Protocol of the Session on April 29, 2015

Wenn Hans Anthes sein Studium beendet haben wird, dann wird ihn das persönlich weitergebracht haben. Es kommt aber auch dem Unternehmen zugute, für das er arbeitet und bei dem er neue Aufgaben übernehmen kann. Herr Anthes – ich habe es schon gesagt – konnte leider nicht hier sein. Ich darf ihm von dieser Stelle die besten Wünsche der Landesregierung zurufen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sehen an diesem Beispiel sehr deutlich: Berufliche Bildung und akademische Bildung sind zwei Seiten einer Medaille. Wir brauchen Meister und Master und, wenn es dann auch passt, Meister mit Master. Wer die berufliche und akademische Bildung gegeneinander ausspielt, gefährdet deshalb nicht nur die Errungenschaften des Bildungslandes Rheinland-Pfalz. Er schadet unserer Gesellschaft, er schadet den Menschen, deren Wahlfreiheit er reduzieren will, und er schadet unseren Unternehmen, die auf eine attraktive Berufsausbildung angewiesen sind.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Aufstieg durch Bildung, das eigene Leben bereichern und lebenslanges Lernen, mit oder ohne Abitur und im Einklang mit den eigenen Talenten und Wünschen und den Erfordernissen der Familie – dafür steht RheinlandPfalz.

Hochschulen sind geistige und kulturelle Zentren. Sie bereichern die Lebensqualität der Städte und Regionen um sie herum. Sie sind auch wirtschaftliche Zentren, die zum Wohlstand in den Regionen entscheidend beitragen und uns helfen, den demografischen Wandel durch neue Ideen zu gestalten, Fachkräfte zu sichern und Rheinland-Pfalz als Land zum Leben und Arbeiten noch attraktiver zu machen.

Unsere Hochschulen erhöhen – so war es kürzlich in einer Studie des Stifterverbandes zu lesen – das Brutto

inlandsprodukt unseres Bundeslandes um 5,6 Milliarden Euro und schaffen Zehntausende Arbeitsplätze für die Menschen in Rheinland-Pfalz – nicht nur an den Hochschulen selbst, sondern auch bei den Unternehmen in ihrer Umgebung.

Wir können das nirgendwo besser sehen als in Kaiserslautern. Allein bei den großen Arbeitgebern wie Pfaff und Opel fielen dort einst 20.000 Arbeitsplätze weg. Dennoch ist heute die Arbeitslosenquote nicht einmal mehr halb so hoch wie noch Ende der 90er-Jahre. Das hat viel mit der Wissenschaft und den Menschen zu tun, die diese Wissenschaft betreiben. Kaiserslautern ist heute ein Standort für Spitzenforschung und ein Knotenpunkt im Wissensnetz zwischen Forschung und Unternehmen.

Im Zentrum dieses Knotenpunktes steht die Technische Universität, eng mit ihr verknüpft und mit einem eigenen Profil die Hochschule Kaiserslautern. Darüber hinaus verfügt Kaiserslautern heute allein über drei Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft.

Neben den Hunderten hochqualifizierten und auch in Zukunft sicheren Arbeitsplätzen, die allein in diesen Instituten entstanden sind, und neben den Arbeitsplätzen, die in den Unternehmen entstanden sind, die aus diesen Forschungseinrichtungen heraus gegründet wurden, zieht der Wissensknotenpunkt Kaiserslautern auch Unternehmen an, die in unserer hochspezialisierten Wissensgesellschaft auf diese Expertise und qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen sind.

Lassen Sie mich nur das Beispiel des John Deere European Technology Innovation Center nennen, das laut Aussagen seines Direktors ohne das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software-Engineering (IESE) sicherlich nicht nach Kaiserslautern gekommen wäre.

Wissen schafft Zukunft, und Wissen schafft Arbeit. Deshalb arbeiten wir seit mehr als 20 Jahren daran, dem Wissen in Rheinland-Pfalz beste Bedingungen zu schaffen. Dass dieser Weg erfolgreich ist, sehen wir in Kaiserslautern. Er ist erfolgreich für die gesamte Hochschullandschaft mit ihren Universitäten und Hochschulen, die gut vernetzt und kooperativ ihre Standorte und unser Land gemeinsam voranbringen. Wir werden diesen Weg weitergehen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, jeden Tag leisten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an unseren Hochschulen ihren Beitrag dazu, unser Land voranzubringen. Sie bilden neue Generationen von Studierenden aus und vermehren unser Wissen. Gute Lehre und hervorragende Studienbedingungen sind Schwerpunkte der Hochschulpolitik der Landesregierung.

