas, was letzten Endes sehr wohl in seiner Aussage dazu beitragen kann, ein entkrampftes Verhältnis zu den ironisch-spielerischen Formulierungen zu finden, und das wäre den Anwohnern des Mittelrheintals durchaus zu wünschen, genauso wie auch Ihnen von der Opposition.

Ich schließe deshalb meine Rede mit Hugo Ball: „Seien wir neu und erfinderisch von Grund aus. Dichten wir das Leben täglich neu um.“

Meine Damen und Herren von der CDU, das, was Sie in Ihre Aktuelle Stunde hineingepackt haben, ist sehr wohl nachvollziehbar und wichtig. Wir wissen um die Problematik des Bahnlärms im Rheintal, aber das ist nun etwas, was von dieser Fragestellung, die Sie heute ansprechen, sau

ber zu trennen ist. Ich glaube nicht, dass die angemahnte Äußerung des Staatssekretärs in irgendeiner Form auf diese Problematik angespielt hat, sondern es ging ihm darum, initiativ zu werden, den Menschen vielleicht den Anstoß zu geben, den wir in der Pfalz vielleicht schon ein bisschen besser umgesetzt haben. Es ging ihm darum, dass wir eine Willkommenskultur für Touristen auch im Rheintal verstärkt pflegen, dass wir attraktive Angebote schaffen, und das geht nur gemeinsam und nicht gegeneinander.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Julia Klöckner, CDU: Da hat sie recht!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Für Europa und die ganze Welt ist es wichtig, dass Orte wie der Loreleyfelsen mit besonderer Sorgfalt behandelt werden und man deren Schönheit und Authentizität versteht.“ Das sagte Plácido Domingo, der weltberühmte Sänger, als er auf der Loreleybühne gastierte.

„Mich freut als UNESCO-Sonderbotschafter ganz besonders, dass diese märchenhafte Landschaft des Rheintals in die Welterbeliste aufgenommen ist.“ Plácido Domingo ist 74 Jahre alt. Jessica Schober ist 27 Jahre alt und schrieb: „Ich habe mich ratzfatz verguckt ins Mittelrheintal.“ Sie ist die erste Burgenbloggerin auf der Burg Sooneck und auf der ganzen Welt. Es ist eine neue Idee aus RheinlandPfalz.

Das Stipendium war ausgeschrieben: sechs Monate auf der Burg. – Es gab 740 Bewerbungen aus ganz Deutschland. Jessica Schober bloggt: „Hier ist Klartextzone.“

Am Freitag hat sie gebloggt: „Ich rufe in den Wald hinein, und es brüllt zurück.“ Sie meinte Reaktionen auf ein Interview, das sie mit mir auf ihrer Burg Sooneck führte. In dem Interview habe ich auch vom Mittelrhein und der Loreley geschwärmt und ihr gesagt – ich zitiere jetzt mich –: Wenn Sie da oben sitzen, und die Sonne geht unter, Sie heulen, so schön ist das. –

(Heiterkeit bei der SPD)

Das war nicht staatstragend, aber herzlich.

(Staatsminister Roger Lewentz: Und ehrlich!)

Die CDU-Abgeordneten Bracht und Lammert und Dr. Weiland hätten es vielleicht so gesagt: Tränen sind ein katastrophales Defizit im Gefühlshaushalt, das wir parlamentarisch dringend aufarbeiten müssen, möglichst mit einem Untersuchungsausschuss.

(Heiterkeit und Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Oh je!)

Wir sind erschüttert, erschrocken und fassungslos. Das ist ein Schlag ins Gesicht – – –

(Weitere Zurufe von der CDU)

Moment, das haben Sie ja gesagt.

Ihr „Generalparteifreund“ Schnieder, der von der Eifel aus einen scharfen Blick auf das Mittelrheintal hat, vor allem bei Einbruch der Dunkelheit, hat den Rücktritt gefordert.

Die Burgenbloggerin schrieb: „Die Reflexe funktionieren. Ein Hämmerchen fällt auf das Knie, das Schienbein schnellt nach vorne zum Tritt.“