Protocol of the Session on April 29, 2015

Ob die Schuldenbremse eingehalten werde oder nicht, das sei ihre Sorge.

(Ernst, CDU: Das kommt davon, wenn man Schulkinder in die erste Reihe setzt!)

Was ist das für eine Vorstellung von Parlamentarismus und von Haushaltsgesetzgebung, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen bleiben alle offenen verfassungsrechtlichen Fragen, die mit dem Pensionsfonds verbunden sind, durch diesen Gesetzentwurf völlig unberührt. Es bleibt im Gegenteil eine Reihe von wichtigen Fragen. Neue stellen sich zusätzlich.

Was bedeutet diese neue Konstruktion zum Beispiel für die Zukunft des Landeshaushalts, für die Finanzierung zukünftiger Versorgungsleistungen? Nach welchen denkbaren Maßstäben sollen künftig die Einzahlungen erfolgen? Nach welchen Maßstäben die Entnahmen? In welchem Verhältnis sollen Ein- und Auszahlungen zur Neuverschuldung stehen? Welche Bedeutung hat der Fonds für den nächsten Landeshaushalt 2016 zum Beispiel? Das sind alles wichtige, zentrale, aber offene

Fragen. Deswegen sollten wir bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs Sachverständige anhören.

(Beifall bei der CDU)

Die Geschichte des Pensionsfonds Rheinland-Pfalz in den vergangenen 20 Jahren und das, was die Landesregierung damit und daraus gemacht hat, verpflichten uns gerade dazu.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich dem Kollegen Dr. Alt von der SPD-Fraktion das Wort erteile, möchte ich darauf hinweisen, dass es auch nicht parlamentarisch ist, wenn man einen Kollegen als „Schulkind in der ersten Reihe“ bezeichnet. Ich denke, es ist jetzt deutlich. Damit erteile ich nunmehr Herrn Dr. Alt das Wort.

(Dr. Weiland, CDU: Wer hat das denn gemacht? – Staatsminister Lewentz: Dein Kollege!)

Ihr Kollege hat gesagt, das kommt davon, wenn Schulkinder in der ersten Reihe sitzen. Hier sitzen keine Schulkinder in diesem Rund.

(Staatsminister Lewentz: Sehr deutlich! – Weitere Zurufe im Hause)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Es liegt ein Gesetzentwurf der Landesregierung vor, mit dem die Regelungen zu unserem landeseigenen Pensionsfonds an die Grundsätze angenähert werden, die auch in anderen Ländern für Pensionsfonds dieser oder ähnlicher Art gelten.

Die Ministerin hat ausgeführt, worin diese Neuregelungen bestehen, welche Ziele damit weiterhin verfolgt und auch erreicht werden sollen.

Ich war schon etwas gespannt darauf, in welcher Art die Erwiderung der CDU-Fraktion erfolgen würde. Da war vieles denkbar, von fundamentaler Ablehnung bis hin zu der Legendenbildung, es würde jetzt etwas in Gang gesetzt, was mit der Klage der CDU-Fraktion zu tun hätte. Letzteres war dann auch in gewisser Weise der Schwerpunkt. Ich glaube, dem kann man schon dadurch entgegentreten, dass man feststellt, vieles, was die CDU-Fraktion hier vorgeschlagen hat, wurde von der Landesregierung gerade nicht aufgenommen. Deswegen kann man auch nicht sagen, hier wurde gehandelt, weil irgendjemand geklagt hat oder das Thema an anderen Orten vorbringt.

(Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Um die jetzigen Veränderungen zu verstehen, muss man – da bin ich mit Herrn Dr. Weiland völlig überein – noch einmal in das Jahr 1996 zurückschauen. Im Jahr 1996 gab es keine strikte Vorgabe zu einem unbeding

ten Haushaltsausgleich. Es war vielmehr üblich, einen bestimmten Anteil der Haushaltsausgaben über Kredite unter Einhaltung einer Obergrenze zu finanzieren. Wie hoch dieser Anteil war, war Gegenstand der politischen Debatte und Entscheidung.

Heute haben wir völlig neue Rahmenbedingungen. Wir haben die Schuldenbremse einzuhalten und damit ein neues Instrument, um Vorsorge unter anderem auch für künftig stark steigende Versorgungsausgaben zu treffen. Das hatten wir in den 90er-Jahren nicht.