40 Millionen Euro haben wir den Hochschulen allein von 2011 bis 2015 zur Verfügung gestellt, um nachhaltige und innovative Projekte in der Lehre zu fördern – an allen Hochschulen im ganzen Land. Zurzeit profitieren davon rund 80 Projekte. 10 % der Hochschulpaktmittel, also rund 90 Millionen Euro, wird die Landesregierung

bis 2020 investieren, um die Hochschulen dabei zu unterstützen, ihre Lehre weiter zu verbessern. Dass die Hochschulen in Rheinland-Pfalz dem Thema „gute Lehre“ eine hohe Bedeutung beimessen, zeigt auch ihr Erfolg beim Bund-Länder-Programm „Qualitätspakt Lehre“. Für ihre überzeugenden Konzepte erhalten die Hochschulen bis 2016 insgesamt 43 Millionen Euro.

Am 1. Juni werden die Hochschulen ihre erfolgreichen Beispiele für innovative Lehre auf einer Best-PracticeKonferenz präsentieren und sich über ihre guten Erfahrungen austauschen. Natürlich haben wir die Mitglieder des Ausschusses für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur eingeladen, und wir freuen uns auch auf ihr Kommen.

Wenn wir über gute Lehre und gute Studienbedingungen reden, dann reden wir in diesen Zeiten selbstverständlich auch über die digitale Lehre. Digitalisierung der Lehre – das ist auch die Individualisierung der Lehre, und zwar unabhängig von Ort und Zeit, im eigenen Tempo und mit zusätzlicher Motivation.

Um die Hochschulen untereinander zu vernetzen und sie bei der digitalen Lehre zu unterstützen, haben wir den Virtuellen Campus Rheinland-Pfalz etabliert. Der VCRP bietet den Lehrenden Möglichkeiten, sich in digitaler Lehre weiterzuqualifizieren, berät sie bei Kursdesign, Didaktik und Technik und gibt Impulse für neue ELearning-Angebote. Die Nutzerzahlen – das ist sehr interessant – des Virtuellen Campus haben sich seit 2007 auf 50.000 Nutzerinnen und Nutzer mehr als verdreifacht. 6.700 Kurse werden über die Lernplattform des VCRP unterstützt. Das sind rund 2.200 mehr als noch vor fünf Jahren.

Gute Lehre braucht ebenso wie exzellente Forschung moderne Hörsäle, Bibliotheken und Labore. Deshalb haben wir in den vergangenen zehn Jahren rund 900 Millionen Euro in moderne Lehr- und Forschungsinfrastruktur investiert, allein seit 2011 rund 370 Millionen. Damit schaffen wir sehr gute Bedingungen für Forschung und Lehre.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Gute Lehre ist eine Voraussetzung für gutes Studieren, gutes Lernen die andere. Gutes Lernen braucht gute Rahmenbedingungen – auch außerhalb der Hörsäle. Dazu gehört auch bezahlbares Wohnen. Dazu gehört gutes Wohnen. Allein in den vergangenen vier Jahren haben wir deshalb 1.452 neue hochwertige Wohnheimplätze mit Landesmitteln geschaffen, um die Lage auf dem studentischen Wohnungsmarkt zu verbessern.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

In Landau konnten wir – um ein Beispiel zu nennen – allein im vergangenen Jahr mit dem neuen Studierendenwohnheim Quartier Vauban die Versorgungsquote um nahezu 50 % steigern. In den kommenden zwei Jahren fördern wir den Neubau von mehr als 200 weiteren Wohnheimplätzen. 325 sollen saniert werden. Knapp 2,4 Millionen Euro investiert die Landesregierung in

diese Projekte. Wir werden also weiter noch besser werden.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Eines ist ganz wichtig: Zum guten Studieren gehört heute auch eine gute Kinderbetreuung, damit Studium und Familie vereinbar sind. Wir haben in den vergangenen vier Jahren deshalb 26 neue Kita-Gruppen an unseren Hochschulen eingerichtet. Wir sind also ein großes Stück vorangekommen, und wir wollen uns in den kommenden Jahren noch weiter verbessern, weil gute Lehre und gute Studienbedingungen Schwerpunkte unserer Hochschulpolitik sind – einer Politik, die wir für 120.000 Studierende machen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Liebe Abgeordnete, allein von 2007 bis 2013 hat die Zahl der Studierenden an den Hochschulen unseres Landes um ein Fünftel zugenommen. Das stellt uns natürlich vor große Herausforderungen. Wir hatten uns schließlich zum Ziel gesetzt, in Rheinland-Pfalz die Betreuungsrelation zu verbessern.

Es stellt sich die Frage, ob das möglich ist, wenn gleichzeitig so viel mehr Studierende an unsere Hochschulen kommen. Die Antwort lautet: Ja, es ist möglich. Wir sind auf diesem Weg ein gutes Stück vorangekommen. Wir haben es geschafft, die Betreuungsrelation an den Hochschulen zu verbessern, und das, obwohl – ich sagte es schon – heute Zehntausende Studierende mehr an unseren Hochschulen lernen, als es 2007 der Fall war.

Das ist eine gute Leistung, insbesondere, wenn man bedenkt, dass sich die Betreuungsrelationen bundesweit verschlechtert haben, dass wir also gegen den Trend arbeiten. Bei uns kommen heute beispielsweise in Mathematik und den Naturwissenschaften an den Universitäten statt 20 nur noch 17 Studierende auf einen Betreuenden. Damit haben wir uns im Vergleich mit anderen Bundesländern um mehrere Plätze nach oben gearbeitet.