Ich möchte ganz offen einen weiteren Grund für die Neuregelung ansprechen. Das ist eine veränderte Einschätzung zur Frage der Kapitaldeckung und der kapitalgedeckten Finanzierung von Altersvorsorge. Wir hatten die Diskussion auch in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dort gab es die Riester-Rente, die als Ergänzung eingeführt wurde. Beim Pensionsfonds hatten wir nicht dieses ergänzende Element, sondern der Fonds war 1996 so konstruiert worden, dass er in seiner vollständigen Ausprägung zu einer Vollfinanzierung der Pensionen ausschließlich aus den Zinserträgen des Fondsvermögens in der Lage sein sollte. Das ist also Kapitaldeckung pur, wie es in den 90er-Jahren in fast allen Parteien auch stark im Kurs stand. Da denken wir heute aufgrund verschiedener Finanzmarktkrisen auch etwas anders und halten es für sinnvoll, eine Mischung aus kapitalgedeckter und umlagenfinanzierter Altersversorgung sowohl in der gesetzlichen Rente als auch bei den Versorgungsausgaben zu gewährleisten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben deswegen den Weg der Teilfinanzierung beschritten, orientieren uns an der Regelung anderer Länder und sind nach wie vor, wenn das so Gesetz wird, in der Spitzengruppe der Bundesländer in Deutschland verortet.

Mehr Zuführungen in der Vergangenheit sind auch aus heutiger Sicht in keiner Weise schädlich, im Gegenteil. Die Fondsmittel stehen als Fondsvermögen zur Verfügung. Wer daran Zweifel hat, der kann sich in diversen Landtagsdrucksachen die Zusammensetzung des Fondsvermögens anschauen, zum Beispiel in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des Kollegen Dr. Weiland.

Da wurden die Daten zum 31. Oktober mitgeteilt. Jetzt hat die Ministerin die Zahlen zum 1. Januar 2015 aktualisiert.

Es ist darauf hingewiesen worden, dass die Fondsanlage größtenteils in Wertpapieren des Landes erfolgt.

Meine Damen und Herren, daran, dass Wertpapiere des Landes Fondsvermögen darstellen, kann ich beim besten Willen nichts Verwerfliches entdecken, im Gegenteil. Eine deutsche Bundesländeranleihe ist im Gegensatz zu andere Wertpapieren noch niemals ausgefallen. Das ist eine seriöse Anlage. Daran ändert auch die Tatsache nichts, wenn immer das Wort „Wertpapier“ durch „Schuldschein“ ersetzt wird, weil es irgendwie einen schlechteren Klang hat.

Meine Damen und Herren, die Verbuchungspraxis ist eine Frage, die immer wieder aufgeworfen wird. Aus ökonomischer Sicht kann ich es absolut nachvollziehen, dass man bei der Hingabe eines Geldbetrages, den man später mit Zinsen wieder zurückbekommt, von einem Darlehen spricht. Das ist mein Verständnis von einem Darlehen. Offenbar kann man da aber unterschiedliche Meinungen haben. Aus diesem Grund, weil man unterschiedliche Meinungen haben kann, haben wir das in der neuen Schuldengrenze bereinigt. Dort spielt es keine Rolle mehr, wie im Einzelnen verbucht wird.

Meine Damen und Herren, die Finanzministerin hat kurz nach ihrem Amtsantritt ein Konzept vorgelegt, das unseren Pensionsfonds neu aufstellt. So wird er dem Bedarf an Vorsorge gerecht, belastet aber auch den Landeshaushalt nicht über Gebühr. Diese Neuausrichtung ist zukunftsweisend und ausgewogen. Sie kann sich im Ländervergleich sehen lassen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Hartenfels hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben gehört, die rheinland-pfälzischen Zuführungen zum Pensionsfonds werden in Orientierung an die Beiträge und Beträge anderer Länder ab dem Jahr 2016 auf einen Mindestbetrag von 70 Millionen Euro festgesetzt. Wir werden damit immer noch in der Spitze im Ländervergleich liegen; denn das Land Rheinland-Pfalz zahlt im Moment mehr als das Dreifache des Länderdurchschnitts für die Vorsorge zur Beamtenversorgung.

Dies lässt sich jedoch zum einen angesichts der mittelfristigen Einnahmesituation und zum anderen durch die Vorgaben der Schuldenbremse so nicht aufrechterhalten. Deshalb muss es im Zentrum der heutigen Debatte zum einen die Sorge um die zukünftige Entwicklung unserer Pensionsverpflichtungen gehen, zum anderen müssen die notwendigen Anpassungen unserer Steuergesetzgebung im Hinblick auf den demografischen Wandel in den Blick genommen werden.

Lassen Sie mich einen zugespitzten Blick auf diese beiden Seiten einer Medaille werfen. Ich gehe zunächst auf die zukünftigen Entwicklungen unserer Pensionsverpflichtungen ein. Dabei liegt die Betonung auf Verpflichtungen. Ein Blick in die mittelfristige Finanzplanung verheißt nichts Gutes. Die Personalausgaben wachsen von 2012 bis 2018 von knapp 5,4 Milliarden Euro auf gut 6 Milliarden Euro. Das entspricht einer Steigerung von knapp 3 % bei den aktiven Bediensteten. „Nur 3 %“ in sechs Jahren hat etwas mit unserer Schuldenbremse und mit unseren Einsparbemühungen zu tun, die wir in diesem Bereich vorgenommen haben.

Schauen wir uns aber in diesem Sechsjahreszeitraum die Pensionssteigerungen an, dann haben wir dort eine Steigerung von sage und schreibe 40 %. Das ist natürlich eine Steigerung, die wir mittelfristig in der Form nicht beeinflussen, sondern nur begleiten können. Wenn wir uns die Entwicklung anschauen, dann werden wir bemerken, dass sich die Entwicklung beschleunigen wird. Das zeigen die Zahlen des Statistischen Landesamtes zur demografischen Entwicklung ab 2020.

Wenn wir da hineinschauen, dann stellen wir fest, dass bis zum Jahr 2030 nicht nur die Bevölkerung um 6 % abnimmt, sondern sehr viel schwerwiegender ist, dass die Zahl der berufstätigen Menschen, also von 20 bis 65 Jahren, um etwa 15 % in diesem Zeitraum zurückgeht. Diese Gruppe, die hauptsächlich unsere Steuerlast von morgen zu tragen hat, wird uns in großen Teilen wegbrechen. Es ist das Problem, wie wir das übereinander bekommen wollen bezogen auf die Pensionsbelastungen.

Lassen Sie mich anhand auch des demografischen Wandels, den wir nur über massive Zuwanderung verändern können, zur zweiten Seite der Medaille kommen, die ich angesprochen habe. Wir müssen uns über das Steuersystem Gedanken machen, das wir zurzeit haben. Dieses Steuersystem ist leider sehr einkommenslastig. Die Vermögen und das Kapitel werden weitgehend ausgespart. Das müssen wir vor allen Dingen in den Blick nehmen, wenn wir über Pensionslasten bzw. Pensionsansprüche reden.

Im OECD-Durchschnitt liegt der Anteil der vermögensbezogenen Steuer am BIP mit 2 % mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland. Hier liegen wir bei 0,9 %. In Großbritannien haben wir zum Beispiel einen Anteil von 4 %.

Sich von den vermögensbezogenen Steuern zu verabschieden, wird sich aus unserer Sicht als kapitaler Fehler der Bundespolitik herausstellen. Die Vermögensteuer als die Steuer, die den Ländern zugutekommt, müsste dringend wieder eingeführt werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Durch die Abschaffung der Vermögensteuer fehlen unserem Land seit 1996 – konservativ gerechnet – ca. 4 Milliarden Euro. Das sind Einnahmen, die letztlich unseren Pensionären fehlen werden. Das heißt, wir müssen, da wir weiter drastisch an berufstätiger Bevölkerung verlieren, umso dringender eine offensive Debatte führen, und zwar nicht nur zum Thema Vermögensteuer, sondern auch zu den Themen Erbschaftsteuer und Finanztransaktionssteuer. Ich sage Ihnen im Voraus, je länger wir dort warten, umso drastischer werden die Einschnitte werden.

Vor dem Hintergrund komme ich zum Schluss. Was Sie, meine Damen und Herren von der CDU, im Hinblick auf den Umbau unseres Steuersystems auf Bundesebene machen, kommt einer Arbeitsverweigerung gleich. Sich zu überlegen, wie etwas gehen könnte, und dies mit eigenen Vorschlägen zu unterfüttern, ist nicht gerade ihre Stärke. Das ist nichts Neues. Sie führen als Oppositionspartei die Debatte an den völlig falschen Stellen. Das haben Sie auch heute wieder bewiesen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit wäre die erste Beratung des Landesgesetzes zur Änderung des Landesgesetzes über den Finanzierungsfonds für die Beamtenversorgung Rheinland-Pfalz und des Universitätsmedizingesetzes – Drucksache 16/4896 – beendet. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Haushalts- und Finanzausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss zu überweisen. Besteht Einverständnis? – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Wir sehen uns morgen, am Donnerstag, dem 30. April, 09:30 Uhr, zur 95. Plenarsitzung.

E n d e d e r S i t z u n g: 18:37 Uhr.