Bei den Fachhochschulen, bei denen der Anstieg der Studierendenzahlen vor allem stattgefunden hat, ist es uns gelungen, die Betreuungsverhältnisse stabil zu halten. Damit liegen wir heute auf dem fünften Platz im Bundesländerranking.

Wir haben also den Anstieg der Studierendenzahl wesentlich besser bewältigt als andere Bundesländer und sind dabei sogar insgesamt besser geworden. Gleichwohl, ich will es deutlich sagen: Ein Mittelfeldplatz reicht uns nicht. Wir wollen und werden die Betreuungsverhältnisse weiter verbessern.

Dabei werden uns natürlich auch die 25 Millionen Euro helfen, die wir den Hochschulen jährlich zur Erhöhung der Grundfinanzierung bereitstellen. Davon werden 200 neue Dauerstellen finanziert, davon 65 neue Professuren. Mehr wissenschaftliches Personal heißt auch: ein

deutlich besseres Betreuungsverhältnis an unseren Hochschulen.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

200 neue Dauerstellen heißt aber noch mehr. Es heißt auch: planbare Zukunft für 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an unseren Hochschulen und ihre Familien. Es bedeutet gute Arbeitsbedingungen für gute Arbeit.

Lassen Sie mich Ihnen einen Namen zu dieser programmatischen Aussage geben: Kerstin Hoffmann. Kerstin Hoffmann – sie sitzt auf der Tribüne – gehört zu den Menschen, die an unseren Hochschulen jeden Tag mit großem Engagement ihren Beitrag leisten, um unser Land voranzubringen, die dabei helfen, Wissen zu vermehren und unsere Studierenden auszubilden. Sie gehörte aber bis vor Kurzem leider auch zu denen, die das mit einer unsicheren Perspektive tun, weil ihre Verträge befristet sind oder ihre Stundenanzahl zu gering ist.

Wenn Frau Hoffmann aber Ende des Jahres aus dem Mutterschutz – meine Glückwünsche – an ihren Arbeitsplatz als biologisch-technische Assistentin an die Universität Koblenz-Landau zurückkehrt, wenn sie dort wieder Studierende in Laboren betreut und die Forscherinnen und Forscher bei ihren Versuchen unterstützt, dann wird sie nicht mehr auf eine befristete Stelle zurückkehren, auf der sie noch bis vor Kurzem gearbeitet hat. Sie wird auf eine Dauerstelle zurückkehren.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Für sie und ihre junge Familie und für 199 andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf allen Ebenen unserer Hochschulen und für ihre Familien haben wir mit dem 200-Stellen-Programm die Zukunft planbarer gemacht. Gut die Hälfte dieser Stellen wurde genutzt, um den bisher befristet angestellten Beschäftigten eine unbefristete Stelle anzubieten.

Die Hochschulen haben zudem zugesagt, die neuen Stellen, die wir ihnen zur Verfügung stellen, mindestens zur Hälfte mit Frauen zu besetzen. Diese 200 Stellen – daran möchte ich noch einmal erinnern – kommen zu jenen 100 Dauerstellen hinzu, die wir schon mit dem Doppelhaushalt 2014/2015 geschaffen hatten.

Gute Arbeit und gute Arbeitsbedingungen gehören zusammen, auch an unseren Hochschulen. Hunderte neue Dauerstellen sind deshalb nicht nur ein Beitrag zu guter Lehre und einem guten Betreuungsverhältnis, sie sind auch ein ganz wichtiger Beitrag zu planbaren Lebensentwürfen und zur Familiengründung. Sie sind Anerkennung der guten Arbeit, die an unseren Hochschulen jeden Tag geleistet wird.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Hunderte neue Dauerstellen sind ein wichtiger Schritt. Sie sind es für Frau Hoffmann und ihre Kolleginnen und Kollegen, und sie sind es für Nachwuchswissenschaftle

rinnen und Nachwuchswissenschaftler, ein wichtiger Schritt in Richtung planbare und verlässliche Karriereperspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs.

Wir begrüßen es sehr, dass die Bundesbildungsministerin angekündigt hat, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz zu überarbeiten. Wir würden uns recht bald eine Gesetzesvorlage von ihr wünschen.

(Beifall des Abg. Heinisch, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es ist erfreulich, dass nun auch die Bundesregierung den wissenschaftlichen Nachwuchs entdeckt hat und dafür eine gemeinsame Bund-Länder-Initiative auf den Weg bringen möchte. Bei uns und bei vielen anderen Bundesländern rennt sie damit offene Türen ein. Wenn es konkrete Vorschläge gibt, dann setzen wir uns gerne damit auseinander.

Wir haben aber noch nie – und das ist auch gut so – auf das Handeln des Bundes gewartet,

(Baldauf, CDU: Den Satz merken wir uns einmal!)